Meditationen über das Grundgesetz: Firnis der
Zivilisation
"Die
Zivilisation ist eine ganz dünne Kruste über einem Vulkan."
(Ernst Cassirer)
Audio "Firnis der Zivilisation"
Video "Der Firnis der Zivilisation blättert ab"
Es mehren sich die
verstörten Stimmen im Land, die es nicht fassen können, wie
innerhalb von einem Jahr ohne Wirksamkeit der verfassungsmäßigen
Schutzmechanismen die Grund- und Freiheitsrechte in Deutschland nach
dem Fiasko von 1933 erneut derart brutal beschädigt und verraten
werden konnten und können. Nicht nur in der „alternativen Szene“,
sondern auch vereinzelt im sogenannten „Mainstream“. So sagte der
FDP-Abgeordnete Wolfgang Kubicki kürzlich in einem Interview:
„Ich finde es
wirklich verblüffend, wie groß in Teilen der deutschen Bevölkerung
die Sehnsucht nach Bevormundung ist. Jeder der darauf hinweist,
unsere verfassungsmäßig verbürgten Freiheitsrechte so schnell wie
möglich wiederherzustellen, wird dafür zum Teil auch noch
beschimpft. Außerdem wird der Pandemiekrise von manchen mit der
Behauptung begegnet, Recht und Gesetz seien völlig egal, wir müssten
alles dem Gesundheitsschutz unterordnen. Was natürlich Unsinn ist.“
Der fast totale
Zusammenbruch der demokratischen, den Menschen- und Grundrechten
verpflichteten Zivilisation erscheint manchen abrupt, manchen lange
vorbereitet.
Ich würde sagen,
dass beides zutrifft.
Der Untergang
zivilisierten und respektvollen Umgangs miteinander ist aus meiner
Sicht und Erfahrung eine notorisch lauernde Gefahr. Ich habe zeit
meines Lebens mit nicht wenigen Menschen zu tun gehabt, die eine
freiheitliche Gesellschaft zutiefst hassen. In aller Regel führen
sie bestimmte Missstände und Misserfolge im Rahmen der Freiheit
nicht auf das Verfehlen der Freiheit, ein Scheitern des einzelnen an
sich selbst oder gar auf unfreie Systembildungen innerhalb der
eigentlich freiheitlich konzipierten Gesellschaft zurück, sondern
auf die Freiheit an sich.
Sie assoziieren mit
Freiheit Zügellosigkeit und Willkür, Umständlichkeit, weil man
über alles diskutieren müsse, und Unsicherheit. Sie glauben, das
Richtige könne nur unter Zwang und Kontrolle gewahrt werden. Sie
trauen dem anderen Menschen vor allem anderen das Schlechte zu und
fühlen sich von ihm gefährdet. Sich selbst sehen sie als
potenzielle Opfer der anderen an. Ihr Gesellschaftsbild ist notorisch
gespalten in Gute und Böse. Dem Nebenmenschen wird nicht unter allen
Umständen, auch bei unterschiedlicher Meinung, zunächst Wohlwollen
entgegengebracht. Dafür hat man Schutzinstinkte gegenüber
Schreihälsen und Gewalttätern aller Art, die man mit dem Label
„Schwache“ versieht, deren man sich verteidigend erbarmen kann
gegen die „Starken“, die man abwehren muss, gegen die man
neidgetrieben agiert, obwohl sie in aller Regel liberal und
freigebig, konstruktiv und rechtstreu sind. Diese unguten Instinkte
habe ich überproportional häufig bei Christen erlebt. Daneben den
Typus des Konservativen, der in seinen Nächsten stets nur
gefährliche Sünder sieht, die in Schach gehalten werden müssen.
Der „Schwache“ muss kontrolliert und domestiziert werden, den
starken und unabhängigen Geist hasst man ebenso, weil er sich jeder
inneren Kontrolle entzieht. Beide Typen treten natürlich auch bei
den Juden oder säkular auf. Im Islam treffen wir v.a. letzteren
Typus an. Natürlich gibt es in allen Religionsgruppen auch
aufrechte, redliche und freiheitliche Menschen. Ich würde aber
vermuten, dass sie jeweils in der Minderheit sind.
In gewissem Sinn
bleiben die Freiheitshasser lebenslang kindisch und suchen nach einem
Beschützer und Bestrafer, leben eine traumatische
sado-masochistische Struktur aus, die sie nicht reflektieren können.
Der damit verbundene Leidensdruck wird in immer neuen Projektionen
auf je neu entdecktes „Bewährtes“, „Tradiertes“ oder
wahlweise „Neues“, „Innovatives“, das wie alle neuen Besen
bald enttäuscht wird und in der Verdächtigung der anderen als
persönlichen oder generalisiert allgemeinen „Gefährdern“
entladen. Die massenhafte Anwesenheit solcher Menschen mitten unter
uns ist den meisten, die seelisch gesünder und gereifter sind,
aufgrund ihrer freieren inneren Haltung nicht wirklich bewusst oder
sie unterschätzen die massive Anfälligkeit dieser Menschen für
jede Art von totalitärer Instrumentalisierung und werden davon nun
jäh überrascht.
Woran liegt diese in Deutschland weit verbreitete infantile und
retardierte seelisch-geistige Verfassung?
Man war als
Deutscher von den Obrigkeiten nach 1945 permanent daran gewöhnt
worden, die Bedürfnisse irgendwelcher Minderheiten zu „schützen“.
Ob die Anfälligkeit der Deutschen fürs Funktionärstum wirklich
erst nach dem 2. Weltkrieg forciert wurde, wage ich zu bezweifeln.
Schon Hölderlin
beschreibt das Volk als unmenschlich. Er lässt seinen Hyperion
sagen: „Ich kann kein Volk mir denken, das zerrissner wäre, wie
die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker,
aber keine Menschen, Herrn und Knechte, aber keine Menschen (…) ist
das nicht, wie ein Schlachtfeld (…)“
Es ist, wie er
selbst schreibt, ein „hartes Wort“, aber dennoch sagt ers.
Dieses „Funktionieren“ im System, diese Vorlagerung der
Systemkonformität vor den Menschen und seine Faktizität, dieses
„Hinterherdenken“ hinter den Machthabern und Anführern, das wie
eine sichere Bank wirkt, den nötigen Windschatten für eine
Selbstermächtigung zum Großtun bedeutet und die bekannte
Obrigkeitshörigkeit erzeugt, klingt hindurch. Eine ungute deutsche
Hinterseite, die sich verschanzt in Pflicht und Gehorsam und jeden
hasst, der sein Menschsein frei lebt. Wobei Menschsein immer eine
selbstdisziplinierte ethische Gestalt hervorbringt und keinen
gesetzlosen Barbaren, wie nun sofort der Funktionärsgeist einwenden
würde. Die Gesetzlosigkeit und Barbarei findet sich vielmehr
aufseiten der Funktionäre, weil sie nicht nach dem Vorrang des
Gesetzes des Menschlichen fragen.
