Sonntag, 4. Dezember 2016

Adventus II



Adventus II:

Mariae Heimsuchung



Zwei Mütter, zwei Kinder.
Eine Mutter und ihr Kind, ergraut, dem Alten zugehörig.
Eine Mutter und ihr Kind, eine Jungfrau, dem Neuen zugehörig.

Eine Mutter, in Schmerzen kinderlos alt geworden.
Eine Mutter, die freiwillig das Joch der Kinderlosigkeit auf sich genommen hatte.

Und die Männer dieser Frauen?
Beide sind verstummt, mussten verstummen.
Gott hieß sie schweigen.
Der Vater der Alten wurde mit Verstummen-Müssen für seinen Unglauben bestraft, der andere schwieg von selbst, weil er ein Gerechter war.

Die Mütter redeten im Heiligen Geist, beide, die Alte und die Junge.
Und wie sollten die Kinder geisterfüllter Mütter nicht ebenfalls von ihm erfüllt sein: Der Sohn der Alten war schon im Mutterleib von Ihm erfüllt.
Der Sohn der Jungen war heilig.

Welch eine Konstellation.

Zur Zeitenwende erscheint der Engel Gabriel einem Priester des alten Bundes, um ihm einen Vorausschein des kommenden Heils anzusagen.
Zacharias aber, dieser Repräsentant des Alten Bundes, weiß es besser als Gott – das Dilemma Israels und auch der Herrschaft des Mannes im Alten Bund, die stets in der Gefahr standen, Gottes unverbrüchliche Liebe zum ungetreuen Israel zu konterkarieren.
Nicht umsonst heißt es später im Johannes-Prolog, „nicht aus dem Willen des Mannes“ würden die Kinder Gottes geboren.

In unserer Geschichte ist das eine geradezu weltstürzende Realität.

Doch sehen wir uns doch die Texte im Lukas-Evangelium genauer an:

5 Zur Zeit des Herodes, des Königs von Judäa, lebte ein Priester namens Zacharias, der zur Priesterklasse Abija gehörte. Seine Frau stammte aus dem Geschlecht Aarons; sie hieß Elisabet.
6 Beide lebten so, wie es in den Augen Gottes recht ist, und hielten sich in allem streng an die Gebote und Vorschriften des Herrn.
7 Sie hatten keine Kinder, denn Elisabet war unfruchtbar, und beide waren schon in vorgerücktem Alter.

(Lk 1)

