Sonntag, 27. April 2014

Tag der Entscheidung



Am Tag der Heiligsprechung zweier unheiliger Päpste


Extreme Biegungen für den Papst im ex-cathedra-Modus


Viele Traditionalisten haben sich vor der drohenden Heiligsprechung Johannes XXIII. und Johannes Paul II. heute am 27. April 2014 ungefähr so extrem verbogen, wie dieses unselige Kreuz von Cevo in den italienischen Alpen, das vor wenigen Tagen umgestüzt ist und dabei einen jungen Menschen erschlagen hat. Das 35 m hohe Gebilde war 1998 zu Ehren von Johannes Paul II. errichtet worden, und der Erschlagene stammte aus der Provinz Bergamo, der Heimat Roncallis.[1]
Sie haben sich jede einzelne Gehirnzelle verbogen, um nun „nicht dem Sedisvakantismus anheimzufallen“[2]. Als ob eine Sedisvakanz prinzipiell undenkbar oder unmöglich wäre! Sie ist indessen weder undenkbar noch unmöglich. Eine ideologisch aufgeladene Tabuisierung dieser Möglichkeit dürfte angesichts der dunklen Wolken, die sich heute auch witterungsbedingt über Rom zusammenbrauten, wenig hilfreich sein.
Es ist demgegenüber geradezu widersinnig, die Unfehlbarkeit des Papstes zum Zwecke, unfehlbar an ihm festhalten zu können, einzuschränken bis auf ein verschwindendes Minimum.
In einem antisedisvakantistischen Lehrsatz ausgedrückt:
„Je fehlbarer der Papst, desto unfehlbar festsitzender ist er.“
Immer wieder ist zu hören, der Papst sei nicht makellos als Person, und als unfehlbar könne er nur gelten, wenn er ex cathedra spreche. Eine Argumentation, die ins Leere zielt, denn kein Mensch hat je im Ernst behauptet, dass ein Papst persönlich unfehlbar sei… Im übrigen entsteht der Eindruck, dass „ex cathedra“ heiße, der Papst müsse dabei mindestens eine Dogmenverkündigung tätigen. Dies geht jedoch nicht aus dem Dekret „Pastor aeternus“ des Vaticanum I hervor.
„Ex cathedra“ ist jeder päpstliche Akt, in dem sich der Papst ausdrücklich auf seine Lehrgewalt und seine Autorität durch Jesus Christus selbst beruft, etwas festzulegen oder zu definieren – auch wenn der fragliche Gegenstand kein Dogma sein sollte, sondern „nur“ den Glauben oder die Sitten betrifft.[3]

Für den Fall, dass unser Papst nicht rechtgläubig ist: Warum ist es eigentlich tabu, eine Vakanz anzunehmen?

Es sind sachlich anders gelagerte Fragen, die hier im Raume stehen. Es geht nicht vorrangig darum, ob der Stuhl Petri nun „vakant“ oder nicht, besetzt ist oder nicht ist. Es geht vielmehr darum, ob die Männer, die ihn besetzen, noch rechtgläubig sind.
Einerseits quält die Frage, wie die Kirche mit einer „niederschwelligen“ häretischen Haltung eines Papstes umgehen soll, viele Gläubige. Bevor nun wieder ein Schlaumeier mit Brille auf der Nase doziert, dass es ein Unterschied sei, ob ein Papst „formell“ (also ex cathedra) oder „materiell“ (also nicht ex cathedra…oder… unbewusst…oder ja, das lässt sich nur mehr schwer präzise definieren, was alles unter „materiell“ fällt?!) häretisch geworden ist, der sei auf den Boden der schnöden kirchenalltäglichen Realitäten zurückgebracht:
Unter Häresie, die zumindest jeder Gläubige welchen Standes auch immer aufgrund seines „sensus fidei“ konstatieren kann, ist schlichtweg zu verstehen, dass ein Mensch einer bereits einmal definierten Glaubenslehre ausdrücklich widerspricht bzw. sich denen, die ihr ausdrücklich widersprechen, in einer formellen oder quasi-formellen Handlung unterstellt oder ihnen implizit in aussagekräftigen Gesten zustimmt. Alle weiteren Definitionsfluchten darf man getrost als Wortklauberei betrachten, weil „Häresie“ vor allem an sich selbst, ob nun bewusst oder unbewusst, als objektive Tatsache und nicht zuletzt von ihrer glaubenszerstörenden Wirkung auf die Gläubigen her, die dem Papstamt diametral entgegengesetzt ist, zu verstehen ist.
Wäre dies, was ich da sage, nicht so, könnte man keinem Gläubigen zutrauen oder abverlangen, ohne ständige Gängelung rechtgläubig zu bleiben. Nun hat aber die römisch-katholische Kirche ihren Gläubigen diese Mühe stets abverlangt und … zugetraut. Das heißt: jeder Gläubige weiß ungefähr, wo die Grenzen zur Häresie liegen!
Ein Beispiel: wenn ein Katholik (wie Woityla) den Koran küsst, das Buch, das die Christen als „Heuchler“ und „Ungläubige“ beschimpft und unseren Herrn als Sohn Gottes leugnet, ausdrücklich leugnet, dann kommt dies einem Sakrileg gleich. Ein Buch, das in seiner 112. Sure, die als islamisches Credo gilt, ausdrücklich verneint, dass Gott „zeugen“ würde, darf ein Katholik, ja überhaupt kein Christ, auf gar keinen Fall in irgendeiner Weise ehren, weil dies einem Glaubensabfall oder aber einer heuchlerischen Lüge gegenüber den Muslimen gleichkäme.  Umgekehrt fasst übrigens kein gläubiger Muslim die Heilige Schrift auch nur mit der Beißzange an, geschweige denn, dass er sie küssen würde… Während man jedem kleinen katholischen Gläubigen einen Korankuss zu Recht als Absage an den katholischen Glauben auslegen würde, zerreißt man sich die Nervenbahnen des Gehirns, um dies bei einem Papst zu rechtfertigen, bis hin zu der infantilen Meinung, Johannes Paul II. könne ja vielleicht nicht gewusst haben, was er da tut. April April.
Eine andere Frage ist, wie man eine Vielzahl offenkundiger, aber sehr geschickt formulierter Häresien zu fassen bekommt. Ein gewiefter Modernist wird sich immer herauswinden. So geschah es auch bei Joseph Ratzinger, der, angesprochen auf seine Leugnung des Sühneopfers Jesu in „Einführung in das Christentum“[4] lapidar antwortete, er verleugne keineswegs das Sühneopfer Christi.[5] Aber er korrigierte weder den Text noch zog er das Buch je zurück. Er ließ es sogar nach seiner Papstwahl weiter auflegen…
Und so könnte man unzählige weitere Beispiele seit Johannes XXIII. aufführen. Die Autorin dieses Artikels hat selbst schon in vielen Texten auf einzelne häretische Akte verschiedener Päpste nach dem Vaticanum II hingewiesen.[6]
Der Kunstgriff, der Papst dürfe „materiell“ häretisch sein, ohne damit sein Amt zu verlieren, ist unlogisch. Er ist der oberste pastor in Stellvertretung des pastor aeternus. Im Grunde kommt es bei keinem Amtsträger in der Kirche so sehr auf jedes Wort an wie bei ihm. Alle Welt schaut auf ihn. Was er tut, beeinflusst Millionen von Seelen. Es ist fahrlässig, ihm nun – aus Ansehen der Person heraus – ein Übermaß an Fehlbarkeit zuzuerkennen und unendliche Spannen an Häresien, solange sie nur „materiell“ bleiben. Wenn ein amtlicher Akt eines Priesters ungültig wird, wenn er ihn nicht in der rechten Intention tut – warum sollte dies dann bei einem Papst ausgerechnet anders sein? Sicherlich ist eine solche widersprechende Intention schwer nachzuweisen. Aber in den Fällen unserer Päpste seit 1958 finden sich so zahlreiche Hinweise darauf, dass es andererseits freiwillige Verblendung bedeutet, dies nicht sehen zu wollen. Aber alle, alle, alle, ob Progressive, Neokonservative oder Traditionalisten, sind eher bereit, den Herrn zu verraten, als sich mit dem Gedanken zu beschäftigen, es könnte, zumindest einmal hypothetisch, doch irgendwann eine echte Sedisvakanz aufgrund einer vom Glauben abgefallenen Hierarchie bestehen.

Faktische Vaterlosigkeit, Irrlichter und Notlichter

Vakanz des Lehramtes bei Vorhandensein eines häretischen Papstes „in Einheit“ rechtgläubig und „unfehlbar“ zu definieren, ist andererseits nahezu unmöglich. Und dies ist auch die Schwäche jener, die eine Sedisvakanz aufgrund der Sachlage annehmen. Sie geraten sehr leicht in das mentale Fahrwasser der vielen protestantischen und pseudokatholischen Splittergruppen, die versuchen, sich einen „rechten“ Reim auf die „wahre“ Lehre zu machen. Wie das zu geschehen habe, splittert sie dann immer weiter auf, kann also so wohl kaum anerkannt werden. Bei Ausfall des Lehramtes ist jedoch „Einheit“ des zerstreuten Haufens kaum machbar. Ein fast auswegloses Dilemma …
Wer also im Bewusstsein dieser großen Gefahr einen Totalausfall des Lehramtes annimmt, muss zugleich jeden Versuch, das Lehramt in seiner Lebendigkeit zu ersetzen, auf irgendwelche Gehorsamforderungen gegenüber den Gläubigen in Lehr- und Disziplinfragen verzichten und sich selbst nur als radikal machtloses und armseliges „Notlicht“ im Wartestand und der reinen Gnade Gottes betrachten, das keinerlei Lehrkompetenz hat. Es dürfte also weniger ein Problem darin liegen, unter den gegebenen Umständen den Ausfall des Lehramtes zu erkennen, als um die Frage, wie man sich dann so organisiert, dass man nicht selbst einer Häresie oder Autoritätsanmaßung oder einem verbissenen Sektierertum anheimfällt.