Johann Georg August
Wirth (1798 - 1848), ein Freiheitskämpfer des Vormärz, wurde nach
den Zeugnissen seines Sohnes Max oft von genau diesem deutschen
Funktionärstyps in Gestalt etwa eines Bierbrauers bedroht mit den
Worten: „Sind Sie der Wirth, welcher es wagt, unserer gnädigen
Obrigkeit den Gehorsam aufzukündigen?“ Und
Wirth kontert mit einem Satz,
der auch heute wieder unter Bedrohung gesagt werden muss: „Ich
bin es, der die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger gegen
willkürliche Verletzung verteidigt.“
Ich sehe förmlich Anselm
Lenz vor mir auftauchen, der genau diesen Kampf seit einem Jahr
unerschrocken und heldenhaft in Berlin führt. Man
hat das Gefühl, das alles spreche von den heutigen Auftritten
brutaler Polizisten in Berlin und den vielen Blockwarten, die sich
zum Vollstrecker der Willkür machen wie dieser Bierbrauer, denn er
sagt, parasitär von der
Arroganz der Obrigkeit
zehrend,
deren Autorität er sich hier anmaßt: „Sie werden das
künftig bleiben lassen!“
Natürlich endete das Wortgefecht zur Schande des Brauers und zur
Ehre Wirths.
Auch Heinrich Heine
lässt in seinem langen Gedicht „Deutschland. Ein Wintermärchen“
von 1844 einen deutschen Mitreisenden ganz im Sinne dieser
menschlichen Dumpfheit sagen:
„Der
Zollverein“ - bemerkte er -
„Wird unser
Volkstum begründen,
Er wird das
zersplitterte Vaterland
Zu einem Ganzen
verbinden.
„Er gibt die
äußere Einheit uns,
Die sogenannt
materielle;
Die geistige
Einheit gibt uns die Zensur,
Die wahrhaft ideelle -
„Sie gibt die
innere Einheit uns,
Die Einheit im
Denken und Sinnen;
Ein einiges
Deutschland tut uns not,
Einig nach Außen
und Innen.“
Die ersehnte
Einheit, verstanden als ein „Lockstep“ der vielen in einem
politischen Konstrukt, und eben nicht als eine echte liberale
Verfassung, deren Gemeinsinn die Eigentümlichkeit des Individuums
als den Samen des gemeinsamen Erfolges ansieht, scheint durch Kampf
für das Unum, nicht etwa für die Freiheit oder das Recht, erreicht
werden zu sollen, wie wir gleich auch vor allem bei den Führern der
Grünen heute sehen werden.
J. G. A. Wirth
formulierte damals, dass die Zensur, die angeblich einheitsstiftende,
das Symbol für Gesprächsverweigerung, Arroganz und Unterdrückung
der Vielfalt, der „Fluch Deutschlands“ sei. Wir sind
wieder soweit wie damals. „Wahrlich die Zensur ist der
Fluch Deutschlands: denn sie dient nur dazu, alles Große, Schöne
und Edle zu stören; sie ist das Mittel, im feigen Hinterhalte die
Kämpfer für Recht und Wahrheit niederzuwerfen und einer finsteren
Gewalt, die vor dem öffentlichen Urteile zittert, noch ein kurzes
Dasein zu fristen.“
Was hier auf die im
19. Jh zunächst erst noch zu findende nationale Einheit projiziert
wird, wird heute globalistisch in ein Welt-Unum verlängert und
spiegelverkehrt wahrgenommen. So schrieb der grüne Spitzenpolitiker
Robert Habeck 2016 in seinem Blog folgende Sätze, die heute geradezu
lächerlich verdreht wirken, weil die Ängste, die er vor den
angeblichen „Rechtspopulisten“ schürt, nun, nach fünf Jahren
von seinesgleichen inzwischen mehr als erfüllt werden:
„Die Erfolge
der Rechtspopulisten sind auch eine Reaktion auf die liberale, offene
– grüne – Gesellschaft. Um diese Gesellschaft zu bewahren, um
sie wieder stärker werden zu lassen, müssen wir mehrheitsfähig
werden. Das werden wir nicht durchs Rechthaben, sondern indem
wir uns in Haltung und Argumentation als Fürsprecher der
Gesellschaft verstehen. Wenn wir das nicht hinbekommen, geht es uns
wie den Demokraten in den USA. Der amerikanische Traum von Freiheit,
Demokratie und Selbstbestimmung ist auf die Formel gebracht „e
pluribus unum“ – Aus vielen Eins. Er heißt aber auch umgekehrt,
die Vielfalt in einem zu bewahren. Für die progressiven Kräfte
lautet der Befund, dass sie ihre Mehrheitsfähigkeit zu verlieren
drohen. Die Niederlage der Ostküsten- und Westküstenliberalen in
den USA, der global ausgerichteten, gebildeten Eliten hat auch eine
Botschaft für die Grünen, für uns. Wenn wir uns nur auf uns selbst
konzentrieren, schießen wir uns ins Abseits. Wenn wir nicht
mehrheitsfähig werden, dann verlieren wir am Ende alles. Wenn wir
uns nur an unser Milieu richten, haben wir keine Chance. Wir
müssen um „Unum“ kämpfen.“
Inzwischen kämpfen
große Teile der AfD, die Liberalen der FDP und wenige Linke um den
Erhalt der Freiheit des Individuums, während die Grünen ganz
maßgeblich von wenigen abgesehen, die CDU (die „Werteunion“
ausgenommen), die SPD und das Gros der Linken genau das „Unum“
erzwingen wollen, von dem auch Heines deutscher Spießer spricht, und
dies mithilfe von „Zensur“ und Gleichschaltung alias
„Einheit nach Innen und Außen“, diesmal nicht mehr nur
national, bei Heine eine frühe Benennung künftiger Totalitarismen.
Genau solche Zensur erleben wir derzeit wieder breit, auf dass alle
für den heldenhaften Weltkrieg gegen eine Pandemie eingeschworen
werden, die durchaus den Tod auf dem Feld vorhersieht. Nur an Corona
selbst, „an oder mit“, darf nicht einfach mal so frei gestorben
werden, es sei denn man hat die Krankheit durch die Impfung
und exzessiven, erzwungenen Maskenmissbrauch erworben
– dann ist es ebenfalls ein Heldentod.
