Natur und Mathematik - ein neuzeitlicher Wahn
Today's
scientists have substituted mathematics for experiments, and they wander off
through equation after equation, and eventually build a structure which has no
relation to reality. (Nikola Tesla)
Wir sind über
Jahrzehnte daran gewöhnt worden, unser Gemeinschaftsleben, die „res publica“
als „Maschine“, als „Funktionsorganismus“, als einen „Apparat“ aufzufassen.
Dies geschah aufgrund
eines schwerwiegenden Irrtums der Aufklärungszeit, die in der physischen Welt
meinte überall nur „Maschinen“ zu sehen, nachdem man die entsprechenden Weichen
zu einem solchen Denken in der Renaissance gestellt hatte.
Diese Irrung
des 18. Jh fußte auf der neuzeitlichen Astronomie und Kosmologie. Die
gepriesene „kopernikanische Wende“ war der Anfang vom Ende alles Friedens und
Heils.
Kopernikus gab
ja offen zu, dass seine „Welten“ auf Mathematik basieren, die aber nur das
ausrechnete, was er zuvor in den „Rechenapparat“ an Daten eingespeist hatte.
Seine potenziellen Kritiker giftete er in seinem Hauptwerk „De revolutionibus“ als „Schwätzer“ an, die nichts von Mathematik
verstünden. Das ist wichtig zu bemerken, denn die Natur ist wie sie ist —
jenseits irgendeiner Mathematik, die ja nur eine Abstraktion und zugleich
Reduktion des Lebendigen in Totes ist. Mathematik vollzieht abstrakt das nach,
was in Gen 3 als „Zurück zum Staub“ beschrieben wird. Nichts ist ungeeigneter,
das Lebendige zu beschreiben als sie. Mathematik ist per se Ausdruck des Todes.
Galilei wird
die Sentenz zugeschrieben:
„Das Buch der
Natur ist mit mathematischen Symbolen geschrieben. Genauer: Die Natur spricht
die Sprache der Mathematik: die Buchstaben dieser Sprache sind Dreiecke, Kreise
und andere mathematische Figuren.“
Dieser Satz spricht
den hochfahrenden und grundlegenden Irrtum aus, an dem wir immer schwerer
leiden. Nicht die „Natur spricht“ die „Sprache der Mathematik“, sondern der
verblendete Mensch zwingt mathematische und damit tödliche Abstraktion in die
Natur hinein. Es sollte an der Stelle bedacht werden, dass die massive
Umweltzerstörung und der Raubbau an der Natur erst mit diesen Denkern begann. Das
christliche Mittelalter hat das trotz aller Kritik, die man an ihm übern mag,
nicht gekannt!
„Mathematik“, so behauptete auch Galilei, sei das „Alphabet“, mithilfe dessen Gott das „Universum geschrieben“ habe. Die
Hybris, die in diesen Gedanken steckt, begreifen heute die allermeisten nicht
mehr, auch nicht, wie wahnhaft dieser Gedanke ist.
Francis Bacon,
Hexenverfolger, Frauenverächter und Homoerotiker, ein Zeitgenosse Galileis, ging
gleich noch wesentlich weiter, entlarvend sprach er aus, was in der
kopernikanischen Wende impliziert war wie eine böse Saat: Die Natur, so meinte
er, sei nicht „Mutter“ (wie man zuvor stets ehrfürchtig gemeint hatte), sondern
verächtliche Frau und Sklavin, Hexe und Hure, sie müsse man „examinieren“ und „auf die Folter spannen, bis sie ihre Geheimnisse preisgibt“, sie „unter Druck setzen“ und sie sich „gefügig und zur Sklavin machen“.[1]
Es versteht
sich von selbst, dass diese abscheulichen Auffassungen nicht den
Schöpfungserzählungen entnommen werden können. Sie haben sich allerdings mit
entsprechenden antiken Traditionen, die auch ins Judentum und Christentum
eingedrungen sind, ins Abendland implementieren können.