Es ist, als wären wir, was die menschliche Stellvertretung Gottes für uns betrifft, Halbwaisen geworden: wir haben unsere himmlische Mutter Maria noch, aber der „Heilige Vater“ ist geistlich verschollen. Und nun treten unzählige „große Brüder“ auf, die „Vater“ spielen wollen. Die einen tyrannisieren die kleinen Geschwister und haben die Mutter hinausgeworfen; die andern versuchen, die Mutter unter ihre Fuchtel zu bringen und hoffen, dass der Vater nie wieder zum Leben erwacht.
Ehrlich wäre es, wenn die älteren Brüder sagten: Mutter, bitte für uns, dass wir nicht verderben, solange der Vater fehlt. Die Mutter wird sicher alles tun, um den menschlichen Vater zu vertreten, so wie dies jede gute Mutter nicht nur tut, sondern auch kann! Noch niemals konnten jedoch die älteren Brüder den toten Vater, ohne die Eintracht zu zerstören, vertreten, solange die Mutter lebt und wirkt. Das ist schon in der natürlichen Familie unmöglich.
Es ist die also Frage, ob eine faktische Vakanz des Lehramtes aufgrund der geistlich verschollenen väterlichen Autorität allen möglichen Irrlichtern innerhalb der katholischen Kirche nicht eine Plattform für spitzfindige Fragen, die Neuerfindung der Tradition und ganze Abgründe von Irrlehren ermöglicht. Und genau so sieht die Realität derzeit aus: kleine geistliche Lichter wissen nun alles ganz genau, rekurrieren auf irgendwelche „Traditionen“, die angeblich wahrer seien als das, was aktuell, bis um das Konzil herum, tatsächlich Tradition waren, versteigen sich in Fragestellungen, die stets daran aufgehängt werden, dies oder jenes sei ja nie ein Dogma und darum auch nicht Lehre der Kirche gewesen. Oder noch besser: man gräbt in uralten Zeiten nach und fischt irgendwelche Detailfragen aus der Vorzeit, deren Handhabung plötzlich für heute gültig erklärt wird, obwohl das Lehramt die fragliche Ansicht seit Jahrhunderten längst fallengelassen hat.
Was dagegen – auch ohne direkt als Dogma formuliert worden zu sein - immer und überall nachweislich und unwidersprochen geglaubt wurde, interessiert sie nicht. Andererseits greifen sie Regionalbräuche auf, teilweise sogar aus dem Bereich der abgefallenen Orthodoxie, geblendet von deren Sinn für liturgische Performance, und erklären dieselben zu Kardinalnormen. Kleine Geister belehren vor laufenden Kameras auf Internetplattformen Augustinus, Ambrosius, Thomas von Aquin oder Bellarmin darüber, dass es keine Bluttaufe geben könne und die Kirchenlehrer sich darob in „irrige Theorien“ verrannt hätten, denen das Lehramt leider nie widersprochen habe. Verbohrte Traditionshüter wollen anderen Gläubigen das Rosenkranzbeten im Bett oder beim Gehen wegen mangelnder Andächtigkeit verbieten, wieder andere wollen sämtliche Frauen zwingen, mit spitzengewebten Gebetsschleiern in die Kirche zu gehen, die vielleicht in Südeuropa, hierzulande aber definitiv niemals allgemeiner Brauch waren (sondern ohne besondere Festlegung eher Hüte, Tücher aus festen Stoffen oder eine frei gewählte, anständige Bekleidung), mancherorts wird den Gläubigen auch in der tridentinischen Messe das Knien beim Sanctus madig gemacht, obwohl sie es immer so gemacht haben (weil das angeblich nicht „Tradition“ war!). Man wird genau und mit Missbilligung beobachtet, ob man eine formvollendete Kniebeuge macht und wehe dem Ehepaar, dass nicht mindestens vier Kinder aufweisen kann.  Es wird darüber gefachsimpelt, dass das „filioque“ eigentlich nicht ins Credo gehöre, sondern erst später hinzugefügt worden sei und die Orthodoxen deshalb keine Häretiker seien, ganz so, als bliebe die wahre Lehre in einem Entfaltungsstadium stehen und könne von dort aus rechtgläubig auch kontradiktorisch gedacht werden. Besonderes Schmankerl ist eine sinnlose Diskussion darüber, ob es richtig sei, die Gottesmutter als Gottesmutter und nicht streng nach dem Dogma von Ephesus „Gottesgebärerin“ zu nennen, als ob es nicht bis ins 21. Jahrhundert hinein durchgängig ungezählte lehramtliche Dokumente und vor allem den populären Rosenkranz gäbe und damit eine zentrale, immer und überall gepflegte Annahme und Gewohnheit, die der Sache nach ohnehin völlig logisch und gar nicht anders möglich ist (!), unbesorgt von der „Gottesmutter“ ebenso wie von der „Dei genetrix“ zu reden und zu schreiben.
Und immer wieder wird die Autorität des Papstes aufgrund verwinkelter Gedankengänge bestritten, um seine Präsenz als Papst um jeden Preis zu erhalten. An diesem Punkt sind die Sedisvakantisten, Neokonservativen und Petrusbrüder (FSSP), auch wenn sie zu unterschiedlichen Schlüssen kommen, wesentlich konsequenter als die FSSPX. Entweder der Papst ist der Fels und man muss ihn durchweg im Gehorsam achten – nicht nur, wenn er ex cathedra spricht - oder er ist als Fels überflüssig und darf im Ungehorsam ignoriert werden. Stürzt er die Kirche in massiven Glaubensabfall, muss man sich entscheiden, ob man ihn als Papst anerkennt oder eben nicht, mit allen daraus folgenden Konsequenzen. Ein Stellvertreter Christi, der meistens Fehlbares redet, das eh keiner zu glauben braucht, oder wie das Dornröschen schläft, und nur bei seinen höchst seltenen ex cathedra-Akten mal, kurz wachgeküsst, unfehlbar sprechen darf, um anschließend wieder den Schlaf des Irrenden zu schlafen, ist eine einzige Lästerung gegen den, den er vertreten soll!
Dieses Dilemma zwingt uns alle in einen furchtbaren, fast unlösbaren Zwiespalt – ganz einfach deswegen, weil Jesus selbst doch den „Felsen“ Petrus eingesetzt hat und es ohne einen rechtgläubigen Papst auch keine lebendige Tradition und Auslegung der Lehre mehr gibt…

Petrus und Johannes: „…wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme…“

Im Johannes-Evangelium wird eine merkwürdige Begebenheit berichtet, die sich unmittelbar auf die Kreuzigungsszene beziehen lässt. Unterm Kreuz steht die Gottesmutter, Maria. Aber neben IHR steht nicht Petrus, der Anführer, den Jesus selbst eingesetzt hat, sondern der kleine Johannes! Jesus überantwortet die Kirche und die Priesterschaft nicht etwa im Apostel-Chef, dem Petrus, SEINER allerseligsten Mutter, sondern im geringsten der Apostel, in Johannes. Warum steht eigentlich nicht Petrus unterm Kreuz? Wir wissen es: Petrus, der Apostelfürst, hat den Herrn bis in den Hof des Hohenrates begleitet und dann doch aus Feigheit verleugnet!
Jesus offenbart sich als Auferstandener den Jüngern noch ein drittes Mal, als sie am See ihrer Fischerei nachgingen. Plötzlich ist er mitten unter ihnen und folgendes wird erzählt:

„Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer!

Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!

Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!

Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.

Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!

Petrus wandte sich um und sah, wie der Jünger, den Jesus liebte, (diesem) folgte. Es war der Jünger, der sich bei jenem Mahl an die Brust Jesu gelehnt und ihn gefragt hatte: Herr, wer ist es, der dich verraten wird?

Als Petrus diesen Jünger sah, fragte er Jesus: Herr, was wird denn mit ihm?

Jesus antwortete ihm: Wenn ich will, dass er bis zu meinem Kommen bleibt, was geht das dich an? Du aber folge mir nach!

Da verbreitete sich unter den Brüdern die Meinung: Jener Jünger stirbt nicht. Doch Jesus hatte zu Petrus nicht gesagt: Er stirbt nicht, sondern: Wenn ich will, dass er bis zu meinem Kommen bleibt, was geht das dich an“[7]

Zweimal sagt Jesus zu Petrus nachdrücklich: „Weide meine Schafe!“ und einmal: „Folge mir nach!“
Was tut Petrus, der Chef? Er schaut argwöhnisch auf den kleinen Johannes, auf den, von dem es heißt, er sei IHM gefolgt: „Was wird mit ihm, Herr?“
Spürt er, dass in diesem Kleinen ein Geheimnis ruht? Dass dieser Kleine begnadet ist in einer Weise, die er kaum verstehen wird?
Jesus sagt nun diesen rätselhaften Satz: „Wenn ich will, dass er bis zu meinem Kommen bleibt, was geht das dich an?
Jesus scheint uns hier verschlüsselt etwas zu sagen: „Johannes wird bleiben, bis ich komme.“

ER bekräftigt noch einmal an Petrus den Befehl: „Du aber folge mir nach!“, ganz als ob dies in Frage stünde.
Der kleine Johannes aber, wird fraglos bleiben, bis ER kommt.
Der kleine Johannes ist der kleine, reine Priester, der, in dem sich Jesu Herz abbildet, denn am Herzen Jesu lag er beim letzten Abendmahl.
Jesus hat nicht den, der in Treue an SEINEM Herzen liegt, zum Papst eingesetzt, sondern den, der eigenmächtig, feige und verleugnerisch war, obwohl er IHN von Herzen liebte…

Ein Geheimnis liegt auch hierin. Es lässt uns ahnen, dass das sakramentale Leben beim Kommen Jesu vielleicht alleine an ein paar kleinen Johannes-Priestern hängt.



Und nun die Heiligsprechung zweier ersichtlich unheiliger Päpste durch Franziskus!

Roberto de Mattei wollte, vielleicht in einem Akt der Verzweiflung, den traditionsverbundenen Katholiken weismachen, dass Heiligsprechungen, oder wenigstens manche Heiligsprechungen, keine unfehlbaren Akte seien. Er widerspricht damit der Überzeugung der überwiegenden Mehrzahl der Theologen seit Jahrhunderten und beruft sich auf ein denkbar absurdes Argument:
„Die Unfehlbarkeit von Heiligsprechungen ist kein Dogma des Glaubens, sie ist die Meinung einer Mehrheit von Theologen, insbesondere seit Benedikt XIV. – der sie obendrein als private Lehrmeinung äußerte und nicht als Papst.“ [8]
Nun hat aber derselbe Benedikt XIV. diese „private Meinung“ auch als Papst selbstverständlich aufrechterhalten, und die gesamte Kirche, mit sämtlichen Päpsten, folgte seinen Vorgaben hinsichtlich der Beurteilung von Heiligen, Wundern, Offenbarungen und Visionen bis in die späten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts hinein. Es hat bereits surreale Qualität, dies als ein Handeln nach einer „privaten Meinung“ einzustufen!
Vollends absurd ist de Matteis Argumentation aber aus einem anderen Grund, den uns Franziskus heute selbst deutlich vor Augen geführt hat:
Eine Heiligsprechung ist ja nicht als irgendwie unscharf formulierte Heiligsprechung unfehlbar. Der Papst sagt ja nicht „Ich spreche NN heilig. Amen“.

Im Akt der Heiligsprechung nimmt der Papst vielmehr seine unfehlbare Autorität ausdrücklich in Anspruch. Die Heiligsprechung ist ein ex-cathedra-Akt, und darum ist sie unfehlbar.

