Freitag, 31. Januar 2020

Trinitätslehre auf dem Prüfstand — Brief XV. an Unitarier und Trinitarier (V): Der Name des Herrn

Trinitätslehre auf dem Prüfstand — Brief XV. an Unitarier und Trinitarier (V): Der Name des Herrn

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V. Der Name des Herrn

Gott offenbart sich im Alten Testament nicht als Vater und wird so auch (fast) niemals genannt. Er hat gelegentlich väterliche Attribute, häufiger dagegen weibliche und mütterliche, aber beides bleibt undeutlich, führt nicht zu einem klaren elterlichen Bild. Zentral ist andererseits eine (männliche) Liebhaber-Metaphorik. Sie ist scharf umrissen und taucht schon sehr früh auf. Im Neuen Testament wird sie von Gott auf Jesus Christus übertragen.

Mit der Sünde, mit der Möglichkeit, die Wirklichkeit zu leugnen und zu ersetzen durch die Lüge, verliert der Mensch das Organ, das ihn Gott wahrnehmen lässt. Während Gott in der Paradieserzählung unter den Menschen wandelt, kann davon danach keine Rede mehr sein. Oder sagen wir es präzise: Ob er unter den Menschen anwesend ist, können wir nicht sagen. Wir wissen, dass wir ihn nicht mehr gewiss wahrgenommen haben. Unsere Empfindung, dass er sich zurückgezogen habe, kann ganz falsch sein. Wir sind für seine Gegenwart erblindet, ertaubt und erlahmt. Dieser Zustand scheint sich nach der Vertreibung aus dem Paradies sehr schnell eingestellt zu haben.


a. „El“

Die jüdische Tradition, die auch Hieronymus reflektiert hat, deutet einerseits die Vorgänge noch in Eden und kurz danach als einen schrittweisen Rückzug Gottes aus der Sphäre der Menschen. Sie kennt aber auch die Vorstellung, dass eine Erblindung des Menschen für den anwesenden Schöpfer vorliegt. Je weiter er sich entfernte, oder: je mehr der Mensch erblindete, desto „leerer“ wurde es, und man begann zur Zeit des Enkels des „adam“, Enosch, „beschem JHWH“, „mit/in einem Namen den/des Herrn anzurufen“ (Gen 4,26), oder, wie die LXX es übertrug, „Und Seth wurde ein Sohn geboren; er gab ihm den Namen Enos. Dieser hoffte darauf, den Namen des Herrn anzurufen.“ In diesem Sinne übertrug dann auch Hieronymus.

Welchen Namen man da wohl anrief, und: wie tat man das? Die Menschen wussten noch nicht, wie sein Name ist. Sie riefen nicht den Namen, sondern einen Namen an. Das spricht aus den merkwürdigen Versen in Ex 6,3f:

„3 Ich bin Abraham, Isaak und Jakob erschienen als El-Schaddai (Gott, der Gewaltige); aber mit meinem Namen JHWH habe ich mich ihnen nicht zu erkennen gegeben.“

Wen haben sie also vor Abraham angerufen? Oder anders gefragt: Was haben sie ausgerufen?
Hieronymus, der die jüdischen Überlieferungen kannte, kommentiert diese alte Frage mit der Bemerkung:

„Die meisten der Hebräer glauben, dass damals zuerst unter dem Namen des Herrn und nach seiner Ähnlichkeit die Götzenbilder verfertigt wurden.“[1] 

Der Gottesname, der in der Schrift erscheint, aber sehr gut als der Name des Göttervaters im heidnischen Pantheon bezeugt ist, ist „El“. „El“ galt als der Vater der Göttersöhne, und ein „El“ scheint auch in der biblischen Tradition als Anrufungsgestalt gemeint zu sein, allerdings gewissermaßen seiner Zweige beraubt, bis auf wenige Stellen, an denen noch die „Göttersöhne“ auftauchen.[2] Die biblischen Gestalten fischen seltsam im Trüben zu Anfang. „El“ erscheint fast sinnleer und erfährt durch Namenszusätze  und die Pluralisierung eine Sinnstiftung.


b. „Elohim“

„Elohim“ ist möglicherweise ein Pluralwort zu „El“, vielleicht aber auch, wenn man Friedrich Weinreb glauben will, zu „elleh“ (pl. „diese“) und bedeutet dann wörtlich „Götter“ oder so etwas wie „dieselben/genau diese“. Im Alten Testament wird das Wort meistens für den einen und bestimmten Gott eingesetzt, der sich als der persönlich hervortretende, Israel zuwendende Gott erweist. „Elohim“ wird aber auch weiterhin als Begriff für „Götter“ im allgemeinen eingesetzt. Manchmal bleibt unklar, ob der Gott oder Götter gemeint sind. In Gen 3,5 sagt die Schlange zur Frau, sie würden „kelohim jodei tov wara“, wörtlich „wie die Götter/Gott Gut und Böse erkennen“. Über das Verständnis dieser Stelle herrschte immer Uneinigkeit. Die LXX verstand es als „theoi“, also als „Götter“, ebenso die Vulgata, die in den älteren Versionen „dii“ übersetzte, nun aber in der neuesten vatikanischen Revision „Deus“ schreibt. Die King James Bible übertrug mit „Gods“, also ebenfalls im Plural. Martin Buber schreibt „Gott“. Weil „elohim“ hier mit unbestimmtem Artikel vokalisiert ist, würde man allerdings tatsächlich eher annehmen müssen, dass es nicht um den Gott geht, sondern um Götter. Der Mensch wollte nicht sein wie Gott, wie es so oft heißt, sondern wie die Götter eine Erkenntnis gewinnen. Um die Frage zu umgehen, welche Götter gemeint sein könnten, wo man doch strengen Monotheismus ausgedrückt sehen wollte, übertrug man dann häufig lieber mit „Gott“. Die in der Hinsicht völlig unverdächtige LXX dürfte uns aber einen Hinweis darauf geben, wie das ursprüngliche Verständnis der Stelle war.
Das Beispiel soll vor Augen führen, dass „elohim“ ein allgemeiner Begriff für Gott ist, ähnlich wie das Stammwort „El“, der nicht immer eindeutig zuzuordnen ist, sowohl den bestimmten, einen Gott, als auch heidnische Götter und gelegentlich auch Menschen meinen kann. Am häufigsten ist er jedoch auf den Gott Israels bezogen. Mit dem Plural wird er gewissermaßen „übergeordnet“: er ist mehr als nur ein „El“. Er ist gewissermaßen der „El“ potenziert.


c. „Na’aseh lanu schem!“ und der „El Eljon“

Nach der Sintflut wird der Versuch der Menschen, sich „einen Namen zu machen“, die Stadt und der Turm zu Babel, von JHWH — wie es vom zurückblickenden, späteren Autor interpretiert wird — vernichtet. Der Turm sollte „baschamajim“ reichen (Gen 11,4), „in den Himmel hinein“. Die folgenden Worte sind durchaus mehrdeutig. Gemeinhin versteht man sie so, als habe die Menschheit als die eine, noch nicht über die Erde verteilte, sich selbst einen Namen machen wollen, wie man diese Redewendung modern versteht: man will sich ein Denkmal setzen oder berühmt werden. Nur ergibt das keinen Sinn: bei wem will sich die eine, ungeteilte Menschheit einen Namen machen? Es ist ja keine Umgebung da, bei der man sich einen Namen machen könnte im modernen Sinn. Man kann das aber auch anders verstehen: „wena’aseh lanu schem“ kann auch noch viel konkreter heißen „ und lasst uns ein Name werden“ bzw „lasst uns uns einen Namen erschaffen“. Man kann durchaus auf den Gedanken kommen, dass es hier darum geht, einen Gottesnamen zu machen. Dafür spricht auch der Turm, der in den Himmel hineinreichen soll. Mit der Verwirrung der Sprache wurde diesem Unterfangen, einen Gottesnamen samt einer Gottesbeziehung aus Eigenem zu kreieren, ein Ende gesetzt. Gott scheint dieses Unterfangen der Menschen sehr ernst zu nehmen und traut ihnen zu, es auch zu verwirklichen (Gen 11,6). Aber — rückschauend — kann man erahnen, dass mit dem Gelingen dieses ihres Planes auch der Rückweg zu dem wahren Gott versperrt worden wäre. Der Mensch hätte viel erreicht, dies aber in einer Sackgasse.

Gottes konkrete und direkte heilsgeschichtliche Zuwendung beginnt danach ab Gen 12 mit der Herausrufung Abrams aus seinem Land. Auch Abram kennt den Namen Gottes nicht. Er sieht in ihm wohl den im vorderen Orient überall geglaubten „El“, errichtet ihm am Ort „Beit-El“ (Haus Els) einen Altar. Es heißt, dort habe er „beschem JHWH“ gerufen. „Beschem“mit einem Namen JHWH“, dessen Name aber damals noch nicht offenbart war, wie wir schon gelesen haben. Rief Abram so an wie man es zur Zeit Enoschs begonnen hatte zu tun? In Gen 15,2 lässt der Autor Abram Gott als „adonai JHWH“, als „mein Herr JHWH“ ansprechen, was rückwirkend hineingelegt worden sein muss, wenn Ex 6,3ff zutreffend ist und Abram den Namen JHWH noch nicht gekannt haben kann.
Zuvor begegnete dem Abram, dem „Iwri“ („Hebräer“), dem „Fremden“, dem „Eingewanderten“ (Gen 14,13), der geheimnisvolle Priesterkönig Melchisedek. Von dessen Gott heißt es, er sei der „El Eljon“ (der höchste Gott) (Gen 14,18ff). Ausdrücklich wird Abram über Melchisedek von diesem höchsten „El“ gesegnet und in einen Lobpreis desselben Gottes hineingenommen. Dieser „El“ sei der „Schöpfer des Himmels und der Erde“, wird damit allerdings im Kontext des bekannten heidnischen Verständnisses von „El“ gezeichnet, der allgemein als der Urschöpfer galt. Wenn man sich hineindenkt in die Situation, die beschrieben wird, wird verständlicher, dass diese Begegnung Abrams mit Melchisedek einer Konkretisierung des Gottes, mit dem Abram es zu tun hatte, diente: Du hast es mit dem „El aller Els“ zu tun.
Gleich nach dieser Segnung Abrams hat Abram eine Vision Gottes (Gen 15), die auch sprachlich weit über das hinausgeht, was er zuvor an Gotteserfahrungen gemacht hatte: Ab jetzt führt er mit diesem Gott Dialoge. Zuvor war er nur einseitig von ihm angesprochen worden. Das ist ein enormer „Fortschritt“: Nun spricht ein Mensch erstmalig Gott wieder informell an, so, wie man einen anderen Menschen, einen Freund anspricht. Das wurde in der Schrift zuletzt von Adam und Eva getan. Sie waren die letzten, die ihrerseits zu Gott freundschaftlich dialogisch sprachen, so, wie man zu einem Menschen spricht, der hört und antwortet. Wohl spricht Gott weiterhin einmal zu einem Menschen, etwa zu Kain, aber der Dialog Kains mit Gott ist nicht mehr freundschaftlich, weil Kains Herz sich abgewandt hat. Nach dem verweigernden Dialog Kains mit Gott gibt es erst einmal keine Dialoge mehr, die uns berichtet werden. Gott spricht zwar einseitig zu Menschen, etwa zu Noach, aber es ist uns nicht berichtet, dass die Menschen ihm antworten.
In Gen 15 beginnt der Mensch Abram sein Herz zu öffnen gegenüber dem „El Eljon“ und spricht seinerseits zu ihm.


d. „El Roi“

Der nächste Herzensdialog zwischen Gott und Mensch geschieht überraschenderweise nicht zwischen Gott und Sara, der Frau des Abraham, sondern mit der von den beiden sexuell missbrauchten und verzweifelten Sklavin, der Hagar, in Gen 16. Mit Hagar wird auch erstmalig die Metaphorik des göttlichen Liebhabers intoniert.
Auf letztere Metaphorik kann ich hier nur knapp eingehen, möchte aber darauf hinweisen, dass die erotische Mann-Frau-Bildsprache — intakt verstanden, nicht nach der Unordnung durch die Sünde — sowieso kein Rangdenken verträgt, sondern aufs „Ganze“ gerichtet ist. In diesem „Ganzen“ bilden Gott und Menschen eine Ganzheit auf Augenhöhe (wie Mann und Frau), was ebenfalls ein ungeheuerlicher, undenkbarer Gedanke bleibt, wenn wir ihn messen an unserer erbärmlichen Wirklichkeit.
Im Hohenlied, dem „Lied der Lieder“ ist nicht immer klar, wer metaphorisch welche Rolle einnimmt, sie verschwimmen und durchwirken sich, Schulamit und der, den ihr Herz liebt. Ob der Geliebte unablässig nach ihr sucht oder sie nach ihm, ob er sich entzieht oder sie das tut — es ist keinerlei Rangabfolge erkennbar. In der Beziehung der Sklavin Hagar zu dem Gott, der ihr in der Wüste begegnet, schwingt dieses Motiv ebenfalls mit (eigene Übertragung einer komplizierten, nur schwer gut wiedergebbaren, grammatischen Konstruktion im Hebräischen):

„Sie rief den Namen JHWHs, des zu ihr Sprechenden, ‚El Roi’ (der mich sehende Gott), denn sie sagte: ‚Habe ich nicht auch hier dem Mich Sehenden nachgesehen?’.“ (Gen 16,13)

Hagar hat den Eindruck, dass der Augenblick, in dem Gott nach ihr sah, ihr zeigte, dass auch sie immer nach ihm Ausschau gehalten hatte.
Das ist bereits die Sprache des Hohenliedes.

