Der theologische
Wirrwarr zwischen Ultramontanismus, Neuscholastik, "Traditionalismus",
Falschmystik und Revolution
Gedanken über eine Studie zu Vorgängen in einem Altöttinger Kloster im 19. Jh
Die sehr sorgfältige Recherche des Redemptoristen Otto Weiß über „Weisungen aus dem Jenseits“, die einen haarsträubenden Fall erzreaktionärer und mystizistischer Verfangenheit weiter katholischer Kreise in Bayern (Zentrum war der Kult um eine lebendige Seherin in einem Redemptoristenkloster in Altötting) und Rom aufdeckt, führt vor Augen, dass die innerkatholische „Front“-Gemengelage, wie wir sie heute zeichnen, ganz sicher falsch ist.[1]
Die sehr sorgfältige Recherche des Redemptoristen Otto Weiß über „Weisungen aus dem Jenseits“, die einen haarsträubenden Fall erzreaktionärer und mystizistischer Verfangenheit weiter katholischer Kreise in Bayern (Zentrum war der Kult um eine lebendige Seherin in einem Redemptoristenkloster in Altötting) und Rom aufdeckt, führt vor Augen, dass die innerkatholische „Front“-Gemengelage, wie wir sie heute zeichnen, ganz sicher falsch ist.[1]
Gemeinhin geht man in katholischen
Kreisen von einer Front zwischen "Konservativen bzw.
"Reaktionären" (wie sie sich im 19. Jh selbst nannten) oder
"Ultramontanen" (also Infallibilisten und Papalisten) auf der einen
Seite und "Liberalen", die natürlich alle "freimaurerisch"
gesteuert wurden und werden, aus. Während im 19. Jh erstere "gewonnen haben",
was traditionalistische Kreise heute als ein "letztes Aufleuchten der Rechtgläubigkeit" auffassen und "tradieren", konnten mit dem Vaticanum II letztere das Heft in die Hand bekommen, was aus Sicht der Liberalen eine Befreiung und aus Sicht der Konservativen der Anfang vom Ende war.
Diese Recherche zeigt neben anderen
Werken, die seit der Öffnung der vatikanischen Geheimarchive möglich wurden,
dass die Gemengelage viel komplizierter ist. Zu denken ist an den verwandten
Fall der "Nonnen von Sant'Ambrogio"[2],
den Hubert Wolf wissenschaftlich erforscht hat und in den dieselben
"Verdächtigen" involviert waren wie in den Fall aus Altötting: allen
voran Kardinal Reisach und letztendlich unklar auch Pius IX., dazu im Falle
Altöttings und des Vaticanums I Bischof Senestrey von Regensburg und ganz
schlimm und ekelerregend der von der Inquisition als Häretiker verurteilte und
von Pius IX. dennoch unmittelbar als ultramontaner Chefdenker herangezogene
Joseph Kleutgen, der sämtliche theologischen Grundlagen für die päpstliche
Infallibilität bzw. das Konzept vom "ordentlichen Lehramt"
entwickelte, das Pius IX. dann als offizielle Lehre der Kirche veröffentlichte.
Joseph Kleutgen, der "fromme", "glaubenstreue" Jesuit,
wurde aber nicht nur als Häretiker (wegen Förderung eines durch die Inquisition längst verbotenen falschmystischen
Kultes) verurteilt, sondern stand auch wegen Beihilfe zum Mord in mehreren
Fällen und mehreren Sexaffairen, darunter einer mit einer Ordensfrau, vor dem
Inquisitionsgericht.
Unter allen Angeklagten der Affaire
von Sant'Ambrogio kam er praktisch ungestraft davon und wurde im Gegenteil sogar
noch zum Ideengeber des Papstdogmas
erhoben. Auch der involvierte Kardinal Reisach, der wegen des ähnlich
gelagerten Falles in Altötting, von dem dieses Buch berichtet, aus Deutschland
nach Rom abgezogen werden musste, wurde von Pius IX. in den engsten
Vorbereitungskreis für das Vaticanum I eingesetzt.