Franziskus wurde heute vom Präfekten der Heiligsprechungskongregation, Kardinal Amato,  dreimal gebeten, die beiden Päpste heiligzusprechen. Mehrfach wurde der Hl. Geist angefleht zu verhindern, dass nun durch das „Lehramt“ (!) eine Fehlentscheidung getroffen werde. Ein ausführlicher Herbeirufungsgesang an den Hl. Geist erfolgte. Und dann erklärte Franziskus in „autoritate Domini nostri Jesu Christi…J23 & JP2…sanctos esse decernimus et definimus…in nomine Patris et Filii et Spiritui Sancti.“
Jeder muss erkennen, dass diese Formel[9] nichts geringeres als ein ex-cathedra-Akt ist. So oder so ähnlich lautete die Formel jeder Heiligsprechung, jeder lehramtlichen Definition, jeder Festlegung und jedes "Dogmas".
Wer diese Formulierung nicht als Inanspruchnahme päpstlicher Unfehlbarkeit annehmen will, der sollte so ehrlich sein und alle Definitionen, die jemals "unfehlbar" getroffen wurden, anzweifeln, einschließlich der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit in "Pastor aeternus"!
Es bleibt nur zweierlei: Franziskus ist der Papst. Er hat eine unfehlbare Definition vorgenommen, indem er zwei Häretiker heiliggesprochen hat. Ergo ist er selbst ein Häretiker und kann zu einem solchen irrgläubigen Akt nicht berechtigt sein, weil er kein Papst ist. Oder man sagt: Gleich, was Gott, der Herr wollen könnte, gleich, was je zuvor unfehlbar definiert wurde, der Papst kann alles auf den Kopf stellen und allem widersprechen, was je galt - das aber ist nicht mehr katholisch, sondern der Beginn einer geistlichen Tyrannei, die in wehenartigen Konvulsionen seit mindestens 50 Jahren eingeleitet wurde.
Roberto de Mattei wollte retten, was zu retten ist, denn dass die beiden Kanonisierten nicht heilig waren, liegt absolut offen auf der Hand. Da er sich als Historiker bei Johannes XXIII. in der Materie besser auskennt, sagt er:  „Nun, was Johannes XXIII. betrifft, so bin ich nach sorgfältiger Abwägung sicher, dass sein Pontifikat objektiv ein Schaden für die Kirche war, und es daher unmöglich erscheint, bei ihm von Heiligkeit zu sprechen.“[10]
Ab heute hat uns aber der Papst in einem Akt päpstlicher Autorität aufgefordert, diesen Mann als Heiligen zu verehren und ihm nachzueifern. All die Winkelzüge, die de Mattei bemüht, all die Hinweise auf verschiedene Kriterien bei der Prüfung einer Heiligkeit, sind irrelevant in dem Augenblick, in dem eine Person kraft unfehlbarer Autorität heiliggesprochen worden ist. Es hilft alles nichts!

Ankündigung des Programms der Familiensynode im Geiste der gerade Kanonisierten

Franziskus sagt uns zudem in seiner Predigt, worum es ihm geht bei diesen beiden Heiligsprechungen:
  
„In diesen beiden Männern, die in der Betrachtung der Wunden Christi lebten und Zeugen seiner Barmherzigkeit waren, wohnte »eine lebendige Hoffnung« vereint mit »unsagbarer, von himmlischer Herrlichkeit verklärter Freude« (…) 
Und das ist das Bild der Kirche, das dem Zweiten Vatikanischen Konzil vorschwebte. Johannes XXIII. und Johannes Paul II. haben mit dem Heiligen Geist zusammengearbeitet, um die Kirche entsprechend ihrer ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen und zu aktualisieren (…) 
In der Einberufung des Konzils hat Johannes XXIII. eine feinfühlige Folgsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist bewiesen, hat sich führen lassen und war für die Kirche ein Hirte, ein geführter Führer. (…) 
In diesem Dienst am Volk Gottes ist Johannes Paul II. der Papst der Familie gewesen. (…) 
Ich hebe das gerne hervor, da wir gerade einen Weg zur Synode über die Familie und mit den Familien beschreiten (…) Mögen diese beiden neuen heiligen Hirten des Gottesvolkes mit ihrer Fürsprache für die Kirche eintreten, damit sie in diesen zwei Jahren des Synodenweges fügsam sei gegenüber dem Heiligen Geist in ihrem pastoralen Dienst an der Familie. Mögen beide uns lehren, keinen Anstoß zu nehmen an den Wunden Christi und in das Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit einzudringen, die immer hofft und immer verzeiht, weil sie immer liebt.“[11]

Was will Franziskus mit dem „Keinen Anstoß nehmen an den Wunden Christi“ wohl sagen?

„Johannes XXIII. und Johannes Paul II. hatten den Mut, die Wundmale Jesu anzuschauen, seine verwundeten Hände und seine durchbohrte Seite zu berühren. Sie haben sich der Leiblichkeit Christi nicht geschämt, haben an ihm, an seinem Kreuz keinen Anstoß genommen; sie haben die Leiblichkeit des Mitmenschen nicht gescheut, denn in jedem leidenden Menschen sahen sie Jesus.“ (ebenda)

Wie stets bei Franziskus muss man hier ahnend verstehen, denn er ist in seinen Predigten und Ansprachen nicht willens oder in der Lage, präzise zu sprechen, wie es einem Papst zukäme. Auf der Familiensynode, die ab Oktober 2014 tagen wird, wird es zentral um die Probleme der modernen Familien gehen, auch und vor allem um die Forderung vieler Priester und Laien nach der Zulassung von Personen zu den Sakramenten, die trotz einer vor Gott weiterhin bestehenden Ehe, sich in einer zweiten standesamtlichen Ehe oder auch „wild“ mit einer weiteren Person geschlechtlich vereinigt haben und mit ihr zusammenleben.
Was meint der Hinweis Franziskus’ auf die „Wunden“ Jesu, darauf, dass diese beiden „mutigen Männer“ sich nicht gescheut hätten, die verwundete Leiblichkeit Jesu anzuschauen?
Ich verstehe ihn so:
Eine zerbrochene Ehe ist eine leibliche Wunde.
Die Ehe ist wesentlich davon gekennzeichnet, dass hier zwei Menschen „ein Fleisch“ werden. Wird dieses „eine Fleisch“ auseinandergerissen, entsteht eine klaffende leibliche Wunde. Die christliche Ehe ist ein Sakrament, das ein Geheimnis sichtbar macht: Gott hat die Kirche zur Braut genommen und will mit ihr eins sein in saecula saeculorum. Diese Sicht ist keine Überzeichnung: die Braut Christi ist SEIN Leib, ist in gewisser Weise ER. In der Jungfrau Maria geschah dieses Mysterium in voraus geschenkter Vollendung aus reiner Gnade: SIE, ein Mensch aus Fleisch und Blut, hat Gott in unser Fleisch geboren, ein unausdenkbares Geheimnis. Gott ist in Jesus Christus ein Fleisch geworden mit dem Menschen. ER hat sich uns in SEINER übergroßen Liebe angeglichen in unserem Menschsein, ja, durch sein Sühneopfer an unserer Stelle, durch SEINE Wunden, uns zurück gewonnen, wie ein Mann seine verlorene Braut rettet und zurückgewinnt. In jeder Heiligen Messe wird SEIN Opfer sichtbar, gibt ER sich uns ganz hin, und SEIN Leib ist „wirklich eine Speise“, wie ER sagt, und legt sich in uns wie ein Same, der in uns wächst und nun umgekehrt uns IHM angleicht, wie sich Brautleute aneinander angleichen.
Dieses Geheimnis drückt sich in der christlichen, prinzipiell – wenn auch verdunkelt durch die Sünde, die die Geschlechter einander vielfach zu Gegenspielern gemacht hat - sogar in jeder natürlichen Ehe aus.
Nun bilden sich unsere zerbrochenen Ehen in den Wunden Christi ab. Das ist keine Frage. Aber was will F. sagen, wenn er es für „mutig“ hält, diese Wunden „anzuschauen“ und in „jedem leidenden Menschen Jesus zu sehen“? Ist ein Mensch, der unter der eigenen Sünde oder der der anderen leidet, wirklich in diesem sündhaften Zustand ER?
Es fällt auf, dass F. hier die Wunden Christi, die unsere Sünden IHM geschlagen haben, mit SEINER ganzen Person identifiziert. In einem Menschen, der durch die eigene und fremde Sünde leiblich verwundet ist, soll man Christus erkennen?
Es ist doch andersherum: In den Wunden Christi sollen wir die angrundtiefe Sündhaftigkeit und Verlorenheit erkennen, die ER, der Sohn Gottes, an unserer Stelle getragen und überwunden hat!
Das Bild hängt schief, verwischt den Unterschied zwischen der Gottheit Jesu, die für uns gelitten hat und den Menschen, die im selbstverschuldeten Leid stecken, denn Christus hat sich die Wunden ja nicht selbst geschlagen!
Lehre der Kirche war immer:
Christus hat das Sühneopfer für unsere Sünden gebracht. Er trug unsere Schmerzen und unsere Wunden für uns, an unserer Stelle. ER ließ sich stellvertretend für die Sünder "zur Sünde" machen, ohne selbst ein Sünder zu sein - ER war und ist ganz und gar als Gottmensch vorrangig die göttliche Persönlichkeit!
Häretisch wäre es dagegen zu sagen:
"Im Sünder drückt sich Jesus Christus aus!"
Franziskus legt aber letztere Sicht durch seine Worte objektiv, aber auch suggestiv nahe!

Von alters her haben gläubige Männer und Frauen, an denen in einer Ehe unverschuldet gesündigt wurde, dem Partner diese Sünde nicht aufgerechnet, sondern den Leiden Christi – was sie selbst betrifft – zugerechnet … und die Situation ausgehalten. Sie haben nicht einfach einen anderen Partner genommen, sondern den abtrünnigen Gatten weiterhin als legitimen Partner anerkannt, trotz allem!
Ein Mensch, der an seiner Ehe scheitert, Ehebruch begeht und deshalb verwundet ist, ist nicht gleichförmig mit dem leidenden Christus, sondern er ist der, der Christus Wunden verursacht, IHN beleidigt!
Ein Gläubiger wird nur dann christusförmig im Leid, wenn er das Leid, das er um Christi willen (!) erduldet, den Leiden Christi als stellvertretendes Opfer hinzufügt und selbst dabei jeder Sünde absagt oder abgesagt hat. Leid um Christi willen hieße aber hier das, was die Kirche immer gelehrt hat: das Kreuz der gescheiterten Ehe in Reue und Buße ohne Ausflucht in eine neue „Beziehung“ anzunehmen und in dieser Schmach Christi, „ohne Sex“, weiterzuleben, IHM zuliebe, um IHM nicht wehzutun.
Sündhaftes Verhalten dagegen kann niemand den Leiden Christi im Sinne eines solchen Opfers beifügen – es wäre blasphemisch, dies anzunehmen!
Wer nicht zu feige ist, die Wunden Christi zu betrachten, der kann nur den glühenden Wunsch verspüren, ab jetzt, ab sofort niemals mehr zu sündigen, der Sünde sofort abzusagen und sie zu meiden um jeden Preis, weil sie diesen geliebten Herrn verletzt, IHM Wunden schlägt und IHN quält.

Franziskus will uns auf eine grandiose Verdrehung der Liebe Jesu Christi einstimmen, wie sie uns seine Avantgarde zu dieser Synode im Oktober, Kardinal Walter Kasper, bereits listenreich untergejubelt hat. Daran kann kaum ein Zweifel bestehen für den, der verständig ist und nicht weghören will.