Sie gibt ihm einen Namen der Erfahrung entsprechend, die sie mit ihm gemacht hat. Und auch sie führt mit ihm einen Dialog, und ausdrücklich heißt es, sie habe dem JHWH (aus der Rückschau wird er konkret benannt) einen Namen gegeben, ihm, dem „haddover eleha“, der „zu ihr gesprochen“ habe (Gen 16,13). Dieser „El Roi“ spricht ein zweites Mal mit ihr in Gen 21.


e. Der Liebhaber und der „Baal“

Das Männlich-Herrscherliche wird eigentümlich außer acht gelassen, wenn es um die Beziehung zwischen Gott und Mensch geht. Ja, es wirkt lächerlich, böse und verdorben. In der Begegnung mit Hagar offenbart Gott sein liebendes Herz. Bereits im AT werden ganz andere Attribute des Männlichen spürbar, als der Partriarchalismus es festklammert. Gott verstößt in den späteren Reden der Propheten seine Geliebte Israel nicht, obwohl sie untreu ist. Er liebt sie und will sie wiederhaben, er wirbt um sie und kämpft mit ihr um ihre Zuneigung. Der Mann im mosaischen Gesetz dagegen gibt seiner Frau einen Tritt und nimmt sich eine Neue, wenn sie ihm nicht mehr passt. Hier tun sich Abgründe auf. Die widergöttliche Haltung erreichte tatsächlich zur Zeit Jesu ihren Kulminationspunkt mit Rabbi Hillel (gest. um 9 n. Chr.), der lehrte, der Mann könne seine Frau aus jedem, seiner Willkür unterlegten Grund verstoßen.[3]

Interessanterweise kommt aus dem animalischen Gesetzesdenken die Konvention des Hebräischen, den Ehemann „baal“ zu nennen („Herr/Herrscher“), also nicht „elohim“ oder „JHWH“ — das hätte der Mann niemals gewagt, aber stattdessen greift er zum pervertierten Vatergott der heidnischen Umwelt und nennt seinen eigenen Herrschaftswahn über Frau und Kinder nach dem Gott Baal, der zur Zeit Jesu sogar als Name des Satans aufgefasst wurde (Mk 3,22ff; Mt 10,25; Mt 12,24ff; Lk 11,15ff). Immerhin nannte Sara, deren Name auf Geheiß Gottes „Herrin“ lautet, ihren Mann in Gen 18,12 „adoni“ (mein Herr). Als Verb bedeutet „baal“ im Gegensatz zum urgeschöpflichen „jada“ (erkennen) für den Geschlechtsakt, das animalische „begatten“ (also wörtlich „beherrschen“ oder „besitzen“). Im Hebräischen bedeutet „baal“ daher auch „Eigentümer“. Der Namenszusatz „Baal“ für Eigentümer, Könige und Götter ist durchweg tatsächlich ein „Titel“ — im Gegensatz zu den Gottesbezeichnungen des höchsten und besten Gottes im AT. Es ist der Baal, der den, den er „besitzt“, zum „Besessenen“ macht. Nach diesem bösen Dämon benannte der Mann seinen Herrschaftsanspruch. Und mit diesem zweifelhaften Titel benannten fromme Frauen später — anders als Sara — ihren Mann.
Jesus heilte viele „Besessene“, und wenn es sich um Frauen handelte, wurden sie frei und mit ihrem Namen genannt und umgaben ihn auch frei ohne irgendeinen rechtlichen Bezug zu ihren Männern oder Vätern.
Das hebräische Wort „adon“ (Herr), das für Gott mitgenutzt wird, beinhaltet nicht diesen Aspekt des Eigentümerseins oder „Beherrschens“, das im „baal“ ausgedrückt wird. Es betont die Würde dessen, der so angesprochen wird, die er aus sich selbst heraus hat und die der ihn Ansprechende ihm auch respektvoll zuspricht. Ein „adon“ ist ein „adon“ — er beansprucht nicht, indem er sich den Titel gibt, einer zu sein, ohne es wirklich zu sein. Abraham ist, um es zugespitzt zu sagen, nur deswegen ein „adon“, weil „Sara“, deren Name „Herrin“ bedeutet, ihn so nennt. Gott gibt ihr diesen neuen Namen (Gen 17,15). Sie gibt, nun inzwischen gereift, diesen Namen an ihren Mann zurück.
Die jüdische Tradition kennt die Vorstellung, dass die Götter sich den Namen Gottes angemaßt hätten.[4] Erst mit diesem Akt wurde „Gott“ zu einem „Titel“. Der wirkliche Gott aber bedarf keiner Titel, denn er ist genau das, was er ist und wem er begegnet, der weiß, dass er es ist, erkennt es an oder vergeht. Ein Gott, der Titel braucht, ist keiner. Der Name Gottes ist das, was er ist, so wie auch Abraham („Vater der vielen“) und Sara („Herrin“) zu dem wurden mit Gottes Hilfe, was ihre Namen sagten. Im Zusammenhang mit der Vergabe neuer Namen, die die alten Namen nicht einfach wegwerfen und verachten, sondern behutsam und liebevoll umformen, erfährt Abraham noch etwas anderes: einen weiteren erklärenden Gottesnamen.
Und doch teilte Gott diesen beiden noch nicht seinen JHWH-Namen mit. Ihnen erschien er als der gewaltige, überraschende, wirksame Gott (s.u.), während die kleine Sklavin Hagar, die sie von sich gestoßen hatten nach dem damals in der heidnischen Umwelt rechtmäßigen und so grausamen Missbrauch, ihn als den „Mich-Sehenden“ erfahren durfte.


f. „El Schaddaj“

In Gen 17,1ff, nachdem er Hagar erschien und von ihr als „El Roi“ benannt wurde, erscheint Gott auch erneut dem Abram und nennt diesmal einen Namen (V1): „Ani El Schaddaj“, „Ich bin El, der Gewaltige“. „El Schaddaj“ schließt mit ihm einen Bund und gibt ihm und Sarai neue Namen: Abraham und Sara (s.u.).
In beiden Begriffen klärt sich für Abraham und Sara, die einen Vorläufer-Exodus aus dem alten heidnischen Feld erleben, dass der „El“, der mit ihnen Kontakt aufgenommen hat, der Höchste und der Gewaltige ist. Mit ihm machen sie entsprechende „beglaubigende“ Erfahrungen. Und mit ihm stehen sie auf seine Initiative hin in einem Bundesverhältnis.

Wie oben schon zitiert, wird uns in Ex 6,3ff bestätigt, dass Abraham, Isaak und Jakob Gott nur unter diesem Namen kennenlernen konnten.

Eigentümlich ist das Wortspiel in Gen 49,25f, wo der sterbende Jakob Josef mit folgenden Worten segnet:

„Me’El avicha weja’esercha we’et Schaddaj (…) wiwarchecha birchot schamajim me’al birchot tehom rowezet tachat birchot schadajim wa racham.“

Nach Buber folgendermaßen übertragen:

„Vom Gott deines Vaters —
Er helfe dir,
von dem Gewaltigen —
er segne dich:
Segnungen des Himmels, von droben,
Segnungen des Wirbels, der drunten lagert,
Segnungen von Brüsten und Schoß!“

Dieser Segen ist mehr als geheimnisvoll, denn er geht weiter und nennt in V 26 einen „Geweihten unter seinen Brüdern“, dem dieser Segen langfristig gilt:

„Die Segnungen deines Vaters wuchsen
An die Segnungen der ewigen Berge,
an die Lust der Weltzeit-Höhn —
sie mögen sich senken auf Josefs Haupt,
auf den Scheitel des Geweihten unter seinen Brüdern!“

Gerade dieser letzte Abschnitt ist sehr schwer zu übersetzen, er ist auf Hebräisch poetisch und mystisch. Hier klafft ein großer Unterschied zwischen der LXX und dem Masoretischen Text. Allerdings scheint Buber hier dem zu folgen, was auch die LXX vorgibt. Ich konnte die Auffassungen bei Luther und der King James Bibel aus dem masoretischen Text nicht erkennen. Ohne diese Problematik weiter verfolgen zu wollen an dieser Stelle, wird hier ein prozesshaftes Geschehen beschrieben, ja sogar beschworen, das die Segnungen im „nasir“ kulminieren lassen wird. Ein „nasir“ ist ein Gottgeweihter, ein Mönch bzw ein „Ausgesonderter“.
Die Segnungen des „Schaddaj“ sind diese drei:

„Segnungen des Himmels, von droben,                               
Segnungen des Wirbels, der drunten lagert,                        
Segnungen von Brüsten und Schoß!“

Der „El Schaddaj“ umfasst und überblickt alles: den Himmel oben („schamajim“), das Chaoswasser, die Urflut aus Gen 1,2 („tehom“) und die Unterwelt, und seltsamerweise das Weibliche („schadajim wa racham“). Das Wortspiel „Schaddaj“ (Gewaltiger) mit den „schadajim“ (Brüsten) ist auffallend. Aber nicht nur das, sondern auch der „racham“, der Mutterleib (bei Buber „Schoß“), nach dem Gottes Erbarmen im Plural benannt ist, die „rachamim“. Die Verbindung des „Schaddaj“ mit dem Chaoswasser, dem „tehom“, assoziiert aber auch mit dem Begriff „sched“ für „Dämon“, das vermutlich mit „Schaddaj“ zusammenhängt. Diesem „Gewaltigen“ haftet durchaus etwas Erschreckendes, Numinoses an. Aber er wendet den Schrecken ab von Abraham und stellt ihn zunächst unter seinen mütterlichen Schutz der „Brüste“ und des „Mutterleibs“ (metaphorisch des „Erbarmens“).

Es wird deutlich, dass die maskuline Metaphorik des „El“ hier erstmalig in einen weiblichen Zusammenhang gestellt wird und die Konnotationen des heidnischen Feldes verlässt, ohne zu konkret zu werden und das Göttliche plump mit dem Geschlechtlichen zu identifizieren, wie es etwa im ägyptischen Denken aufscheint, das den Gott Atum als „Er Sie“ auftreten lässt, der durch Masturbation — wobei er sehr wohl männlich vorgestellt wird, aber seine masturbierende Hand die „Gattin“ darstellt — das erste Menschenpaar erzeugt habe. Es ist wichtig festzuhalten, dass hier ein wirklich transzendenter Gott deutlicher in Erscheinung tritt, der nicht maskulin, nicht herrscherlich ist, der aber Züge des Liebhabers und des Mütterlichen innehat, ohne aus der Metaphorik abzustürzen ins Sexuell-Konkrete.
Die Mütterlichkeit Gottes tritt später an zahlreichen Stellen des Alten Testaments zutage, viel häufiger als eine bereits massiv korrumpierte Väterlichkeit, ohne aus Gott eine Frau zu machen.[5] Das, was aber als göttlich Männliches hervortritt, ist unter Sünde vom Menschen dem Weiblichen zugeordnet und wird hier aufgegriffen und in der Getrenntheit wieder zusammengefügt und „geheilt“ (s.u.).