Heine beschreibt
eine unheimliche Begebenheit, die man als eine Vision auf den
künftigen Faschismus – einen globalen Faschismus deuten kann.
Zunächst erwähnt er, dass Napoleon einen Dämon gesehen habe vor
jedem wichtigen Schritt, einen „roten Mann“. Heine
erzählt, auch er habe oft, wenn er schrieb, einen „vermummten
Gast/ unheimlich hinter (sich) stehen“ sehen. Dieser dunkle
Mann habe in seinem Umhang ein Richtbeil getragen. Jahrelang hatte er
ihn nicht mehr gesehen, solange er außerhalb Deutschlands war. Doch
nun, zurück im Rheinland zu Köln, stand der Maskierte wieder da und
verfolgte ihn ruhig und schattenhaft auf einem Spaziergang. Der
Dichter dreht sich irgendwann abrupt um und fordert den Verfolger
auf, zu erklären, was er wolle. Er reflektiert die eigene deutsche
Rolle satirisch und dialektisch:
„Ich treffe
dich immer in der Stund,
Wo Weltgefühle
sprießen
In meiner Brust
und durch das Hirn
Die Geistesblitze
schießen ...“
Der dunkle Geselle
bleibt gelassen und erklärt, er sei „kein Gespenst
der Vergangenheit“, sondern der praktische Vollstrecker der
Gedanken des Dichters. Über Jahre verwandle er dessen Gedanken in
Wirklichkeit.
„Du bist der
Richter, der Büttel bin ich ...“
Und nun folgt der
Schatten auf den nationalen und globalen Faschismus, der
damals noch nicht im Gespräch, aber als destruktives und tückisches
Schreckgespenst im Dichter gespiegelt wird:
„Dem Konsul
trug man ein Beil voran,
Zu Rom, in alten
Tagen.
Auch du hast
deinen Liktor, doch wird
Das Beil dir
nachgetragen.
„Ich bin dein
Liktor, und ich geh
Beständig mit
dem blanken
Richtbeile hinter
dir – ich bin
Die Tat von
deinem Gedanken.“
Der
Liktor im alten Rom, der den Amtsträger als Diener begleitete, ihm
dabei vorausging, und als Ausweis seiner Befugnisse und seines
Status, ein Rutenbündel, die „fasces“
über seiner linken Schulter trug, aus dem ein Beil hervorschaut,
wurde das Bild künftiger Faschismen und
der Bündelung korporativer Gewalt gegen das Volk, dem man
vorgaukelt, es sei Bestandteil der Herrschaftsbündelung.
Das Zusammenbinden, die Vereinheitlichung des Bündels, symbolisiert
das politische „Unum“,
die „Einheit“ und ihre physische Richtergewalt, ein
schauerliches „ius vitae necisque“.
Die merkwürdige Wendung in Heines Bild, bei der dieser Liktor ihm
nicht voraus, sondern hinterhergeht, lässt eine verschleierte
Machtdemonstration, etwas Geheimbündisches assoziieren, macht den
Liktor zu einem Getriebenen seiner eigenen Widersprüche. Er stellt
hier die dunkelste Seite des Deutschen dar.
Nach
einem ironischen Exkurs über weiche,
deutsche „Federbetten“
und das „Luftreich des Traumes“,
in dem die Deutschen die „Hegemonie“
haben, versinkt der Dichter in tiefen Schlaf. Hier begegnet ihm
wieder sein schwarzer Verfolger, mit
dem er eine gespenstische Wanderung durch Köln bis in den Dom macht,
wo er die Gerippe der heiligen drei Könige besucht und verflucht.
Mit blutendem Herzen sieht
er, wie das Beil des schwarzen
Liktoren die Gerippe
zerschlägt: „Blutströme schossen aus meiner Brust,/ Und
ich erwachte plötzlich“.
Zuvor hatte der träumende
Heine mit dem bereits austretenden Herzblut Haustürpfosten markiert
wie einst die Israeliten ihre Türpfosten mit dem Blut eines
geschlachteten Lammes markiert hatten, damit der Würgeengel in
Ägypten an ihrem Haus vorbeigehe. Sobald Heine ein Haus markiert
hatte, ertönte von fernher ein Sterbeglöckchen. In der surrealen
Szene wird die Problematik spürbar, dass Altes und Neues nicht
einfach voneinander zu scheiden sind und jede Markierung des
Erhaltenswerten den sofortigen, unberechenbaren und ungerechten Tod
an anderer Stelle provoziert … Eine tiefe Skepsis gegen alles
Eifern und jegliche Radikalität der physischen Gewalt klingt an und
die hohe Anforderung an eine wirkliche Erneuerung der Dinge.
Später
in Hamburg lässt sich der Dichter von der Göttin Hammonia die
deutsche Zukunft voraussagen. Er darf in einen Zauberkessel
hineinsehen, in dem die magischen Kräfte brauen. Heine soll den Kopf
hineinstecken, dann sehe er, was auf Deutschland zukomme. Miasmen,
übelster Gestank schaudert ihm entgegen. Er sagt, er verrate nicht,
was er gesehen habe, aber
„Entsetzlich
waren die Düfte, o Gott!
Die sich nachher
erhuben;
Es war, als fegte
man den Mist
Aus
sechsunddreißig Gruben. ---
Möglicherweise
spiegelt sich hier die Erinnerung an die Legende von den
36 Gerechten, auf denen die Welt stehe, und
deutet deren Verderben, eine unsägliche Gewalt und Finsternis in
Deutschland und der ganzen Welt an, die von niemandem mehr getragen
wird und unter der Knute eines destruktiven Unum kollabiert, standen
doch die 36 Gerechten stets auch für Vielfalt und Dezentralität.
Hannah Arendt, wie Heine aus
jüdischem Hause, schrieb mehr als 100 Jahre später:
„Die alte
jüdische Legende von den 36 unbekannten Gerechten, die immer da sind
und ohne deren Anwesenheit die Welt in Scherben fiele, sagt letztlich
darüber etwas aus, wie notwendig solch ‚edelmütiges‘ Verhalten
beim normalen Gang der Dinge ist. In einer Welt wie der unseren, in
welcher die Politik in einigen Ländern es längst nicht mehr bei
anrüchigen Seitensprüngen beläßt, sondern eine neue Stufe der
Kriminalität erklommen hat, hat jedoch die kompromißlose Moralität
plötzlich ihre alte Funktion, bloß die Welt zusammenzuhalten,
verändert und ist zum einzigen Mittel geworden, mit dem die
eigentliche Realität – im Gegensatz zur von Verbrechen entstellten
und im Grunde nur kurzlebigen Faktizität – erkannt und planvoll
gestaltet werden kann.“
Sechsunddreißig
Gruben voller Miasmen anstelle von sechsunddreißig Gerechten
bestimmen die Zukunft, und Deutschland als Hegemonialreich der Lüfte
zentral im Geschehen?
