1. Die
Frau auf dem Stier
Verzweifelt versucht der abendländische
Stammbürger, sich in irgendeiner der Wagenburgen abzuschließen, die sich zu
bieten scheinen. Auch der virtuell nach allen Seiten hin offene Euro-Raum, wie
er von den urbanen Behörden gefördert wird, ist nichts weiter als eine solche,
besonders reich ausgestattete, Wagenburg, die anstelle von trutzigen Planwagen
einen unsichtbaren, magischen Bannkreis um sich zieht.
Da draußen in der transmarinen Welt
fliegen die Fetzen. Und wir holen uns auch noch den letzten Videoclip über die
Untaten entfesselter Teufel anderswo auf unsere Smartphones. Alles so nah unter
der Bettdecke und zugleich so cyberspacig weit weg… Wir verwechseln die Toten
mit Spielfiguren, die man „spawnen“ und
„re-spawnen“ und auf einem
entsprechenden Level wieder ins Spiel bringen kann, als sei nichts geschehen.
Unsere Zivilisation ließ lange Zeit
Menschen mit dunklerer Hautfarbe anderswo, fernab von voyeuristischen oder
kontrollierenden Blicken, das ausbaden und ausfechten, was sich in den eigenen
übersättigten Gedärmen abspielte. Spätestens mit der Entdeckung Amerikas und
der Aufteilung der Welt in Kolonien begann man, die innereuropäischen Probleme,
die angestauten Negationen parallel zu und mit der Erfüllung des
Missionsbefehls Jesu Christi weit weg zu verlagern. Die Christianisierung
schenkte der ganzen Welt eine riesige „Energiespritze“, initiierte in vielen
Menschen Schaffensdrang und nüchterne Selbst- und Fremdachtung, Erfindergeist
und Entwicklungsfähigkeit, Kreativität und humanes Maß in ungekanntem Ausmaß.
Niemand kann das bestreiten – es liegt offen zutage. Die Erlösung des Menschen
gab schon im irdischen Sein eine winzige und schwache Kostprobe dessen, was sie
einst für den Himmel verspricht: Ordnung und Freiheit, die soziale Klassen und
Stände trotz aller Rückfälligkeit ins Heidnische doch immer auch durchlässig
hielt. Das gab es sonst nirgends. Aber niemand kann auch bestreiten, dass es
diese parallel laufenden Negationen gab und gibt, die ihre Energie aus den
echten und guten Erhebungen des christlichen Glaubens saugten, aber in Machtkämpfen
zwischen Papsttum und Kaisertum, in Schismen, der Reformation, sozialen
Spannungen und im Hexenwahn eskalieren wollten. Man schuf „Abflüsse“ für all
jene, die nicht in ein geordnetes, seinen Kapazitäten gemäßes Abendland passen
wollten, konnten oder durften. Die einen blieben da, sich den gegebenen
Bedingungen nach einer Abwägung unterwerfend oder auch unterlaufend, zum
Beispiel durch die Abwanderung in die neu entstehenden Städte oder die
Teilnahme an Kreuzzügen oder an Wallfahrten über die Jakobswege nach Santiago.
Aber die christlichen Ordnungen
depravierten zugleich mit ihrem Aufstieg, führten den Europäer in den paradoxen
Zustand höchster Glaubenstiefe, eines ausgeprägten Wissens um Gerechtigkeit und
Ungerechtigkeit, um die Erhabenheit und Heiligkeit Gottes … und der Möglichkeit
zu übersteigert blasphemischer Sündhaftigkeit.
Unzählige abendländische Menschen verließen
aufgrund dieser Überspanntheit den Kontinent, gingen nach Amerika, nach
Russland, verschwanden in den Weiten der mittelasiatischen Steppen oder
begannen ein Leben in Afrika, Australien oder Neuseeland. Verfolgte Sektierer,
Desparados, junge Männer, die vor den Häschern geldgieriger Monarchen flohen,
um nicht als Kanonenfutter an den Nachbarkönig verkauft zu werden, Verarmte, Abenteurer,
Kriminelle, Kaufleute und Leute, die ihre Ehe hinter sich lassen oder aus
anderen Gründen ein neues Leben anfangen wollten, erschlossen sich im Zuge der
expandieren Entdeckungen „neue Welten“.
Bevor sie dies taten, erzeugte die
Reformation bereits für viele Menschen innerhalb Europas das soziale Szenario
künftiger Entscheidungszwänge und Heimatverluste: entweder sie mussten das Reich
ihres Landesherren verlassen oder sich
der konfessionellen Option desselben unterwerfen. Große Wander- und
Fluchtbewegungen zwischen den deutschen Fürstentümern setzten ein.
Entwurzelungen und Vertreibungen um der politischen Willkür und Gewalt willen
sind bis heute seither politischer Alltag. Die Flüchtlingsströme sind seit der
Reformation kontinuierlich angeschwollen und haben das empfindliche
Ordnungsgefüge des klösterlich missionierten Europas seither bis auf Überreste,
die immer noch eine enorme Strahlkraft aufweisen, ausgelöscht.