Das hebräische Wort für „männlich“ heißt ursprünglich „sachar“. Der Wortstamm „s-ch-r“ bedeutet „Gedächtnis“, „erinnern“, „eingedenk“ sein, auch einfach „innen“. Dieser Begriff steht am Anfang in Gen 1, als Gott den Menschen schuf, schuf er ihn „s-ch-r“ (männlich, „eingedenk“, erinnernd) und „nekeva“ (weiblich). „N-k-v“ ist ein Wortstamm, der „durchbohrend“ oder „Höhle“, aber auch „nennen“, „genau bestimmen“ (iS von erkennen, definieren oder analysieren) bedeutet.
Beide Begriffe weisen ein Geheimnis und eine Tiefe auf. Sie verbinden Erkenntnis mit Gedächtnis. Uns erscheinen diese Zuordnungen, wenn man sie misst an dem, was man traditionell dem Männlichen und Weiblichen anheftet, geradezu seitenverkehrt. Das Innere ordnen wir unter Sünde dem Weiblichen zu, das Äußere und Analytische und Umgebende dem Männlichen. In den Urbegriffen ist es umgekehrt …
Es ist vielleicht von daher verständlicher, warum die Schlange Eva angriff: es war für den noch intakten weiblichen Menschen verlockend, Dinge zu benennen und zu „durchbohren“ mit der Erkenntnis. Der „adam“ hatte dagegen noch als Gesamtwesen mit dieser „weiblichen Seite“ zuvor alle Tiere benannt (Gen 2,19). Wir finden in der hebräischen Bibel zahlreiche Situationen, in denen Frauen Namensvergaben bzw Benennungen (zum Teil ausdrücklich auf Geheiß des Gottes) durchführen — das gibt es im Patriarchalismus eigentlich nicht. Eine Rangfolge ist nicht erkennbar. Es ist die schöpfungsbedingte Sache der Frau, die später umgekehrt wurde, aber sie geschieht im biblischen Erzählen nicht „feministisch“, sondern quasi unter der Hand, fließt ein, ergibt sich fast beiläufig und unbemerkt. Man muss genau hinsehen, damit einem das alles auffällt.
Eines aber ist klar: diese beiden Eigenschaften „s-ch-r“ und „n-k-v“ bilden nach Gen 1 Gott ab und sind  „bi d’muto“, „in seiner Gestalt“. Es kann doch niemanden im Ernst wundern, dass Gott auch mütterliche und weibliche Züge hat, wenn „n-k-v“ ihn genauso abbildet wie „s-ch-r“.

Der „El Schaddaj“ umfasst als Gewaltiger alles, und alles, was ist, empfängt das Sein aus seinem Sein. Als „El Eljon“ ist er nicht einfach der Höchste, der Rangoberste oder die Spitze einer Pyramide. Bei Gott gibt es keine Pyramide, und sein Volk führt er später aus dem Land der Pyramiden, diesem Sklavenhaus. Abraham erhält mit der Offenbarung des „Eljon“ auch die des „Schaddaj“, um nicht der irrigen Idee zu verfallen, Gott sei — der heidnischen Konzeption des „El“ gemäß — so etwas wie ein Superpatriarch. In Jak 2,23 wird Abraham „philos theou“, „Freund Gottes“ genannt. Freundschaft schließt Rangordnung aus. Mit dem „Schaddaj“ wird Abraham hineingenommen in die furchterregende und unbegreifliche Gegenwart Gottes in allen Dingen wie in einen bergenden Mutterschoß.

Die Selbstoffenbarung Gottes geschieht nicht in Herrschaftsbildern, er oben, wir unten, auch dann nicht, wenn er in zugespitzten Konflikten mit seinem Volk darauf besteht, alleine den Überblick über alles zu haben. Der Lobpreis Gottes als des Königs der Könige geht dagegen immer vom verzückten, inspirierten Menschen aus. Gott umgekehrt sagt dem Menschen königliche Teilhabe ohne irgendeinen Abstrich zu: er wird in einem lebendigen Tempel wohnen, den er aus dem Menschengeschlecht erweckt. So sagt er es Abraham zu, so sagt er es Sara zu, so sagt er es nach einem langen Vergessen David zu.
So vollzog er es an Jesus Christus als dem „Erstgeborenen“, der der Inbegriff der alten Zusage war, die Gestalt, die aller Zusage schon vorausging in Gottes Wirken, Jesus, in dem auch alle anderen Menschen der Potenz nach geweiht sind. Paulus formuliert es:

„Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes in euch ist, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?“ (1 Kor 6,19) 

Und am Ende der Johannes-Apokalypse steht es erneut: „Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott“. (Apk 21,3)

Die Wendung „ihr Gott“ meint natürlich keinen Titel, sondern die vollkommene Zuwendung Gottes und auch die Fülle seiner „Schechina“, der „Einwohnung (Gottes)“. Auch wenn dieser Begriff erst in außerbiblischen jüdischen Texten entwickelt wird, trifft er doch sehr genau die neutestamentliche Aussicht, die aus den Zitaten hervortritt und bereits im Alten Testament angelegt ist. Es wäre verfehlt, wenn man nicht erkennt, dass diese „geschmückte Braut Jerusalem“, die vom Himmel herab kommt, samt dem Gott, der darin unter den Menschen wohnen will, hier nicht mehr gestuft dargestellt werden. Es ist ein vollkommenes Ineinander von Gott und den Seinen, so wie das, was sich im tiefsten Herzensgrund alle Menschen von einer großen Liebe zwischen Mann und Frau erwarten, solange sie noch unschuldig und unverdorben sind. Dieses Ende der Heilsgeschichte entspringt dem Erbarmen Gottes, aber dieser Gott leistet — in einer irdischen Verstehensweise — einen Herrschaftsverzicht, der uns nur entweder stumm oder zu Lobpreisenden machen kann. Wenn dann von den so im Erbarmen gewürdigten und hoch erhobenen Menschen nichts anderes kommt, als nun erneut ihre Herrschaftsgedanken in diese Liebesordnung Gottes zu implementieren und Gott erneut zu einem Baal zu machen, dann kommt das einem Abfall gleich.


g. Der „ehieh ascher ehieh“ oder kurz „ehieh“, der „elohei iwriim“,  und JHWH

Gott bindet seinen Namen an die drei Generationen Abraham, Isaak und Jakob, er ist der „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“. Diese Wendung taucht erstmalig in Ex 3,6 auf. Moses wird dort, als er alleine in der Wüste ist, von Gott aus einem brennenden Dornbusch heraus angesprochen und tritt sofort in ein dialogisches Gespräch mit ihm. Der Gott der Väter will deren Nachkommen befreien aus dem Frondienst bei den Ägyptern.
Mose erklärt in Ex 3 dem Gott am Dornbusch, dass die Hebräer offenbar diesen Gott ihrer Väter nicht mehr kennen und von ihm werden wissen wollen, wie dieser Gott heiße (Übertragung nach Buber):

„Mosche sprach zu Gott:
Da komme ich denn zu den Söhnen Jißraels,
ich spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter schickt mich zu euch,
sie werden zu mir sprechen: Was ists um seinen Namen? —
was spreche ich zu ihnen?
Gott sprach zu Mosche:
Ich werde dasein, als der ich dasein werde.
Und er sprach:
So sollst du zu den Söhnen Jißraels sprechen:
ICH BIN DA schickt mich zu euch.
So sollst du zu den Söhnen Jißraels sprechen:
ER (im Hebräischen steht hier JHWH),
der Gott eurer Väter,
der Gott Abrahams, der Gott Jizchaks, der Gott Jaakobs,
schickt mich zu euch.
Das ist mein Name in Weltzeit, das mein Gedenken, Geschlecht für Geschlecht.“

An diesem Dialog fällt einiges auf.
Zunächst fällt auf, dass Gott einen Beziehungsfaden anknüpft und seinen vollen Namen für dieses „olam“, dieses “Zeitalter“ offenbart „Ich werde da sein“ („ehieh“).
Es fällt weiter auf, dass hier eine positive, dem Mann unter Sünde entfremdete Männlichkeit spricht: „seh sichri ledor dor“ („Dies ist mein Gedenken von Geschlecht zu Geschlecht“). In diesem Namen „ehieh ascher ehieh“ drückt sich das Eingedenksein aus, das „s-ch-r“, das Männliche als Gutes, Göttliches. Dieser Gott, von dem auch die Segnung der „schadajim“ (Brüste) und des „racham“ (Mutterleib) kommt, der nährt und umhüllt in seinem Erbarmen, ist eingedenk seiner Verheißungen an die Menschen, denen er sie gegeben hat. Wir erinnern uns mit Gott daran, dass er Abraham und Sara, aber auch Hagar, verheißen hat, mit ihren Nachkommen zu sein.
Es ist Abrahams Enkel Jakob, der sich erinnert an die Verheißungen an seine Großeltern, und sie Gott in einer Ansprache, die er von sich aus an ihn wendet, als er seinem Bruder Esau wieder begegnete, den er übrigens „adoni“ („mein Herr“) nennt, und zittert um einen guten Verlauf dieses Zusammentreffens Gen 32,10ff):

„Gott meines Vaters Abraham, („elohei avi Avraham“)
Gott meines Vaters Jizchak, („elohei avi Jizchak“)
DU*,
der zu mir sprach: Kehre zu deinem Land, zu deiner Verwandtschaft, ich will dir Güte erweisen!
(…)
O rette mich doch (…)
Du selbst aber hast gesprochen:
Güte will ich dir, Güte erweisen,
will deinen Samen machen wie den Sand des Meeres, der vor Menschen nicht gezählt werden kann.“

(*Buber übersetzt das JHWH, das dort steht, mit „DU“, weil Jakob den Gottesnamen nach Ex 3 und dem Verlauf der folgenden Begegnung ja noch nicht wissen kann, vgl. V30))

Jakob erinnert sich an Gottes Verheißung an Abraham, dem er nachts den Sternenhimmel zeigte und zusagte, dass er dessen Nachkommen so zahlreich wie die Sterne machen wolle und wie den Sand am Meer (Gen 13,16; Gen 15,5; Gen 22,17). Das „s-ch-r“, das „Eingedenksein“ wird wirksam in Jakob und führt zu einer Gottesbegegnung.
Es wird in der gesamten Episode nichts davon berichtet, dass Jakob einen Altar gebaut oder geopfert hätte. Er wendet sich direkt und dialogisch an Gott. Zuvor, als er sich von seinem Onkel Laban trennte, hieß es von ihm noch, er habe einen Bund mit Laban geschlossen, den sie beim „Gott Abrahams und dem Gott Nahors (des Bruders Abrahams)“ (Gen 31,53) besiegelten. Es heißt, Jakob habe geschworen „befachad awiw Jizchak“ (V54), beim „Schrecken seines Vaters Isaak“. Seinen „innersten“ Namen kennt er nicht. Und in dieser Situation opfert er ein Tier und verspeist es mit Laban und den Verwandten.
Gott wandte sich später Jakob dann als ein „isch“ („ein Mann“) zu (Gen 32,23ff), den Jakob selbst für Gott hält, — die Juden tradieren, es sei der Engel Gabriel gewesen —, kämpfte die ganze Nacht mit ihm, weil Jakob um ihn rang und ihn erst dann gehen lassen wollte, wenn er ihn segnete — eine Szene, die auch Züge des Hohenliedes trägt. Auf dieses Ringen um einen Segen hin gibt der "isch" ihm einen neuen Namen: Israel, „ki saritha im elohim we im anaschim wattuchal“, „denn mit Göttern (Gott) und Menschen hast du gerungen und gewonnen“.
Als Jakob ihn bittet: „Haggida na schmecha!“ („Erzähle doch deinen Namen!“), antwortet der Mann: „Lamma seh tisch’al lischmi?“ („Warum fragst du so nach meinem Namen?“), sagt seinen Namen nicht und segnet Jakob.
Jakob wertet dies offenbar als eine Begegnung mit „El“, denn er nennt den Ort, an dem dies geschah, „Pni-El“ („Angesicht Els“), denn er habe „Gott gesehen von Angesicht zu Angesicht, und meine Seele ist errettet“ (V31).