Wenn man dann noch neuere
Forschungen über das Vaticanum I hinzuzieht, wie die von Klaus Schatz SJ oder
die von Adrian Lüchinger[3],
der die Problematik aus englischer Perspektive beleuchtet (die Kontroverse
Kardinal Mannings und John Henry Newmans - wobei Newman erst durch Leo XIII.
rehabilitiert wurde), dann schwanen einem wachen Katholiken hier sehr ungute
Zusammenhänge:
Falschmystiker waren unlösbar
verkoppelt mit den Netzwerken innerhalb der Kirche, die die päpstliche
Infallibilität und die Neuscholastik vorantrieben.
Dass diese Kreise in tiefem
sexuellem Sumpf stecken konnten, ist nicht nur beim vorliegenden Fall der Seherin Louise
Beck, sondern auch an Würdenträgern wie Kleutgen festzustellen.
Man muss aber sehen, dass auch die
politischen Kräfte, denen diese Kreise zuneigten, durch sexuelle Entgleisungen
und - sagen wir es ungeschminkt - etablierten und systematischen Ehebruch und
Frauenverachtung auffielen. Zu denken ist hier etwa an Metternich, dessen
systematischer Ehebruch kein gutes Licht auf ihn wirft. Warum man damals,
solange ausschließlich Frauen das Nachsehen hatten, in "traditionellen"
katholischen Kreisen keinerlei Probleme mit dieser Schweinerei hatte, nun aber,
da von progressiver Seite der offene Ehebruch als salonfähig gefordert wird, in
Schockstarre verfällt, ist mir ein Rätsel. In Fällen wie dem der Louise Beck
wurde die sexuelle Entgleisung ja noch als himmlisch angewiesener
"Sühneakt" für die Sünden der Welt verschleiert. Dasselbe Muster
treffen wir in Sant'Ambrogio an, das selbst vor bereits institutionalisierten
lesbischen Missbräuchen nicht zurückschreckte. Die "Gendertheorie",
über die sich Konservative nun so empören, als habe es so etwas in der Kirche
noch nie gegeben, war in der Praxis schon längst eingezogen in kirchliche
Kreise, nicht zuletzt auch in der jahrhundertelang üblichen Züchtung eines
"dritten Geschlechtes" für den Kirchengesang, nämlich der Kastraten,
die ganz besonders an bischöflichen Höfen herangezogen wurden und deren
furchtbare Lage von Autoren wie Honoré de Balzac ("Sarrasine" von 1831) verarbeitet
wurde und in der geistlichen Musik ihren Niederschlag fand (Rossinis "Petite
messe solenelle" für die "drei" Geschlechter von 1864, die übrigens wie
selbstverständlich auch Frauen vorsah – lange vor dem Vaticanum I und erst recht vor
Pius X.!).
Eine einfache Zweitheirat, die
heute das „Problem“ ist und die Gemüter der Konservativen erhitzt, erscheint einem da wesentlich "einfacher" und "normaler"...
Exkurs: Man möge mich aber nicht missverstehen und glauben, ich wolle damit eine Zulassung wiederverheiratet Geschiedener zur Hl. Kommunion gutheißen - ganz und gar nicht! Ich kann nur nicht im aktuellen Fall in moralische Echauffage geraten und alle Augen zudrücken vor den verkommenen Zuständen, die im angeblich so glaubentreuen 19. Jh gerade auf konservativer Seite konstatiert werden müssen.
Exkurs: Man möge mich aber nicht missverstehen und glauben, ich wolle damit eine Zulassung wiederverheiratet Geschiedener zur Hl. Kommunion gutheißen - ganz und gar nicht! Ich kann nur nicht im aktuellen Fall in moralische Echauffage geraten und alle Augen zudrücken vor den verkommenen Zuständen, die im angeblich so glaubentreuen 19. Jh gerade auf konservativer Seite konstatiert werden müssen.
Hinter dem Kastratenunwesen stand
der Wahn, man müsse die realen und natürlichen Stimmen der Frauen unterdrücken,
zugleich aber müsse man sie ja dabeihaben, weil Gott nun mal den Menschen als
Mann und Frau geschaffen hat und nicht nur als Mann. Außerdem gemahnte die
Muttergottes als edelstes und höchstes Menschengeschöpf stets an den
gottgewollten Rang der Frau, und dass nach mehreren alttestamentlichen,
weiblichen Vorbildern auch sie einen der zentralen liturgischen Gesänge
gedichtet hatte (Magnificat), verbot an sich die Ausgrenzung der Frau aus dem
Gotteslob.
