Samstag, 29. September 2018

Trinitätslehre auf dem Prüfstand - Brief V an Unitarier und Trinitarier: Das "Malzeichen des Tieres" und das "Millennium"



Gedanken zum „Malzeichen des Tieres“ und zum „Millennium“

Unitarier bezweifeln nicht nur das Trinitätsmodell, das sich seit dem 3./4. Jh massiv und militant, unter verschiedenen Verwerfungen und Schismen, dogmatisch — für die Kirche — nicht mehr revidierbar aufgebaut hat.

Sie bezweifeln auch die kirchliche Aufforderung, nicht an das tausendjährige Reich zu glauben, von dem in Apk 20 gesprochen wird. Sie hat definiert, dass Millenarismus nicht nur nicht glaubensnotwendig, sondern auch als falsch anzusehen ist. Sie selbst hält sich für dieses Reich, bevor das Weltgericht stattfindet und sieht sich selbst als den regierenden „fortlebenden Christus“ an, der im eucharistischen Kult und den Hierarchen als angeblich anwesend deklariert wird. In ihrer globalen Regierung beansprucht sie den Christus zu vertreten als Weltherrscher.
Die evangelischen und orthodoxen Kirchen haben sich von der Kirche als Herrschaftsmodell niemals konsequent verabschiedet, sondern tragen es auf ihre Weise mit und weiter. Immer geht es um eine irdische Herrschaft Jesu Christi, um eine Regentschaft nach den Kategorien dieser Welt.

Unitarier kommen nun zurück auf die Aussage im NT, das „Reich Gottes“ sei „nahe herbei gekommen“. Bevor ich auf die Aussagen Jesu näher eingehe, möchte ich kurz einen gedanklichen Spot zum „Malzeichen des Tieres“ formulieren.
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HÖRBUCHZU DIESEM ARTIKEL HIER Was ist eigentlich das Millennium?
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Die Polemik der Unitarier trifft häufig die Prophetin der Adventisten, Ellen G. White, die in ihrem Buch „Vom Schatten zum Licht. Der große Kampf zwischen Gut und Böse“ von 1911, das auf Englisch unter dem Titel „The great Controversy between Christ and Satan“ erschien, dieses Millennium als eine Zeit der Verwüstung zeichnet, die der Satan sich ansehen muss. Zuvor seien alle Ungläubigen gestorben, alle Gläubigen entrückt bzw auferstanden und zu Jesus, der vom Himmel kommt, geführt worden. Die „Gebundenheit des Satans“ sei ein Zwang zur Untätigkeit in der Verwüstung. Am Ende der 1000 Jahre würden alle auferweckt, der Satan werde erneut losgelassen und veranstalte einen letzten apokalyptischen Kampf gegen Christus, danach finde das Weltgericht statt und die Erde werde erneuert.
Unitarier wie Sir Anthony Buzzard sagen ausdrücklich, diese Interpretation Whites dürfe man nicht glauben. Vielmehr strebten wir auf eine Königsherrschaft Christi zu, die in diesen 1000 Jahren verwirklicht werde, die die Kirche erfolgreich immer unter den Teppich habe kehren wollen. Assoziiert ist mit dieser Lehre die Verneinung der tradierten Lehre, dass man nach dem Tod gerichtet und in den Himmel komme oder in die Hölle. Vielmehr entschlafen die Toten und warten im Hades (Scheol) bis zu ihrer Auferstehung zum Gericht und zum Reich Gottes. Über letzteres könnte ich reden, aber nicht über ersteres.