In Ex 3,16 spricht Gott dann erstmalig selbstoffenbarend den JHWH-Namen aus, dessen linguistische Herkunft und Bedeutung umstritten sind, das aber wahrscheinlich vom Verb „h-j-h“ („sein“) kommt.
Der orthodoxe Jude Friedrich Weinreb, der ein ausgezeichneter Hebraist war, sagt uns, dass auch das Tetragramm JHWH der Grammatik der Nomen nach eine eindeutig weibliche Namensform ist. Weinreb sieht eine Verfälschung in der deutschen Übersetzung „Herr“ für JHWH und weist darauf hin, dass damit völlig falsche, männlich-herrscherliche Assoziationen geweckt werden, die dem Hebräischen gar nicht entsprechen.[6]
In demselben Dialog Gottes mit Mose nennt Gott sich in V18 auch „elohei iwriim“. In dem Wortstamm „(e)-w-r“ steckt sehr viel. Es ist ein Stamm, bei dem es um Grenzüberschreitung, um Jenseitiges, Eingewandertes, aber auch die Sünde geht. „Awar“ heißt „vorübergehen“, „hinübergehen“, aber auch „verstoßen“, „sich vergehen“. „Iwri“ ist der Hebräer, „awerah“ bedeutet „Sünde“, „awar“ als Nomen auch „Vergangenheit“. Ein „awarjan“ ist ein „Verbrecher“. Der „elohei iwriim“ ist demzufolge vieles: der Gott der „Hebräer“, der Gott der „Sünder“, der Gott der „Jenseitigen“, der „Eingewanderten“ und des „Vergangenen“, ein Gott auch der „Verbrecher“ und „Verstoßenen“. Der Bezug auf die „habiru“, die „Fronarbeiter“ und „Aussätzigen“ unter ägyptischer Herrschaft, passt in dieses Szenario.

Insgesamt stürzt auf Mose eine enorme Offenbarungsaussage seitens Gottes ein, die sein Wesen als „Seiender“ (die LXX fasste den Namen „ehieh“ als „ho on“, das Seiende, auf) entschleiert, dessen nun ausgesprochener Name eine Beistandstandsformel bedeutet, die ergänzt wird durch eine Verbindung mit konkreten Namen und einem merkwürdigen, kleinen, kläglich, verabscheut und geschwächt gezeichneten Volk.
Mit der Offenbarung des Namens JHWH tauchen erste menschliche Namen auf, die diesen Namen enthalten, zentral am Ende der Wüstenwanderung „Jehoschua“ (Josua), der die Israeliten nach dem Tod Moses ins Gelobte Land hineinführt. Es ist sicher kein Zufall, dass es auch wieder dieser Name es ist, den Maria ihrem Sohn geben soll. „Jesus“ ist die griechische Form von „Jehoschua“. Der Name bedeutet „JHWH rettet“.


h. Adonai

Eigentümlich ist in diesem Zusammenhang auch die grammatische Form, die dem Ersatzwort für JHWH, das die Juden aus Scheu vor dem Heiligen nicht aussprechen wollen, eignet: Wo JHWH steht, liest man „Adonai“. Das bedeutet gemäß den gängigen Übersetzungen „(mein) Herr“.
Nun sagt man aber „mein Herr“ auf Hebräisch normalerweise mit dem Wort „adon“ + Possessiv-Suffix „i“ für „mein“ und spricht: „adoni“. Es gibt auch die weibliche Form von „adon“ und sie lautet „adona“ (Herrin). Im modernen Hebräisch entspricht ein „adon“ vor einen Familiennamen dem deutschen „Herr“: „adon Meier“ bedeutet „Herr Meier“. Auch heute noch schwingt darin weder Herrschaft noch Besitzanspruch, sondern Respekt und Ehrerbietung vor dem anderen darin. Wie schon erwähnt, ist ein „adon“ kein „baal“.
Christliche Autoren sehen bisweilen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr: Manche meinen etwa, „adon“ müsse mit Possessivsuffix 1. Pers. sg. immer „adonai“ ausgesprochen werden. Die Masoreten hätten mit der angeblich „falschen“ Form „adoni“ für „mein Herr“ einfach eine Abgrenzung zwischen menschlichen Herren und dem einen Gott ziehen wollen.
Nur muss man sich damit konfrontieren, dass das zwei verschiedene grammatische Formen sind! Ohne Vokalisation werden „adoni“ und „adonai“ gleich geschrieben. An dem Argument ist richtig, dass die Masoreten einen Unterschied machen wollten. An dem Argument falsch ist die grammatische Begründung, weil sie ausblendet, was „adonai“ in Wirklichkeit heißt.
Man bildet zahlreiche Wörter durch einfaches Anhängen von „i“ für „mein“ an den absoluten Status im Nominativ , zB „chaver“ (Freund) zu „chaveri“ (mein Freund), oder „davar“ (Wort) zu „dvari“ (mein Wort“); „El“ zu „Eli“ (Mein Gott).[7] Ich kann an der Form „adoni“ absolut nichts Falsches sehen. Sie ist bis heute auch im modernen Iwrith vollkommen geläufig.
Richtig ist vielmehr: Grammatisch ist „adonai“ eine Pluralform. So wie das Pluralwort „elohim“ mit einem Possessivsuffix für „mein Gott/meine Götter“ korrekt „elohai“ heißen muss, wäre „adonai“ abgeleitet von „adonim“ + Possessivsuffix 1. Pers. sg. Es bedeutete grammatisch demnach „meine Herren“.
Ein berühmtes Beispiel ist Gen 18,3 und 19,2: In der ersten Stelle erhält Abraham Besuch von drei Männern im Hain von Mamre. Er spricht sie in der Vulgata und in allen deutschen Übersetzungen als „mein Herr“ an. Im masoretischen Schrifttext steht „adonai“. In der LXX im Singular „Kyrie“. Das müsste man hebräisch korrekt als „meine Herren“ verstehen, weil es drei Männer sind. Aber die LXX tat das schon nicht. Warum nicht? Die Sache hat eine grammatische Problematik: Abraham spricht diese(n) „adonai“ anschließend im Vers 3 in der 2. Pers.sg. an, und das macht die Sache scheinbar eindeutig: er hat Besuch von dem einen Gott, der aber wundersamerweise zu dritt auftaucht. Man sagt allgemein, „adonai“ werde, wenn es Gott meint, beim letzten Vokalzeichen mit einem Qames-A (Langvokal), wenn es „meine Herren“ meint mit einem Patach-A (Kurzvokal) gekennzeichnet. Die Masoreten haben hier ebenfalls das Qames-A notiert, meinten also, es sei von Gott die Rede. Bereits in Vers 4 wird der Singular jedoch wieder aufgegeben und die drei Männer werden nun, grammatisch korrekt, nicht als einer, sondern als drei in der 2. Pers.pl angesprochen. In Gen 19,2, als Lot von zwei Engeln Besuch erhält, spricht er sie auch mit „adonai“ an, aber diesmal mit dem Patach-A geschrieben.
Die Zuordnung changiert sprachlich also, und wir müssen zugeben, dass wir das nicht eindeutig interpretieren können.
Es ist, als solle uns verwehrt werden, Gott irgendwie „zählbar“ zu machen.

Die angeblich streng unitarischen Juden fanden es gar nicht anstößig, dass Gott hier in drei Gestalten auftritt. Weder die Gelehrten, die die LXX vor Christus übersetzten, nahmen daran Anstoß noch die Masoreten lange nach Christus. Was sagt uns das über die wirkliche jüdische Auffassung?

Ich erwähne dieses Wort deshalb ausdrücklich, weil Unitarier und Trinitarier Ps 110,1 gerne als Referenzstelle für ihre jeweilige Auffassung anführen.[8] Dort heißt es „N’um JHWH (sprich: adonai) ladoni schev limini…“ („Feierliche Rede des JHWH an meinen Herrn: setz dich zu meiner Rechten…“). David, so meinen Trinitarier wie Unitarier, hat hier den Messias angesprochen, weil diese Stelle im NT mehrfach und eindeutig auf Jesus hin gedeutet wird (Mt 22,44; Apg 2,34; Hebr 1,13).
Weil die Masoreten hier „adoni“ vokalisiert haben, sei doch klar, dass das nicht der „adonai“ sein könne, argumentieren Unitarier.
Trinitarier verweisen darauf, dass die Vokalisierung des hebräischen Textes erst im frühen Mittelalter erfolgte und uU nicht wiedergibt, wie der Text ursprünglich gemeint war. Die Konsonanten von „(a)-d-n-j“ können beide Varianten bedeuten. Eine Prüfung ist anhand der vorchristlichen Septuaginta möglich: dort sind beide Wörter unterschiedslos mit „Kyrios“ übersetzt („Der Herr sprach zu meinem Herrn…“).
Trinitarier leiten daraus ab, dass ursprünglich dasselbe Wort gemeint gewesen sein kann bzw aus der Perspektive Davids der Messias ja noch nicht da war, also nur fiktiv von ihm gesprochen werden konnte, ohne besondere Intention einer inneren Differenzierung zwischen dem Herrgott und dem zweiten Herrn, der wiederum der direkte Herr des Psalmisten ist. Die Differenzierung, die Unitarier gerne ableiten würden, lasse sich so nicht ableiten.

Für die Argumentation der Trinitarier spricht, dass die Masoreten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit sehr wohl wussten, dass die Christen genau diese Stelle aus Ps 110,1 auf Jesus Christus hingedeutet haben — immerhin geschieht das an mehreren Stellen in verschiedenen Büchern des NT — und durch eine differenzierte Vokalisation dessen vorausgesetzten „wesensgleichen“, göttlichen Status abweisen wollten. Da die Trinitätslehre zur Zeit, als die Vokalisation eingefügt wurde, dogmatisch bereits weit entwickelt war, ist das sehr wohl denkbar. Die LXX ist dagegen ganz unverdächtig, weil zur Zeit ihrer Entstehung keine relevante Auseinandersetzung in der Sache vorlag. Sie entstand vor der Erscheinung Jesu Christi. Die Argumentation der Unitarier steht hier auf sehr dünnem Eis. Die protestantische Überzeugung, der masoretische Text sei „wahrer“ als die Vorlage, die der LXX zugrunde liegt, ist sachlich wenig stichhaltig, weil die Vokalisation und Auswahl der Texte erst nachchristlich erfolgte, nicht unbedingt älteren Lesarten entsprechen muss, sondern bereits manipulative Tendenzen haben könnte, und hat sich inzwischen an vielen Stellen auch als falsch erwiesen, seitdem man in Qumran ältere hebräische Textrollen gefunden hat. Hier sind Sorgfalt und Vorsicht geboten und eine strenge Abstinenz, in der Schrift um jeden Preis eigene dogmatische Meinungen abgebildet sehen zu wollen.