So hat F. also präzise Worte gefunden, mit dieser Heiligsprechung der beiden Päpste, die das Vaticanum II. als eine „Restauration“ der wahren, ursprünglichen Kirche gewollt und umgesetzt haben, unfehlbare Fakten zu schaffen. Ich wiederhole F.s Charakterisierung von oben: „Johannes XXIII. und Johannes Paul II. haben mit dem Heiligen Geist zusammengearbeitet, um die Kirche entsprechend ihrer ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen und zu aktualisieren.“
Diese „ursprüngliche Gestalt“, das ist es, worum es geht, auch und vor allem auf der Synode. Man wird irgendwelche Seitenpraktiken und Glaubensabfälle innerhalb frühchristlicher Gemeinden „entdecken“ und die „Barmherzigkeit“, die man damals noch geübt habe, wie sie ja auch die lieben Brüder im Osten ebenso pflegen…
Und unendlich viele Katholiken werden jubeln, weil ihre Kirche vielleicht bald dieselben häretischen Sitten wie die orthodoxe Kirche, die Wiederverheiratungen Geschiedener sogar segnet (!), oder wie die protestantischen Kirchen, die graduell unterschiedlich fast alle Scheidung und Wiederverheiratung, manchmal sogar die Segnung homosexueller „Ehen“ institutionalisiert haben. Wir dürfen gespannt sein. In den Augen der Welt wird es eine „Superökumene“ sein. Und bestimmt wird auch der Priesterzölibat angetastet werden…

Die römisch-katholische Kirche kennt alleine das Mysterium von Mann und Frau

Unsere Mutter, Maria, die Frau mit dem unbefleckten Herzen, wird weinen und mit ihr sollten alle katholischen Frauen und Priester weinen, denn nur die römisch-katholische Lehre, nur die Unauflöslichkeit der Ehe und nur die Metaphorik dieser einzig wahren Kirche Jesu Christi hat „die Frau“ in das Recht und in die hohe Würde gesetzt, die Gott ihr neben und mit dem Mann ursprünglich einmal, um IHN in seiner Dreifaltigkeit abzubilden, zuerkannt hat.
Nur die römisch-katholische Kirche weiß um das Mysterium der Frau und den Hass des Satans gegen die Frau.
Und nur die römisch-katholische Kirche hat daher der Gottesmutter den hohen Rang als Schlangenzertreterin zuerkannt, der IHR zukommt – weil Gott es so bestimmt hat.

Nur die römisch-katholische Kirche hat darum andererseits erkannt, dass der geweihte Priester in höchster Würde ein „alter Christus“ ist, ein Mariensohn, ein leibhaftiges Ebenbild seines Meisters und Herrn, und darum wie Jesus selbst nur ein keuscher, eheloser Mann sein kann, der so wie seine Mutter Maria ganz und gar dem Herrn gehört, dafür aber auch die größte Liebe und Diensteifrigkeit der Gläubigen genießen müsste, wenn es recht um ihn und uns stünde.
Nur die römisch-katholische Kirche weiß, welches Mysterium sich im Mann spiegelt…

Jede Vermischung in der Ökumene, jedes Zugeständnis an die Gewissensfreiheit, hat das Wissen um all diese Mysterien verflacht und aufgelöst.
Die einzige menschliche Größe, die derzeit im Panorama kirchlicher Charismen und Ämter überragend und unbeirrbar ist und bleibt, ist die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria. Es kommt nicht von Ungefähr, dass SIE in den letzten 200 Jahren so oft erschienen ist. 
Alle Johannes-Priester sollten sich an SIE anlehnen. Das kann nicht falsch sein. Jesus selbst hat noch am Kreuz hängend diesen Kleinen, der bleiben wird, bis ER kommt, SEINER Mutter anvertraut...und SIE ihm.

Der heutige Tag ist ein Tag der Entscheidung. Ab heute ist endgültig nichts mehr wie es war. In Kürze werden wir es erleben, wie ein Stein nach dem anderen abgetragen wird.
Die Kirche aber ist aus lebendigen Steinen erbaut.Die Gottesmutter und ihre Priesterkinder und die anderen Töchter und Söhne wird niemand abbauen können!

27. April 2014







[3] Vat.I definierte in „Pastor aeternus“ das Unfehlbarkeitsdogma so: „Im treuen Anschluss also an die Überlieferung, wie Wir sie von der ersten Zeit des Christentums an überkommen haben, lehren Wir zur Ehre Gottes unsres Heilandes. zur Verherrlichung der katholischen Religion und zum Heil der christlichen Völker, unter Zustimmung des heiligen Konzils, und erklären es als von Gott geoffenbartes Dogma: Wenn der römische Papst „ex Cathedra“ spricht, - das heißt, wenn er in Ausübung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen mit seiner höchsten Apostolischen Autorität erklärt, dass eine Lehre, die den Glauben oder das sittliche Leben betrifft, von der ganzen Kirche gläubig festzuhalten ist, - dann besitzt er kraft des göttlichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheißen wurde, eben jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei Entscheidungen in der Glaubens- und Sittenlehre ausgerüstet wissen wollte. Deshalb lassen solche Lehrentscheidungen des römischen Papstes keine Abänderung mehr zu, und zwar schon von sich aus, nicht erst infolge der Zustimmung der Kirche. Wer sich aber vermessen sollte, was Gott verhüte, dieser Unserer Glaubensentscheidung zu widersprechen: der sei im Bann." http://www.kathpedia.com/index.php?title=Pastor_aeternus_%28Wortlaut%29

[4] Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum, München 2005, S. 218.
Er behauptet, das „zweite Jahrtausend der abendländischen Christenheit“ sei entscheidend durch diese Gedanken Anselms (zum Sühneopfer Christi, Anm. HJ) geprägt worden, dass „Christus am Kreuze sterben musste, um die unendliche Beleidigung gutzumachen, die geschehen, und solchermaßen die verletzte Ordnung wiederherzustellen.“ (S. 219) Ratzinger gesteht Anselm zwar zu, dass in dieser Theorie auch „entscheidende biblische und menschliche Einsichten eingefangen sind“, man aber „auf der anderen Seite nicht leugnen könne (…), dass das perfekt logisierte göttlich-menschliche Rechtssystem, das Anselm aufgerichtet hat, die Perspektiven verzerrt und mit seiner ehernen Logik das Gottesbild in ein unheimliches Licht tauchen kann.“ (S. 220) „Wenn (in Hebr. 9,11 ff) gesagt wird, Jesus habe durch sein Blut die Versöhnung vollzogen (9, 12), so ist dieses Blut nicht wieder als eine sachliche Gabe zu verstehen, als ein quantitativ zu bemessendes Sühnemittel, sondern es ist einfach die Konkretisierung einer Liebe, von der gesagt wird, dass sie bis zum Äußersten reicht.“ Das heißt im Klartext, der „konservative“ Theologe Ratzinger verleugnet hier ausdrücklich das konkrete Sühneopfer Christi durch sein Blut! (S. 270)

[5] Wilhelm Ettelt: Zur Situation der katholischen Kirche. Wien 1978: Mediatrix Verlag, S. 6: „Kardinal Ratzinger wurde diese Schrift (Anm. HJ: die seine Opfertheologie kritisiert) zugeleitet. (…) Ratzinger (hat sich) dagegen verwahrt, er würde den Sühnecharakter des Opfertodes Christi leugnen.“

[6] Eine Kritik an der Konzilseröffnungsrede Roncallis zum Beispiel hier: http://zeitschnur.blogspot.de/2013/08/geister-im-weizenfeld.html

[7] Joh. 21, 15-23 (EÜ)


[9] die man ausführlich hier anhören kann http://www.kathtube.com/player.php?id=34547




Alle Webadressen abgerufen am 27.4.2014!

Freitag, 25. April 2014

Vor der Heiligsprechung zweier unheiliger Päpste



Gebet für den Bettelpeter

Vor der Heiligsprechung zweier unheiliger Päpste


Maria,
Schutzherrin,
Dich fleh ich an:
verschlossener Garten, Du,
Frau, hast Du,
das Ewige Wort des Vaters
in unser Fleisch geboren,
schönste Schatztruhe Du,
Abglanz Seiner Huld.
Mutter,
Königin der Herzen,
Braut des Lammes,
Magd des Höchsten,
birg Deine Kinder jetzt
im Schleier Deiner Tränen.

Bitt für uns,
bitt für die Kirche,
bitt für den, der nicht
Fels sein will,
den Bettelpeter ohne Stuhl,
der nicht dienen kann -
er und sein Schatten
in vergilbter Soutane.
Auf zarten Hostien,
leichten Fußes,
tanzt er achtlos,
schwarz beschuht,
als wärns die roten Kohlen
eines Gauklertricks,
im Farbentausch halbblinder Augen,
Tango.

Liebster Herr Jesus,
wenn Du doch,
eilen wolltest
schnell wie ein Kriegsbote,
zu den gefiederten Dienern,
zu beiden,
und pochtest an die Tore,
die eisenbeschlagenen,
die uralten Pforten,
so lange
so lange
so lange,
bis sie sich heben,
die steingrauen Lider,
und dich einlassen
ins Brautgemach zu der verbannten Jungfrau,
zu Deinem Fleisch und Blut,
Deiner Taube,
die Du liebst,
die Dich ersehnt mit flachem Atem.
Rüttle, klopfe,
klopfe und rüttle
an den Seelentüren
der eitlen Kirchturmhähne.
Goldbetresst verleugnen sie,
süßer Herr,
Lamm Gottes, Dein heiliges Opfer,
und schreien selbst drei Mal das
törichte Kikeriki
zu Ehren des Federviehs.


Heilige Maria,
Mutter Gottes,
dem Bettelpeter
ein Kästchen voller
Tränen schenk,
reine Perlen,
Frucht aus Deinem
makellosen Herzen,
ihm und uns zur Umkehr.


(25. April 2014)




Sonntag, 20. April 2014

Christus resurrexit!

Christus resurrexit!
 Resurrexit vere!



Tulpen -
in temporibus tenebricosis
Christus resurrexit!


"Aber auch die weibliche Gestalt, die ich früher vor dem Altare (...) erblickt hatte, wurde mir wieder gezeigt. (...) Von der Mitte des Leibes an abwärts bis zur Stelle des weiblichen Erkennens, hatte sie mannigfaltige schuppenähnliche Flecken. Ein unförmliches, ganz schwarzes Haupt erschien dort.
Seine Augen glühten wie Feuer. Es hatte Ohren wie ein Esel, Nase und Maul wie ein Löwe. (...)
Von seinem Haupt an bis zu den Knien war die Gestalt weiß und rot und erschien wie von heftigem Stoßen verletzt. (...)
Und siehe, nun löste sich das unförmliche Haupt mit lautem Krachen von seiner Stelle, so dass dadurch die ganze Gestalt der Jungfrau in all ihren Gliedern erschüttert wurde. Und eine gewaltige Masse von Kot sammelte sich um das Haupt, so dass es sich wie auf einem Berg emporhob und zur Höhe des Himmels aufzusteigen versuchte. Aber da traf plötzlich ein Donnerschlag das Haupt mit solcher Wucht, dass es vom Berge herabstürzte und seinen Geist im Tode aushauchte. Alsbald umwehte ein übelriechender Nebel den ganzen Berg und darin das Haupt, von solchem Schlamm umhüllt, daß die umstehenden Scharen in größten Schrecken versetzt wurden. Der Nebel verweilte (...)
Als die anwesenden Leute dies sahen, sprachen sie (...): " Wehe! Wehe! Was ist das? (...) Lasst uns umkehren! Kehren wir eiligst zurück zum Zeugnisse des Evangeliums Christi. Denn ach! ach! Bitter sind wir getäuscht worden."
Und sieh, da erschienen die Füße der Jungfrau blendend weiß und gaben einen Glanz, der strahlender leuchtete als der Glanz der Sonne."