Nun muss man immerhin sowohl der Kirche als auch Ellen White zugestehen, dass die Darstellungen des Reiches Gottes absolut nicht eindeutig sind in der Schrift. Wie immer man die Aussagen „zusammenpuzzelt“ — irgendetwas bleibt immer offen oder stimmt nicht zusammen.
Ich finde Whites Auslegung nicht unsinnig, wenn auch überraschend. Aber es ist merkwürdig, dass tatsächlich vor diesem „Reich“ (das kein echtes Reich ist in der Apk, sondern nur ein Zeitraum von 1000 Jahren) in einem schlimmen Kriegsgeschehen alle Menschen vernichtet werden: „Die Übrigen wurden getötet mit dem Schwert, das aus dem Munde des Reiters kam; und alle Vögel fraßen sich satt an ihrem Fleisch“ (Apk 19, 21). Man mag einwenden, dass diese „übrigen“ nur die Herrscher und die Großen der Erde meint, aber es werden zuvor ausdrücklich alle jene genannt, die das Malzeichen des Tieres angenommen haben, also alle, die verloren gehen. Entrückt werden die Brüder und Schwestern Jesu, die das Malzeichen nicht angenommen hatten. Auferstehen werden nur die, die selig entschlafen waren. Die, die nicht geglaubt haben, stehen nicht auf zu diesem Zeitpunkt. Inwiefern dann Christus die Nationen mit seinem eisernen Stab in dieser Zeit in einem „Reich“ weiden soll, ist nicht zu beantworten. Es heißt ausdrücklich, dass diese Nationen nicht zum Leben kommen in diesen 1000 Jahren (Apk 20, 5). Auch ist es absurd, sich vorzustellen, dass die, die durch die Annahme des Malzeichens unwiderbringlich verloren sind nach der Aussage der Apokalypse, dann doch überleben für 1000 Jahre und in ein Friedensreich eingehen, womöglich noch Kinder zeugen, deren Status gänzlich ungeklärt wäre - sind deren Kinder dann auch Gezeichnete oder wie oder was? Jesus müsste dann mit den Seinen 1000 Jahre lang die Verlorenen regieren?! Und das unter der Umschmiedung von Schwertern zu Pflugscharen, die man aus den Jesaja-Visionen damit verklammert?! Also: die Verdammten kehren um und sind doch nicht verdammt? Ich weiß, dass viele deshalb an eine Allversöhnungslehre glauben, aber vielleicht hat eben doch eine Interpretation wie die Ellen Whites mehr Argumente für sich, denn die gesamte Schrift spricht nirgends von Allversöhnung, sondern von einer Endabrechung, in der das selbstgewählt Verlorene in ewiger Unruhe verbleiben muss, während die Erlösten in die ewige Ruhe mit ihrem Herrn eingehen werden. Nota bene: verloren gehen die, die verloren gehen wollen. Die Erlösung kann jeder leicht annehmen, der es nur will. Gott hätte gewiss am liebsten alle bei sich, aber viele wollen das nicht. Und Gott ist ein Gott der Freiheit, kein "Übervater" im freudianischen Sinn, sondern ein Vater, der seine Kinder auch in der Entscheidung gegen ihn respektiert.
Die Szenerie klingt tatsächlich so, wie White es versteht: in den 1000 Jahren werden diejenigen, die das Malzeichen nicht angenommen hatten, berufen, Gerichtsprozesse vorzubereiten. Vor meinem inneren Auge tauchen da gewissermaßen Untersuchungen, Recherchen über die Zusammenhänge und die Position jedes einzelnen darin auf. 1000 Jahre kommen mir dazu noch kurz vor! Aber wenn viele zu Christus gehören, kann die Gerichtsrecherche vielleicht in 1000 Jahren geschafft werden. O wäre es doch so!
Man könnte einwenden, dass es aber doch heiße, der Satan werde gebunden, damit er die Nationen nicht mehr verführe (Apk 20, 3). Man kann diese "Völker" als die Gerechten aus allen Völkern auffassen, die, die die erste Auferstehung erlebt haben. Wir wissen doch, dass Jesus ebenso wie die Apk uns sagen, dass den Mächten der Bosheit die Macht gegeben wurde, gegen die Heiligen, die Gerechten zu kämpfen und sie zu verführen - wenn sie nicht knapp gerettet würden. Auch sie erliegen mancher Täuschung! Ein gerechtes Gericht kann aber nur vorbereitet werden, wenn man nicht ständig gegen Verführung und Verwirrung ankämpfen muss. Daher wird der Verwirrer gebunden.
Nachdem also der Satan gebunden und die Widerständler Christi das Gericht vorbereitet haben, werden alle auferweckt und sollen gerichtet werden. Der Satan wird wieder losgelassen, weil er ja mitgerichtet werden muss, und versucht in einem letzten Akt, die Nationen (also die zum Gericht Auferstandenen!) gegen Christus aufzustellen. Es misslingt. Er wird vernichtet. Danach beginnt das Jüngste Gericht.
Nach dem Gericht gibt es „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Apk 21, 1)