Das Ersatzwort „Adonai“ für JHWH ist tatsächlich eine Art „Titel“, aber eben deswegen, weil es funktional nicht Gottesname, sondern Ersatzwort für den heiligen Gottesnamen ist. Der Name Jesu ist nicht nach dem Ersatzwort und Titel, — er spricht kaum von seinem „Kyrios“ —, sondern sein Name ist nach dem echten Namen Gottes geformt und weist ihn daher auch als einen, der von Gott kommt, in dem Gott wirkt und der Ausdruck göttlicher Hilfe ist, aus.


i. Das „Schma“

Unitarier berufen sich gerne auf das israelitische Glaubensbekenntnis, das „Schma“ in Dtn 6,4-9. Dort heiße es doch „Schma Jisrael JHWH eloheinu JHWH echad“. Und „echad“ bedeute doch „eins“ oder „einer“. Trinitarier behaupten demgegenüber gelegentlich, „echad“ könne auch „einig“ bedeuten und bleibe daher offen für eine Trinität.
Beide Argumente kommen mir gewollt und gezwungen vor.
Die Formulierung des Bekenntnisses ist in der Tat eigentümlich: „Höre Israel, JHWH unser Elohim JHWH einzig“. Es ist für mich keineswegs eindeutig, wo hier Hilfsverben einzusetzen wären. Auch wird hier wohl kaum abgehoben darauf, dass es religionsphilosophisch als endgültig bekannt wird, dass es nur einen Gott gibt. Es ist dieses „Schma“ ein Ruf, ein Appell, dass der Name unseres Gottes JHWH ist und als solcher einzigartig ist nach allem, was Israel mit ihm erfahren hat. Der JHWH hat sich herausgehoben aus den Göttern als der einzigartige, Gewaltige, Numinose und Liebende mit vielen mütterlich-bergenden Eigenschaften, der sich an dieses Israel gebunden hat. Das Nomen „schem“ für „Name“ und das Verb „sch-m-(a)“ für „hören“ können zusammengehören und auf einen Stamm zurückgehen. Das „Schma“ bekennt daher vor allem anderen den Bund mit diesem einen Gott JHWH und will daran immer „eingedenk sein“.
Auch wenn hier die Bindung an JHWH bekannt wird, wenn er als „einer“ oder als „einziger“ benannt wird, wird damit keine Binnenaussage gemacht: wie er in sich selbst aussieht, ob er in einem mathematischen Sinn zählbar ist, bleibt im Dunkeln, ob es andere Götter gibt, wird nicht thematisiert. Relevant ist hier alleine die Bindung an diesen einzigartigen Gott und seinen Namen JHWH, auf den keine weitere Offenbarung eines Namens erfolgte, dem aber einige weitere Namensoffenbarungen vorausgegangen waren, wie ich gezeigt habe, die schon erahnen lassen, dass es ein vielschichtiger Gott inmitten einer Götterwelt ist, von der er sich langsam abhob, und aus der er heraustrat und auf die Menschen zuging und sich mit ihnen in einzigartiger Weise verband wie sonst kein anderer Gott, von dem wir wüssten.

Auf diesen einen Satz kann sich weder der Unitarier noch der Trinitarier berufen.

Das Verbot im Dekalog (Ex 20,2ff; Dtn 5,6ff), neben diesem einen JHWH-Gott weitere Götter anzubeten, wäre sinnlos, wenn es diese weiteren Götter nicht  — wie immer man sie ontologisch verorten soll — gäbe. Die Verehrung dieses JHWH soll bildlos geschehen. Der Name dieses Gottes darf unter keinen Umständen missbraucht werden.
Es wird nicht diskutiert, ob es philosophisch gesehen nur einen einzigen Gott gibt, sondern ob es für uns nur einen einzigen Gott geben kann, nämlich diesen einen JHWH, der einzige Gott der wirklich „s-ch-r“ (unser eingedenk) und „n-k-w“ (uns umhüllend) ist. Nur er ist so und nur er kann uns das Gegenüber sein, das wir als Menschen abbilden. Nur er bietet die gewaltige Gestalt, in der wir geschaffen sind, und sie kann und darf nicht abgebildet werden.









[1] Zur Übersetzungs- und Interpretationstradition und ihrer Problematik hier einige wertvolle Hinweise: https://auslegungssache.at/4256/damals-begann-man-den-namen-des-herrn-anzurufen/
[2] Aufschluss ist dazu dieser Artikel von Ingo Kottsieper: El, 2013, im WiBiLex auf der Website der Deutschen Bibelgesellschaft, online hier abrufbar: https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/el/ch/8edcb0f2b0d585af563cb63d063c58eb/
[5] Schriftstellen, die Gott mütterlich oder weiblich zeichnen, sind — anders als konservative Autoren es behaupten — zahlreich, einige (23) Beispiele hier: Jes 66,13; Jes 49,15f.; Hos 11,1-4; Dtn 32,18; Num 11,12; Jes 42,14, Job 38,8; Hos 11,4; Gen 3,21, Jes 46,3-4; Ps 22,10-11; Jes 66,8-9; Hos 13,8; Ps 123,2; Job 10,10; Ex 19,4; Dtn 32,11-12; Ps 17,8-9; Ps 57,2; Spr 1,20-33; 2,5.10; 3,2.16; 8,22-31; 9,1-6

[6] Friedrich Weinreb: GottMutter. Die weibliche Seite Gottes. Weiler im Allgäu 1990: Thauros Verlag, S. 21f
[7] Hier unter Anmerkung b.: https://offene-bibel.de/wiki/Adonai#note_b An der Begründung dort stimmt einiges nicht, denn die Possessivsuffixe beim Nomen im Sg. müssen nicht immer an die Pluralform gehängt werden, wie behauptet wird. Das ist falsch! Sie werden in der Regel an die Status Constructus-Form gehängt. Das kann man in jeder Hebräischgrammatik nachlesen. Nun hat aber nicht jedes Nomen einen St.cs., der vom Nom.sg. abweicht! Oft fällt der St.cs. in eins mit dem St.abs.
[8] Vgl. Gerber, a.a.O., S. 15

Donnerstag, 16. Januar 2020

Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Spechtbalz, frühe Singdrossel und der erste wilde Uhu meines Lebens

Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Spechtbalz, frühe Singdrossel und der erste wilde Uhu meines Lebens

Seit einigen Tagen hört man sie morgens in der Früh, nachdem es hell wurde. Als ich nicht wusste, was das ist, dachte ich an eine Trommelkommunikation der Waldgeister. Einer klopft, die abgestorbenen Stämme sind Klangkörper wie westafrikanische Tomtoms, geben Nachrichten weiter über lange Entfernungen, irgendwo kommt die prompte Antwort, ein paar Tonhöhen höher oder tiefer gestimmt, je nachdem, welchen Baum sich der zweite Specht ausgesucht hat. Aber damit nicht genug, es tönt ein dritter, ein vierter, vielleicht sogar ein fünfter. Oder noch mehr? Irgendwann überlagern sich ihre Zurufe aneinander, ein mehrstimmiges, polyrhythmisches Konzert holt mich aus meinen Träumen. Der Tag kann kommen, ich bin musikalisch gerüstet.

Wenn ich auf bin, draußen im Wald spaziere, noch ist es dunkel, im ersten rosigen Grauen, singt die Drossel im Busch vor dem Haus, umschlichen von meiner Katze, deren Schwanz ekstatisch zuckt. Die Sängerin hat das Terrain noch für sich, wenige erhabene Minuten lang.

Heute kehrte ich zurück im Dunkeln, die Siebenuhrglocken hatten schon vor einiger Zeit geläutet, am Himmel blinkte Orions Gürtel so fett wie selten, da hörte ich mitten im Geschrei der Waldkäuze aus dem Schweigen der Wipfel diesen tiefen Ruf „Huuu“. In gemessenen Abständen kam er, samtweich und dunkel schimmernd. Obwohl ich das in der Natur noch nie gehört hatte, kannte ihn doch, diesen Ruf, irgendwo versunken in meinem Bewusstsein, überkommen von meinen Ahnen. Zuhause war schon mein Mann und sagte:
Kann es sein, dass hier ein Uhu lebt?
Er hatte den Ruf auch gehört.
Du auch? rief ich.
Ja, ganz deutlich und laut!
Ich ging an den Rechner und gab auf Youtube „Uhu Ruf“ ein.
Es war der Uhu!
Er ist zurückgekehrt, sagten wir zueinander.

Hanna Jüngling, 16.1.2020 (an einem milden Januartag im Freien und zu Hause)

Tagebuchfolgen bisher:

29.12.2019: Wo ist die Natur? — Tagebuch einerSuche: Rauhnächte

Samstag, 11. Januar 2020

Trinitätslehre auf dem Prüfstand — Brief XV. an Unitarier und Trinitarier IV: Das Fehlen eines Vatergottes im Alten Testament

Trinitätslehre auf dem Prüfstand — Brief XV. an Unitarier und Trinitarier: Das Fehlen eines Vatergottes im Alten Testament

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IV

Das Fehlen eines Vatergottes im Alten Testament

Mit dem Begriff „Vater“ als „Titel“ lässt sich noch viel schwerer so unbesorgt um historische und literarische Zusammenhänge in der Schrift argumentieren. Es wurde vielfach festgestellt, dass das Heidentum einen ausgeprägten Vaterbegriff, als phallische Gottheit verstanden, und die Herrschaft der Väter als dessen Abbild, kennt, und Israel sich mit dem Exodus gerade davon radikal trennt: im AT wird Gott grundsätzlich nicht „Vater“ genannt. Auch wenn Juden sehr spät im hellenistischen Umfeld und bis heute gelegentlich ebenfalls in Gebeten auch von Gott als „Vater“ sprechen, findet sich dies im AT noch nicht. Diese Anrede und Konstellation kommt erst mit Jesus fast „schwallartig“ ins Spiel. Davon später.

Der Pharao verstand sich als einziger Mittler und Gottessohn auf einer Zwischenebene zwischen Volk und Göttern, und glaubte, dass Gott als Vater nur mit diesem seinem Sohn, dem König der Ägypter, ausschließlich nur mit ihm, der seine Herrschaft vollziehen sollte, kommunizierte. Es war nicht vorstellbar, dass Gott auch mit anderen sprach. Vielleicht haben die hebräischen Sklaven in Ägypten deshalb vollkommen auf ihre Väter Abraham, Issak und Jakob vergessen. Denn mit ihnen hatte Gott gesprochen und sogar gerungen, ein Gedanke, der in Ägypten undenkbar war.
Die merkwürdige Abstinenz im AT von einem Gott als „Vater“ ist auffallend und ungewöhnlich in einer Umwelt, die sich den Gott nicht anderes als einen (phallischen, zeugenden) Vater vorstellen konnte, gerade in Ägypten in einem komplex gedachten System von „Vater und Sohn“ (Sonnengott bzw Osiris-Horus) mit universalem Anspruch:

In der Ägyptologie und Theologie ist heute zwar — und das könnte Gerbers Theorie bestärken — umstritten, ob die Pharaonen bzw Könige Ägyptens direkt als „Götter“ aufgefasst wurden oder nur als Mittler zu Gott und in dem Sinn „Gottessöhne“ (auch Gottestöchter) als „Amtsträger“, aber nicht dem Sein nach.[1] Es spricht viel dafür, dass hier moderne Gedanken rückprojiziert werden von denen, die diese Auffassungen vertreten. Die antike Denkweise unterschied noch keine bloßen „Ämter“ vom Sein des Trägers. Der feine Unterschied liegt in der Differenz zwischen „Beruf“ und „Berufung“: Modern gedacht kann man sehr wohl Berufe ausüben, die nicht zu einem passen, man weist auf einem Stück Papier aufgrund einer „Ausbildung“ nach, dass man „qualifiziert“ ist. Man kann den Beruf auch ständig wechseln — das ist unerheblich.
Eine Berufung aber ist etwas gänzlich anderes: in ihr verschmilzt Aufgabe mit Sein so tief, in der tiefsten Tiefe mit dem Jawort Gottes zu diesem Menschen, dass niemand darüber von außen über Papierstücke, die mehr oder weniger starre und oberflächliche und befangene oder voreingenommene Meinungen ausweisen, urteilen kann. Die biblischen Berufungen sind sehr häufig überraschend, weil der gewöhnliche Mensch ausgerechnet diesen Mann, diese Frau niemals für den oder die „Richtige(n)“ gehalten hätte für die Aufgabe.
Bei der Berufung bezeugt alleine die Frucht des Wirkens, ob sie vorliegt. Im Wort „Beruf“ steckt noch ein Hauch des alten und aus meiner Sicht wahren Verständnisses der Berufung.
Ein Amt musste einem Sein entsprechen oder eine Vollmacht mitliefern, das Amt tatsächlich zu verkörpern, die manifest wurde. Mose bewies seine Berufung vor dem Pharao daher nicht nur mit der Behauptung, er sei beauftragt vom Gott der Fronarbeiter. Die Relevanz dieses Gottes musste sich erweisen. Daher die „Kunststücke“, die Mose vorführte im Wettstreit mit den Magiern. Auch die Vollmacht Jesu erwies sich zunächst in seiner Wundertätigkeit vor aller Augen. Auf die verstörte Frage Johannes des Täufers, der im Gefängnis schmachtete, ob Jesus denn wirklich der sei, den er erwartet hatte, antwortet Jesus ihm mit dem Verweis auf die Wunder:

Geht hin und verkündet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen wieder, Lahme gehen, Aussätzige werden gereinigt, Taube hören, Tote werden auferweckt, Armen wird gute Botschaft verkündigt! (Lk 7,22)

Man kann sicher sagen, dass im Altertum eine göttliche Vermittlerrolle anders konnotiert war als heute, wo man Mediatorenrollen funktional und „amtlich“ versteht und die alte Idee, dass Geweihte tatsächlich ein Wesensmerkmal erhalten haben, in den Hintergrund rückt.
Die Königsrolle war nicht auf Zeit gedacht, sondern seinshaft: man wurde schon als König geboren oder irgendwann in einem auch spirituell gedachten Akt dazu erhoben und füllte das Königtum aus, solange man lebte. Königtum wird im Orient, aber auch bei uns, solange wir Könige hatten, mit einer Salbung bzw Weihe „übertragen“. Wir kennen noch aus der katholischen Kirche die Überzeugung, dass man mit der sakramentalen Taufe (und Firmung) und Priesterweihe durch die Chrisamsalbung und das Ritual selbst ein regelrechtes „Wesensmerkmal“ eingeprägt bekommt: man ist danach mit einem anderen Sein versehen als zuvor und kann dies auch nicht mehr verlieren, nur noch verraten. Der Gläubige und in gesteigertem Maße der Priester erhält damit seinshaft Anteil am Königtum Jesu Christi. Die Salbung der Könige hatte einen quasi-sakramentalen Charakter, beteiligte auch sie in einer herausgehobenen Weise (Gottesgnadentum) am Königtum Christi und war dem Prinzip nach unverlierbar.
In Resten ist etwas von diesem alten Denken also auch noch bei uns lebendig.
Es erscheint mir darum als modern „betriebsblind“, wenn man heutige „Ämtervergaben“ auf alte Verhältnisse rückprojiziert. Immer, wenn in irgendeiner Weise ein göttliches Wesensmerkmal in einem Menschen offiziell und rituell beglaubigt manifest gedacht wird, kann es sich nicht mehr nur um eine bloße, nüchterne Amtsvergabe eines „Präsidenten“ oder „Chefs“ handeln.

Dafür möchte ich einige Beispiele geben:
Amenophis I. (Regierungszeit 1525-1505 v. Chr.) wurde zweifellos posthum als Gott verehrt.[2] Amenophis III. (14. Jh v. Chr.) hat zu Lebzeiten Opfer vor seinem vergöttlichten Ich dargebracht. Hatschepsut bewies ihre königlich-göttliche Legitimation dadurch, dass sie sich als Abkömmling des Gottes Amun Re und ihrer menschlichen Mutter darstellte, also als direkt von Gott Gezeugte.[3] Im Tempel von Deir el Bahari ließ sie ihre göttliche Geburt verewigen.[4] Ein König wurde als Manifestation des Sonnengottes verstanden. Er ist (Adoptiv-)Sohn des vorherigen Königs, der im Jenseits als Sonnengott ist und im Diesseits in seinen Sohn „inkarniert“ agiert.[5] Die Mittelstellung eines amtierenden Königs bedeutet nicht ein Weniger-sein dem Sein nach oder „Untertänigkeit“ unter einen Vater im Jenseits, sondern eine Rolle auf der Schwelle zwischen Diesseits und Jenseits. Der regierende Pharao ist auf der Schwelle das, was sein Vorgänger im Jenseits ist.[6] Wenn man sagen will, der Pharao stehe im dreistufigen ägyptischen Modell dem Sein nach zwischen dem Gott und der Diesseitswelt, dann geht man aber trotzdem davon aus, dass er, im Jenseits endgültig vergöttlicht, vorher die noch nicht vollständig aktual entfaltete Potenz zum Göttlichsein hatte.
In der Zeit der Könige David und Salomo hatte sich diese gottkönigliche Idee in Ägypten sogar noch verstärkt, an dessen Staatsspitze nicht nur

„ein Herrscher als Sohn und Stellvertreter des Sonnengottes stand, wie es die übliche Konstruktion des pharaonischen Sakralkönigtums vorsah, sondern (…) der Gott Amun selbst, der den Staat durch Orakelentscheidungen regierte. Der weltliche Regent (…) diente als Hohepriester des als König herrschenden Gottes. Im 8. Jahrhundert wurde das System dahingehend verändert, dass an der Spitze des Gottesstaates nun eine Prinzessin der in Tanis und später in Sais herrschenden Dynastie als ‚Gottesgemahlin’ stand. Die Gottesgemahlinnen waren als Gemahlin des Gottes Amun zum Zölibat verpflichtet und bestimmten im Einvernehmen mit dem weltlichen Herrscher ihre Nachfolgerin durch Adoption.“[7]

In der Auseinandersetzung um die Trinitätslehre ist die Fortsetzung der Motive in der Zeichnung der Gestalt Jesu auffallend: auch er gilt nach dem NT als einziger „Mittler“, auch er ist nach dem NT „Sohn Gottes“ und gilt in der Trinitätslehre aufgrund einer bestimmten Interpretation des Johannesprologs als „inkarnierter König“, der posthum erhoben wird auf den Thron Gottes.  Dass im Judentum jede solche Vorstellung, die an „Ägypten“ erinnert, abgelehnt wird, kann man nachvollziehen. Mit dem Judentum tut dies der Islam. Dass auch Unitarier im Christentum Bauchweh haben bei einer Annäherung an ägyptische Vorstellungen, kann man ebenfalls nachvollziehen. Aber auch wenn man die Idee einer „Inkarnation“ als „unbiblisch“ verbannt, bezeugt die Schrift doch eine wunderbare Geburt Jesu, die durch einen Schaffensakt Gottes durch den heiligen Geist, der Maria umschattet, vollzogen wird. Über diesen Punkt muss noch nachgedacht werden.

Es ist unter Trinitariern üblich, die Zeit des Alten Bundes „Zeit des Vaters“ zu nennen.[8] Ihnen ist dabei völlig entgangen, dass gerade das AT ein ausgesprochen zurückhaltendes Verhältnis zur Benennung Gottes als Vater aufweist. Die Männer müssen vor dem Eintritt ins Heilige Land am Phallus beschnitten werden — ein Symbol, könnte man meinen, diese väterlich-patriarchale Macht zu brechen. Die alte abrahamitische Beschneidung der Männer als Bundeszeichen war ganz offenbar nicht mehr vollzogen worden. Oder aber die Wüstenzeit sollte eine Zeit der Reinigung einer ägyptischen Auffassung von Beschneidung sein, bei der Frauen verstümmelt und in Lebensgefahr gebracht wurden. Anders als in Ägypten mit seiner Beschneidung (die bis heute auch von den Christen und Muslimen dort fast flächendeckend praktiziert wird!) lässt man Frauen im AT ganz unbeschnitten und intakt.[9]

Auch wenn im AT „Patriarchen“ berufen werden und die jüdischen Gelehrten zur Zeit Jesu auffallend häufig von ihrem „Vater Abraham“ (erst in zweiter Linie von Gott als ihrem Vater) sprechen (im AT noch nicht), was sowohl Johannes der Täufer als auch Jesus (Lk 3,8; Diskussion in Joh 8) brüskieren (!), offenbart doch das AT eine radikale Kritik am antiken Patriarchalismus, der direkte Folge der orientalischen Religionen ist. Anders als in jeder anderen altorientalischen Literatur spielen neben den „Patriarchen“ deren Frauen im AT Schlüsselrollen oder werden sogar ohne Bezugnahme auf einen Ehemann ebenfalls berufen wie Miriam, die nicht nur offenbar eigenständig ihren Bruder Mose nach seiner Auffindung durch die Pharaonentochter auf dem Nil der eigenen Mutter als Amme wieder zuführt, sondern auch von Gott zur Führung Israels in der Wüste mitberufen wurde (Micha 6,4). Das ist im damaligen Kontext außergewöhnlich und durchbricht bereits das patriarchalische Prinzip. Immer wieder tauchen Sätze und Szenen auf, die ein „Problembewusstsein“ für die Ungerechtigkeit der Zurücksetzung der Frau offenbaren, nicht zuletzt in Gen 3,16, das ausdrückt, dass die Unterordnung der Frau nicht der ursprünglichen Schöpfungsordnung entspricht, sondern Folge und Ausdruck der Sünde ist.

Um nachzuwesien, wie kritisch schon das AT in dieser Frage ist, möchte ich ein Beispiel etwas ausführlicher zeigen:

Gleich auf den ersten Seiten der Genesis überrascht uns der Autor mit einer Erzählung, in der die von Abraham und Sara sexuell missbrauchte und anschließend verstoßene Sklavin Hagar mit ihrem Sohn Ismael in der Wüste ist, das Kind verschmachten sieht und weinend zusammenbricht. Nun geschieht — ähnlich wie später bei Mose und dem „Gott der Fronarbeiter“ etwas Außergewöhnliches: Gott wendet sich Hagar zu und sagt ihr zu, sie und den Knaben zu retten. Er habe das Schreien des sterbenden Knaben gehört. Sie solle ihn fest an der Hand nehmen, denn er, der Gott, wolle aus ihm ein großes Volk machen. Gott habe, so heißt es, Hagar die Augen geöffnet, so, dass sie plötzlich einen Brunnen sah und das Kind tränken konnte. Gott sei mit dem Knaben gewesen, heißt es abschließend (Gen 21,9ff). Doch dies war nicht die erste Ansprache Gottes an diese niedrige Frau. Sie war als Schwangere wegen der Konkurrenzsituation zwischen ihr und ihrer „Herrin“ Sara, die noch kein Kind hatte, von jener auf die ausdrückliche Zustimmung Abrahams hin so hart schikaniert worden, dass Hagar geflohen war. Sie rannte in die Wüste zu einer Quelle und wurde dort von Gott angesprochen und aufgefordert, zurückzugehen. Gott sagt ihr den Segen für ihr Kind zu, verheißt ihr ein großes Volk, das er aus ihm machen wird, und auch hier kommt ein außergewöhnlicher Satz, der von ferne schon an Marias Begegnung mit dem Engel Gabriel erinnert:

„Siehe, du bist schwanger und wirst einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Ismael [„Gott hört“] geben, denn der HERR hat auf dein Elend gehört.“ (Gen 16,11)

Diese Begebenheit ist ungeheuerlich in der alten Weltordnung, in der ein Sklave nichts war. Gott beauftragt hier eine Niedrige, Missbrauchte, hat Erbarmen mit dieser Situation des Missbrauchs und der Demütigung und spricht mit einer solchen Frau. Man halte die Haltung Abrahams dagegen, um zu erkennen, dass hier eine Kritik formuliert wird: Abraham hatte die Frau der Willkür und dem Zorn seiner eigentlich Frau Sara überlassen, war feige, knallhart, ja: herzlos, er, der sie doch geschwängert hatte. Solange das Kind nicht sichtbar war, war sie im völlig gleich. Erst in der späteren Szene, als Ismael schon da war, fragte er Gott, was er tun soll, aber nicht wegen der Situation Hagars, sondern deswegen, weil Ismael sein Sohn war. Gott durchbricht dieses damals — in einer herzlosen patriarchalischen Welt normale — Verhalten Abrahams und wendet sich dieser Frau zweimal direkt zu. Hagar scheint nicht zu wissen, welcher Gott es ist, mit dem sie es zu tun hat und gibt ihm daher einen eigenen Namen. Sie nennt ihn daher „El-Roi“, der „Mich Sehende“ und den Brunnen, an dem dies geschah benennt sie ebenfalls nach diesem Gott „Brunnen des Lebendigen, der nach mir schaut“ (Gen 16, 13f). Erstmals schimmert hier auf, dass der Gott, der „Lebendige“ ist, der echte Gott, der, der auch auf die Geringsten sieht und hört. Und Hagar ist es auch, die den Namen für das Kind im Auftrag Gottes weiß und darum bestimmt. Der Patriarch Abraham muss das passiv annehmen.
Wer einmal genauer hinhört, entdeckt eine Ungeheuerlichkeit um die andere in der Schrift.