Dennoch brach diese sicher nicht
göttliche Frauenfeindschaft sich Bahn. Man möchte manchmal denken, diese
Feindschaft zur Frau in ihrem geistlichen Wesen, die sich erst mit der Renaissance und ihren homoerotischen Tönungen und den sexualisierten Frauen-Darstellungen deutlich formierte,
wurde mit der ausgehenden Moderne immer pathologischer, um nicht zu sagen "satanischer", denn immerhin hat Gott selbst Feindschaft zwischen dem Satan und der Frau gesetzt und damit jedem, der sich in Feindschaft zu ihr setzt, einen eindeutigen Platz zugewiesen.
Man hatte schon zuvor aus Männern Frauen
gemacht, im Falle der Kastraten eben nicht nur durch ein temporäres
Transvestitentum wie im frühneuzeitlichen Theater, sondern für immer, um die
Frau zugleich auszuschließen und regelrecht geschlechtlich zu ersetzen... Seinen Höhepunkt erreichte dieses seit der Spätantike im Christentum entgegen der Ablehung bedeutender Theologen übliche Unwesen im 16./17. Jh.
Im Klartext bedeutet das einen - wenn auch etwas verschoben konnotierten - Genderismus lange bevor es den postmodernen Genderismus gab. Man hasste die Frau als Frau und Trägerin umfangreicher Talente und Gnaden und wollte sie fast vollständig durch den Mann ersetzen.
Im Klartext bedeutet das einen - wenn auch etwas verschoben konnotierten - Genderismus lange bevor es den postmodernen Genderismus gab. Man hasste die Frau als Frau und Trägerin umfangreicher Talente und Gnaden und wollte sie fast vollständig durch den Mann ersetzen.
Nur die Mutterschaft und die
kirchliche Hochschätzung der Mutter, die sich strahlend in der Mutterschaft Mariens manifestierte und ihren Gipfel erreichte, konnte man ihr (noch) nicht entreißen. Vor
diesem Hintergrund betrachtet, findet die moderne und fast endgültige
Entwürdigung und Perversion der Mutterschaft und die Abwertung bzw. Marginalisierung der Gottesmutter in der Theologie ihre vollständige Konsequenz, die
aber eben letztendlich sehr stark in der reaktionären Denklinie angelegt war, die an diesem Punkt mit
den Zielen der französischen Revolution vollkommen identisch war, die eine geistige und
soziale Emanzipation der Frau bis zur Guillotine verfolgte. Der Charakter der Marienverehrung des 19. Jh müsste auf dieses Phänomen hin genauer geprüft werden. Anders: Eine gesunde und traditionsgemäße Hochschätzung der Muttergottes will so gar nicht zu den restlichen theologischen Umtrieben der Reaktionäre passen. Oder noch anders: Die Marienverehrung erhielt damals die ungesunden Züge, deren böse Frucht ebenfalls erst heute in einer pathologischen Erscheinungssucht aufplatzt wie eine Eiterblase.
Es muss jedem klardenkenden Menschen auffallen, dass nach vielen sehr tiefen, "echt" mystischen und vor allem geistlich und intellektuell potenten Frauen in der Kirchengeschichte, im 19. Jh die weibliche geistliche Rolle sich scheinbar in einem irrationalen und verstiegenenen "Seherinnentum" erschöpfte, das auch gelegentlich auf Männer übergriff und oft mit einem entarteten Begriff von "Sühneseelen" einherging, den es die gesamte Kirchengeschichte lang niemals gegeben hatte.
Es muss jedem klardenkenden Menschen auffallen, dass nach vielen sehr tiefen, "echt" mystischen und vor allem geistlich und intellektuell potenten Frauen in der Kirchengeschichte, im 19. Jh die weibliche geistliche Rolle sich scheinbar in einem irrationalen und verstiegenenen "Seherinnentum" erschöpfte, das auch gelegentlich auf Männer übergriff und oft mit einem entarteten Begriff von "Sühneseelen" einherging, den es die gesamte Kirchengeschichte lang niemals gegeben hatte.