Mit dieser
Weichenstellung der Renaissance aufgrund verschiedener Philosophen, Theologen
und Kosmologen begab sich unsere abendländische Kultur endgültig auf die
schiefe Ebene, auf der wir sie heute noch antreffen. Was wir heute unreflektiert
als fulminante „kopernikanische Wende“ feiern, stets unter der Zuweisung der
Dummheit und Finsternis zu all jenen, die zuvor (und heimlich bis heute) anders
gedacht und empfunden haben, war überhaupt erst der Absturz in tiefste
Finsternis.
Die Natur
wurde in Formeln und Gesetze gepresst, man trotzte ihr die eigenen Wahnideen
ab. Man spielte Gott und Schöpfer. Die Natur funktionierte man in eine riesige
Maschine um und lehrte die Kinder in den Schulen, die allgemein verpflichtend
wurden, alles maschinell und apparatetechnisch aufzufassen, auch den Menschen
selbst. Und man erfand allerlei Apparate, die Handarbeit erleichterten und
Dinge schnell produzieren konnten. Vieles empfand man als „Segen“, v.a. in der
Medizin, aber das schale Gefühl und die Erinnerung an ein reiches natürliches
Heilwissen, das v.a. Frauen tradiert hatten, die mit dem Aufkommen der
„Universitäten“ im späten Mittelalter, verdrängt und dämonisiert wurden,
blieben in der Erinnerung haften bis heute. Mit der berühmten „Apparatemedizin“
sind immer mehr Menschen unglücklich. Assoziiert mit einer geldgeilen
Pharmaindustrie hat sich diese medizinische „Wissenschaft“ längst unglaubwürdig
gemacht und wir sind an einem Punkt angelangt, an dem zahlreiche Menschen die
Wahrheit dieser neuzeitlichen Medizin bezweifeln und glauben, dass man sie
überhaupt erst krank macht mit diesen „Wissenschaften“. In manchen Ländern ist
es nahezu unmöglich geworden, mithilfe natürlicher Mittel zu heilen, weil sie
kriminalisiert und verhetzt werden. Die Versetzung der Welt mit krankmachenden
Chemikalien, die Erschaffung von biologischen Waffen, das Gerücht, dass mit
Flugzeugen am Himmel schädigende Substanzen ausgesprüht werden, die uns
krankmachen sollen — immer spürbarer wird das Unbehagen und das Misstrauen der
Menschen, das keineswegs auf einer „Verschwörungstheorie“ basiert, sondern
teilweise — wenn auch nicht in
Deutschland, dem Land der Schildbürger — inzwischen offen in Parlamenten
diskutiert wird.[2]
Durch die
Erfindung des „Weltraums“, des angeblich „unendlichen“, der deshalb
materialistisch verstanden „unendlich“ sein müsse, weil schließlich Gott auch
unendlich sei, wurde der Mensch aus einer grundsätzlichen Geborgenheit in der
Schöpfung gerissen. Wo er sich zuvor vor dem Thron Gottes wusste, eingehüllt in
die Gnade und das Erbarmen dessen, von dem alles kommt und durch dessen Wort
alles zusammengehalten wird, geheimnisvoll, aber verlässlich, war er nun
ausgesetzt in den Wüsteneien finsterer „Denker“, die an den Höfen als
„Entdecker“ gefeiert wurden, obwohl sie nur Märchenerzähler und Trickkünstler
waren und aus lebendigen Vollzügen Dreiecke, Kugeln, Formeln und Gleichungen
machten.
Die
schwallartig entstehenden Maschinen und Ingenieurswerke schienen diesem Ungeist
recht zu geben: seht, alles ist eine Maschine, alles ist ein „System“, ein
Funktionsmechanismus, ein Apparat. Entsprechende politische Theorien entstanden
erst jetzt in dieser Schärfe. Der „Leviathan“ wurde erfunden, dieser Drache
namens „Staat“, zu dessen Funktionen die einzelnen aufgrund einer
unwiderruflichen persönlichen Überschreibung wurden. Die Erinnerung an magische
Praktiken wurde von Hobbes sicher bewusst gesetzt, aber von vielen nicht mehr
verstanden: Man kann zu einem solchen Selbstbild im Gemeinwesen nicht
verpflichtet werden, sondern muss sich dem regelrecht verschreiben, wie alle
jene, die ihre Seele dem Bösen verschrieben haben. Grundannahme war, es könne
keine Ordnung herrschen, wenn eine solche Verschreibung nicht geschehe.