Aufseiten vieler Christen liegt hier mE eine Art „blinder Fleck“ vor, v.a. in der Postmoderne, in der sie sich umlagert wähnen von einem „unbiblischen“ Feminismus. An der Stelle möchte ich bemerken, dass ich die Begriffe „biblisch“ und „unbiblisch“ nur in Anführungszeichen gesetzt verwende. Die Begriffe sind kontaminiert, verdorben von einem inflationären Gebrauch durch allzu viele Rechthaber, die ihn als Kampfbegriff gegen ihre Meinungsgegner einsetzen. Damit kann ich nicht ernsthaft argumentieren — Argumente müssen der Sache nach, entweder mit einigermaßen plausiblen Schriftbeweisen oder auch logischen Schlussverfahren dargelegt werden. Beides reicht aber nicht für ein tiefes Wortverständnis. Dinge einfach als „biblisch“ auszugeben oder als „unbiblisch“ abzuschmettern offenbart ein meistens unredliches und oft gewaltsames Umgehen damit, dass wir alle Tastende und Irrende sind und nur Vorschläge machen können, wie man es recht verstehen könnte. Wir haben alleine an dieser Untersuchung hier gesehen, wie schwer es ist, mit den vielschichtigen und widersprüchlichen Aussagen in den biblischen Büchern umzugehen.

In aller Regel zieht das Patriarchat eine Göttinnenverehrung nach sich, um einen Ausgleich zu schaffen, wenn es nicht völlig veröden will. Der etwas freakige, aber sehr originelle Frank Engelmayer weist immer wieder darauf hin, dass das einst fruchtbare und grüne Land der arabischen Halbinsel und Nordafrikas vor allem mit dem Islam als einer extrem einseitigen, patriarchalischen Religion, die aber einen Vatergott ablehnt (!) und das Weibliche tief herabwürdigt, endgültig desertifiziert und heute nur noch eine erbarmungslose und lebensfeindliche Wüstenei ist. Diese größtmögliche Abstraktion einer vaterlosen, aber dennoch patriarchalen oder besser maskulin-aggressiven Struktur ist, wenn sie radikal umgesetzt wird, unmenschlich in ihrer Wirkung. Tatsächlich weisen große Teile des heutigen islamischen Herrschaftsbereiches buchstäblich eine Verödung und Desertifizierung des Landes auf, wo einst Feuchtigkeit und grünes Land war.[10] Engelmayer bezieht sich auf die These des Geografen James de Meo[11], der die patristischen Kulturen als Ergebnisse des Desertifizierungsprozesses ansieht. Bei Engelmayer wird der Zusammenhang auch umgekehrt erwogen.

In der Rückschau von Jesus her wird manches im AT zugelassen um der Verhärtung der Menschen willen (wie etwa das Recht des Mannes, seine Frau zu verstoßen und der Ehefrau beliebig viele Mätressen und Nebenfrauen zuzumuten — nicht anders trieben es die ansonsten verachteten Gojim), aber es erfährt mE bei genauem und aufmerksamem Lesen sehr oft subtil eine Umwertung und trotz der Legitimation in der Torah harte Kritik durch Propheten. Nicht erst Jesus stellt sich hinter die Würde der Frau, sondern auch schon einige Propheten wie zB Mal’achi wie auch die Schöpfungsaussage in Gen 2, dass der Mann der Frau folge (und nicht umgekehrt), die Jesus selbst ausdrücklich als Argument gegen die Verstoßungspraxis anführt (Mt 19,4ff); Mk 10,6ff). Bei aller Anpassung an den sozialen Zeitgeist, der in den späteren Briefen des NT zum Ausdruck kommt, verweist doch der Epheserbrief auch auf diese ursprüngliche Ordnung vor dem Fall (Eph 5,31).

Das Argument Gerbers, ein Sohn müsse seinem Vater in Gottes Ordnung ja auch untertan sein, und darum könne das so auch für Jesus gegenüber seinem Vater gelten, was bedeutet: darum ist „Vater“ auch ein Herrscher-Titel und Jesus dem Gott seinshaft subordiniert, hält mE einer sorgfältigen und v.a abwägenden Untersuchung schwerlich stand. Dieses Argument stolpert in die Falle eines schon im AT kritisch abgewickelten Vaterbildes, das allerdings, wie eben dargelegt, aus den Köpfen nicht herauszubekommen ist bis heute.
Daraus folgt umgekehrt nicht, dass „Wesensgleichheit“ vorliegen müsse. Zwar ist ein Vater mit seinem Kind immer wesensgleich unter irdischen Bedingungen. Viele missverstehen das, weil sie „Wesen“ mit dem Charakter oder einer mentalen Verfassung, Begabungen oder Aufgaben verwechseln. Dem Wesen nach sind alle Menschen gleich, Mann und Frau, und genuin Eltern und Kinder: ein Mensch bringt immer nur wieder einen Menschen hervor.
Um aber auf Wesensgleichheit im Rahmen einer Metapher zu schließen (und es ist mit Gewissheit eine Metapher, weil das, was wir unter Vaterschaft verstehen im irdischen Sinn, auf den unsichtbaren Gott des NT buchstäblich nicht zutreffen kann, bildhaft aber schon) bräuchte man wiederum validere Argumente und vor allem einen vollständigen Einblick in die Sphäre Gottes, den wir nicht haben können. Wenn man auf dieser philosophischen Ebene denken will, stellt sich die Frage, wie die Schöpfung, die doch von Gott kommt, nicht sein Wesen in sich tragen kann … Der Denkansatz ist vermutlich als solcher unpassend, um die Relation Gott-Schöpfung zu erkennen. In diesem Rahmen kommt man kaum weiter und landet bei Formeln und Festlegungen, die an irgendeiner Stelle immer wieder aufs Neue Widersprüche aufbrechen lassen.
Die Kirche hat sich diesbezüglich auf dogmatischer Ebene selbst belogen: Wenn sie 1215 auf dem IV. Laterankonzil feststellt, dass alles, was wir analog (zur Schöpfung) über Gott sagen können, ihm immer unähnlicher als ähnlich ist, dann war es eine Grenzüberschreitung, überhaupt ein Gottesbild festzulegen — es ist dabei gleich, ob trini-, bini- oder unitarisch. Sie hatte sich damals mit diesem Lehrsatz gegen eine Aussage des Joachim von Fiore zur Trinitätslehre gewandt mit genau diesem Argument. Joachim war der Meinung, wenn man die Dreifaltigkeit Gottes annehme und sage, er zeige sich in drei „Hypostasen“ bzw „Personen“, dann müsse man aber auch noch den Oberbegriff der Gottheit als vierte Größe dazu denken, quasi eine Viereinigkeit, was er für Wahnsinn hielt und bei Petrus Lombardus ausgedrückt sah. So wie etwa ein Volk aus Einzelpersonen bestehe, dessen Volksbegriff aber unabhängig von den Einzelnen gebildet werden müsse, weil er sich nicht selbstverständlich einfach so ergebe, nur weil mehrere Personen irgendwo zusammenleben. Eine frühe mengentheoretische Debatte, könnte man sagen, aber die Kirche wehrte dies ab, weil sie eine zu starke Analogie Gottes zur Natur nicht anerkennen wollte. Wie hatte sie sich dann aber selbst einst so weit vorgewagt mit ihren trinitarischen Definitionen, zuletzt auf demselben Konzil 1215, auf dem sie endgültig feststellte, dass der Heilige Geist auch aus dem Sohn gleichermaßen wie aus dem Vater durch Hauchung hervorgehe, was die Ostkirche bis heute ablehnt?

Das Denkproblem wäre hier hinsichtlich einer Rangordnung zwischen Vätern und Söhnen:
Wenn die Vater-Sohn-Relation metaphorisch gemeint ist, gilt für sie kaum „alles“, was diese Relation im irdisch-sozialen Kontext meinen kann. Metaphern, auch Gleichniserzählungen, wollen immer nur einen bestimmten Aspekt des Bildvergleiches hervorheben.
Um ein — heidnisch-patriarchales — Herrschaftsverhältnis auszudrücken hätte es genügt, ein Herr-Knecht-Verhältnis zu skizzieren. Einer mag einwenden, dass Jesus sich aber doch in den NT-Texten eindeutig als „gehorsam“ erweise. Wir assoziieren damit automatisch „Untertänigkeit“ in einem ganz bestimmen hierarchischen Sinn, etwa so: Er ist sowieso untergeordnet und „Gehorsam“ heißt, dass er diese Subordination auch anerkennt und nicht — wie der gefallene Mensch sonst — dagegen aufbegehrt. Hinter einer solchen Auffassung steht der unreflektierte Glaube, man müsse überall nur das Aufbegehren gegen den eigentlich niedrigeren Rang wittern und entlarven. Es ist ein wahrhaft absurdes Argument, denn auch die, die sich berufen glauben zum höheren „Rang“ offenbaren nichts anderes als Herrschsucht. Die quälende Reibung an Rängen selbst muss Folge der Sünde sein — die Vielfalt der lebendigen Phänomene sollte aus sich selbst heraus stabil und gerecht sein und nicht durch Herabsetzung oder Erhebung der einen unter bzw über die anderen. Es ist doch wiederum Folge der Herabsetzung, dass der Herabgesetzte unter dem Dirigat eines anderen nicht mehr das sein kann, was er ist und dagegen entweder aufbegehrt oder in einem Akt der Autoaggression seinen Dominator rechtfertigt, um die Lage seiner Ohnmacht erträglicher zu machen. Ein Priesteramtsanwärter sagte einmal zu mir: „Ich verstehe nicht, dass niemand heute mehr anerkennen will, dass es Leute gibt, die über ihm stehen…“ (Er ging davon aus, dass er dazu berufen ist, über anderen als Hochwürden zu stehen, war 20, ich mehr als doppelt so viele Jahre alt…)
Dazu muss aber angemerkt werden, dass „Untertänigkeit“ vielleicht in dem Verständnis, das wir davon haben, irreführend ist. Es heißt zwar immer wieder, Jesus habe sich selbst zum Sklaven gemacht, aber er ist kein Sklave. Er nahm diese teuflische Rangordnung der Welt auf sich, stammte aber nicht daher. Alle Versuchungen, Aufforderungen oder Gelegenheiten, in diesem Rangsystem die Macht zu übernehmen, lehnte er ab und das NT benennt sie mehrfach als satanisch (Mt 4; Lk 4; Mk 1,12; Mt 16,23).
Wir müssen umdenken: Man kann sehr wohl jemandem gehorchen, dem man wesenhaft nicht untergeordnet ist, in dem Sinn, dass man ihm zuliebe und weil man ihm seinen Wunsch erfüllen will, auf ihn hört: „Gehorchen“ heißt eigentlich „(auf jemanden/etwas) hören“, ähnlich wie das Wort „Vernunft“ von „vernehmen/hören“ kommt. Man tut, was man vernommen hat, wenn man es aus Einsicht vertreten kann. Das bedeutet: Aus Jesu „Gehorsam“ kann man nicht schließen, dass er dem Wesen nach subordiniert war. Und vielleicht erinnern wir uns noch an die Formulierung Gottes an Hagar, an Mose, der das Elend dieser Menschen "gehört" hat, der es gesehen hat, der sich in seinem Handeln davon bestimmen lässt, dass auch er auf das hört, was sie rufen und schreien und stöhnen - nicht weil er ihnen "untergeordnet" wäre, sondern ganz einfach weil er sie liebt. Und weil er gerecht ist und in bestimmten Situationen die Ungerechtigkeit durchstößt, wo es heilswirksam sein kann für alle.