(Hildegard von Bingen: Scivias. III,11)

Samstag, 5. April 2014

Fatima und die Verbindlichkeit anerkannter Erscheinungen (II)

Wurde die "Gottheit Jesu Christi Gott aufgeopfert"?

Gedanken zum Gebet des Engels 1916, zur traditionellen Opfertheologie und zur Frage, ob selbige „theologischen Unsinn“ enthalten

Polemik gegen das Gebet des Engels in Fatima

Unlängst – ich falle gleich mit der Tür ins Haus - verstieg man sich auf einem Blog, das Gebet des Engels in Fatima, gerichtet an die Heiligste Dreifaltigkeit, als „theologischen Unsinn“ zu betiteln. Der Blogartikel trägt den Titel „Dogmatik ist wichtiger als Privatoffenbarungen“ und stellt u.a. eine Polemik gegen das fragliche Gebet dar, die erst einmal vorausschickt, kein Mensch müsse sowieso eine kirchlich approbierte „Privatoffenbarung“ glauben.[1] Warum dann aber die Aufregung darüber?

Ja, ja, ja, möchte man erst einmal rufen, natürlich, selbstverständlich steht das Dogma über einer bloßen „Privatoffenbarung“, aber wenn man den Artikel liest, gerät man mehr und mehr ins Staunen, wie Dogmatik offenbar ein Feld privater Meinungen oder auch Ignoranzen geworden ist, die man dann in theologischer Holzfällermanier nicht nur gegen die „Privatoffenbarung“, die ja besser gesagt eine seit 1930 kirchlich anerkannte, mit dem „constat de supernaturalitate“ („die Übernatürlichkeit steht fest“) bestätigte Erscheinung ist, sondern auch mithilfe einer total missverstandenen dogmatischen Setzung gegen zentrale dogmatische Sätze des Trienter Konzils ankämpft.

Dogma und Prophetie sind zwei Seiten einer Medaille

Allein an dieser Stelle tritt, bevor wir weiter über den „theologischem Unsinn“ sprechen wollen, ein logischer Unsinn zutage:
Die Kirche hat die Erscheinungen und Offenbarungen an die Seherkinder in Fatima anerkannt. Diese Offenbarungen sind keineswegs etwas Privates und dienen nicht der persönlichen Erbauung der Betroffenen. Konkret hat die Muttergottes an den Papst, die Gläubigen und die ganze Welt über die kleinen Propheten Jacinta, Francisco und Lucia eindeutige und präzise Forderungen gestellt, die zu erfüllen seien.
Wer eine solche Botschaft als übernatürlich anerkennt, kann, sofern er nicht schizophren denkt, unmöglich zugleich behaupten, es müsse sich aber keiner dran halten.

Zu der Behauptung, dass nun jedes übernatürliche Erlebnis oder Ereignis unter der Rubrik „Privatoffenbarung“ abzuschmettern sei, hat sich Bischof Rudolf Graber 1984 folgendermaßen geäußert:
„(Wir weisen) eine irrige Meinung zurück, als ob Gott die große Offenbarung mit dem Tod des letzten Apostel so abgeschlossen hätte, daß ihm in der nun folgenden geschichtlichen Periode - fast in deistischer Weise - keine Eingreifmöglichkeit mehr zur Verfügung stünde. Dabei übersieht man, dass der Kirche Christi der Heilige Geist gegeben wurde, der die Jünger Christi alles lehren wird (vgl. Joh. 14, 26) und der Söhne und Töchter weissagen, die Jünglinge Gesichte und selbst Greise Traumgesichte schauen lässt (vgl. Apg. 2, 17) (…) Wir müssen mit dem Einbruch des Geistes rechnen und dürfen nicht alles von unserer menschlichen Vernunft erwarten. Dieser Einbruch des Geistes erfolgt in vielfältiger Form, nicht zuletzt durch Engel und Heilige, und hier vor allen durch die Erscheinungen der Gottesmutter, die nach den Worten des Konzils >>dem wandernden Gottesvolk als Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes bis zur Ankunft des Tages des Herrn voranleuchtet<<."[2]
Nun ist Bischof Graber beileibe nicht der einzige, der das Phänomen von übernatürlichen Wirkweisen des Herrn in die Geschichte hinein sorgsamer bedacht hat. Laurenz Volken reflektiert in seinem Buch über „Die Offenbarungen in der Kirche“ von 1964 auf seine Weise die Gesamtproblematik mit großer Akribie.[3] Es zeigt sich, dass die Kirche zwar einerseits immer vorsichtig umgegangen ist mit übernatürlichen Erscheinungen, weil sie besonders gerne exaltierte Geister anziehen und ein Feld für freies Fabulieren und Wichtigtuerei sein können, deren Realität nur schwer – auch für das Lehramt - zu kontrollieren ist. Zugleich ist der „Kanal“, auf dem Gott zu den Menschen spricht, auch der Weg, auf dem der Satan als Lügner und Blender dem Herrn seine Konkurrenz ansagt und Menschen in die Irre führen kann. Große Heilige, die selbst mystisch begabt waren, wie Johannes vom Kreuz, haben daher z.T. strikte davon abgeraten, solche Geistesgaben anzustreben oder gar zu suchen oder zu erbitten.[4] Andere, wie Franz von Sales, äußerten sich ähnlich, wenn auch offenherziger, unterwarfen aber jede Erscheinung einer sorgsamen Prüfung durch das formelle Lehramt, um hier nicht in Fallen des Satans oder persönlicher Eitelkeiten abzustürzen.[5] Das heißt, man folgte der Spur, solche überraschenden und in Demut empfangenen Geistesgaben voll anzuerkennen, nachdem sie sorgsam geprüft worden waren. Dass dabei keine neuen oder irrigen Lehren verbreitet werden durften, versteht sich von selbst und wurde schon in Teil I ausführlich besprochen.
Die Fallgruben, die in der einbrechenden Übernatürlichkeit für den sündhaften Menschen existieren, sind jedoch keinerlei Argument dagegen, dass Gott doch auf genau diesem Weg zu Menschen in die Geschichte hinein redet oder reden lässt: Über die „Grundlehre (dass der Heilige Geist v.a. durch das formelle Lehramt wirkt, Anm. HJ) dürfen wir nicht vergessen, dass der Geist der Weissagung, dessen Rolle in der Kirche beträchtlich ist, in ihr bleibt, wenn auch in etwas untergeordneter Weise. Er ist es, der die großen Fortschritte und die großen Erneuerungen in der Kirche anregt, und manchmal auch in den unscheinbarsten Menschen. Und in dieser Form ist das prophetische Charisma zwar keineswegs an die Priesterschaft gebunden, aber es ist ihr unterworfen. Es gibt keine Periode in der Geschichte der Kirche, in der sich diese Anregung durch den Geist nicht erkennen lässt.“[6]
Die Kirchengeschichte weist überdies immer wieder das Phänomen auf, dass visionär begabte Gläubige verkannt und durch die Priesterschaft vorübergehend verworfen wurden.[7] Volken geht dabei einigen Beispielen weit zurückliegender Jahrhunderte nach.

Die schizophrene Haltung der Päpste gegenüber Fatima ist eines der auffallendsten Probleme des Kirche im 20. Jahrhundert. Keiner von ihnen hat gewagt, etwa wie die Autorin der genannten Polemik, die Erscheinungen von Fatima inhaltlich und theologisch öffentlich und direkt in Frage zu stellen. Die Anforderung an den Papst, die in der Botschaft enthalten ist, haben sie allerdings entweder gar nicht oder eigenwillig oder nur halb erfüllt. Oder, sie haben wie Johannes XXIII., die Gottesmutter von Fatima, die sich mit Ihrer Sorge im Verein mit den antimodernistischen Päpsten befindet, als einen der vaticinatores rerum adversarum, der „Unglückspropheten“, abgetan. Noch perfider ist die Strategie, der Gottesmutter lehramtliche Worte zu widmen, die ihr Bild so nuancieren, dass ihre reale Erscheinung und Präsenz im Leben der Kirche – zum Beispiel die in Fatima - verdeckt oder sogar verneint wird, obwohl man andererseits ja die Befugnis erteilt hat, über diese Erscheinung zu predigen und zu schreiben. Man setzt Marientexte gegen die Gottesmutter ein, wie Sie glaubhaft und approbiert selbst geredet hat. Diese These ist einen eigenen Aufsatz wert, den ich hier an dieser Stelle jedoch noch nicht präsentieren werde.