Erst Pius X. verbot in "Tra le sollicitudine" zwar das Kastratenwesen,
aber er wollte das, was zu diesem Unwesen geführt hatte, obwohl das in der Kirche ja mangels eines dafür benötigten
Heeres frauen-ersetzender Gender-Männer nie praktikabel war und
selbstverständlich Frauen sangen (!), wie ja Projekte wie die kleine Messe
Rossinis zeigen, die Frauen endgültig herausdrängen, was aus
den genannten praktischen Gründen, vielleicht aber auch aufgrund des gesunden Gefühls im
Kirchenvolk dafür, dass das unnatürlich und wohl kaum gottgewollt ist, der
nicht nur von Männern, sondern auch von Frauen gelobt werden will und die
Frauen in viel größerem Ausmaß zur Musik begabt als den Mann, nicht
durchsetzbar war und ist.
Zurück zu den Vorgängen in Altötting und Rom: Die Art und Weise, wie dann ein
Pater in besagtem Redemptoristenkloster, der durch den "himmlisch angewiesenen" Zölibatsbruch
Gewissensbisse bekam und aussteigen wollte, im Sakrament der Buße erpresst und
vernichtet werden sollte, lässt mich auf den Gedanken kommen, dass diese
Praktiken vom Bösen waren und sind. Wer so systematisch und wider besseres
Wissen sündigt, handelt satanisch.
Dies wirft nun ein düsteres Licht
auf den gesamten, krankhaft überzeichneten Anti-Liberalismus und "Antimodernismus", der stets mit einer
Freimaurer-Verschwörungstheorie aufwartet und schon im 19. Jh zu burlesken "Kirchenveräppelungen" führte wie z.B. im "Taxil-Schwindel", auf den Leo XIII. unter dem Druck dieser ungesunden, unnüchternen innerkirchlichen Atmosphäre zunächst "hineinfiel" - zur händereibenden Häme böswilliger Zeitgenossen. Hierzu wäre zu
bemerken, dass auch in diesem Bereich die Scheidung zwischen den bösen
"Freimaurer-Liberalen" (denen innerkirchlich und völlig unsachgemäß zunehmend alles, was nicht direkt und verengt neuscholastisch daherkam, zugerechnet wurde) und den "guten Reaktionären" falsch ist: Ein Fall wie
der eines weiteren Vordenkers der päpstlichen Infallibilität, der bekennende
und hochreaktionäre Freimaurer Joseph de Maistre[4]
scheint einem den Schleier von all diesen postmodernen Vorurteilen über die
Gemengelage wegzureißen:
Es gab keinerlei Grund, warum das gefürchtete Freimaurertum ideologisch nicht auch mit dem Antiliberalismus gekoppelt sein konnte. Es war letztendlich wiederum Leo XIII., der wahrscheinlich intuitiv am ehesten ahnte, dass das Freimaurertum alles beförderte, was der Kirche schadete - und damit auch die politische und theologische Verengung und den a-traditionellen Papalismus. Zur Zeit des Vaticanums I und Leos XIII. waren alle scheinbar "liberalen" Kräfte um den Papst herum kaltgestellt oder weggebissen worden. Wenn Leo XIII. in seinem großen St. Michaelsgebet von 1888 davon spricht, dass der Verderber bereits sein Wesen direkt am Sitz Petri ausübe und man sich dazu die realen Szenarien vorstellt, muss man die Sachlage anders beurteilen, als Erzkonservative es gemeinhin tun:
Pius IX. hatte - was ungeheurlich war (!) - einen formellen Häretiker und Kriminellen während dessen Prozess und Haftstrafe als DEN Konzeptor der angeblich rechtgläubigen Theologie installiert und zu diesem Behuf sogar begnadigt, obwohl er, der nach damaligem Recht, wäre er nicht Kleriker gewesen, die Todesstrafe verdient hätte, ohnehin schon sehr mild, um nicht zu sagen ungerecht mild (verglichen mit anderen Beteiligten) verurteilt worden war.