Wenn die Vater-Sohn-Relation jedoch in irgendeiner Weise auch buchstäblich gemeint ist, ist sie in jedem Fall seinshaft  aufzufassen und wird darum einer irdischen Sozialordnung sowieso enthoben. Der Sohn ist dann — wie beim Pharao — im Diesseits die Manifestation des Vaters und darum mit ihm auf der Seinsebene identisch, nur „an einem anderen spirituellen Ort“. Gänzlich anders und „unägyptisch“ ist dann aber die Folge der Auferweckung und Aufnahme in der Himmel und Platznahme zur Rechten des Vaters, genauso wie die Aussicht, dass alle, die sich auf diesen Jesus berufen, mit ihm auferweckt und erhoben werden: das gab es in Ägypten nicht!

Es ist darüber hinaus die Frage, was Ordnung Gottes und was menschliche, der Sünde geschuldete (Un-)Ordnung ist. Leider unterscheiden viele Christen das nicht voneinander. In der Sphäre Gottes muss man mit Maßen und Ordnungen rechnen, von denen wir nicht einmal die leiseste Ahnung haben. Auch deswegen ist es für uns unmöglich, hier irgendetwas zu „definieren“ oder festzulegen.
Viele Menschen (nicht nur Christen) identifizieren den „kosmos“ (das System) der gefallenen Welt mit Gottes Ordnungen. Das Missverständnis wird scheinbar gerechtfertigt durch einige Aussagen in neutestamentlichen Briefen, die auf das damals gängige Bild der sozialen Ordnung sowohl im Heidentum als auch im Judentum Bezug nehmen und in einigen klaren Hinweisen offenbar im Hinblick darauf argumentieren, in der heidnischen Umwelt möglichst auf sozialer Ebene keine Unruhe zu stiften, um das wichtigere Amt der Evangelisierung nicht zu behindern. Wie in Gal 3,26-29 ausgesprochen, gelten die sozialen Rangunterschiede zwischen Juden und Griechen, Sklaven und Freien, Frauen und Männern „in Christus“ nicht mehr. Sie sind aufgehoben. Wenn dann doch aufgefordert wird, Herren (auch Vätern) und Ehemännern „untertan“ zu sein, kann dies nur als Rücksichtnahme auf die soziale Realität gewertet werden und nicht als „Gottes Ordnungen“. Dieses Motiv wird besonders deutlich in den Worten des Apostels Petrus, die unter folgender, zusammengefasster Überschrift stehen: „Unterwerft euch um des Herrn willen jeder menschlichen Ordnung.“ (1 Petr 2,13) Anschließend folgen die „Haustafeln“. All diese Unterordnungsappelle sind „menschliche Ordnungen“ im System dieser Welt, das noch eine Gnadenfrist zur Errettung vieler hat.

Es werden im NT immer wieder einige Sichtweisen des zur Zeit Jesu verschobenen Bildes aufgegriffen, das aber den tatsächlichen Aussagen im AT ganz offen widerspricht, etwa die Behauptung, nur der Mann sei Ebenbild Gottes (1 Kor 11,7) oder nur Eva sei verführt worden (1 Tim 2,14). Beide Aussagen sind nicht vereinbar mit Gen 1-3, auch Gen 5, die Mann und Frau gleichwertig als Ebenbild zeichnen, und zwar ohne Rangfolge, und Adam sogar als den Hauptverantwortlichen des Sündenfalls darstellen, weil Gott ursprünglich ihm das Gebot direkt zur Bewahrung gegeben hatte und er freiwillig und ohne Not — nicht einmal die Not einer verbalen Verführung —  dagegen verstoßen hat und noch dazu Gott danach, wesentlich stärker und dreister als Eva, feige und aufsässig gegenübertritt und es wagt, nicht nur die Frau, sondern v.a. Gott verantwortlich zu machen für den eigenen Fall. Die entsprechenden NT-Stellen sind identisch mit den Argumenten, die damals im Judentum herrschten.
Es gehört einiges dazu, den Befund aus Gen 3 so zu verzerren, wie das zur Zeitenwende üblich war, und auch im NT an den genannten Stellen (aber nicht generell!) behauptet wird. Alle möglichen „Erklärungen“ seitens konservativer Ausleger, etwa dass Eva hätte „still sein müssen“ und mit der Schlange nicht hätte sprechen dürfen, sind hineingesponnen in den Bibeltext: dort steht nichts dergleichen, wie auch im gesamten AT nirgends steht, dass Frauen schweigen müssten und im übrigen weder schweigend dargestellt werden noch fürs Reden generalisiert je kritisiert worden wären. Selbstverständlich reden Frauen im AT genauso wie im NT, und Paulus hat in seinen zahlreichen Grußadressen an Frauen, seiner Hochachtung vor Apostelinnen und Diakoninnen, die er sogar selbst sandte wie die Diakonin Phoebe, die er mit seinem Brief nach Rom sandte, absolut nicht den Eindruck erweckt, als teile er diese zeitgeistigen Auffassungen.

Dieses Beispiel tragisch-missverstehender Lesart ist gut, um die Problematik „biblischer“ Argumentation zu zeigen: heutige konservative christliche Vertreter der Zurücksetzung der Frau nehmen einseitig Bezug auf diese damals, zur Zeit Jesu allgemein übliche Behauptung über die Stellung der Frau und ordnen sie, die doch nur Ausdruck sozialer Realität ist, den grundlegenden Aussagen der Genesis über. Eine redliche Argumentation müsste die widersprechenden NT-Stellen am ursprünglichen Text des AT prüfen und nicht umgekehrt den alten Text anhand neuerer Meinungen verzerren.
Redlichkeit würde auch beinhalten, Jesu Vorbild als maßgebend anzusehen gegenüber einigen eigentümlichen und missverständlichen Briefstellen. Es wäre richtiger zur Kenntnis zu nehmen, dass Jesus durchweg mit Frauen gesprochen hat wie mit Männern und sie auch über theologische Fragen reden ließ (im damaligen Judentum und bei den orthodoxen Juden bis heute ein Unding!) — er hat offenbar nichts gewusst von einem „göttlichen“ Gebot, dass Frauen „schweigen“ und „in aller Stille lernen“ oder gar „ihre Männer zu Hause fragen sollen“.
Er hat sicher berücksichtigt in seinem Berufungsverhalten, dass die ganze Umwelt, insbesondere das römische Recht, aber auch jüdische Zusatzgesetze es so praktizierten. Da es ihm auch hinsichtlich seines eigenen Königtums nicht um einen politischen Umsturz ging, muss man seine Zurückhaltung hinsichtlich aller möglichen politischen und sozialen Probleme von daher verstehen. In seinem persönlichen Verhalten hat er aber durchweg diese politische Realität übergangen und teilweise sogar brüskiert.
Er selbst sprach Frauen ebenso an, wie er sich von ihnen ansprechen ließ, und dies unabhängig von einem bevormundenden Mann (Frauen mussten immer einen Vormund haben), und unterstützte sogar, dass auch eine Frau die theologische Kontemplation der angeblich gottgewollten Frauenrollenarbeit vorzieht (Lk 10,38ff).
Uns ist überliefert, dass die männlichen Jünger darüber verwundert waren (Joh 4,27), sich aber eine Infragestellung dieses (ungewöhnlichen) Verhaltens „verkniffen“. Im Fall der Salbung Jesu durch eine unbegleitete, unabhängig agierende Frau waren die Jünger jedoch verärgert über deren Verhalten und vor allem darüber, dass Jesus dieses Verhalten nicht nur nicht behinderte, sondern sogar lobte (in allen Evangelien, zB Mt 26,1-16). Diese Frau tat dabei das, was den „Messias“ symbolisch buchstäblich auch seitens der Menschheit wirklich zum „Gesalbten“ qualifizierte: sie salbte ihn mit kostbarem Öl. Auch dies ist eine Ungeheuerlichkeit, wenn man es genau bedenkt, ähnlich ungeheuerlich wie die Begegnung Moses mit dem „Gott der Fronarbeiter“.

Diese Überlegungen sind wichtig im Hinblick auf die folgende Reflexion darüber, wie der Gott im AT denn tatsächlich dargestellt wird, wenn nicht als „Vater“, wie man damals Väter verstand. Was nach langer Vater-Abstinenz in der Vater-Sohn-Beziehung zwischen Gott und Jesus erkennbar wird, wird die daran anschließende Frage sein.


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[1] Das wird auf Wikipedia mit Literaturangaben so referiert: https://de.wikipedia.org/wiki/Pharao
[2] Er wurde als Schutzgott in der Ramessidenzeit und danach noch Jahrhunderte verehrt. Sethos I. ließ für ihn einen Tempel bauen. Baker: Encyclopedia of the Egyptian Pharaohs. Band 1, London 2008, S. 38
[4] Im Hatschepsuttempel auf der ersten Terrasse und dem zweiten Portikus: „Der zweite Portikus besteht linksseitig aus der Punthalle, in der die Wandmalereien eine Handelsexpedition nach Punt im neunten Regierungsjahr der Hatschepsut (entweder nach Helck: ca. 1459 v. Chr. oder nach Krauss: ca. 1471 v. Chr.) darstellen und rechts aus der Geburtshalle, in der die göttliche Geburt der Hatschepsut dargestellt ist.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Totentempel_der_Hatschepsut
[7] Jan Assmann: Exodus. Die Revolution der Alten Welt. München 2019: C.H. Beck. S. 70
[8] Zurückgehend auf die Drei-Zeitalter-Lehre des Joachim von Fiore, die, ausgehend von Augustinus, der die dreigliedrige Struktur auch im Wesen des Menschen wiedererkennen wollte, diese trinitarische Struktur auch in der Schöpfung insgesamt aufzuspüren gedachte, etwa in der (Heils-)Zeit.
Diese Idee wird heute wieder besonders aufgegriffen. So schreibt zB die evangelische Theologin Sabine Pemsel-Maier: „Denn die neuere Theologie setzt nicht länger beim inner­göttlichen Leben Gottes und auch nicht bei einer philosophisch-spekulativen Reflexion über das Verhältnis von Dreiheit und Einheit an, sondern bei der Offenbarung der Dreieinigkeit in der Heilsgeschichte. Ein solches Vorgehen ist insofern berechtigt, als das christliche Bekenntnis zur Dreifaltigkeit gerade nicht aus philosophischer Spekulation erwachsen ist, sondern in der Offenbarung Gottes in der Geschichte gründet: Der Gott, an den Christen glauben, erschließt sich im Verlauf der Heilsgeschichte als dreifaltiger Gott, im Alten Bund als Vater, im Neuen Bund in seinem Sohn, durch die ganze Geschichte hindurch im Geist.“
Ein sedisvakantistischer Priester schreibt auf seinem Blog, dass diese Lehre bedenkenswert und schon von Heiligen und Lehrern zuvor immer wieder mit dem Segen des Lehramtes aufgegriffen sei und führt einige Beispiele an: https://antimodernist.net/2014/06/10/die-drei-zeitalter/
[10] Dass Arabien vor der Islamisierung ein fruchtbares, grünes Land gewesen sein muss, belegen zahlreiche archäologische Funde. https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/arabien-zauberreich-zwischen-den-welten-100.html
Frank Engelmayer äußerte seine Theorie immer wieder in mündlichen Aussagen, zB hier https://www.youtube.com/watch?v=K9XsovccGJo wo er Thesen von James de Meo referiert
[11] Nach Reich: Neue Forschungen zur Orgonomie, hrsg. v. James DeMeo und Bernd Senf, Zweitausendeins, Frankfurt 1997