Angeblich unsinnige Formulierung im Gebet des Engels

Doch zunächst zurück zum „theologischen Unsinn“ des Engelgebetes. Hören wir uns doch erst einmal den Stein des Anstoßes vollständig an. Der Schutzengel Portugals lehrte die Kinder folgendes Gebet:
Allerheiligste Dreifaltigkeit,
Vater, Sohn und Heiliger Geist,
in tiefster Ehrfurcht bete ich Dich an,
und opfere Dir auf
den kostbaren Leib und das Blut,
die Seele und die Gottheit unseres Herrn Jesus Christus,
gegenwärtig in allen Tabernakeln der Welt,
zur Sühne für alle Lästerungen, Sakrilegien und Gleichgültigkeiten,
durch die Er selbst beleidigt wird.
Durch die unendlichen Verdienste Seines Heiligsten Herzens
und des Unbefleckten Herzens Mariens bitte ich Dich
um die Bekehrung der armen Sünder.“[8]
F. Küble argumentiert hinsichtlich dieses Gebetes und seiner Formel von der „Aufopferung des kostbaren Leib und das Bluts, der Seele und der Gottheit unseres Herrn Jesus Christus“, die auch im  Barmherzigkeitsrosenkranz (und weiteren Sonderrosenkränzen), der an Sr. Faustyna Kowalska offenbart wurde, vorkommt, folgendermaßen:
„Am 6. März dieses Jahres haben wir über einen visionären Sonder-Rosenkranz “zum einladenden Herzen” berichtet, der eine theologisch eindeutig falsche Formel enthält, denn dort ist die Rede davon, daß der Betende dem ewigen Vater die “Gottheit” Christi aufopfert. Das allerdings ist nicht möglich, denn man kann Gott nicht die Gottheit aufopfern, weil diese unsterblich und zudem nicht leidensfähig ist. Wir haben ausführlich  -  auch anhand dogmatischer Lehrbücher  -  dargelegt, daß diese Gebetsaussage logisch und theologisch unsinnig ist.“[9]
Abgesehen davon, dass Küble lediglich Sätze aus Lehrbüchern und von Theologen anführt, teilweise nicht einmal ordentlich und nachvollziehbar zitiert, deren Aussagen jedoch in keiner Weise ordentlich, wie es üblich ist, diskutiert oder im Rahmen einer bestehenden theologischen Debatte referiert, sondern als „Totschläger“ einfach ihrer These beifügt, widerspricht Kübles doch sehr großspurig vorgetragene Meinung einer zentralen Aussage der katholischen Dogmatik, die allerdings seit dem 19. Jahrhundert und schließlich mit dem Vaticanum II von immer mehr Theologen klammheimlich über Bord geworfen wurde – unbemerkt für viele, gerade auch konservative Katholiken.
Es geht um die Frage der Opfertheologie, wie sie das Konzil von Trient ein für allemal ausgesprochen hat. Kübles rhetorischer Hinweis darauf, ein Kritiker dieser Formulierung – Konrad Algermissen - sei nicht nur angesehen, sondern auch „konservativ“ gewesen, ist daher leerlaufende Propaganda für eine Position, die auf ihren Sachinhalt hin und nicht daraufhin, wer sie ausgesprochen hat, befragt werden muss. Leider ist mir die fragliche Kritik Algermissens nicht zugänglich, und folglich kann ich nicht über sie urteilen.
Ich möchte aber anhand eines anderen Beispiels zeigen, dass die Debatte um das Gebet des Engels Anzeichen des Glaubensabfalls durch die Theologie seit mindestens 100 Jahren sein dürfte, der sich inzwischen – gespiegelt auch im Novus Ordo Missae - flächendeckend ausgebreitet hat.

Häretische Opfer-Theologie am Beispiel Joseph Ratzingers

Nicht zuletzt hat der angesehene und für konservativ gehaltene Joseph Ratzinger, der nachmalige Papst Benedikt XVI. in seiner „Einführung in das Christentum“ eine merkwürdig verwaschene Theologie des eucharistischen Opfers präsentiert, die er der Erklärung Anselms von Canterbury (1033-1109) in dessen Dialog „Cur Deus homo“ und - ohne dies ehrlich zuzugeben - vor allem dem Tridentinum entgegensetzt.[10] Anselm hatte ausführlich einige Implikationen des christlichen Glaubens diskutiert, die aus der Sicht eines Ungläubigen anstößig wirken, darunter zentral die Inkarnation Gottes ins Fleisch als notwendige Voraussetzung für die Erlösung des sündhaften Menschen und die komplexe Theologie des Opfers. Ein Ungläubiger wird fragen, wieso Gott, wenn er den Menschen retten und erlösen will, dies nicht rein geistig tut und stattdessen die Mühe auf sich nimmt, in die leibhaftige Niedrigkeit des Menschen herabzusteigen und an seiner Stelle zu leiden und zu sterben und auf diese Weise sich selbst anstelle des Sünders als ein Sühneopfer darzubringen und den Menschen dadurch zu retten und zu erheben?[11] „Durch Gottes gerechtes Urteil nämlich war beschlossen und gleichsam durch eine Urkunde bekräftigt worden, daß der Mensch, der freiwillig gesündigt hatte, aus sich weder Sünde noch Sündenstrafe vermeiden konnte.“[12]
Es ist logisch, wenn man sagt, Gott sei inkarniert ins Fleisch, um sich selbst leidensfähig zu machen. Nun nimmt jedoch der Ungläubige an der Aussage Anstoß, Gott habe gelitten und sei gestorben, um an unserer Stelle das zu erleiden, was Folge des menschlichen sündhaften Zustandes sei. Diese Aussage schwäche unseren Gott doch und nehme ihm gewissermaßen das Gottsein weg. Anselm kontert hier, dass es bei der Inkarnation Gottes nicht um Seine Erniedrigung, sondern – im Gott-Menschen – um unsere Erhöhung gehe:
„So nämlich bezeichnen wir keine Erniedrigung der göttlichen Substanz, sondern zeigen, daß die Person Gottes und die des Menschen eine sei. (…)  So wird folglich unter der Inkarnation Gottes keineswegs seine Erniedrigung verstanden, sondern es wird geglaubt, daß die Natur des Menschen erhöht ist.“[13]
Ratzinger behauptet nun demgegenüber, das „zweite Jahrtausend der abendländischen Christenheit“ sei entscheidend durch diese Gedanken Anselms geprägt worden, dass „Christus am Kreuze sterben musste, um die unendliche Beleidigung gutzumachen, die geschehen, und solchermaßen die verletzte Ordnung wiederherzustellen.“[14] Wir erkennen spontan, dass diese alte und traditionell katholische Auffassung auch in den Formulierungen des Engels von Fatima eine zentrale Rolle spielen. Es geht nicht nur um eine diffuse „Buße“, sondern um das Anwachsen der Beleidigungen Gottes und die Notwendigkeit des Opferns und Sühnens.
Ratzinger gesteht Anselm zwar zu, dass in dieser Theorie auch „entscheidende biblische und menschliche Einsichten eingefangen sind“[15], man aber „auf der anderen Seite nicht leugnen könne (…), dass das perfekt logisierte göttlich-menschliche Rechtssystem, das Anselm aufgerichtet hat, die Perspektiven verzerrt und mit seiner ehernen Logik das Gottesbild in ein unheimliches Licht tauchen kann.“[16] Diese Formulierung lässt den Leser für kurze Zeit ratlos zurück. Doch dann fährt Ratzinger fort, in der Erlösungstat Jesu Christi den „ganz über sich hinausgekommene(n) und so wahrhaft zu sich gekommene(n) Menschen[17] zu erblicken. „Die volle Menschwerdung des Menschen setzt die Menschwerdung Gottes voraus.[18] Im Klartext: Ratzinger will die Frucht der Erlösungstat unter Umgehung des konkreten blutigen Opfers ernten. Gott musste offenbar nur zu dem Zweck Mensch werden, um sich in den sich selbst behauptenden Menschen liebend hinein zu inkarnieren, damit derselbe endlich vollgültig Mensch würde. Die Frage, warum der Mensch nicht vollgültig Mensch sei, wird diskret vernachlässigt. Was überhaupt „volle Menschwerdung“ jenseits der vagen Formulierung „Er (der Mensch) ist (…) ganz er selbst, wenn er aufgehört hat, in sich zu stehen, sich in sich abzuschließen und zu behaupten, wenn er die reine Öffnung auf Gott hin ist“[19] sein soll, verbirgt Ratzinger hinter gelehrtem, aber verschwommenem Wortschwall. Im übrigen gehört das "In-sich-Stehen" des Menschen ja an sich erst einmal zu dessen gottebenbildlicher Personwürde und ist für sich genommen kein Problem und auch keine Sünde. An späterer Stelle jedoch lässt er die Katze aus dem Sack und verrät seine Leugnung der tradierten Opfertheologie ausdrücklich: „Wenn (in Hebr. 9,11 ff) gesagt wird, Jesus habe durch sein Blut die Versöhnung vollzogen (9, 12), so ist dieses Blut nicht wieder als eine sachliche Gabe zu verstehen, als ein quantitativ zu bemessendes Sühnemittel, sondern es ist einfach die Konkretisierung einer Liebe, von der gesagt wird, dass sie bis zum Äußersten reicht.“[20] Das heißt im Klartext, der „konservative“ Theologe Ratzinger verleugnet hier ausdrücklich das konkrete Sühneopfer Christi durch sein Blut!

Die unfehlbare Opfertheologie des Tridentinums

Das Tridentinum hatte dagegen auf der 22. Sitzung im Dekret „Sacrosancta oecumenica (10)“ im Kanon 1 noch festgestellt: „Wenn jemand sagt, in der Messe werde Gott nicht ein wahres und eigentliches Opfer oder was aufgeopfert wurde, sei nichts anderes, als dass uns Christus zur Speise gegeben werde, der sei im Banne.“ Ein „eigentliches Opfer“ ist ein Opfer im konkreten Sinn: die Zerstörung einer Gabe zur Genugtuung und zur Wiederherstellung eines Gleichgewichtes. Ratzinger aber will gerade das nicht hören. An anderer Stelle behauptet er, „Opfer“ sei einfach „Anbetung“ bzw. ein „Exodus des Für, das sich selbst verlässt“.[21] Er will das „Blutige“ und Gewaltsame des Opfers ersetzen durch ein bloßes weiches Hingeben oder gar eine Art sanfte Metamorphose.
Nun hat aber das Tridentinum folgendes festgehalten: „Obwohl also dieser unser Herr und Gott sich selbst (Hebr. 7, 27 und 9, 28) einmal auf dem Altare des Kreuzes, durch Dazwischentretung des Todes, Gott dem Vater aufopfern wollte, um daselbst die ewige Erlösung zu bewirken. So hat er doch, weil sein Priestertum durch den Tod nicht getilgt werden sollte, am letzten Abendmahle, in der Nacht, in welcher er überantwortet wurde – um seiner geliebten Braut, der Kirche, nach dem Bedürfnisse der menschlichen Natur, ein sichtbares Opfer zu hinterlassen, durch welches jenes Blutige, das einmal am Kreuze vollbracht werden musste, vergegenwärtigt, (1 Kor. 11, 24 du 26) sein eigenes Andenken aber bis zum Ende der Zeit verbleiben und desselben heilsame Kraft der Verzeihung der Sünden, deren wir uns täglich verschulden angeeignet würde – sich als den für ewig (Psalm 109, 4) Priester nach der Ordnung des Melchisedechs erklärt und seinen Leib und sein Blut unter den Gestalten des Brotes und des Weines Gott dem Vater aufgeopfert und unter den Symbolen der nämlichen Dinge den Aposteln, die er damals zu Priestern des Neuen Bundes einsetzte, zum Genusse übergeben und ihnen und ihren Nachfolgern im Priestertum dasselbe aufzuopfern mit den Worten befohlen (Lk 22,19; 1 Kor. 11,24): „Tut dies zu meinem Gedächtnis“, wie die Katholische Kirche diese immer verstand und lehrte.“[22]
Was lässt dagegen Joseph Ratzinger verlauten?
„Das Wesen des christlichen Kultes besteht demnach nicht in der Hingabe von Dingen, auch nicht in irgendeiner Zerstörung, wie man seit dem 16. Jahrhundert immer wieder in Meßopfertheorien lesen kann – auf diese Weise müsse die Oberherrschaft Gottes über alles anerkannt werden (…). Alle diese Denkbemühungen sind durch das Christusgeschehen und seine biblische Auslegung einfach überholt.“ [23]
Dieser Satz sagt nichts weniger als die Verleugnung und Aufgabe der unfehlbaren Lehre von Trient, die ihrerseits auf einen ganz präzisen und konkreten Auslegung der biblischen Texte beruht. Wer allerdings die „Messopfertheorie“ des Tridentinums verleugnet oder ihr widerspricht, ist automatisch im Bann.
Denn die Dogmen, die Dekrete und die Verwerfungen vorangegangener Konzilien stehen niemals mehr zur Disposition – auch nicht einer privaten Meinung eines Theologen, von denen es allerdings seit 150 Jahren in der Kirche so sehr wimmelt, dass sie aufgrund ihrer Mehrzahl den Anschein der Rechtgläubigkeit vorgaukeln, der Sache nach aber bleiben, was sie sind: Häretiker.