Schon im ersten Satz fällt auf, dass nicht ausdrücklich Zacharias, der nur mittelbar über Abija als Aaronide gekennzeichnet wird, sondern seine Gemahlin Elisabeth als Frau aus der Elite der priesterlichen Vorfahren stammt.
Sie ist direkte Nachfahrin des „Ur-Priesters“ Aaron, des „Ahnvaters“ aller von Gott am Sinai eingesetzten Priesterschaft, dem Bruder des Moses und der Miriam.
Man fragt sich schon an dieser Stelle, wenn man genau liest, warum ihre Herkunft so ausdrücklich hervorgehoben wird.
Diese drei Geschwister, die beim Auszug Israels aus Ägypten die führende Rolle spielen, stammen von Amram und Jochebet, einem Ehepaar aus dem Stamm Levi, der allgemeinen israelitischen Priesterkaste.
Aarons Rolle in der Tora ist vielschichtig. Obwohl er der Erstgeborene ist, scheint er doch nicht der Führer zu sein, sondern der priesterliche Beistand zur Führerschaft des Moses. Die Tora berichtet uns, dass Aaron und Miriam sich – offenbar unter der Führung Miriams - gegen den Vorrang Moses aufgelehnt haben. Miriam wird deshalb mit Aussatz und mit Ausschluss aus dem Lager der Israeliten für sieben Tage bestraft. Sie kehrt nach Verbüßung dieser Strafe geheilt zurück. Ihr Aufstand gegen Moses ist wie ein Nachhall auf Eva. Aber diese Episode bestätigt dennoch die Führerrolle einer Frau, die in Gen. 3 vorhergesagt ist und die Heilung in Aussicht stellt. Warum ist es ausgerechnet die Frau hier, die die irdische Hierarchie des Erstgeborenen einfordert? Gott will das nicht, diese Sündenordnung!
Gott bestätigt seine Wahl des Zweitgeborenen, aber auch seine Hinwendung zu den beiden anderen als Priester und Propheten.
Schon hier zeigt sich, dass Gott in der Wahl seiner Heilsträger nicht den Gesetzen folgt, die doch sonst dem gängigen hierarchischen Denken gemäß als „gottgegeben“ angesehen werden: Wie einst bei Abel, wie einst bei Jakob, erwählt der Allmächtige auch unter den drei Geschwistern nicht den Erstgeborenen, sondern den Zweiten. Und bei David erwählt er nicht den Zweiten, sondern sogar den Letzten und Kleinsten...
Allen drei Geschwistern gibt er eine Schlüsselrolle, und ohne die beiden anderen wäre Moses verloren gewesen.
Aaron ist zugleich der, der dem Murren des Volkes nicht standhält, als Moses auf dem Sinai das Gesetz empfängt, und das Kultbild des goldenen Kalbs anfertigt und davor Rituale durchführt.
Im Buch Leviticus wird der von Gott angeordnete Einsatz Aarons in sein Priesteramt wie eine Königskrönung vollzogen. Und der Prophetin Miriam ist es gegeben, die Rolle aller Prophetinnen vorzuformen.
Aus diesem Geschlecht also stammt mit besonderer Hervorhebung Elisabeth, die Frau des Zacharias.

Zu beachten ist ebenfalls, dass ausdrücklich beiden Personen Gerechtigkeit im alten jüdischen Sinne zugesprochen wird. Sie sind nicht, wie heutzutage oft so leichtfertig gesagt wird, „Sünder wie alle“, sondern ein Mann und eine Frau, die sich „streng“ darum mühen, den Willen Gottes in ihrem Leben wirklich werden zu lassen. Diese Beschreibung ist eine außerordentliche Auszeichnung für beide.

Doch wie geht es weiter?

11 Da erschien dem Zacharias ein Engel des Herrn; er stand auf der rechten Seite des Rauchopferaltars.
12 Als Zacharias ihn sah, erschrak er und es befiel ihn Furcht.
13 Der Engel aber sagte zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias! Dein Gebet ist erhört worden. Deine Frau Elisabet wird dir einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Johannes geben.
14 Große Freude wird dich erfüllen und auch viele andere werden sich über seine Geburt freuen.
15 Denn er wird groß sein vor dem Herrn. Wein und andere berauschende Getränke wird er nicht trinken und schon im Mutterleib wird er vom Heiligen Geist erfüllt sein.
16 Viele Israeliten wird er zum Herrn, ihrem Gott, bekehren.
17 Er wird mit dem Geist und mit der Kraft des Elija dem Herrn vorangehen, um das Herz der Väter wieder den Kindern zuzuwenden und die Ungehorsamen zur Gerechtigkeit zu führen und so das Volk für den Herrn bereit zu machen.
18 Zacharias sagte zu dem Engel: Woran soll ich erkennen, dass das wahr ist? Ich bin ein alter Mann und auch meine Frau ist in vorgerücktem Alter.

Es ist eine ungeheuerliche Ansage, die da an den Priester Zacharias gerichtet wird. Er und seine Frau sollen ein Kind zeugen, obwohl doch, wie einst bei Abraham und Sara, ihr Leib erstorben ist, und dieser Sohn soll schon im Mutterleib vom heiligen Geist erfüllt sein.
Diese Ansage ist Zacharias zuviel. Zu viele Informationen auf einmal:

Als Greise sollen sie Vater und Mutter werden. Das Kind wird eine große Freude für alle darstellen. Und dann dieser Satz, nochmal schreibe auch ich ihn nieder:
Es wird schon als Fötus geisterfüllt sein – das ist unerhört, das gab es doch noch nie! Und dann wird er großes Heil in Israel bewirken und dem „Herrn den Weg bereiten“…