Für mich ist nicht ersichtlich, dass in diesen 1000 Jahren bereits ein Friedensreich verwirklicht würde. Sehr wohl gibt es ein solches, aber nach dem Gericht über die Völker und den einzelnen. Die prophetischen Stellen im Alten Testament meinen also nicht zwingend diese 1000 Jahre, zumal sie in der Offenbarung nicht „Reich“ genannt werden. Der Satz in Apk 20, 6, der davon spricht, die Seinen würden 1000 Jahre mit ihm „herrschen“, heißt eigentlich „regieren“. Dabei muss man beachten, dass das griechische Wort „basileus“ (Verb: „basileuo“), das gemeinhin als „Herrscher“ (Verb: „herrschen“) übersetzt wird, eine ausgesprochen unklare Herkunft hat und wahrscheinlich sogar ursprünglich das Bedeutungsfeld von „Herrschaft“ ausschloss, also förmlich in sein Gegenteil verkehrt wurde. Es meinte nach derzeitigem Forschungsstand einfach einen „Großen“, der in seiner Größe agierte, die gar keiner gesonderten Herrschaft mehr bedurfte. Es ist „Autorität“ im Sinne Hannah Arendts — sie ist immer ohne Machtinstrumente und besteht aus sich selbst heraus unbezwingbar.[1] Echte Autorität bedarf keiner Herrschaftsinstrumente - Arendt führt das anhand des antiken römischen Senates aus. Eine Wahrheit, die sich gewaltsam durchsetzen muss, ist Lüge. Herrschaft ist per se immer böse und verlogen. Diese „Herrschaft“, diese eigentliche "basileia" aber, diese unhintergehbare Realität der Wahrheit aber, die auf den Selbstmord einer verlogenen Menschheit blicken wird, der 1000 Jahre kann also sehr wohl einfach die Autorität der Gerechten mit Christus sein, die Weltgeschichte historisch aufzuarbeiten und zu beurteilen, bevor das Gericht stattfindet. Niemand täusche sich über das, was auf uns kommt: diese Herrschaft der Lüge, die wir derzeit geradezu irrsinnig erleben, wird zu einem großen, sich selbst fressenden Inferno führen. Das "Schwert, das aus dem Munde des Reiters" kommt, der übrigens die Namen "Treu" und "Wahrhaftig" trägt, ist die sanfte Autorität der Wahrheit, an der jede Lüge am Ende zugrunde gehen wird. Das Schwert, das aus dem Munde kommt, ist das Wort der Wahrheit.

Nicht sehr überzeugend ist dagegen Ellen Whites Meinung, dass das Malzeichen des Tieres „weltweite Sonntagsgesetze“ seien. Ich stimme ihr in ihrer Skepsis gegenüber dem durch Konstantin eingeführten heidnischen Sonntag als Ersatz für den Schabbat zu. Das ist tatsächlich merkwürdig und keineswegs so leicht zu nehmen, wie die meisten Christen es abhandeln. Der Sonntag ist wie sämtliche Festtage dem Sonnenkult entlehnt und darum für Christen in keinem Fall als ein „Muss“ akzeptabel. Andererseits ist den Christen gerade hinsichtlich des Schabbat und der Feste im NT keinerlei Auflage gemacht worden. Das Apostelkonzil, von dem die Apg berichtet, erwähnt nichts davon. Die gängige adventistische Argumentation, das Schabbatgebot sei das einzige Gebot in den 10 Geboten, das dem gesunden Menschenverstand nicht plausibel sei und darum gewissermaßen das Prüfsiegel für echte Jünger Jesu und ihren unbeirrten Glauben, kann ich nicht einsehen.
Ich kann es nicht einsehen, weil davon wirklich keine Rede ist — nirgends. Im Alten Testament ist der Schabbat ein Zeichen zwischen Israel und Gott auf die künftige Ruhe hin, die im Messias erreicht wird. Bereits Jesus hat aber den Schabbat relativiert: er sei für den Menschen da, nicht der Mensch für den Schabbat. Aber wie immer: jeder muss entscheiden, was er vor Gott verantworten kann.
Ein Zusammenhang aber zum „Malzeichen des Tieres“, das laut Apk auf Stirn und Hand angebracht wird, ist für mich absolut weit hergeholt. Ich habe mir diverse adventistische Predigten angehört, in denen die Beschreibung in der Apk als „rein symbolisch“ abgetan wird. Nun ist aber ein „Malzeichen“, also eine Art Tattoo (!), auf Hand und Stirne doch sehr konkret vor Augen gehalten. Was soll es denn sonst sein als ein Tattoo auf der Stirn und der Hand?! Der gedankliche Weg zum „Sonntag“ ist wirklich etwas sehr weit und vage. Adventisten setzen die Idee Ellen Whites in Zusammenhang mit der biblischen Aussage, nur der, der das Zeichen trage, könne noch kaufen und verkaufen. Aber auch das erscheint mir zu vage: wer also sonntags nicht einkaufen geht oder etwas verkauft, trägt das "Malzeichen des Tieres"? Das wären geradezu apokalyptische Verhätlnisse seit 1700 Jahren? Nein - so sehr White recht hat mit ihrer Kritik an Konstantins Sonntagsedikt, so wenig plausibel ist die Verknüpfung des malzeichens mit dem Sonntag! Vielmehr muss man doch an ein materielles Tattoo denken, mit dem man leiblich gezeichnet wird, und ohne das niemand mehr am Geschäftsleben teilhaben kann. Die wireless EC-Karten und die geplante Abschaffung des Bargeldes sind durchaus geeignet, uns hier eine Illustration dessen vorausahnen zu lassen, was noch kommen wird. Auch die totale Virtualisierung des Geldes, das durch keinen materiellen Gegenwert mehr gedeckt ist und kein Tauschmittel im strengen Sinne mehr ist lässt uns dämmern, was noch kommen könnte. Wenn ich bedenke, wie ich noch vor 25 Jahren mit Reiseschecks im Ausland unterwegs war und überall Wechselstuben waren...