„Doch dieser
deutsche Zukunftsduft
Mocht alles
überragen,
Was meine Nase je
geahnt -
Ich konnt es
nicht länger ertragen ---
Mir schwanden die
Sinne ...“
Erkennen wir uns
wieder? Als Grab der 36 Gerechten mit unserem Zensur- und
Einheitswahn, mit der Gründlichkeit eines halluzinatorischen Wahns,
in dem ein fiktives Böses ausgerottet werden soll, solange, bis
alles untergegangen ist? Ist es nicht das, was wir wieder hören, die
Rede von „zero Covid“, der totalen „Ausrottung des
Virus“, erst dann können wir wieder normal, als hätten wir
nicht seit Menschengedenken mit winterlichen Grippen gelebt ohne all
den Irrsinn an „Maßnahmen“, Kampfhandlungen „en guerre“,
wie Macron sagte, eines Krieges, der gegen die angeblichen Wirte des
Virus geführt wird, faktisch gegen die gesamte Menschheit. Das ist
so wahnwitzig, so geisteskrank wie bösartig, zeugt von einem inneren
Unfrieden sondergleichen, einem Misstrauen ins Leben und bietet den
perfekten Thronsaal für psychopathische Politkarrieristen und
tyrannische Geister. Ja, es sind derzeit wieder schaurige geistige
Miasmen, die alle freiheitsliebenden Menschen in Deutschland
erdulden.
Hören wir diese
älteren Zeugnisse deutscher Autoren, haben wir kaum Anlass zu
glauben, was wir derzeit erlebten, sei unerwartet und abrupt.
Offenbar gehen wir seit mindestens 200 Jahren an einem Abgrund der
Barbarei entlang und sind durchaus nicht zum ersten Mal abgestürzt.
Oder besser gesagt: haben uns stürzen lassen, die Befehle des
Luftschlosses umsetzend, schwanzwedelnd, selbst geistlos und ohne
Bewusstsein als Menschen, wie Hölderlin beklagte. Vielleicht als
dumpfe Liktoren im Auftrag unsichtbarer Mächte, über die wir
niemals kritisch nachdenken wollten.
Doch was ist zuletzt
geschehen im Land und wahrscheinlich nicht nur hier?
Wenn es zunächst um
nachvollziehbare Problematiken ging, etwa politisch Verfolgte, Opfer
des NS-Regimes oder tatsächlich von Ausländerfeindlichkeit
Betroffene, verschob sich die Aufmerksamkeit immer mehr auf alle
möglichen Problemfelder, deren Substanz in einem allgemeinen
„Diskriminierungs-Opfer-Täter“-Wischiwaschi stets zugunsten des
von vornherein als „Opfer“ Präsentierten bestand. In jedwedem
deklarierten „Opfer“ sollte man den verfolgten Juden sehen, als
hätte der NS-Staat nicht Millionen anderer Menschen genauso ermordet
… deren Opfer-Schema wurde sorgfältig unterdrückt, so sehr, dass
sehr häufig die Opfer der Nationalsozialisten nun erneut Opfer der
angeblichen Antifaschisten werden.
Mancher Ausländer
etwa, der in Konflikte wegen ganz anderer Dinge mit den Behörden
kam, schob seine gerechte strafrechtliche Verfolgung auf
„Diskriminierung“. Opfer der Gewalttätigkeit durch Migranten
haben dagegen keinerlei Anwälte im gesellschaftlichen Bewusstsein.
Die Autorin weiß wovon sie spricht, selbst aus einer Familie mit
Opfern durch das NS-Regime stammend, musste sie sich gerade jüngst
von einem ihr vollkommen unbekannten Afrikaner in Telefonterror seit
Wochen als „deutsche Fotze“ beschimpfen lassen. In einem
umgekehrten Szenario wäre die Hölle losgetreten worden …
Fälle, in denen
etwa Abschiebungen verfügt wurden, die tatsächlich als sachlich
fragwürdig anzusehen waren, wurden in einem linkspopulistischen
Impuls nicht einem erst noch zu untersuchenden Versagen der Behörden
zugerechnet, sondern einer allgemeinen Fremdenfeindlichkeit, die den
Betroffenen zum geborenen Opfer stilisierte. Dass er Opfer
eines Justizirrtums sein könnte wie es jedem geschehen kann, zieht
man nicht in Betracht.
Eine ähnliche
Dialektik tat sich hinsichtlich der Frau in der Gesellschaft auf: So
sehr es zutrifft, dass sie jahrhundertelang zurückgesetzt wurde
aufgrund ihres Geschlechtes, so wenig ist jeder Konflikt eines Mannes
mit einer Frau Folge frauenfeindlicher Einstellungen. Man vermengte
dies je nach Bedarf immer stärker, blendete es aber in politisch
unerwünschten Fällen systematisch aus, etwa wenn echte
Frauendiskriminierung wiederum bei Zugewanderten geschah und
geschieht. Auch die mir zugefügte Ehrverletzung als Deutsche und als
Frau, wird gesellschaftlich abgewiegelt, weil der Migrant per se als
Opfer gilt und mein Deutschsein, das qua Geburt mit „Tätersein“
assoziiert wird, auch dann, wenn man einer einstmals verfolgten
Familie entstammen sollte, in diesem Fall den Opferstatus als Frau
annulliert. Es wird sogar der konkrete Familienhintergrund annulliert
zugunsten der allgemein-fiktiven deutschen Identität. Was in unserer
Kultur intern kulturbedingt überwunden werden muss, darf in der
Kultur der Zugewanderten bestehen, ja, es muss sogar geschützt
werden, aus „Kultursensibilität“, wie man sagt. Man kommt in
seichteste Gewässer, denn hier stoßen Diskriminierungsfelder an
Diskriminierungsfelder und fressen sich gegenseitig auf. Opfer werden
in noch ungünstigeren Fällen als dem meinen an einem Punkt in
Haftung genommen dafür, um an anderer Stelle nicht zum Opfer zu
werden. Eine Frau mit Migrationshintergrund etwa muss sich häusliche
Diskriminierung als Frau beispielsweise antun lassen, damit sie nicht
einer Kulturdiskriminierung ihres Volkes Vorschub leistet. Dass man
Frauen unter diesen Umständen faktisch immer vorschreibt, was sie
als Frau jeweils zu wollen haben, wird völlig ignoriert. Dabei macht
es im Ende kaum einen Unterschied, ob man nun zum abhängigen
Hausfrauendasein oder zum auf dem Markt ausgebeuteten Karriereweib
verdonnert wird. Mit Freiheit hat beides nichts zu tun.