Friedliche und massenhafte „Einwanderung“
nach Europa hinein gab es nach der
Spätantike dagegen nie. Die Situation heute ist ohne Vorbild und erfahrungslos.
Wohl aber standen Jahrhunderte lang
Eroberer vor den Toren, die zeitweise eindrangen und wieder hinausgeworfen
wurden. Meist waren es islamische Eroberer. Dennoch - man war mit den Westgoten
fertig geworden, mit den Arabern, mit den Mongolen, den Ungarn, den Mauren, den
Schweden, den Türken.
Mit letzter Not überwand man
dagegen den Arianismus und dies auch nicht wirklich: arianisches Denken ist in
den Seelen steckengeblieben, trat bald von außen im mohammedanischen Glauben
massiv auf Europa zu und wühlte im Innern weiter. Das moderne liberale
Glaubenskonzept ist ein Ableger des arianischen Denkens, wie schon John Henry
Newman im 19. Jh zeigen konnte.
Gar nicht fertig geworden ist man
mit dem Schisma mit Konstantinopel und dem Glaubensabfall durch die
Protestanten im 16. Jahrhundert. In beiden Konflikten schwingen ebenfalls
arianische Motive mit. 200 Jahre später förderten viele Monarchen atheistische
Philosophen, verschleuderten wie noch nie die Güter des Landes und lebten so
ausschweifend, dass es das ganze Volk bis heute demoralisierte. Die totale
Materialisierung, die Verschwendung und der Hedonismus unserer Tage „für alle“
sind Echo des aristokratischen Vorbildes vieler Jahrhunderte zuvor. Mit dem 18.
Jahrhundert begann die Zeit des Untergangs der verlebten Monarchen und des
Aufstiegs der explodierenden europäischen „Völker“ und heiß erkämpften Nationalstaaten.
Eine Phase schlimmster nationaler Konkurrenz, die Europa bislang nicht gesehen
hatte, begann. Noch etwas später warf auch der Umsturz der Nationalstaaten zu
grausamen und ideologischen Riesenverbänden seine Schatten in eine ungewisse
Zukunft voraus. Die Diskussion über ein vereintes Europa wurde gleich nach dem
Untergang des heiligen römischen Reiches und dem Aufstieg des Nationalismus begonnen,
und niemand weiß, was diesbezüglich noch auf uns zukommt. Alles, was einmal
Grundlage zu geben schien, ist zerstört: „das“ Christentum, das Kaisertum, erst
recht die schwachbrüstigen Begriffe von der „Nation“ und der
„Volkssouveränität“, die mehr Chaos als Ordnung beschert haben.
Die Inszenierung und
Zurschaustellung kolonialer Gladiatorenkämpfe vom Hochsitz Europas aus reichen
dem westlichen Ablenkungsdrang von den eigenen Widersprüchen nicht mehr. Wir
sind verfettet, aber ausgeblutet. Wir locken unsere adipöse, in fremde Länder
exportierte Schande näher, berauschen uns an den Kämpfen verlorener Menschen vor
unserer Haustür und debattieren darüber, wie nahe wir sie an uns heranlassen
wollen. Wir benötigen sie als Rentenkasseneinzahler, Arbeiter, Prostituierte,
Adoptivkindergeber und Leihmütter. Es klingt zynisch und es ist zynisch, wenn
man es bedenkt! Ohne ihre „Manpower“, mit der wir uns Nachschub holen zur
Aufrechterhaltung unserer Befriedigungen, kommen wir nicht mehr aus. Wir
magnetisieren sie zu uns hin und bannen sie kurz vor Torschluss, möglichst
fortzubleiben und lassen sie dann im Gewand bürokratischer Willkür unter
Protest tropfenweise und rasch ein.
Ohne das nach außen verlagerte
innere Chaos können wir unsere demografischen Ausfälle, unsere Bildungsruinen
und unsere Fruchtlosigkeit nicht mehr ausgleichen. Die illegitimen Kinder
Europas stehen an unseren Betten, und man fragt sich, ob die Fürstentochter je
ein legitimes Kind hatte.
Im Mythos jedenfalls war Europa eine
Prinzessin, erlag aber ihrer Dummheit und Triebhaftigkeit und ließ sich von dem
in einen Stier verwandelten lüsternen, gehörnten Gott verführen:
Auch wagte die
fürstliche Jungfrau,
Unkund, wen sie bestieg, auf dem Rücken des Stieres zu sitzen.
Unkund, wen sie bestieg, auf dem Rücken des Stieres zu sitzen.
Da schreitet sachte der Gott vom Land und
vom trockenen Ufer
Und setzt vorn in die Flut die betrüglichen Schritte der Füße,
Geht dann weiter und trägt quer über des mittleren Meeres
Fläche den Raub. Sie erbangt, und zurück zum verlassenen Strande
Schaut sie und hält mit der Rechten ein Horn, auf den Rücken die andere
Und setzt vorn in die Flut die betrüglichen Schritte der Füße,
Geht dann weiter und trägt quer über des mittleren Meeres
Fläche den Raub. Sie erbangt, und zurück zum verlassenen Strande
Schaut sie und hält mit der Rechten ein Horn, auf den Rücken die andere
Stemmend; das lose Gewand ist geschwellt vom Hauche des Windes.