Einpoliges Verständnis eines zweipoligen Lehrsatzes

Die Autorin des polemischen Artikels gegen das Gebet des Engels von 1916 in Fatima zerpflückt im Verbund mit Fatima-Kritikern, deren Treue zum Tridentinum jedoch fraglich ist, die Formulierung von der Aufopferung der „Gottheit Jesu Christi“ und unterlegt ihr eine angeblich häretische Bedeutung: „Das allerdings ist nicht möglich, denn man kann Gott nicht die Gottheit aufopfern, weil diese unsterblich und zudem nicht leidensfähig ist.“[24] Es wird eine Differenz konstruiert zwischen der göttlichen Persönlichkeit Jesu Christi, die sich sehr wohl für uns geopfert hat als das Opferlamm und der „Gottheit“ Jesu Christi, die leidensunfähig sei und daher auch nicht sterben konnte. Küble doziert noch ein wenig weiter und verstrickt sich in ausgesprochen spekulative Differenzierungen, die zu treffen die Kirche aus Ehrfurcht und im Wissen um die Unvorstellbarkeit der Heilstat Jesu Christi stets vermieden hat:
„Die Gottheit Jesu kann gar nicht Gegenstand des Opfers sein, denn opfern heißt, so schreibt der bewährte “Grüne Katechismus”, Gott eine sichtbare Gabe darbringen, um ihn als den höchsten HERRN zu ehren. Darum ist der ewige Sohn Gottes Mensch geworden, damit ER sich dem himmlischen Vater zum Opfer darbringen konnte zur Erlösung der Welt. Was natürlich nichts daran ändert, daß Jesu Heilstat gleichwohl in Wert und Bedeutung ein “göttliches” Opfer darstellt , insofern Christus eben GOTT(-Mensch) ist und der “Träger” der Person Christi seine Gottheit ist (welche schon vor seiner Menschwerdung ewig existiert). Unser Heiland ist auch in seiner himmlischen Herrlichkeit Gott und Mensch zugleich (mit seinem verklärten Auferstehungsleib). Aber konkret “geopfert” hat ER nicht seine Gottheit, die ja nicht leidensfähig ist und die ihrem Wesen nach nicht sterben kann. Der Sohn Gottes ist vielmehr Mensch geworden vor allem deshalb, um so sein Opfer vollziehen zu können.“[25]
Man muss sich fragen, wie sich Küble samt den Kritikern, hinter denen sie sich verschanzt, das „Gottmenschentum“ Jesu eigentlich vorstellen, was sie unter „Gottheit Jesus Christi“ verstehen und ob sie überhaupt noch bereit sind, die Beschlüsse des Trienter Konzils anzuerkennen. Ihre Differenzierungen erreichen den Tatbestand des Absurden. Wenn „unser Heiland (..) auch in seiner himmlischen Herrlichkeit Gott und Mensch zugleich“ (ebenda) ist, dann ist es abwegig zu behaupten, seine Göttlichkeit habe mit seinem Opfer gewissermaßen nichts zu tun, sondern nur sein Menschsein. Das würde ja bedeuten, dass man den Gottmenschen zerteilt in den Menschen einerseits und den Gott andererseits und seine Göttlichkeit aus seinem Heilshandeln ausschneidet, wie etwas, das nicht dazugehören kann. Damit wird im übrigen der alte nestorianische, als Häresie verworfene Standpunkt wieder aufgewärmt. Wie wir zusätzlich nachgewiesen haben, hat das Tridentinum sogar ausdrücklich festgehalten, dass die Gottheit sich sich selbst opfert (s. Anm. 22).
Die Problematik solch zwanghaften Differenzierungswillens („Konkret geopfert hat ER nicht seine Gottheit, die ja nicht leidensfähig ist…s.o.) benennt übrigens auch Pohle ganz glasklar, auf dessen Dogmatik-Lehrbuch sich Küble (was die dogmatische Begründung betrifft) ausschließlich bezieht:
„Die erste Frage (inwiefern Christus zugleich Priester und Schlachtopfer war) ist nach den christologischen Grundsätzen dahin zu beantworten, dass es der Gottmensch oder noch schärfer der Logos in Person gewesen, welcher zum Schlachtopfer (…) auserkoren war, freilich nicht durch die Funktion seiner göttlichen, sondern nur durch seine menschliche Natur.“
Pohle bemerkt jedoch selbst, und man muss annehmen, dass Küble dies nicht weitergelesen hat, dass eine solche Zuspitzung der Formulierung im letzten Satzteil, der den ersten Teil möglicherweise bei voreingenommener Lesart gleich wieder vergessen lässt, äußerst missverständlich ist und den Erlöser all jenen in die Hände spielt, die seine Göttlichkeit bzw. sein konkretes, göttliches Schlachtopfer hintansetzen oder gar bestreiten wollen, was ja eines der Hauptprobleme moderner Theologie ist. In der Reduktion Christi als Opferlamm auf seine „Funktion als Mensch“ hat zu einer grenzenlosen Gottvergessenheit und zur Selbstüberhebung des Menschen in der modernen Menschenmachwerkskirche geführt.
Pohle fährt daher kleingedruckt fort:
Denn wie die Behauptung, nur die menschliche Natur sei geopfert worden, auf Nestorianismus hinausliefe, so wurde die andere, die Gottheit als solche sei gekreuzigt und geopfert worden, offenbar auf den theopaschitischen Monophysitismus hinaussteuern. Beide häretischen Extreme werden vermieden durch Einhaltung der „wahren Mitte“, indem man einerseits zwar lehrt, der Logos selber als das principium quod sei geschlachtet worden, aber andererseits sogleich hinzufügt: nur seiner alleine leidensfähigen Menschheit als dem principium quo. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich in unmittelbarer Folgerung aus dem Dogma von der hypostatischen Union.“
Küble erfasst offenbar die Zweipoligkeit dieser Analyse nicht. Möglicherweise ist ihr Problem auch, dass sie das Gebet des Engels in seiner Zweipoligkeit nicht erkennt.

Analogie des Opfers Christi in einer Märchengeschichte

Jedermann kennt diese Märchenerzählungen, in denen ein Fürst, um die Lebenswelt der Armen kennenzulernen und für sie zu erdulden, in deren Kleider schlüpft, sich inkognito unter sie mischt und in der Folge all die Schmach und Fron ihrer Lebenssituation ganz genauso und unter der Meinung, er sei einer von ihnen, wobei er ja auch tatsächlich einer von ihnen geworden ist (!), erduldet. Als Fürst im Fürstengewand hätte er diese Situation niemals „authentisch“ erdulden können, eben weil er kein Armer ist. Es wäre ein hohles Spiel geblieben. Dennoch kann man nicht behaupten, er würde nun die Schmach und Fron, die er, weil er sich für die Armen zum Armen gemacht hat, nicht auch voll und ganz als Fürst erdulden. Würde man sagen, dass er die Schmach der Armut nur der angenommen Natur als Armer nach erdulde, würde man den Kern dessen, was da geschieht, ebenso verfehlen, wie wenn man sagen würde, er erlebe, weil er ja im Wesen doch vor allem der Fürst ist, die Schmach des Armen ausschließlich als Fürst.
Einerseits erduldet zwar tatsächlich mit einem gewissen Vorrang der Fürst die Schmach, allein weil er die Aktion zu den Armen hin willentlich und initiatorisch sucht. Die Expansion in den Stand des Armen ist eine fürstliche Intervention – keineswegs eine der Armen. Würde der Fürst nur der angenommen Lage nach das Los der Armen erdulden, wäre dieses Opfer sinnlos, weil es den Armen nicht erheben könnte aus seinem Elend. Der Sinn dieses Opfers besteht tatsächlich andererseits darin, dass die Erhebung des Armen nur geschehen kann, wenn der Fürst sich als Fürst hinab begibt in dessen Zustand, um ihn von dort aus abzuholen.

« Per viscera misericordiae Dei visitavit nos oriens ex alto »

Großartig drückt dies das Benedictus aus mit der Formel:
« Per viscera misericordiae Dei nostri in quibus visitavit nos oriens ex alto illuminare his qui in tenebris et in umbra mortis sedent. »
Per viscera misericordiae Dei – ein poetischer Ausdruck, der bedeuten kann „durch das Fleisch der Barmherzigkeit unseres Gottes“ (viscera = Fleisch) oder „durch das Innerste, das Mark der Barmherzigkeit unseres Gottes hat uns besucht der Morgenstern aus der Höhe, damit die erleuchtet würden, die in Finsternis und Todesschatten sitzen.
Die Innigkeit der Verschränkung Gottes mit dem Menschen in der hypostatischen Union kommt hier perfekt zum Ausdruck. Die Fleischwerdung, die Inkarnation Gottes ist nicht bloß eine Auslagerung in einen ihm fremden Zustand, sondern andersherum eine Hineinnahme unseres Fleisches in sein „Mark“.
So kann M.J. Scheeben in seiner Dogmatik schreiben, man dürfe sich nicht dazu verleiten lassen, bei Christus und Maria den Gesichtspunkt der bloßen menschlichen Frucht in den Vordergrund zustellen: „Das verbietet schon der Wesensbegriff Christi als des fleischgewordenen Wortes; denn dieses ist an erster Stelle eine göttliche Person, welche die menschliche Natur sich einverleibt und besitzt, und erst an zweiter Stelle ein die Gottheit besitzender Mensch.“[26] Er leitet diese Sicht aus den Ergebnissen des Konzils von Ephesus 451 ab, die Maria eben nicht vorrangig als die Mutter der Menschheit Jesu Christi betrachten, sondern als die der Gottheit Jesu Christi. Und Scheeben argumentiert weiter: „Wie daher die Person Christi, formell betrachtet, eine rein göttliche, nicht eine menschliche oder auch nur gottmenschliche ist, so kann man auch die Mutterschaft ihr gegenüber nicht als eine gottmenschliche bezeichnen, was in der Tat unerhört ist, sondern muss sie schlechthin als eine göttliche charakterisieren.“ (a.a.O)

Wörtliche Übereinstimmung zwischen dem Engelsgebet und einem Kanon von Trient!