Mich bewegt hier etwas anderes. Im Kolosserbrief (2,16)  steht ausdrücklich, niemand solle sich wegen eines Schabbates oder Festtags ein schlechtes Gewissen einreden lassen. Das ist für mich eindeutig. Es ist auch logisch, denn die Ruhe Gottes hat sich bereits erfüllt, wir leben gewissermaßen in der Nacht des Schabbat, und wir erwarten die Morgenröte.
Das „Malzeichen“ aber ist ein echtes Tattoo, kein symbolisches — wie anders sollte es in seiner Unhintergehbarkeit darüber entscheiden, ob einer verlorengeht?

Aber ich frage mich: Was hat eine solche Macht, die keine Umkehr mehr ermöglicht, sobald man es materiell angenommen hat?
Im Grunde erinnert es an Märchen und ein bewusstes, eindeutiges und persönliches Verschreiben der Seele an den Teufel mit Blut. Dass wir alle einmal dachten, wir müssten den Sonntag halten, ist nicht qualifiziert dazu, eine so gewichtige Entscheidung zu tragen. Wir wussten es nicht besser und wir dachten nicht, dass das falsch ist — im Gegenteil, man sagte uns, das sei der Auferstehungstag etc. Wir waren in gutem Glauben, bis wir es besser erkannten oder eben noch nicht.

Die Annahme dieses Malzeichens aber ist wesentlich dramatischer und passiert nicht aus Versehen oder aus Unbedachtheit oder Ignoranz.
Es muss sich um einen Akt handeln, der für jeden so bewusst ist wie noch niemals zuvor etwas im Leben.
Aber dennoch frage ich mich: wie soll ein Tattoo einen Menschen festhalten können für immer? Viele denken an Überwachungssatelliten und einen Chip, der uns alle verfolgbar macht.
Ich glaube, das reicht nicht aus, um das zu erklären, was hier in der Apk beschrieben wird. Es muss dieses Tattoo an sich und für sich Macht über meine Seele haben, nicht nur über meinen Leib.
Schon heute gehen Menschen mit elektronischen Fußfesseln. Früher tätowierte man Strafgefangene oder Sklaven, damit sie niemals mehr verbergen konnten, wer über sie Macht hat. Dies geschah aber stets unfreiwillig. Es mag Macht über ihren Leib gehabt haben, nicht aber über ihre Seelen und Geister. Wir werden aber gewarnt vor denen, die Macht über die Seelen gewinnen können! Echte Macht — nicht eine vorübergehende und nicht selbst verschuldete Täuschung oder irgendein „aus Versehen“ oder „nicht besser wissen“.

Was ist also zu verstehen unter einem freiwilligen Tattoo, das den Verlust des Heiles für immer bedeutet?
Auffallend ist, dass im Zeitgeist das Tätowieren seit Jahren salonfähig gemacht wird. Was früher nur Piraten und Desparados freiwillig taten, ist heute schick geworden, setzt also die Hemmschwelle herab, sich freiwillig brandmarken zu lassen. Ungezählte jüngere Menschen lassen sich freiwillig über und über tätowieren, ganz auffallend auch oft jene, die alternative Kanäle auf Youtube unterhalten, aber nicht nur sie sie — sondern nur sie nicht anders als der Mainstream…
Ein Tattoo wird man bereits heute nie mehr vollständig entfernen können. Aber noch ist es nur ein körperliches Zeichen, kein geistiges oder seelisches.