(Ovid Metamorphosen, Buch 2, 11)
Sie degradierte zur Mätresse, die
illegitime Kinder gebar, wurde anfangs noch von ihrem königlichen Vater und
ihrem Bruder Cadmus gesucht. Das Orakel von Delphi gab jedoch sehr bald kund,
man möge sie vergessen, nicht mehr nach ihr suchen und stattdessen die Stadt
Theben gründen (Ovid, Metamorphosen, Buch
3, 1).
Am europäischen Kamin spielt man
zur Zerstreuung der quälenden Fragen „Bürger gegen rechts“ oder „Wir sind das
Volk“ oder spazieren gehend „Rettet das Abendland“. Politisch verordnete
„Wochen gegen Rassismus“ krönen das Jahr. Man wähnt sich im programmatischen Irgendwo
verankert und spielt Konflikte „Links gegen Rechts“ und umgekehrt in Luftschlössern.
Die einen können mit der finanziellen Unterstützung der Kulturämter und Oberbürgermeister
rechnen, die andern mit dem starken Rückenwind des Volkes hinter vorgehaltener
Hand. Eine absurde Pattsituation. Medien versuchen verzweifelt und auf vulgärem
journalistischen Niveau den Regierungskurs zu unterstützen gegen die
Bauchgefühle des „Volkes“. Man scheut vor einer Beschimpfung und Verleumdung
großer Teile der Bürger „von oben herunter“ nicht mehr zurück und setzt
Gerüchte über umfangreiche „rechte“ Verschwörungen in die Welt, für die es –
jedenfalls in der suggerierten Größenordnung - weder Anhaltspunkt noch Beweise
gibt. Die Schere zwischen dem, was Menschen äußern, wenn sie sich unbeobachtet
wähnen, und dem, was ihnen an „Politdenke“ verordnet wird, klafft immer weiter
auseinander. Für ein demokratisch geordnetes Gemeinwesen ist das das Aus.
Offenbar leben wir in einer beginnenden Diktatur.
Damit sollen die hysterischen
Wahnideen, die im Volk verbreitet sind, nicht bestätigt werden: die Panik vor
dem großen Unbekannten, der als Drahtzieher hinter all den verworrenen
Ereignissen stehe, sieht längst deutliche Gespenster. Der CIA, Obama, Putin,
der Vatikan, die Freimaurer, islamische Schläfer, der Mossad und „die“ oder nur
die „reichen“ Juden planen Böses, will man Volkes Stimme glauben. Es ist
allerhand entsprechende Literatur im Umlauf. Manches darin Aufgeführte lässt
sich kaum von der Hand weisen, die gezogenen Schlüsse sind jedoch häufig
überzogen und paranoid.
Eines aber bleibt im Raum stehen:
die Beziehung zwischen der Politik und den Bürgern ist nahezu aufgelöst.
Und das sollte jeden, gleich, wie
er die Welt zu sehen beliebt, doch alarmieren.
Die Frage, die gestellt werden
muss, lautet: Wie kann das Volk der Souverän eines solchen Staates sein?
Allein – ich frage mich, zurück zu
den Formeln unserer Tage: Von welchem „Volk“ ist die Rede? Was ist „Rassismus“
so ganz genau? Und wo liegt das „Abendland“? Was versteht man unter „Toleranz“?
Doch nicht etwa, dass alles genauere Nachdenken abgewürgt werde und jede unabhängige
Positionierung als Sakrileg geahndet wird? Davon abgesehen: was ist eigentlich „rechts“?
Was meinen wir mit der
vielgerühmten „Aufklärung“, die dem Islam angeblich fehle? Meinen wir die
blutrünstige französische Revolution? Fehlt die dem Islam gerade noch? Oder
meinen wir die aggressiven französischen Republiken oder das napoleonische
„Kaiserreich“ zu Beginn des 19. Jh? Oder meinen wir Voltaire und Rousseau und
andere Religionshasser, die bezüglich der Kirche „Écrasez l’infame!“ brüllten,
und bilden uns ein, dass das der richtige Ratschlag für die Muslime ist, wo er
schon bei uns selbst die kirchlichen Machtverfilzungen nur durch noch
schlimmere rein weltliche Verfilzungen ersetzt hat? Nun komme mir niemand mit der
angeblich „friedlichen“ Aufklärung – die Aufklärung in Europa verlief auf
politischer Ebene nun mal nicht friedlich, sondern gewalttätig – die
Säkularisation bedeutete einen brutalen Einschnitt in die Geschichte fast aller
europäischen Fürstentümer im Gefolge der napoleonischen Kriege!
Es ist die Frage, ob die islamische
Welt sich dieses Trauma nun auch noch antun muss, um koexistenzfähig zu werden.
Eine solche „Säkularisation“ lässt sich nur unter Blut und Tränen durchführen.