Welche Probleme auch immer modernistische Theologen und nachkonziliare Laien mit dem Gebet des Engels 1916 in Fatima vorbringen, sind doch, gemeinsam mit allen christologischen Dogmen älterer Konzilien, vor allem die Konzilsbeschlüsse von Trient eindeutiges Zeugnis für die theologische Richtigkeit der Formulierung des Engels. Auf diesem Konzil (1545-1563) wurde die durch den Protestantismus total in Frage gestellte und verdorbene, in große Verwirrung gestürzte Opfertheologie der Heiligen Kirche ein für allemal in festen Formeln ausgesprochen und jeder, der ihnen widerspricht, unter Anathema gestellt.
Die fragliche Formulierung des Engels aus Fatima ist die wortwörtliche Wiedergabe des 1. Kanons der 13. Sitzung auf dem Konzil von Trient:
Si quis negaverit, in sanctissimae Eucharistiae Sacramento contineri vere, realiter & substantialiter Corpus & Sanguinum una cum anima & divinitate Domini nostri Jesu Christi, ac proinde totum Christum, sed dixerit tantummodo esse in eo, ut in signo, vel figura, vel virtute; anathema sit.“
Zu Deutsch:
„Wenn jemand leugnet, (oben, Kap 3) dass in dem heiligsten Altarsakrament, wahrhaft, wirklich und wesentlich der Leib und das Blut, zugleich mit der Seele und der Gottheit unsers Herrn Jesu Christi und folglich Christus ganz enthalten sei, sondern sagt, er sei in demselben nur, wie in einem Zeichen oder Bilde oder der Kraft nach, der sei im Bann.“[27]
Und nun noch einmal die anstößige Formulierung im Gebet des Engels:
in tiefster Ehrfurcht bete ich Dich an,
und opfere Dir auf
den kostbaren Leib und das Blut,
die Seele und die Gottheit unseres Herrn Jesus Christus,
gegenwärtig in allen Tabernakeln der Welt (…)“ (s.o.)
Felizitas Küble ebenso wie allen vollmundigen Kritikern Fatimas sei ans Herz gelegt, doch bitte ganz genau zu lesen und zu rezipieren, was die Kirche lehrt und was sie verwirft – die wahre Kirche, nicht die Kirche, die wir seit 50 Jahren erleben, in der alles und nichts mehr möglich ist.
Nach dem Konzil von Trient wurde durch Pius V. ein neuer Katechismus herausgegeben, der „Römische Katechismus“, der bis ins 20. Jahrhundert hinein noch maßgeblich war, der die fragliche Problematik noch einmal ausdrücklich und eindeutig klärt:
„Denn, wie Damascenus erklärt hat, dieses Sakrament (der Eucharistie) verbindet uns mit Christus, und macht uns seines Fleisches und seiner Gottheit teilhaftig.[28]
Vollends spricht folgende Bemerkung aus dem Römischen Katechismus die gedankliche Problematik in folgendem Satz aus:
„Auch in anderer Hinsicht nennen wir das Blut Christi Geheimniss des Glaubens, weil nämlich darin die menschliche Vernunft die grösste Schwierigkeit und Anstrengung findet, da uns der Glaube für wahr zu halten vorstellt, Christus der Herr, der wahre Sohn Gottes, und zugleich Gott und Mensch, habe für uns den Tod gelitten, welcher Tod durch das Sakrament des Blutes bezeichnet wird.“[29]
Zu beachten ist hier auch, dass eine Differenzierung, wie sie Pius X. in seinem Katechismus vornimmt, hier ausdrücklich ausgeschlossen wird. Pius X. schreibt lapidar – zu lapidar – wie man an den Folgen sieht:
„Jesus Christus starb als Mensch, weil Er als Gott weder leiden noch sterben konnte.“ (§ 89)
Küble stützt sich auf diesen Paragrafen, unterschlägt jedoch, dass Pius X. in anderen Lehrsätzen diese Aussage erst präzisiert. Pius X. hat damit offenkundig nicht sagen wollen, dass Christus unter Zurücklassung seiner Gottheit Mensch wurde und starb. Auch Pius X. stimmt der Akzentuierung Scheebens voll und ganz zu, indem er in § 77 schreibt:
„Indem der Sohn Gottes Mensch wurde, hörte Er nicht auf Gott zu sein. Vielmehr begann Er, während Er wahrer Gott verblieb, auch wahrer Mensch zu sein.“[30]
Die Differenzierung, die mancher modernistische Theologe mitsamt fatimakritischen Laien glaubt tätigen zu müssen, ist demgemäß unzulässig. Wenn er auch im Geopfertwerden nicht aufhörte, Gott zu sein, ist ein Gebet, das die Gottheit (besser: „Göttlichkeit“/divinitas) Jesu Christi aufopfern möchte, einfach nur gut katholisch. Wie der Römische Katechismus es sagt, übersteigt diese Glaubenswahrheit, an der unsere ganze Rettung hängt, unsere Vernunft.
Es ist vielleicht bezeichnend, dass im traditionellen Messkanon, in dem die Einsetzungsworte Jesu in der einzig rechten Weise stehen, die Worte MYSTERIUM FIDEI wie ein großes Stoppschild in das Kelchwort eingeschoben sind. In der verunstalteten Messe durch Paul VI. ist genau diese Formel aus dem Kelchwort herausgenommen und an eine spätere Stelle platziert worden. Es geht aber wirklich um das Geheimnis, wie das Blut Jesu Christi, als „göttliches Blut“ – obwohl Gott eigentlich für sich selbst und ohne Inkarnation ins Menschsein nicht bluten kann – uns zur Rettung vergossen wurde.
Dieses Geheimnis, in dem sich Gott uns geschenkt hat, sollte uns erschauern und erschüttert schweigen lassen.
Das Gebet des Engels betont vor allem anderen das wahre und echte Gottmenschentum des Erlösers. Der Beter soll aufopfern „Leib und Blut des Sohnes Gottes“, also seine menschliche Seite und eben auch die Gottheit/divinitas Jesu Christi, ohne die das Kreuzesopfer seinen Sinn niemals hätte erfüllen können. Dass divinitas hier nicht die rein geistige göttliche Natur meint, sollte vor dem Hintergrund der Formel „wahrer Gott und wahrer Mensch“ eigentlich selbstverständlich sein. Wer wollte denn im Ernst die Göttlichkeit des geopferten Agnus Dei bezweifeln?!

Geheimnis des Glaubens: die Gottheit hat sich, indem sie Mensch wurde, opferbar gemacht hat

Die Autorin des genannten polemischen Artikels gegen das Engelsgebet aus Fatima ebenso wie alle Kritiker, die ihr zustimmen, bestreiten das Geheimnis unserer Erlösung:

Dieses Geheimnis, das weit über unseren Verstand geht, dass Gott sich nämlich als Gott, in dem er Mensch wurde, opferbar gemacht hat. Ja, die Gottheit hat sich opferbar gemacht, indem sie Mensch wurde! Unser Zustand, in den wir willentlich und von unserer Seite her irreversibel geraten sind, beleidigt  die große Gottheit, die sich an uns gebunden hat wie sich ein Ehemann an seine Frau bindet. Wenn die Verbindung zwischen Gott und Mensch der Gottheit wirklich „ins eigene Mark“ geht, weil er uns so liebt und ganz in sich und bei haben will, dann ist das biblische Bild des „Ehebruchs“ für das Elend des Menschen vor Gott wahrhaftig treffend. Wie ein betrogener Mann oder eine betrogene Frau nicht einfach sagen kann: „Schwamm drüber!“, so wäre eine rein geistige Amnestie von seiten Gottes seiner tiefen Liebe zu uns nicht angemessen. Ein verletztes Eheband kann auch immer nur mit großer Mühe auf beiden Seiten und einem unermesslichen Opfer aufseiten des betrogenen Teils wieder geheilt werden… Gott musste sich als Gottheit opferbar machen, weil er uns liebt wie sein eigenes Mark. 
In dieser Erkenntnis liegt im übrigen auch beschlossen, warum ein Christ sich zu Lebzeiten seines wahren Ehegatten nicht wieder verheiraten darf, ohne sich von Gottes Liebe erneut einseitig zu trennen: das abgrundtiefe Geheimnis der Liebe Gottes zu uns wird mit Füßen getreten. Wie Schuppen fällt es uns von den Augen: eine Theologie, die abstreitet, dass die Gottheit sich als Gottheit zum Menschen und damit opferbar machte, ruft auch den Wunsch nach einem „Recht“ auf Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur Heiligen Kommunion auf den Plan.

Wenn wir in die Kirche sehen, finden wir kaum noch Glauben an die Göttlichkeit Jesu Christi. Das Gebet des Engels in Fatima in seiner zweipoligen Anlage, die die Menschheit und Gottheit des Erlösers betont, weist auf einen verloren gegangenen und verdunkelten Glauben hin. Wir sollten innehalten und diese Worte dankbar wie ein kostbares Geschenk annehmen.

Artikel wurde auch auf www.katholisches.info veröffentlicht. Die Diskussion findet sich dort im Kommentarbereich.


[2] Rudolf Graber, Marienerscheinungen. Würzburg 1984, S. 10
[3] Laurenz Volken, Die Offenbarungen in der Kirche, Innsbruck 1964
[4] Volken, S. 234
[6] Volken, Die Offenbarungen in der Kirche, S. 239
[7] Volken, S. 240
[8] Mura/Huber: Fatima – Rom – Moskau, S. 22
[10] Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum, München 2005, S. 218
[11] Anselm: Cur Deus homo. Liber primus, XI+XII
[12] Anselm: Cur Deus homo. Liber primus, VII, 7
[13] Original: „quapropter cum dicimus Deum aliquid humile aut infirmum pati non hoc intelligimus secundum sublimitatem impassibilis naturae sed secundum infirmitatem humanae substantiae quam gerebat et sic nostrae fidei nulla ratio obviare cognoscitur (…) sic enim nullam divinae substantiae significamus humilitatem sed unam Dei et hominis monstramus esse personam (…)  non ergo in incarnatione Dei ulla eius humilitas intelligitur facta sed natura hominis creditur exaltata“ Anselm von Canterbury: Cur Deus homo? (Liber primus VIII, 8 ). Lateinischer Text nach der Edition von F.S. Schmitt, S. Anselmi Opera omnia (Edinburgh 1940), übersetzt und in Teilsatzgliederung ins Netz gestellt von Hans Zimmermann (Görlitz 2006)
[14] Ratzinger a.a.O. S. 219
[15] Ratzinger a.a.O. S. 219
[16] Ratinger a.a.O. S. 220
[17] Ratzingera.a.O. S. 221
[18] Ratzinger a.a.O., S. 221
[19] Ratzinger a.a.O. S. 221
[20] Ratzinger a.a.O. S. 270
[21] Ratzinger a.a.O., S. 271
[23] Ratzinger a.a.O., S. 270
[24] http://charismatismus.wordpress.com/2014/03/09/fatima-fragen-zum-gebet-des-engels/
[25] ebenda
[26] M.J.Scheeben: Die bräutliche Gottesmutter. Aus dem Handbuch der Dogmatik hrsg. und für weitere Kreise bearbeitet von Carl Feckes. Freiburg 1936 (Herder), S. 43f
[28] Pius V.: Römischer Katechismus nach den Beschlüssen des Konzils von Trient, Passau 1839, S. 227 oder 4. Hauptstück, IV
[29] a.a.O., S. 239 oder 4. Hauptstück, XXIV

[30] Katechismus der Katholischen Lehre des hl. P. Pius X., Kirchen/Sieg 1974