Immer wieder wurde
gefragt, was man allen abverlangen kann in einem Gemeinwesen, und wo
man Vielfalt zulassen muss. Versuche einer differenzierten Klärung,
zum Beispiel im Konzept der „Leitkultur“ (Bassam Tibi),
wurden mit Begriffen wie „deutsche Leitkultur“ (Friedrich
Merz) oder „Multikulti“ (grüner Neusprech) gekontert und
gegeneinander aufgefahren, als gäbe es nichts, was außerhalb
denkbar wäre. Eine sachlich angemessene und fruchtbare Debatte wurde
vor allem durch die mediale Berichterstattung und die skandalöse
Instrumentalisierung der Themen durch sämtliche Parteien mit
Ausnahme der FDP, die als einzige bei problematischen anderen
Einstellungen durchweg für freie Bürgerrechte und Bürgerpflichten
für alle stand, verhindert. Als schließlich Thilo Sarazzin (SPD)
mit den alten zynischen Heilgiften der englischen Eugeniker und
technokratischen IQ-Studien in „Deutschland schafft sich ab“
aufwartete, war das Geschrei groß – eine echte Auseinandersetzung
fand indes nun erst recht nicht statt. Die Gesellschaft spaltete sich
immer mehr, man igelte sich in seinen Wagenburgen ein und verlernte
gänzlich, niveauvoll und lösungsorientiert zu streiten. Weder wurde
anerkannt, dass ein Problem vorliegt, das benannt und analysiert
werden muss noch war auch nur eine Seite bereit, von ihrer Ignoranz
und Rechthaberei abzulassen. Der Debattenraum wurde nicht nur immer
enger, sondern auch immer vulgärer. Alles originelle Denken und
Argumentieren wurde bekriegt und untergepflügt mithilfe von
Verleumdung und vorsätzlicher Verzerrung dessen, was tatsächlich
vorgetragen worden war. Die Feindbilder wurden zementiert, und
insbesondere das Merkel-Regime ist eine Zeit der Stigmatisierung
aller, die nicht auf Kanzlerlinie tanzen. In einer geradezu
monströs-narzisstischen Manier hat diese Kanzlerlinie aber keinerlei
Konsistenz. Die Kanzlerin ist ein lebendes Kippbild, mal sieht man A,
mal nonA, aber immer verlangt sie alternativlose Gefolgschaft. Es ist
schizophren und krankmachend.
Merkels
verfassungswidriger und forcierter, großspurig erlaubter Zustrom von
Millionen Migranten, nachdem ihre Flüchtlings-Politik im Vorfeld
völlig versagt hatte und an den eigenen Widersprüchen und
Fehlleistungen erstickt war, konnte nach Jahrzehnten der Unschärfe,
Polemik und moralischen Erpressung der politischen Gegner dann
überhaupt nicht mehr sachlich diskutiert werden. Übles
Fernsehgekeife, dümmlich-infantiles „Refugees
welcome“-Geplänkel im „Wir gegen rechts“-Modus,
postwendend folgende, faktisch-totale Gleichgültigkeit der
Teddybärwerfer und „Bahnhofsklatscher“ gegenüber den vielen in
Deutschland Gestrandeten, die bald extrem häufig mit
Kapitalverbrechen straffällig wurden, stellten sich unter den
Scheinheiligenscheinen ein. Die Zugewanderten wurden offenkundig als
Spielmasse narzisstisch gestörter Deutscher missbraucht und
reagierten entweder mit Depression, Zorn oder Gewalttätigkeit. Die
Deutschen erwiesen sich als willfährige, großkotzige
Willkommensfunktionäre , aber keine Menschen, wie Hyperion es
schreiben würde („Wir schaffen das!“ Und nach üppigem
Gelage: „Wir sind die reichste Nation der Welt, da müssen wir
helfen!“) … Wäre man Mensch, verstünde man, dass die, die
kommen, auch lebendige Menschen, Einzelmenschen sind, wüsste man,
dass man niemals auf einmal mehrere Millionen Fremde als Menschen
menschlich aufnehmen kann. Die Fremden wurden vorsätzlich
angeworben, mit Billigung der Politik nach Europa geschafft und
vielfach um ihr ganzes kleines Vermögen für die Reise gebracht, auf
der viele umkamen. Es verschwanden Migranten-Kinder in großer Zahl,
die Zwangsprostitution in den Multikulti-Bordellen wuchs
wundersamerweise sprunghaft nach oben, aus allen Nachbarländern
reisten Männer zum bunten Vögeln nach Deutschland, aber da hatten
sich die Deutschen längst wieder abgewandt von den Objekten ihrer
narzisstischen Selbstbespiegelung.
Die Drogengaben der Mindcontrolfabriken für ein erhobenes
Einheitsgefühl mussten offenbar immer mehr erhöht werden. Die
Halbwertszeit der Wirkung verblasste gar zu schnell.
Fortan galt
jedenfalls: Wer sich profilieren wollte, machte sich zum Mentor neu
entdeckter „Opfer“ gesellschaftlicher Diskriminierung. Man legte
Menschen in bestimmten persönlichen Problemsituationen nahe, sich
vor allem anderen als Opfer einer Diskriminierung anzusehen, anstatt
ihre Situation ehrlich und umfassend zu klären. Eine sachliche
Auseinandersetzung fand auch hier immer weniger statt. Es wurden
einfach Behauptungen und Dogmen gesetzt. Ein Beispiel ist die
Entwicklung des Umgangs mit Homosexualität. So sehr es zu begrüßen
war, dass man diese Menschen nicht mehr kriminalisierte wie zu
früheren Zeiten, so wenig ist der Verlauf der Entwicklung nach der
Liberalisierung und Abschaffung der entsprechenden früheren Gesetze
sachlich angemessen weitergegangen. Das Empfinden der vorigen
Gesellschaft, dass Homosexualität „irgendwie“ nicht natürlich
und darum auch nicht gut sei, dass sie dem Betroffenen langfristig
zum Problem werden könne, an dem nicht einfach „die Gesellschaft“
schuld ist, ist nicht gekoppelt an die Frage, ob man Homosexuelle
kriminalisiert oder schikaniert. Es kann dies miteinander verwuchern,
bedeutet aber dennoch zwei unterschiedliche Fragestellungen. Noch als
ich meine Psychiatrie-Prüfung an der Universität im Jahr 1996
machte, galten Homosexualität und Transsexualität als weitgehend
nicht wissenschaftlich valide untersuchte und verstandene sexuelle
Anomalien.