Als ob die islamische Welt nicht schon genug stöhnen würde unter der eigenen
Last…
Und überhaupt: Früher wusste ich
mal, was „Demokratie“ ist, glaubte, es zu wissen. Jetzt weiß ich es nicht mehr.
Was versteht man unter „der“ demokratischen Grundordnung, wenn
unterschiedliche, einander widersprechende Weltanschauungen in ein und
demselben Gemeinwesen aufeinander stoßen? Hat das historisch mit dem Ort
Verwachsene ein größeres Recht als das, was neu hinzukommt? Eine Art „cuius regio eius religio“ übertragen
auf nach-absolutistische, säkulare Machtverhältnisse? Anders: wer zuerst da war
und regiert, hat auch das Vorrecht? Funktioniert das, wenn die Anzahl der
später Hinzugekommenen, die wesentliche Elemente der Grundordnung nicht
anerkennen wollen, sich derjenigen der Einheimischen aufgrund der Morbidität
letzterer angleicht? Was ist mit dem Ort überhaupt historisch gewachsen – denn
auch hier findet sich Unterlegenes und Übermächtiges aus dem eigenen Fundus? Wir
haben fast 70 Jahre mit Essen, Trinken und Urlaub vertan und uns eingebildet,
wir hätten eine intensive Auseinandersetzung mit unserer ganzen – nicht bloß
der nationalsozialistischen! – Geschichte nicht nötig. Wir haben schlicht und
ergreifend den Anschluss an uns selbst verloren. Wir fordern verschwiemelt
„Anpassung“ der Einwanderer an unsere „Kultur“. Aber niemand kann erklären, was
unsere Kultur ist – ist es der katholische Glaube, dem kaum mehr einer anhängt?
Oder der lutherische? Oder der Liberalismus? Oder sind es die Abtreibungsbefürworter? Oder die
Altkommunisten? Oder gar die Keller-Nazis? Oder sind es die Bildungsbürger, die
stolze Theaterabonnements aufweisen können, in denen sie die immer gleichen
„Klassiker“ ansehen und anhören? Oder die Romantiker und Idealisten, die nur
Bioland-Produkte essen? Woran sollen sich die „Migranten“ anpassen?
Wir werden aus allen öffentlich geförderten politischen Rohren mit der Meinung beschossen, man könne sich auf eine Art "Verfassungspatriotismus" einigen. Alle anderen Potenzen werden ausgeklammert. Alle Bürger sollen ihr gesamtes kulturelles Selbstverständnis einer bestimmten Rechtsvorstellung unterwerfen, die vorgibt, "neutral" zu sein. Wie aber soll man sich eine völlig neutrale und "überkulturelle" Rechtsverfassung vorstellen? Noch dazu angesichts der Tatsache, dass auch unser Grundgesetz permanent verändert wird? Studien ergeben, dass Einwanderer nicht anders als Einheimische zwar einerseits aus voller Überzeugung sagen, sie seien der Verfassung treu, andererseits aber genauso unumwunden zugeben, dass sie glauben, das Leben müsse sich nach dem islamischen Recht oder aufgeklärten bzw. christlichen Moralvorstellungen richten. Wir haben schon im einheimischen Lager zahlreiche ungelöste moralische Debatten, die zeigen, dass Gesetze aus moralischen Überzeugungen heraus eben nicht für recht befunden werden: in der Abtreibungsdiskussion, den Auseinandersetzungen um Sterbehilfe, Euthanasie und Pränataldiagnostik, aber auch in Debatten wie der um staatlich geförderte Waffengeschäfte und vor allem den Cantus firmus der Demokratie von Beginn an: dass die Gesetze frech und dreist von denen umgangen werden, die es sich aus welchen Gründen auch immer leisten können, dies zu tun. Einheimische Forschung blendet aus, dass ein schwankendes Grundgesetz niemals den Rang einer religiösen und sittlichen Vorgabe erfüllen kann. Den alltäglichen Gesetzesänderungen liegen doch Bewegungen zugrunde, die sich auf viel tieferen als bloß materiellen Ebenen bewegen. Geistige Haltungen werden nicht mehr als jeder Ökonomie vorgelagert angenommen. Man hält sie für ein Akzidens materieller Grundverfassungen. Alle Potenz wird dem Haben zugesprochen.