"Hütet euch vor den falschen Propheten ... sie sind wie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen....Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen, ein schlechter keine guten...Nicht jeder, der zu mir sagt Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen des Vaters im Himmel erfüllt. (Mt. 7, 15 ff)
Es gab keinerlei Grund, warum das gefürchtete Freimaurertum ideologisch nicht auch mit dem Antiliberalismus gekoppelt sein konnte. Es war letztendlich wiederum Leo XIII., der wahrscheinlich intuitiv am ehesten ahnte, dass das Freimaurertum alles beförderte, was der Kirche schadete - und damit auch die politische und theologische Verengung und den a-traditionellen Papalismus. Zur Zeit des Vaticanums I und Leos XIII. waren alle scheinbar "liberalen" Kräfte um den Papst herum kaltgestellt oder weggebissen worden. Wenn Leo XIII. in seinem großen St. Michaelsgebet von 1888 davon spricht, dass der Verderber bereits sein Wesen direkt am Sitz Petri ausübe und man sich dazu die realen Szenarien vorstellt, muss man die Sachlage anders beurteilen, als Erzkonservative es gemeinhin tun:
Pius IX. hatte - was ungeheurlich war (!) - einen formellen Häretiker und Kriminellen während dessen Prozess und Haftstrafe als DEN Konzeptor der angeblich rechtgläubigen Theologie installiert und zu diesem Behuf sogar begnadigt, obwohl er, der nach damaligem Recht, wäre er nicht Kleriker gewesen, die Todesstrafe verdient hätte, ohnehin schon sehr mild, um nicht zu sagen ungerecht mild (verglichen mit anderen Beteiligten) verurteilt worden war.
"Hütet euch vor den falschen Propheten ... sie sind wie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen....Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen, ein schlechter keine guten...Nicht jeder, der zu mir sagt Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen des Vaters im Himmel erfüllt. (Mt. 7, 15 ff)
Das sind die Worte des Herrn, und ich muss erschauern vor ihnen, weil ich weiß, dass ich armer Mensch eher ein falscher als ein rechter Prophet bin, dass der Irrtum so schnell und unerkannt uns als wahr erscheint, und die Wahrheit es schwer hat, in uns Raum zu gewinnen.
Dennoch frage ich mich, wenn ich die "Früchte" all dieser Verwicklungen sehe, ob Leo XIII. nicht möglicherweise auch faule reaktionäre Kräfte meinte, die den Sitz Petri bereits unterwandert hatten. Wenn man sieht, dass ausgerechnet der Orden, der Hauptträger des reaktionären Katholizismus mit allen Konsequenzen (u.a. auch einem ausgeprägten, teilweise offen rassistischen geprägten Antisemitismus) war, nämlich die "Gesellschaft Jesu", in seiner gesamten angemaßten, neuscholastisch verengten "Super-Rechtgläubigkeit" geradezu gespenstisch sein gesamtes Image innerhalb kürzester Zeit wandeln konnte und bald ins glatte Gegenteil verfiel, dann ist das mit Sicherheit nicht - wie es in postmodernen Traditionalisten- und Sedisvakatistenkreisen kolportiert wird - auf eine wundersame "Unterwanderung" des ach so rechtgläubigen Ordens durch "Freimaurer" zurückzuführen, sondern eher darauf, dass das reaktionäre Katholikentum ein fauler Baum mit fauler Frucht ist. Wie anders sollte ein gesunder Baum, wenn wir dem Herrn glauben wollen, so rasant erkranken und niedergehen?
Mit diesen kritischen Sätzen will
ich nicht behaupten, dass es die vorurteilshaft angenommenen Frontlinien in der großen Verwirrung nicht
tatsächlich auch gab bzw. gibt. Aber ich will
beschreiben, dass bereits das Vaticanum I Ergebnis großer Bosheit ist und nicht
erst das Vaticanum II. Ebenso will ich darauf hinweisen, dass die Herstellung des liberalen Gespenstes, das angeblich Ursache aller Übel sei, so nicht realistisch ist und vielleicht ein grandioses Manöver der Reaktionäre war, um von den eigenen Machenschaften abzulenken. Es ist tragisch, dass bis heute kaum Katholiken in der Lage sind, sich nicht einem der beiden fanatisch-fantastischen "Lager" zuzuordnen und damit dem Irrtum verfallen, den schon Paulus scharf verurteilte: Wir haben nur einen Herrn und sollen uns nicht auf Menschen berufen, auch nicht auf "Leuchtturmpäpste", "Leuchtturmkonzilien" oder deren ideologisch überhöhten Widerpart.