Tragischerweise schien der berühmte Passus in Römer 13 diesem Wahn auch noch
recht zu geben und viele Fromme verfielen diesem Wahn und machten alles mit,
was die Abfahrt auf der schiefen Ebene beschleunigte, sobald die „Obrigkeit“
der Täter war. Wir kennen seither nur noch totalitäre, maschinell verstandene
Gesellschaftssysteme und ein Heer an Soziologen, die es in diesem Sinne
beschreibend verfestigen und jede Erinnerung an eine lebendige Gemeinschaft
gelöscht haben. Auch die Kirche hat sich seit dem Beginn der Neuzeit
ausdrücklich dogmatisch einem solchen maschinellen, hierarchischen
Funktionsmechanismus verschrieben und behauptet, sie sei damit das
„Ursakrament“. Die Konzilien von Konstanz, Trient, das Vaticanum I und II sind
dabei eine feste Quadriga, die den Sack aufs Grausamste zusammengebunden hat. Das
biblische Bild vom „mystischen Leib Christi“ wurde missgedeutet als
Funktionsmechanismus. Die Erkenntnis eines lebendigen — nicht mechanischen und
maschinellen — Leibes wurde dogmatisch verfehlt und für alle Zeiten verleugnet.
Die braven Christen irren nun zwischen diesen vier Unglückskonzilien hin und
her wie Fliegen in einem Glas und erkennen nicht, dass dies die vier Säulen
einer Gegenwelt sind.
Heute macht
sich keiner mehr die Mühe zu kaschieren, dass Ziel und Absicht unserer Trends
ist, die Welt, wie sie natürlicherweise ist, abzuschaffen und neue zu kreieren.
Derzeit kann man auf Karlsruher Straßenbahnen den Werbeslogan für
Computerspiele lesen: „Wir sind
Weltenbauer“. Wenn man es geschickt und manipulativ ausgeklügelt anfängt,
kann man selbstverständlich in die vorhandenen natürlichen Phänomene eine
künstliche Welt projizieren und suggerieren, sie sei unzweifelhaft so
vorhanden.
Die Welt wurde
entleert und unheimlich, eine Geisterstadt gewissermaßen. Um den erstickenden
Menschen davon abzuhalten, sich zu besinnen auf das, was ihm Odem gibt, nämlich
der wahre Schöpfer alleine, schuf man massenhafte und massenmedial-maschinelle
vertriebene Ablenkung, die die Fixierung auf ein verkehrtes Weltbild immer
weiter vertiefte. Science Fiction-Literatur schoss aus dem Boden wie Pilze, so
lange, bis sich keiner mehr vorstellen konnte, dass die Welt vielleicht völlig
anders ist als wir glauben gemacht werden.
In der
Fantasyliteratur werden (oft unter Zuhilfenahme mythologischer Motive) eine Art
"Paralleluniversen" erschaffen, in denen der Held allerlei Abenteuer
in der Logik dieser erfundenen Welt besteht.
Der Autor samt
seinen Lesern erliegt der Einbildung, man könne selbst so etwas wie eine „Natur“
iS eines „Systems“ erschaffen.
Manche
postmoderne Menschen verwechseln daher Fantasyliteratur mit alten
mythologischen Texten oder heiligen Schriften. Sie denken, Mythologisches oder
Transzendentes könne jeder einigermaßen Begabte mal so eben erfinden. Ich halte
das für einen schwerwiegenden Irrtum, der sich aus der genannten grundlegenden
Irrung der modernen Kosmologie ergibt. Der grundlegende Irrtum ist die
Mathematisierung, die Geometrisierung der Welt und der Wahn, sie in Reinform in
den „Weltraum“ zu projizieren, wo sie doch in der sichtbaren empirischen Welt
nirgends anzutreffen ist. Und dort kann niemand hin und niemand überprüfen, was
dort wirklich ist. Dem wachen Geist aber wirkt diese naturferne Spirografenwelt
da draußen all zu lächerlich, nachgerade infantil.