Wir werden aus allen öffentlich geförderten politischen Rohren mit der Meinung beschossen, man könne sich auf eine Art "Verfassungspatriotismus" einigen. Alle anderen Potenzen werden ausgeklammert. Alle Bürger sollen ihr gesamtes kulturelles Selbstverständnis einer bestimmten Rechtsvorstellung unterwerfen, die vorgibt, "neutral" zu sein. Wie aber soll man sich eine völlig neutrale und "überkulturelle" Rechtsverfassung vorstellen? Noch dazu angesichts der Tatsache, dass auch unser Grundgesetz permanent verändert wird? Studien ergeben, dass Einwanderer nicht anders als Einheimische zwar einerseits aus voller Überzeugung sagen, sie seien der Verfassung treu, andererseits aber genauso unumwunden zugeben, dass sie glauben, das Leben müsse sich nach dem islamischen Recht oder aufgeklärten bzw. christlichen Moralvorstellungen richten. Wir haben schon im einheimischen Lager zahlreiche ungelöste moralische Debatten, die zeigen, dass Gesetze aus moralischen Überzeugungen heraus eben nicht für recht befunden werden: in der Abtreibungsdiskussion, den Auseinandersetzungen um Sterbehilfe, Euthanasie und Pränataldiagnostik, aber auch in Debatten wie der um staatlich geförderte Waffengeschäfte und vor allem den Cantus firmus der Demokratie von Beginn an: dass die Gesetze frech und dreist von denen umgangen werden, die es sich aus welchen Gründen auch immer leisten können, dies zu tun. Einheimische Forschung blendet aus, dass ein schwankendes Grundgesetz niemals den Rang einer religiösen und sittlichen Vorgabe erfüllen kann. Den alltäglichen Gesetzesänderungen liegen doch Bewegungen zugrunde, die sich auf viel tieferen als bloß materiellen Ebenen bewegen. Geistige Haltungen werden nicht mehr als jeder Ökonomie vorgelagert angenommen. Man hält sie für ein Akzidens materieller Grundverfassungen. Alle Potenz wird dem Haben zugesprochen.
Wäre ich ein Einwanderer – ich wäre
jedenfalls orientierungslos in diesem Stimmengewirr.
Und diejenigen, die vom Christentum
reden und das „christliche“ Abendland retten wollen – welches der Christentümer
meinen sie? Irgendwie ein allgemeines aufgeklärt-ökumenisches, didaktisch
reduziertes Ethik-Christentum, das die zentralen Überzeugungen des Glaubens,
nämlich die leibhaftige Menschwerdung Gottes mit allen Konsequenzen längst aufgelöst
hat? Oder das schwärmerisch-charismatische im Halleluja-Modus dröhnender
Lobpreis-Events, die das Kreuz hassen? Oder das katholische? Und wenn ja, das „modernistische“,
„progressistische“ oder das „traditionalistische“, um nicht zu sagen
„reaktionäre“, mit einigen überholten und gescheiterten politischen Konzepten
verwucherte Christentum? Oder den Katholizismus des Vaticanum II, der glaubt,
man könne das, was sich 2000 Jahre entfaltet hatte, durch ein „Zweites
Pfingsten“ ersetzen, das doch nur eine schale Medienschau war, mindestens
zehndeutige Texte fabriziert und ein reines Chaos innerhalb der Kirche
eingeleitet hat? Oder gar eine Art konservativer Ökumene, die sich vor allem im
Kampf gegen den Genderismus und für die klassische Familie und eine hohe
Sexualmoral einig, sonst aber in vielen gravierenden Punkten uneinig ist?
Wenn man erst einmal genauer
nachfragt, tun sich Abgründe auf.
2. König
Parol
Die Begriffe haben eine lange
Verwirrungsgeschichte hinter sich. Ich kenne kaum Menschen, die wissen, wovon
sie reden. Der Feind sind für die einen die „Gutmenschen“, für die andern die „Fundamentalisten“,
für die einen die „Rechten“, für die andern die „Linken“, für die einen die „Konservativen“,
für die andern die „Liberalen“. Das Gegensatzpaare-Raten ließe sich endlos
fortsetzen. Es werden auf allen Seiten unsäglich leere Dinge ausgesprochen. Man
gibt alles für eine leichte Welterklärung, die Raum fürs Empören bietet. In all
diesem hohlen Blubbern gibt es ernsthafte, aber unbequem nachdenkliche und
sachorientierte Stimmen, die notorisch überhört und skandalisiert werden – von
allen Seiten.
Es ist unmöglich, die komplexen
Zusammenhänge, die uns diese chaotische Realität beschert haben, zu durchschauen.
Die große Gefahr hysterischer Erklärungen („Verschwörungstheorien“) ist die,
dass man sich fixiert auf einen Zusammenhang, der so vielleicht gar nicht
besteht oder wenigstens nicht isoliert besteht. Man ist wie einer, der
rückwärts vor einer Gefahr zurückweicht und die Grube nicht sieht, in die er
gleich hineinfallen wird.
Das politische Begriffswerkzeug welcher
Couleur auch immer ist außerdem nach Jahrzehnten des geistigen Verfalls und postmodernen
Stillstandes modisches Accessoire, Must-have, so wie alles Konsumartikel
geworden ist. Die einen bevorzugen „Vintage“ oder „Retro“, die anderen
„Gothic“, LARP, Fantasy oder „die Mitte der Gesellschaft“, wo immer die liegt. Und
alle sind dabei ein bisschen „öko“. Ein nicht geringer Teil lebt an der chaotischen
Lage seine ganz privaten Undiszipliniertheiten und Neurosen aus.
Wehe dem, der die Begriffe nicht
konsumistisch auffassen will!
Wehe dem, der präzise und logische,
„scholastische“ Gedanken formiert!