Vielmehr müsste man - nüchtern und
bei Lichte betrachtet - hier das Vaticanum I als den institutionellen Beginn
des innerkirchlichen Abfalls betrachten. Nicht von der Hand zu weisen ist ja
die Kritik vieler hochgestellter Theologen und auch Würdenträger, die keineswegs den Irrungen eines Ignaz Döllinger nahestanden und vielfach sogar durchaus ultramontan eingestellt waren (!), dass schon
das Vaticanum I aufgrund der intriganten (vonseiten der Reaktionäre) und
äußerst ungerechten Vorbereitung und des unkorrigierbaren Abweichens von der
eigentlich angekündigten Geschäftsordnung, die die Infallibilitätsdebatte gar nicht
vorgesehen hatte, das Konzil möglicherweise ungültig und mindestens unvollständig gemacht hat. Wir wissen,
dass zweifellos tiefgläubige und keineswegs liberale Theologen wie Bischof
Ketteler und Bischof Newman schwerste Bedenken hatten[5],
die nicht nur mit den vielbehaupteten "Opportunitätsgründen"
zusammenhängen, sondern mit gravierenden theologischen Zweifeln an der
Rechtgläubigkeit der Absichten vieler der Majoritätsbischöfe, unausgesprochen sogar Pius IX..
Wenn man sieht, welchem
geistlichen und moralischen Sumpf die namhaftesten Exponenten der Infallibilisten
entstammten, kann man das Vaticanum I und vor allem seine verheerenden Folgen,
die nach einer milden und moderaten Phase mit Leo XIII., dann mit Pius X. und
dessen übersteigertem Autoritätswahn einsetzten, nicht mehr ohne Zweifel
annehmen.
Eine Priesterbruderschaft, die sich
dann auf den eigentlichen "Umsetzer" des Papstdogmas als
"den" Leuchtturm-Helden des Glaubens bezieht, dem gegenüber alle anderen Päpste bis zur Unsichtbarkeit hin verblassen, ja soweit, dass man ihnen bei voller Anerkennung dennoch voll "ins Angesicht" widerstehen darf, kann nur irrig lehren. Sie
"tradiert" eigenmächtig ein erschütternd gerüttelt Maß all dieser Irrtümer und Bosheiten des 19. Jh als
"rechtgläubig" und offenbart in ihren ideologischen Grundsätzen damit ein Stück Wahnsinn. Das Ansinnen, die
Liturgie zu erhalten, ist zwar prinzipiell verständlich und richtig, blendet jedoch vollkommen aus, dass mit Pius X., also mit dem angeblichen "Leuchtturm", definitiv der Anfang der Liturgie-Zerstörung gegeben
war...
Eine Korrektur müsste auch der
unfruchtbare Thomas-Kult erfahren, der in Pius- und Sedisvakantistenkreisen
versteinert wird. Erst Pius X. hatte ihn starr zementiert. Leo XIII. hatte ihn zwar
als Richtlinie gewünscht, aber zugestanden, das Unannehmbare scholastischer
Winkelzüge durchaus modern "kritisch" zu beleuchten und davon abgesehen auch modernen, methodischen Entwicklungen nicht grundsätzlich ihr Recht abgesprochen, sondern auf eine Unterscheidung der Geister in jedem konkreten Fall gedrungen.