Ich kann nur spekulieren, aber vielleicht gibt es doch eine Materie, die an bestimmten Geist gebunden ist, etwa eine intelligente Tinte oder dergleichen, die auf einen bestimmten Code programmiert. Man hörte solche Gerüchte etwa über das „Black Goo“, ein intelligentes Öl, das Menschen manipulieren kann und um dessentwillen der Falklandkrieg geführt wurde. Etwas in dieser Art müsste es sein, etwas, das man, wenn es einmal wirkt, nie mehr neutralisieren kann, wie eine Krankheit, die den ganzen Organismus, nun aber auch seelisch und geistig, total (!) vereinnahmt, so, dass man keine Macht mehr hat über sich selbst und mithilfe des Willens diesen Zugriff nicht mehr rückgängig machen kann. Wie beim Black Goo aber funktioniert das nicht unfreiwillig. Nur der, der sich drauf einlässt, gibt dem Tattoo Macht. Man kann niemanden gewaltsam tätowieren und es müsste wirken — genau das würde nicht funktionieren. Es wäre nur als eine freiwillige Sache eine Zeichnung zur Besessenheit zum ewigen Tod. Solange auch nur ein Funken des Willens dem entgegensteht, wird es keine Macht haben können. In welcher Situation aber würden Menschen in größerer Zahl freiwillig ihren ewigen Tod anerkennen und sich dafür sogar zeichnen lassen, damit sie diesen Tod jetzt und hier für immer und unaufhebbar eingezeichnet bekämen, der ihr Bewusstsein veränderte und sie für immer ihrer Persönlichkeit berauben würde?
Adventisten und viele mit ihnen, auch Katholiken, viele evangelische Fundamentalisten, denken, die für die Endzeit charakteristische "Gesetzlosigkeit" bedeute, dass Menschen die Tora nicht halten, die 10 Gebote missachten etc. Ich halte das für eine Milchmädchenrechnung. Das echte und heilsame Gesetz ist in einem lebendigen Herzen eingeschrieben. Es sind eben keine Normen - genau das nicht mehr! Normen töten, weil sie dem Buchstaben folgen. Das wirkliche Gebot ist nur das der Gottes- und Menschenliebe, ein wirklich flexibles Gesetz, das anpassungsfähig ist, ohne seine Wahrheit aufzugeben. Gott schert niemand über einen Kamm, weil er uns liebt. Aber er hat uns den gesandt, der "Wahrheit" ist: Wehe also denen, die Lüge gegen Wahrheit eintauschen. Man vergesse nicht, dass Jesus gerade die strengen Gesetzeslehrer und -wächter als "Gesetzlose" bezeichnet hat. Alle Adventisten und Katholiken, Orthodoxe und sonstige Gesetzesfetischisten, auch Juden und Muslime merkt auf: das Gesetz, wie ihr es versteht, ist Lüge und tötet. Es ist in Wahrheit Gesetzlosigkeit und Chaos.

Ich weiß, dass das futuristisch klingt mit der "intelligenten Tinte", aber ich kann mir sonst nicht erklären, was sonst eine solche Dramatik entwickeln soll, wie die Apk sie zeichnet. Man kann also Ellen White in einer Hinsicht rechtgeben, in anderer nicht.
Die unitarische Idee, nun doch noch eine Art Chiliasmus zu erfinden, finde ich extrem gefährlich: Was wenn uns eine Wiederkunft vorgegaukelt wird, die uns in nicht in das „Reich Gottes“, sondern in die Hölle stürzt? Sind wir gefeit vor Täuschungen? Was, wenn ein angeblicher Messias uns einfangen soll? Und uns allerlei Hokuspokus vorspielt, für jeden etwas, für Unitarier und Trinitarier gleichermaßen?
Ich kann nur ausdrückliche Warnungen aussprechen und hoffen, selbst nicht abzustürzen. Uns ist nirgends ein 1000 Jahre währendes politisches Friedensreich versprochen worden.

Was Jesus dazu wirklich gesagt hat, werde ich in einem nächsten Brief untersuchen.


[1] Hanna Arendt: Was ist Autorität? (1955). In „Fragwürdige Traditionsbestände im politischen Denken der Gegenwart. Frankfurt aM 1957