Wehe dem, der sich in diesem Leben
nicht nur einen lasterhaften Zombie-Auftritt genehmigen will.
Wehe dem, der an den Ernst des
Gedankens glaubt!
Er wird weder verstanden noch
toleriert. Man hält ihn oder sie für wahnsinnig oder „gefährlich“. Hier sind
sich die verfeindeten Fronten plötzlich einig.
Der König der Herzen und Gehirne
heißt „Parol“.
3. Freimut…
Dennoch gestehe ich ein, dass ich
an den Ernst des Gedankens glaube und die Nase voll habe von dieser
Veräußerlichung, dieser totalitären Subjektivierung der Welt und diesem plumpen
Naturalismus auf allen Ebenen!
Meine Personwürde hängt daran, dass
mein Leben nicht nur eine Aneinanderreihung von wechselnden konsumistisch-politischen
Moden und Spielchen im rein Sinnlichen ist. Auch dann nicht, wenn sich das
Sinnliche einen intellektuellen Anstrich genehmigt. Ich glaube nicht daran,
dass man aus dem Sinnlichen und Naturhaften ohne weiteres etwas wahrhaft
Geistiges „destillieren“ oder „sublimieren“ kann… Diesem esoterischen Credo
kann ich nichts abgewinnen! Wäre dies so, wäre der Tod die Vernichtung jeder
Anstrengung der Vergeistigung. Wozu die Anstrengung, wenn all meine Bemühungen
im Tod aufgelöst würden? Kann das im Ernst einen Menschen motivieren? Verliere
ich mein naturhaftes Fleisch – und jeder verliert es stündlich und lebenslang!
- , wo bliebe dann die Prämisse für solche Vergeistigung? Die Realität des aktuellen
„Abendlandes“ spricht für sich: man ist nicht motiviert und versackt immer
tiefer im Zusammenraffen sinnlicher Befriedigung, materieller „Absicherung“ und
moralischer Echauffage über irgendwelche skandalösen anderen … Alles, alles,
das Lesen, das Lernen, die Musik, die Religion, die Politik, selbst das
Kinderkriegen und Heiraten, alles ist zum Konsumartikel geworden. Die Regale
der Läden, auch der virtuellen Läden, sind überquellend voll. Die Seelen aber
sind oft so unendlich und schmerzlich leer und gleichen verdorrten Blumen schon
in jungen Jahren.
Nötigt uns einer unserer
Konsumartikel überraschend doch Haltung ab, erzeugt er in uns unangenehme
Fragen, verweist er uns auf die untergegangene Religion, auf den Ordo des aufsteigenden Abendlandes vor
Jahrhunderten, auf medial verwaiste Ereignisse der Geschichte, wenden wir uns
ab. Wenn in uns aufdämmert, dass nur hierarchisch empor geordnete Verhältnisse
auch ein allgemeines Empor ermöglichen, weichen wir spontan zurück, weil wir
stolz und kritikunfähig sind. Manche wiederum fühlen sich stante pede dazu berufen, angesichts dieser Erkenntnis andere zu
unterwerfen. Mit solcher Art von „Ordnung“ wollen wir – zu Recht - nichts zu
tun haben. Der Größte sollte nach den Worten Jesu, wie Er es vorgelebt hat, der
Diener aller sein. Das haben machtbewusste Autoritätsfetischisten niemals
erfasst. Der gute katholische Hierarch förderte in seinem Bereich jeden
subsidiär und maximal. Er lässt sich nicht dienen, sondern dient in höchster
Verantwortung. Diese Idee ist unverständlich geworden, auch und besonders unter
traditionalistischen Katholiken, denn sie hat nur in der totalen Hingabe an
Jesus Christus als Person (nicht als Machtsystem!) überhaupt je ihr Ziel finden
können. Solche Hingabe fragt nicht nach der Selbstbefriedigung in einem katholischen
„home sweet home“. Das scheint aber
die Frage zu sein, die konservative Gemüter erhitzt: man hat ihnen „my home is my castle“ genommen. Sie
greinen wie kleine Kinder nach ihren arkadischen Gartenzwergidyllen und
verweigern selbst doch die Hingabe an den, der keinen Ort hatte hier, an den Er
sein Haupt legen konnte. Der katholische Traditionalist will in aller Regel
auch nichts anderes als der Progressive: größer sein als der Herr.
Schon im Sandkasten spielen kleine Buben
„Wer wird Chef“ und „Der Bestimmer – das kann nur ich sein!“.
Solche widerwärtige Egomanie gepaart mit Religion ist ein wahrer Alptraum. Trifft
man im Milieu traditioneller Katholiken auf die Gehorsamsdiskussion, fällt auf,
dass viele dort großzügig und teilweise sogar hochaggressiv den Gehorsam
anderer fordern, aber selten selbst einfach stillschweigend gehorchen… Der
Gipfel der Perversion ist im Piuslager zu finden: die Oberen genehmigen sich
selbst „Widerstand“, also Ungehorsam gegen den „Heiligen Vater“ aufgrund eines
„Notstandes“, den man eigenmächtig und allgemein postuliert und definiert,
fordern aber von den eigenen Anhängern geradezu sektiererisches Gewehr-bei-Fuß
ein, mehr als es die Kirche je getan hat und das auch noch auf vulgärstem
Niveau.