Man kann die Falschmystik und die
"Züchtung" weiblicher "Medien", die letztendlich die
Funktion von "Wahrsagerinnen" einnehmen, als eine Flucht aus den
Widersprüchen kirchlichen Handelns, denen man schon im 19. Jh
nicht mehr gewachsen war, in den offenen Okkultismus ansehen. Dieselben Kleriker, die großartig tönten mit
Schlagworten wie "Ite ad
Thomam", gingen selbst nicht wirklich zu Thomas, um ihre Fragen zu beantworten,
und erst recht scheint sie die Hl. Schrift und die nüchterne Lehre der Kirche
nur noch mittelbar interessiert zu haben. Für sie galt ein "Ite ad Sibyllam", wobei diese Männer selbst erst die
mental-desaströse Verfassung dieser Frauen (und gelegentlich auch Männer)
erzeugt hatten durch falsche Bildung der Gläubigen.
Man muss auch die Frauen mit aller Schärfe fragen, wie sie sich diesen irrigen Übergriffen pathologischer Männer so biegsam und willig ergaben, anstatt dem Herrn zu folgen und seiner stets theologischen und nüchternen Ansprache an die Frauen. Nicht zuletzt sind es häufig die Frauen selbst, die die satanische Feindschaft zur Frau, die Gott verfügt hat, dem eigenen Geschlecht antun. Überall in der Welt müssen wir mit Bestürzen erkennen, dass Frauen sich zu Handlangern perverser männlicher Ansprüche und Wünsche machen und andere Frauen, die sich dem nicht einfach ergeben wollen, massiv unter Druck setzen und zu vernichten versuchen.
Jesus hat der Frau mit besonderem Nachdruck sogar wie in einem Vermächtnis ihr theologisches Erbteil gegen den Widerstand einer irregeleiteten Sicht auf die Frau zugesprochen: Maria von Bethanien, die den Haushalt vernachlässigte, um mit ihm ein theologisches Gespräch zu führen, habe, so sagte es der Herr, "das bessere Teil erwählt". Und jedem Anspruch, ihr dies abzusprechen, setzte er entgegen: "Das soll ihr nicht genommen werden!"
Es ist eine schwerwiegende Anfrage an spätneuzeitliche, katholische Frauen, warum sie sich für das unwürdige Seherinnen-Affentheater in solcher Häufigkeit hergaben, anstatt mit dem Erbteil Jesu an der Theologie für die Frau, für das die Kirchengeschichte doch so große Zeugnisse ablegt, zu wuchern! Diese Frage muss man mit demselben Nachdruck stellen wie die Frage, warum Frauen sich in der postmodernen, konziliaren Kirche für die pseudo-feministische Zerstörung der komplementären Aufgaben im Reich Gottes instrumentalisieren lassen, ohne damit bisher auch nur einen Blumentopf gewonnen zu haben. Man lässt sie unter dem Dirigat häretischer, männlicher Theologen schreien und verweigert ihnen doch das, was man ihnen nahelegt zu wünschen: die Aufgaben des Mannes, die der nicht mehr erfüllen, aber als Machtinstrument dennoch behalten mag. Auch auf diesem Weg - und hier treffen sich die Reaktionäre wieder einmütig mit den Progressiven - wird das spezifische weibliche Erbteil verschleudert und vernichtet.
Man muss auch die Frauen mit aller Schärfe fragen, wie sie sich diesen irrigen Übergriffen pathologischer Männer so biegsam und willig ergaben, anstatt dem Herrn zu folgen und seiner stets theologischen und nüchternen Ansprache an die Frauen. Nicht zuletzt sind es häufig die Frauen selbst, die die satanische Feindschaft zur Frau, die Gott verfügt hat, dem eigenen Geschlecht antun. Überall in der Welt müssen wir mit Bestürzen erkennen, dass Frauen sich zu Handlangern perverser männlicher Ansprüche und Wünsche machen und andere Frauen, die sich dem nicht einfach ergeben wollen, massiv unter Druck setzen und zu vernichten versuchen.
Jesus hat der Frau mit besonderem Nachdruck sogar wie in einem Vermächtnis ihr theologisches Erbteil gegen den Widerstand einer irregeleiteten Sicht auf die Frau zugesprochen: Maria von Bethanien, die den Haushalt vernachlässigte, um mit ihm ein theologisches Gespräch zu führen, habe, so sagte es der Herr, "das bessere Teil erwählt". Und jedem Anspruch, ihr dies abzusprechen, setzte er entgegen: "Das soll ihr nicht genommen werden!"