Die inzwischen erfolgte totale Gleichstellung der Betroffenen nicht
auf der Ebene des Bürgers im Staat, der den Schutz der Grundrechte
genießt und sein Leben leben kann, sondern mit der traditionellen
Ehe und Heterosexualität basiert ausschließlich auf einer
ideologisch, nicht sachlich begründeten Kehrtwende. Es gibt weder
ein Grundrecht auf Ehe noch auf Elternschaft bzw Kinder, ebenso wenig
übrigens wie es ein Grundrecht auf Gesundheit gibt. Sorgfältige
Studien existieren immer noch nicht. Eine sexualethische Diskussion,
die philosophischen und wissenschaftlichen Kriterien genügen würde,
erfolgte ebenfalls nicht. Vor allem die Frage, was es für die
Entwicklung von Kindern in homosexuellen Beziehungen bedeutet, eben
keine zweigeschlechtige Identiätsentwicklung zu erhalten, die, wie
man doch bislang stets glaubte, für die gesunde und ausgewogene
Ich-Entwicklung unerlässlich sei, wurde standhaft nicht in
Langzeitstudien und vor allem nicht neutral und ergebnisoffen
beforscht, ähnlich wie wir es jetzt bei den überstürzt erzeugten
Impfstoffen erleben. Die Kinder werden ohne Forschung, ob es ihnen
gut tut, von homosexuellen Adoptiv-Eltern erzogen zu werden, einem
Risiko ausgesetzt. Auch hier wird ein Menschenversuch
gesellschaftlich erpresst und gesetzlich verankert, ohne die Bedenken
dagegen ernstzunehmen oder gar abzuwägen. Ein anhaltender
bürgerlicher Protest gegen die Einführung der „Homo-Ehe“ und
vor allem eben das damit einhergehende Adoptionsrecht aufgrund der
entwicklungspsychologischen Bedenken im Interesse der Kinder, aber
auch eine Verletzung der inneren Überzeugungen vieler aufgrund der
jahrtausendealten Tradition und der natürlichen Evidenz, dass „Ehe“
immer als Bund zwischen Mann und Frau angesehen worden war, wurde
medial und politisch diskriminiert, ignoriert, oft regelrecht
verhetzt, teilweise sogar versuchsweise (aber erfolglos)
kriminalisiert, obwohl er ausdrücklich nicht gegen die allgemeinen
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gerichtet war.
Es ging dem öffentlichen Protest um Verhältnismäßigkeit und
Angemessenheit, um eine saubere Trennung von Grundrechten und
persönlichen Wünschen ohne grundrechtliche Fundierung, nicht um
eine Restauration früherer Zustände. Tatsächliche Drohungen und
strafrechtlich relevante Anfeindungen gegen Homosexuelle aus
radikalen religiösen Kreisen vor allem auch der Migranten mit
islamischem Hintergrund ließ man dagegen völlig unbeachtet und
verharmloste sie. Auch hier wird wieder mit zweierlei Maß gemessen:
Die offene Bedrohung eines Mannes etwa, weil er homosexuell empfindet
oder auch lebt durch solche fanatischen Kräfte, ist etwas, das er zu
ertragen hat, weil die „Kultursensibilität“ für den, der ihn
bedroht mehr wert ist als sein Recht darauf, nicht diskriminiert zu
werden. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit mag dabei gewahrt
bleiben, nicht aber seine Ehre. Kommt aber sachliche Kritik an einer
unzulässigen Analogiesetzung der heterosexuellen mit einer
homosexuellen Relation, wird blindlings gefeuert.
Die völlig evidente
Tatsache, dass die Elternschaft nicht in das Wesen einer
homosexuellen Beziehung gehört, weil sie aufgrund der natürlichen
Gegebenheiten biologisch unfruchtbar bleiben muss, wurde zunehmend
abgewiegelt und schließlich sogar marginalisiert und geleugnet. Mit
einem reduzierten, biotechnokratischen Glaubenseifer behauptete man,
da könne man Abhilfe schaffen. Die Probleme durch diese „Abhilfen“
zogen ethische weitere Dramen nach sich, etwa die der Praxis
homosexueller Männer, eigene Kinder dadurch zu schaffen, dass einer
von beiden im Ausland ein Kind durch eine Leihmutter austragen lässt,
da solche menschenverachtende Vorgehensweise hier immer noch verboten
ist. Die bloße Erwähnung der natürlichen Phänomenologie der
Homosexualität als einer grundsätzlich unfruchtbaren Sexualität,
wurde als „Diskriminierung“ empfunden oder damit in eins gesetzt,
dass es ja schließlich auch heterosexuelle Paare gebe, die keine
Kinder bekämen. Offenbar wurde es zunehmend unmöglich zu verstehen,
dass dieses Paar aber dem Prinzip der Natur nach fruchtbar sein
könnte, auch wenn es im Einzelfall zur schmerzlichen Kinderlosigkeit
kommen kann, etwa so, wie es Menschen gibt, die blind sind, deren
Auge deswegen aber dennoch prinzipiell und singulär dafür
geschaffen wurde, zu sehen. Eine zunehmende Begriffsverwirrung und
Sprachverwahrlosung griff um sich. Und vor allem wurde jede andere
Meinung zu einem Thema sofort als persönlicher Angriff gewertet und
gejagt, sobald man Mehrheiten für die eigene Vorstellung aufbringen
konnte.
Ebenso trieb die
ideologische, politisch, aber nicht wissenschaftlich fundierte
Genderisierung von Sprache und Gesellschaft absurde Blüten, so sehr
die Autorin ganz sicher hinter der Gleichwürde der Geschlechter
steht und die rechtliche Gleichbehandlung von Mann und Frau
vollkommen unterstützt. Wenn etwa jede Stellenanzeige für
„männlich, weiblich, divers“ ausgeschrieben werden muss,
frage ich mich, warum man den Zusatz dann nicht einfach weglässt.