Der Frage, auf welcher Basis wir „im
Abendland“ leben, wollen wir uns nicht stellen und flüchten ins Moralisieren. Da
findet sich immer ein Thema. Solange es noch 2D-Feinde gibt, ist die Welt in
Ordnung. Es ist so viel leichter „Nein“ zu etwas zu sagen, als das „Fiat“ („Es
geschehe“) der Gottesmutter zu sprechen und einem Entwurf zu folgen, der höher
ist als unsere Vernunft.
Das Ziel unseres Lebens kann nur
der Himmel sein. Kein Himmel, in dem man fressen, saufen und huren darf, wie
das manche Religion vorstellt, wo es einfach so weitergeht wie auf Erden, bloß noch
partymäßiger, sondern in dem die selige Anschauung Gottes, die endgültige Erhebung
zu und Vereinigung mit Gott, die alles übersteigt, was wir hier kennen, meine
Erfüllung sein wird.
Tief lag dies in mir verborgen von
Anfang an. In Dir nicht, lieber Leser? Kennst Du diese Sehnsucht denn nicht
auch? Nur danach habe ich mich ausgestreckt in all meiner Schwäche. In ein
„Empor“, das ohne Läuterung nicht geschehen kann.
Ein begrenztes Erdenleben, über das
ich aber hinauszudenken vermag, als einziges Gattungswesen hinzudenken vermag, kann in sich selbst kein endgültiges
Ziel sein! Es ist Prüfung; Schulung und Reinigung … oder eben vertane Zeit. Man
kann die Zeit auf hohem Niveau vertun. Meine Natur hielt Ausschau nach dem
Übernatürlichen und nach der Huld Gottes. Sie seufzte danach, das Gewand zu
erhalten, das über den Tod hinaus rettet…
4. Europas Zukunft an der „Platform Nine and Three Quarters“
Der Boden fürs Surreale ist unterdessen
vorbereitet. Lange schon. Der Bruch mit dem realen Abendland erfolgte, seitdem
es ein Abendland gab. Das christliche Abendland fußt auf dem römischen Reich,
aber der es ablöste, der Papst und die Kirche, verlor es immer wieder an den
Kaiser, die Fürsten, später die Nationen, Revolutionen und Führer. Eine
Konvulsion folgte auf die andere. Jede war schlimmer als die vorige. Und dann
gab es den europäischen Nordosten, der nicht zu Rom gehörte… ein europäisches
Zweit-Thema für sich, dessen Brisanz keineswegs „erledigt“ ist mit der Öffnung
des „Eisernen Vorhangs“. Manche bilden sich ein, das Licht käme nun aus dem
Nordosten, was ich für eine kindische Illusion halte.
Wo ist das Abendland heute? Und vor
allem: welches Abendland? Welches der historischen und gegenwärtigen
Abendländer?
Welches Abendland wollen wir?
Das für die Botschaft Jesu Christi
offene Abendland? Gab es das pauschal jemals? Oder wirkte die Kirche in einigen
Menschen segensreich, so sehr, dass sie wie einst die fünf Brote und die zwei
Fische Millionen von Menschen dienen konnten?
Wollen wir die Machtkämpfe Karls
des Großen, die bis heute Gegenstand der historischen Forschung bleiben in all
ihrer Doppelbödigkeit?
Das Abendland des frühen
christlichen Mittelalters zur Zeit der Ottonen?
Das des Investiturstreites?
Das der Renaissance mit ihren genialen
Kunstschöpfungen, Entdeckungen, Gewaltexzessen und der beginnenden Hybris?
Das der Reformation, die vor allem
religiöse Entzweiung, drei Jahrzehnte Krieg, Blut und Verzweiflung und eine
gigantische konfessionelle Zersplitterung gesät hat?
Oder das des aufgeklärten
Absolutismus mit seinen hurenden, fressenden und die Landeskinder in sinnlosen
Thronstreitigkeiten verheizenden Monarchen?
Oder wollen wir das Europa der
französischen Revolution mit seiner Perversität, den Massenmorden an allem und
jedem, der nicht dem Diktat der „Nation“ folgen wollte?
Wollen wir das chaotische 19. Jh
wieder mit seinen Nationalismen und der sozialen Verelendung der Arbeiter?
Niemand kann das Abendland im 20.
Jh wieder zurückholen wollen. Niemand!
Oder picken wir uns einen der
wirklich guten und christlichen Fürsten heraus, die es tatsächlich auch gab,
und stellen uns vor, „früher“ sei alles so gewesen wie in dessen kurzer
Regierungsspanne, verkennend, dass es der Herr selbst war, der deren Wirken zum
fruchtbaren Segen werden ließ?