Es ist eine schwerwiegende Anfrage an spätneuzeitliche, katholische Frauen, warum sie sich für das unwürdige Seherinnen-Affentheater in solcher Häufigkeit hergaben, anstatt mit dem Erbteil Jesu an der Theologie für die Frau, für das die Kirchengeschichte doch so große Zeugnisse ablegt, zu wuchern! Diese Frage muss man mit demselben Nachdruck stellen wie die Frage, warum Frauen sich in der postmodernen, konziliaren Kirche für die pseudo-feministische Zerstörung der komplementären Aufgaben im Reich Gottes instrumentalisieren lassen, ohne damit bisher auch nur einen Blumentopf gewonnen zu haben. Man lässt sie unter dem Dirigat häretischer, männlicher Theologen schreien und verweigert ihnen doch das, was man ihnen nahelegt zu wünschen: die Aufgaben des Mannes, die der nicht mehr erfüllen, aber als Machtinstrument dennoch behalten mag. Auch auf diesem Weg - und hier treffen sich die Reaktionäre wieder einmütig mit den Progressiven - wird das spezifische weibliche Erbteil verschleudert und vernichtet.
Mit solchen "Seherinnen"
jedenfalls ließen sich erzreaktionäre Häretiker bzw. Häresieverdächtige (denn wofür Kleutgen als formeller Häretiker verurteilt wurde, das haben auch Reisach und Senestrey betrieben, ohne direkt verurteilt zu werden...wo kein Kläger...) wie Kleutgen, Senestrey, Reisach u.a. andere letztendlich "himmlisch" das
bestätigen, was sie ihnen zuvor eingeimpft hatten.
Es ist eine furchtbare Lage, die
sich mit diesem Buch erahnen lässt. Manche würden das alles gerne unter den
Teppich kehren, aber schon die Schrift kündigte an, dass alles, alles ans Licht
kommen würde. Nichts darf dem Licht der Wahrheit entzogen werden - andernfalls
stürzt man auch heute den gläubigen Katholiken in Wahngespinste und Verehrung
für Personen, die sie nicht nur nicht verdienen, sondern vor denen man fliehen
sollte.
Und vielleicht kann es ein Segen
sein, wenn die zementierten Fronten durch solche Recherchen die endlich fällige
Korrektur erhalten.
Wenn man sich fragt, wieso alle Gebete und Mühen, wieso all die gigantischen Gewaltakte gegen den "Modernismus", wie sie Pius X. aus dem Boden stampfen wollte, den Glaubensabfall nicht aufhalten konnten, sondern eher noch beförderten, ist der Gedanke, dass man auf der Basis frommer Lügen keine Wahrheit "retten" kann, in jedem Fall nicht von der Hand zu weisen.
Wenn man sich fragt, wieso alle Gebete und Mühen, wieso all die gigantischen Gewaltakte gegen den "Modernismus", wie sie Pius X. aus dem Boden stampfen wollte, den Glaubensabfall nicht aufhalten konnten, sondern eher noch beförderten, ist der Gedanke, dass man auf der Basis frommer Lügen keine Wahrheit "retten" kann, in jedem Fall nicht von der Hand zu weisen.
Nicht nur die Machenschaften um das
Vaticanum II müssen ans Tageslicht kommen, sondern auch die um das Vaticanum I,
um die Lage scharf sehen zu können.
[1] Otto
Weiß: Weisungen aus dem Jenseits? Der Einfluss mystizistischer Phänomene auf
Ordens- und Kirchenleitungen im 19. Jh., Regensburg 2011
[2]
Hubert Wolf : Die Nonnen von Sant’Ambrogio. Darmstadt 2013
[3] Adrian Lüchinger : Päpstliche Unfehlbarkeit bei Henry Edward Manning und John Henry Newman. Freiburg/Schweiz 2001
[4] Joseph de Maistre: Du Pape, 1819
[5] Vgl. die Studie von Klaus Schatz:
Kirchenbild und päpstliche Unfehlbarkeit bei den deutschsprachigen
Minoritätsbischöfen auf dem 1. Vatikanum. St. Georgen 1975