Wenn einer
etwa die „Metamorphosen“ des Ovid oder das „Ramayana“ mit dem „Herrn der Ringe“
von Tolkien vergleicht und allen Ernstes der Meinung ist, es handle sich dabei
um dieselbe literarische Gattung, sei er auf den Boden der literarischen
Realität zurückgeholt:
Ovid ist dabei
eher den Gebrüdern Grimm vergleichbar als einem Fantasy-Autor. Er hat
bestehende, uralte Sagen und mythologische Fabeln im Prinzip
"gesammelt" und literarisch schön aufgemacht (Hexameter etc). Er hat weder
etwas Mythologisches er-funden, noch sind die Erzählungen in sich unbedingt
innerhalb eines Systems schlüssig. Er hat einen vorgefundenen Stoff neu
verarbeitet, ohne dabei eine neue mythologische Welt erzeugen zu wollen. Vieles
sind „Spots“ in bestimmte Situationen und geben Hinweise auf Herkünfte etwa
bestimmter Städte, Orte oder Namen.
Ovid ging es
ganz sicher nicht drum, eine "Anderwelt" zu kreieren, in der er seine
quasimenschlichen Helden Abenteuer bestehen lässt, die in der empirischen Welt
grundsätzlich unerfahrbar sind, aber eine Allegorie auf sie darstellen sollen.
Wie sehr antike Autoren dagegen kosmologischen Wahnideen ironisch
gegenüberstanden, mögen satirische Schriften wie der „Goldene Esel“ des Apuleius oder die kryptische Posse „Cosmografia“ des Aethicus
verdeutlichen. Zu einer solchen Ironie gelangen die humorlosen und verbissenen
heutigen Kosmologen nicht mehr, und dies spricht deutlich für sich.
Der kardinale
Denkfehler besteht mE hier darin zu meinen, jedermann könne
"Mythologie" erfinden oder „Mythologie“ sei ja in Wahrheit nichts
anderes als heutige Fantasyliteratur, eine Art „Ausspinnen“ dessen, was wir sinnlich
wahrnehmen, in eine verformte, aber gänzlich von den Bedingungen der
empirischen Welt abhängigen Parallelwelt. Tatsächlich ist heutige
Fantasyliteratur die Rekonstruktion einer selbsterschaffenen, aber durchweg
„technisch“ konzipierten Parallelwelt, nachdem man die echte Welt entleert und
entseelt hat. Es ist, als könne man die echte Natur einfach verlassen und
weiterziehen in die nächste Selbsterschaffung.
Fantasywelten
sind grundsätzlich unfähig zu einer wirklich gänzlich anderen Welt. Sie denken
sich zu der vorhandenen Vielfalt nur eine weitere aus. Im besten Fall sind sie
gut geschriebene Allegorien oder Utopien. Mythologische Texte haben zwar auch
eine allegorische, vielleicht auch eine visionäre Seite, bedeuten aber viel
mehr noch Stimmen aus der Transzendenz.
Die echten
mythologischen Texte stammen "von weit her" und tragen alle ähnliche
Merkmale. In ihnen werden menschliche und menschheitliche Situationen
thematisiert, wie zB die Erschaffung der Welt aus dem Chaoswasser oder die
große Flut (Sintflut), allegorisch oder metaphorisch dargestellt, weil sie eben
gerade kein „System“ der Welt annehmen oder glauben entdecken zu können. Zwar
spielen hier Zusammenhänge eine Rolle, dies aber nicht funktional oder
systemisch. Ein „System“ bleibt gerade in den alten Texten verborgen oder es
gibt gar keines, um es vielleicht ehrlicher zu sagen. „Systemdenken“ erscheint
hier durchaus als Denk- und Vorstellungs, ja sogar Erkenntnisschwäche und man
kann mit Recht von Überwelten sprechen, die hier spürbar werden oder als
historisches Agens ausgedrückt werden, aber es sind Über-, keine Anderwelten.