Der „Kontinent“, der die Zeit ab
der Menschwerdung des Herrn rechnete und nach wie vor rechnet, wurde reich
beschenkt und hat sich doch so oft und immer infernalischer am Ende
missbräuchlich berauscht an dem, was ihm einst zur sorgsamen Pflege anvertraut
war: die Sakramente, das heilige Messopfer, die Rettung der Seelen…
Wenn ich einen Wunsch äußern
dürfte: ich wollte das benediktinische Europa, die Zivilisierung und Erhebung
des Kontinents im „Ora et labora“ des
heiligen Benedikt von Nursia wieder haben, wenn es nur ginge.
O mein Gott – welches Abendland
meinen wir aber gemeinhin, wenn wir von Europa sprechen?
Oder meinen wir nur noch ein
wurzelloses Konstrukt, in dem permanent Machtverhältnisse „aufgebrochen“,
Konflikte inszeniert werden, um im verordneten, artifiziellen „Aufbruch“ zu
sein? Dekonstruktion im Verbund mit Beschleunigung, eine Art suizidaler Euro-Buddhismus,
an dessen Ende die Erkenntnis steht, dass alles Illusion war und die personale
Selbstauflösung die einzige Rettung aus dem Rad des Lebens, das von Gier, Hass
und Ignoranz angetrieben wird, sein kann?
Oder einen Schmelztiegel, der
keinen Menschen mehr das sein lässt, was er von sich aus gerne sein wollte?
Weder den Fremden noch den Einheimischen?
Europa als Falle, das mit
sinnlichen Freuden lockt und hernach die armen Seelen in Kröten und hässliche Zwerge
verwandelt und in seine Verließe bannt?
Ist es das, was wir meinen?
Wo ist der Einstieg in dieses
wunderbare Abendland?
Die Fantasy-Literatur hat uns
längst eine Flucht in die europäische „Anderwelt“ herbeigeschrieben:
Wir steigen am „Gleis
Neundreiviertel“ (Harry Potter) sowohl ein als auch aus, hinein und wieder
heraus aus der abendländisch-permanent-aufbrechenden Grauwelt in die
fantastische, regenbogenfarbene Konsumwelt hinter dem Gleis Neundreiviertel, in
der auch noch der letzte Loser gewinnt, irgendwie gewinnt, auch wenn er dazu seine
Seele verkaufen muss. Er kehrt als Schwanzlurch zurück, wird zum Papiertiger
umgeformt, um sich nach Schichtende schnell wieder auf Gleis Neundreiviertel zu
beamen und als supertapferer und erfolgreicher Jack Sparrow-Pirat im Magic-Modus
zwischen den Welten weiterzuspielen.
Zum Trost gibt es seit einiger Zeit
das Spielelement der „mehreren Leben“... in Computerspielen, Fantasy- ,
Science-Fictionfilmen und Gothic-Ritter- oder Warrior-Cats-Romanen.
Und im Wellnesskurs um die Ecke
erhält man die Einführung in Sachen Reinkarnation und Karma gratis. Weil von
einem einzigen, armen Leben nichts mehr zu erwarten ist, erhalten wir die
nötige spirituelle, für europäische Schwachbrüste zurecht gebürstete Unterlage,
um weiterzukriechen. Irgendwie weiterzumachen. Und immerhin dürfen wir essen,
trinken und sexen bis zum Abwinken. Das ist doch schon mal was.
Wir sind halbtot. Oder
neundreiviertel-tot.
5. Fragen
über Fragen
Ja, ich, ich habe noch viele
Fragen… Sehr viele Fragen.
Aber eines steht mir deutlich vor
Augen:
Der gesamte Verlauf der
abendländischen Geschichte ist - im
Gegensatz zu allen anderen Erdteilen – von Anfang an apokalyptisch. Das
Geheimnis der Bosheit hat hier parallel zur Entfaltung des katholischen
Glaubens gewirkt – beides mit erhöhter Kraft.
Wir hatten die Wahl zwischen der
reinen und erhabenen Himmelskönigin Maria und der lüsternen Prinzessin Europa.
Die Dummheit und Hübschheit der
Prinzessin Europa scheint uns näher zu stehen als die Schönheit und Weisheit
der Gottesmutter.
Irgendwann wird man nicht mehr nach
Europa suchen.
Ob dann aber eine neue Stadt auf
Erden gegründet werden kann an ihrer Stelle – das vermag ich nicht zu glauben.
Vielleicht werden sich viele
wundern, dass die wahre Stadt, das himmlische Jerusalem, unsere „Mutter“, die
Stadt Saras, die Gott selbst „Herrin“ – ein Vorauswurf der Jungfrau Maria - nannte,
die „Freie“, eben doch nicht auf Erden, wie Johannes XXIII. es verfälschend in
der Eröffnungsrede zum Vaticanum II darstellte, sondern im Himmel aufgerichtet
wurde – wie es der Völkerapostel Paulus von Tarsus im Galater- und im
Hebräerbrief und der reine Apostel Johannes in der Geheimen Offenbarung einst
vorhersahen.
© April 2015 by Hanna Maria Jüngling