Das wäre doch der einfachste Weg, jede Überbetonung des
Geschlechtlichen zu vermeiden. Stattdessen gibt man der
Geschlechtlichkeit einen geradezu plakativen Raum mithilfe solcher
Strategien. Welcher Begriff überhaupt dem „Geschlecht“ noch
zugrunde liegen soll, wenn er nicht in der natürlichen Biologie
wurzeln darf, ist nicht mehr fassbar. Der Begriff des Geschlechtes
beruht doch einzig und alleine auf der Fortpflanzungsfähigkeit und
nichts anderem! Konsequent wäre an sich nur die totale Aufhebung
alles Geschlechtlichen, was ja andererseits auch sprachlich bereits
umgesetzt wird. Da man aber an der Realität scheitert, in der immer
noch jedes Kind von einer Frau und definitiv nicht von einem Mann
oder einem sonstigen Diversen geboren werden muss und viele Menschen
nicht bereit sind, ihre geschlechtliche Identität natürlicherweise
aufzugeben, wie zB ebenfalls die Autorin dieser Sätze, die auch
Mutter ist, kam man nicht umhin, nun einen schizophrenen Wackelkurs
zu fahren, der an Absurdität kaum zu überbeiten ist. Mich deucht,
das Geschlechtliche sei noch nie dermaßen überstrapaziert und
verkrampft dauerproklamiert worden.
Ähnlich absurd
wirken Todesursachen wie „an oder mit Corona verstorben“.
Vor allem dann, wenn man nicht auch sagt „an oder mit Krampfadern
verstorben“, „an oder mit Haarausfall verstorben“, „an oder
mit einer Haushaltsleiter verstorben“, „an oder mit
wirtschaftlichem Bankrott verstorben“ etc. Nur das Phantom „Corona“
schafft es, sich jeder anderen Todesursache mitursächlich zu
assoziieren, ein Phänomen, das freilich in der Realität in dieser
exponierten Weise nicht auffindbar ist. Frei nach Pinocchio, der sich
die kalten Hände an einem an die Wand gemalten Kamin wärmt: „Wer
Phantasie hat, braucht keine Kohlen“.
Wir leben immer mehr
in Wahnwelten und wärmen uns am künstlichen Feuer der abstrusen
Einfälle irgendwelcher Public Opinion-Klempner.
Das ultimative
„Opfer“ des Jahres 2020 ist der „Risikopatient“, für dessen
Überleben um wenige Lebenstage unbedingt eine gesamte
Volkswirtschaft geschreddert werden muss und die Gesundheit der
Jungen und der Arbeitenden. Niemand muss derzeit mehr geschützt
werden als Omi und Opi, jedenfalls wenn es um eine Atemwegsinfektion
„an und mit Corona“ geht, die allerdings auch die meisten Alten
locker überleben, wenn man sie nicht gerade an Beatmungsmaschinen
hängt oder mit Masken quält oder vollpumpt mit einer sinnlosen und
gefährlichen Übermedikation und dauerverängstigt. Zum
Rundum-sorglos-Paket der Omis gehört das elende einsame Verenden aus
Rücksichtnahme, die Vorenthaltung von Sterbebegleitung, die
liturgische Panik durch ARD und ZDF samt den Privatsendern und das
heilige Sakrament der Impfung, das inzwischen so zahlreiche Todes-
und Krankheitsopfer unter Heimbewohnern fordert, dass man nur noch
von einem menschenverachtenden Zynismus reden kann. Der Risikopatient
kann gerne abkratzen – es darf aber nicht Corona sein, denn vorher
muss man an ihm noch Geld mit lebensgefährlichen Tests, Masken und
Impfungen, am besten auch Beatmung und teuren Medikamenten verdienen.
Wenn ich hier auf den Straßen diese vielen Omis und Opis an ihren
Rollatoren herumwackeln sehe, fast alle im FFP2-Modus, schweratmend
und unsicher auf den Beinen, böse Blicke auf mich schießend, weil
ich in Freien, unter liebstem Sonnenschein, 10m entfernt und im
übrigen gerade pumperlgesund keine Maske trage, könnte ich
schreien: Wer sagt diesen armen Menschen endlich, dass sie dieses
verdammte Folterinstrument abnehmen sollen, endlich mal wieder frei
durchatmen und anschließend gesunden sollen?! Was haben sie
eigentlich die verganenen 80 Jahre getan? Ihren Atem gefiltert wie
ihren Morgenkaffee? Was ist das für eine Generation, die sich mit
Kindereien und Ammenmärchen gegen ihre Ernährer aufbringen lässt,
vollgesogen mit Angst um ihr kleines bisschen Leben? Es fällt
schwer, eine geistig so desolate ältere Generation zu achten, man
muss an sich halten über so viel Unmündigkeit. Die Maskenpflicht
ist insbesondere für Leute ab 60 Jahren und unter 21 Jahren einfach
nur als kriminell einzustufen. Weil sich die Atmung des älteren und
sehr jungen Menschen am besten nicht stören lassen sollte –
allein: Gerade die Alten tragen mit besonderer Inbrunst dieses
Beschleunigungswerkzeug auf ihren Tod hin, oder was hatten sie
gedacht? Dass man einfach mal so ständig den Atem blockieren kann
ohne krank zu werden? Wenn ich diese Menschen schwanken und wanken
sehe, offenkundig kreislaufgestört, dies aber mit ingrimmigem oder
kindischem Fiduzialglauben an ihro gottselige Hochwohlgeborenheit zu
Berlin, dann könnte ich verzweifeln. Diese Generation war nicht nur
vater- sondern auch offenkundig mutterlos angesichts dieses
Desasters. Alexander Mitscherlich sah nur die Hälfte.
Was zuvor in
Satire-Romanen, Kinderbüchern, Fantasy-Erzählungen, Märchen,
dystopischen Horror-Filmen und Science Fiction-Thrillern vorkam, ist
gesellschaftliche Phantom-Wirklichkeit geworden.
Wir spüren, dass
all das schon lange auf dem Grat eines kriminellen Abgrundes und
einem Versacken vieler Bürger in den Traumwelten der Netflixserien
und PC-Spiele, aber auch der abendlichen Seichtshows im
öffentlich-rechtlichen Fernsehen gefährlich wankte. Man kann
behaupten, dass ein Großteil der Menschen in einer virtuellen
Realität ohne irgendwelche stabilen Verankerungen in Tradition,
Glaube oder einer persönlichen Reifeentwicklung lebt.