Die Überwelt ist mit der empirischen Welt eins, umgreift sie, durchwirkt sie,
kann von ihr nicht wirklich wesenhaft getrennt werden, während die Anderwelt,
wie ihr Name schon sagt, etwas anderes sein soll als das, was wir empirisch
erleben. Dass in beiden literarischen Gattungen bestimmte archetypische Figuren
wie zB Drachen, Riesen oder Engelwesen vorkommen können, darf nicht darüber
wegtäuschen, dass sie eine je verschiedene Bedeutung haben. Das bloße Auftreten
solcher Figuren macht noch keine literarische Gattung.
Der Gedanke,
man könne die Welt als System oder Mechanik beschreiben, ist in dieser
Plattheit erst neuzeitlich ausgeformt und der gesamten Kultur eingepflanzt
worden oder — wie es in der Fantasyliteratur geschieht — von einem solchen
System, einer solchen „Weltmaschine“ abgeleitet werden. Egal welchem Ansatz man
heute folgt, ob man quantenmechanisch denkt oder relativitätstechnisch: Immer
geht man von einem „System“ aus, einer „Maschine“, einer meinetwegen
hochkomplexen, aber immer liegt eine mentale Ingenieursleistung zugrunde, die
die Welt als Apparat ansieht.
Man wird
solche Motive in der klassischen Mythologie ebenso wenig finden wie in heiligen
Texten. Was dort den Rahmen der scheinbaren „Naturgesetze“, die die Alten weder
kannten noch formulierten, zu sprengen schien, tat dies nicht aufgrund
mechanischer Funktionen.
Fantasy, die
mythologisch tut, will an tief Erinnertes anknüpfen, um eine Verbindung
zwischen wirklicher Schöpfung und artifiziellem Abklatsch herzustellen, wirkt
dagegen unwirklich und in der Regel auch "zu perfekt". In der
mythischen Erzählung bleibt immer viel offen, widerspricht sich oder verheddert
sich. Sie ist systemisch niemals vollkommen, sondern sogar bewusst unlogisch.
Fantasy hat
den Charme einer Ingenieursleistung. Es ist vielleicht typisch deutsch, solche
literarischen Ingenieursleistungen als "Gefühlstrigger" zu erleben
und nicht unterscheiden zu können von anderen Gattungen, in denen
Mythologisches (echt) oder Transzendentes angedeutet wird. Dass viele
katholische Traditionalisten die beiden berühmten christlich angehauchten
Fantasyautoren, Tolkien und C.S. Lewis lesen, als seien jene die großen
biblischen Allegoriker, kann man nur als ein tragisches Missverständnis
bezeichnen. Das, was bei ihnen als „traditionell“ erscheint, ist historisch
zwar möglicherweise traditionell, hat aber mit biblischer Erzählung so gut wie
gar nichts zu tun. Tragischerweise halten darum einige skeptische Geister
umgekehrt nun biblische Erzählung für Fantasyliteratur. Sie erkennen nicht,
dass die Art der Anwesenheit Gottes in seiner Schöpfung in beiden Genres
wesentlich unvereinbar ist. Im biblischen Kontext ist Gott verborgen, und dies
wesenhaft. Wenn er sich doch zeigt, ist es unabsehbar und immer überraschend
und kann nicht festgehalten werden. Kein System der Welt kann ihn halten oder
aufspüren.
Unser
modern-postmodernes Dilemma ist tatsächlich ein heilloses Missverständnis der
Natur als einer mechanischen Anlage, die man vermessen könnte. Dieses falsche
und absurde Denken deutete sich bereits in der Scholastik an, setzte sich
ausdrücklich bei Kopernikus fort und gipfelte vorerst bei Newton, der unserer Kultur
seither eine Art Todesimpuls versetzt hat: Er erschuf selbst ein Universum, tat
aber so, als sei seine Schöpfung die Wirklichkeit, und bis heute glauben ihm
das alle ohne Sinn und Verstand. Seine "Gesetze" müssen im
"ganzen Universum" gelten, behauptete er - sagen wir mal
bescheidener: in seinem selbstgestrickten Universum gelten sie vielleicht.
Wir finden in
der Natur nirgends die mathematischen Abstraktionen und Funktionsmechanismen
vor, die diese Herren ins "All" projiziert haben. Während es hier
nirgends in der Natur echte Dreiecke, Kugeln oder rechte Winkel gib, auch keine
Fibonacci-Kurven, sondern nur mathematisch interessierte Menschen das in die
Natur in ihrer ganzen "Krummheit" hineinsehen, gewissermaßen als
"transzendente Abstraktion" dahinter (daher auch die Metapher vom
"Weltenbaumeister"), soll "da draußen" also eine Natur
sein, die mehr wie ein Uhrwerk und ein Haufen Formeln wirkt, ein Materiallager
für all die idealen Formen und Funktionen, "Naturgesetze" (die
allerdings extrem widerspruchsbeschwert sind, wenn man diese Theorien mal
genauer ansieht), die innerhalb des Orbits nun mal partout nicht gelten können,
weil hier keine Abstraktionen, sondern etwas anderes lebendig ist. Kein Baum
steht als gerade "Strecke" senkrecht auf dem Boden, keine
Körperhälfte gleicht der anderen, der "goldene Schnitt" gilt nur dem
Anschein nach - real weicht jeder noch so perfekte Menschenkörper doch davon ab
etc. Alles Natürliche und Schöne ist immer "daneben" - neben der
Abstraktion, "jenseits" der technischen Auffassung, die eben tot ist
und den Tod bedeutet. Daher auch der Exodus der "Iwri", der
"Jenseitigen" aus dem "technischen" Ägypten.
Der Charme des
Natürlichen liegt darin, dass es im Prinzip nicht "funktionieren"
dürfte, wenn man "ingenieurs- und naturgesetzemäßig" drauf sieht. Es
ist aber jenseits der angeblichen Naturgesetze tatsächlich stabiler als alle
unsere Maschinen, die nach den Prinzipien "funktionieren", die wir
auch der Natur unterstellen, die dort aber jenseits unserer Maschinen nicht vorfindbar
sind.
Die neuzeitliche
Weltauffassung ist aus diesem Grunde durchweg und wesenhaft steril.
Hanna
Jüngling, 21.2.2020 (Unter den Himmeln)
Tagebuchfolgen bisher:
21.11.2019: Wo
ist die Natur? – Tagebuch einer Suche: Morgendämmerung, später November
24.11.2019: Wo ist die Natur? - Tagebuch einer Suche: Räume. Flächen. Strecken.
24.11.2019: Wo ist die Natur? - Tagebuch einer Suche: Räume. Flächen. Strecken.
27.11.2019: Wo
ist die Natur? - Tagebuch einer Suche: Schuhwerk, Urbane Schönheit und der
Wahnland-Code
24.12.2019: Wo
ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Etsi Deus non daretur oder Deus sive
natura. Oder beides nicht?
25.12.2019: Wo
ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Augustinus oder von der Unmöglichkeit
eines Schlusses
[1]
Zitiert nach: Patrick Becker/Christiane Heinrich (Hg): Theonome Anthropologie?
Christliche Bilder von Menschen und Menschlichkeit, Freiburg 2016: Herder. S.
293
[2]
Selbst Mainstreammedien geben inzwischen offen zu, dass über den Einsatz
biologischer Waffen gegen die eigenen Bevölkerungen gesprochen wird, etwa die
vorsätzliche Verseuchung von Zecken mit Borrelioseerregern: https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/borreliose-pentagon-soll-pruefen-ob-es-veraenderte-zecken-freigesetzt-hat-a-1277705.html