Unter Merkel trieb
dieser groteske Zirkus Sumpfblüten, die kaum mehr zu überbieten
sind. Und diese Frau ist es auch, die unseren Grundrechten den
entscheidenden Todesstoß versetzt hat. Die alte Generation hält
diese duckmäuserisch-mafiose Gouvernante dabei – nach meinen
Erfahrungen - offenbar häufig für den Inbegriff mediokrer,
weiblich-grauer Besonnheit, die dem Mann den Boden unter den Füßen
wegzieht, ohne dass er es realisiert, modernisiert um einen schlecht
sitzenden Hosenanzug. Die Borniertheit verkennt allerdings die Patin
und ihr mafioses Prinzip, von dem Gertud Höhler wenigstens der
grundsätzlichen Phänomenologie nach sprach.
Die veraltete Gesellschaft hat es nie zur Freiheit der Geschlechter
gebracht, aber die Weggabelung des Ressentiments hat es in die
falsche Abzweigung hin erreicht.
Wolfgang Kubicki
sagte zutreffend: „Wir brauchen Menschen, die vordenken
und nicht anderen nur hinterherlaufen. Das ist doch auch ein Ergebnis
von 16 Jahren Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel –
dieses Einschläfern der Bevölkerung, dieses moralische
Verächtlichmachen von abweichenden Meinungen und Fragestellungen.“
Aber es geht ja
nicht nur um andere Meinungen. Nicht jedes Geschwätz verdient es
tatsächlich, als eine Meinung bezeichnet zu werden, denn Meinungen
müssen auch gut begründet werden, bevor sie diskursfähig sind, und
genau daran hapert es besonders den sogenannten „Eliten“. Es geht
essentiell auch darum, überhaupt zu einer eigenständigen und reifen
Urteilsfähigkeit zu kommen, woran der Großteil der Bürger
scheitert, ja, nicht einmal Interesse zu haben scheint und deshalb
leichte Beute für diese pathologischen Eliten ist, die die Menschen
derzeit – narzisstisch gespiegelt –
wie kranke und lahmende Beutetiere verschlingen können. Das Gespräch
mit Kubicki betrifft über weite Strecken die geplanten Coups der
Bundesregierung und der Landesmedienanstalten, die Pressefreit und
Meinungsfreiheit im Netz noch weiter zu kontrollieren als es im
NetzDG schon so empörend grundgelegt wurde..
Er bekräftigt:
„Meinungsfreiheit darf nicht eingeschränkt werden, es
sei denn die Grenze zu kriminellen Handlungsweisen wurde
überschritten. Jeder, der das anders sieht, steht nicht auf dem
Boden unseres Grundgesetzes. Bereits im NPD-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts wurde erklärt, selbst wenn Meinungen eklig
und schwer zu ertragen sind, müssen sie nicht nur geduldet werden,
sondern sind in einem breiten Meinungsspektrum auch gewünscht. Denn
nur aus der Fülle der Meinungen könne etwas Konstruktives
erwachsen. Wer das eingrenzen will, verstößt gegen das Grundgesetz
und demokratische Grundwerte.“
Er bestätigt eine
Angst der Parlamentarier, überhaupt noch offen ihre Meinung
vorzutragen aus Angst vor Denunziation und Ächtung und sieht die
Hauptverantwortung dafür bei Merkel:
„Das hat etwas
mit der Politik der asymmetrischen Demobilisierung von Angela Merkel
zu tun. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Kanzlerin hätte es
sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen mental einzuschläfern. Unter
dieser Bräsigkeit leiden wir derzeit in der politischen
Auseinandersetzung.“
Der Fairness halber
muss man sagen, dass zu diesem Horrorszenario durchaus immer zwei
Seiten gehören. So wie es schon immer war in diesem Land. Wenn der
Bierbrauer im Vormärz sich ohne jede Not zum Sprachrohr des
autoritären Willkürregimes macht, so wie dies heute ebenfalls
vielfach geschieht, ist nicht nur der Fürst schuld an den Zuständen.
Welche Achtung soll ich vor Abgeordneten haben, die nicht nur zu
dumm, sondern auch zu feige sind, eine missliebige oder originelle
Meinung zu vertreten, wenn sie denn eine haben sollten. Wes das Herz
voll ist, geht bekanntlich der Mund über, aber wo nichts ist, kann
auch nichts vertreten werden. Aber wir drehen uns im Kreis – das
ist diese Mentalität, die sich im notorischen „Opfer“ spiegelt
und darin Täter wird, ohne es zu realisieren, ein Feigling und
Verräter.
Gewiss suggeriert
das verfassungsfeindliche und faschistoide Merkelregime den Bürgern
Ohnmacht und Ausweglosigkeit durch ihre zwanghaft-dümmliche Formel
von der „Alternativlosigkeit“ (Es gibt immer mindestens
eine Alternative!) und der entsprechenden, narzisstischen Double
Bind-Strategie, mit der sie den Bürgern entweder Rätsel aufgibt
oder ständiges Gedankenschlingern. Ich habe viel mehr den Eindruck,
dass die tiefe Psychopathologie vieler Bürger in diesem Jahr
ausgebrochen ist, und dies die eigentliche Seuche ist. Ein seelisch
zu großen Teilen krankes Volk wird von offenkundigen PsychopathInnen
regiert. Der gesunde Menschenverstand und jeder Respekt im Umgang
miteinander scheint abrogiert. Ich fühle mich wie auf einem
Narrenschiff, das immer mehr die Züge eines Gespensterschiffs
annimmt.
Auch wenn ich
pessimistisch bin, weil mir klar ist, dass diese ausgebrochene
Pathologie so schnell nicht geheilt werden kann, wenn es denn
überhaupt noch geht, möchte ich daran mitwirken, dass wir uns neu
und nun erst wirklich freiheitlich formieren können. Die
bevorstehenden Unruhen und Verwerfungen sind für die Wachsamen und
um Objektivität Bemühten schon zu spüren.
Wahren wir die
Gelassenheit, wenn es uns möglich ist. Denn eines ist ganz sicher:
Dieser Unfug, der derzeit zelebriert wird, mit ritueller Inbrunst und
einer bestürzenden Realitätsvergessenheit, kann keinen Bestand
haben.
Ich wünsche mir,
dass der Weg zum Zusammenbruch des Wahns kurz ist, ein Ende mit
Schrecken.
"Die
Zivilisation ist eine ganz dünne Kruste über einem Vulkan."
Dieser Satz stammt von Ernst
Cassirer und wurde schon zuvor ähnlich von vielen formuliert. Ich
hoffe, dass diese dünnen Kruste nicht gänzlich zusammenbrechen
wird, befürchte es aber.
Die Reue wird im
besten Fall sehr lang werden.