Und dennoch offenbart sich in Zacharias Reaktion Verbitterung und Stolz. Er wusste doch, dass Gott auch einst der Sara den verheißenen Sohn schenkte. Er wusste doch, dass bei Gott alle Dinge möglich sind. Dass seine Reaktion nicht recht war, zeigt sich daran, dass seine Frau nicht so reagierte wie er. Der Engel lässt sich auf keine Debatte ein und gibt ihm strenge Worte zurück:

19 Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und ich bin gesandt worden, um mit dir zu reden und dir diese frohe Botschaft zu bringen.
20 Aber weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die in Erfüllung gehen, wenn die Zeit dafür da ist, sollst du stumm sein und nicht mehr reden können bis zu dem Tag, an dem all das eintrifft.

Das Volk stand unterdessen draußen und erwartete von Zacharias den aaronitischen Segen. Er dauert lange, bis er kam, und dann erlebten die Wartenden etwas Merkwürdiges:

22 Als er dann herauskam, konnte er nicht mit ihnen sprechen. Da merkten sie, dass er im Tempel eine Erscheinung gehabt hatte. Er gab ihnen nur Zeichen mit der Hand und blieb stumm.

Kurz danach empfing Elisabeth einen Sohn und pries Gott, lebte aber die ersten fünf Monate ihrer Schwangeschaft verborgen.

Der Evangelist Lukas erzählt im nächsten Abschnitt, wie der Engel Gabriel Maria erscheint:

26 Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret
27 zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria.
28 Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.
29 Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe.
30 Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden.
31 Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben.
32 Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben.
33 Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.
34 Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?
35 Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.6
36 Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat.
37 Denn für Gott ist nichts unmöglich.
38 Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.

Diese Erzählung hat literarisch gesehen eine ähnliche Struktur wie die der Erscheinung des Engels Gabriel bei Zacharias. Beide erschrecken, als sie Gabriel gewahr werden. Wie Zacharias etwas Unerwartetes und nach menschlichem Ermessen Unmögliches verheißen bekommt, so geschieht dies auch Maria. Und beide äußern Unverständnis und fragen, wie dies möglich sein soll.
Wer genauer hinsieht, erkennt jedoch, dass Maria nicht in Frage stellt, dass all das, was ihr angesagt wird, geschehen soll.
Sie will vielmehr wissen, wie sie schwanger werden soll, da sie doch mit keinem Mann schläft. Diese Formulierung ist so generell, dass nicht herauszulesen ist, dass sie je vorhätte, mit einem Mann zu schlafen. Leicht hätte man ja denken können, dass die logische Folgerung aus des Engels Anfangssätzen ist, dass Maria Geschlechtsverkehr haben soll, um diesen Sohn zu zeugen. Aber genau dies scheint vollkommen ausgeschlossen zu sein. Ihre Jungfrauenschaft ist absolut und kann nicht aufgehoben werden. Ihre Frage offenbart uns, dass sie selbst das so sieht, aber auch davon ausgeht, dass Gott dies weiß. Zurecht hat die Kirche von Anfang an auf ein Gelübde geschlossen.

Maria ist – anders  als Zacharias – in außerordentlicher Weise „begnadet“. In ihrem Fall wundert sich der Leser, dass der Engel nicht einem Mann, etwa Josef, zuerst  erscheint, wo doch der Mann der vor allem selbsternannte und dem Augenschein nach auch bestätigte bevorzugte Adressat aller Heilsabsprachen ist. Er ist „der Erste“, wie er selbst glaubt.
Aber wir haben es schon gesehen – Gott erwählt so oft den Zweiten, nicht den Ersten.
Diese Souveränität Gottes entspringt keiner Willkür, sondern seiner Sicht auf die Dinge. Nur er weiß, wer wirklich die Ersten sind. Und bei ihm gilt bekanntlich kein Ansehen der Person.
Marias berühmtes „Fiat“ beendet diesen Diskurs zwischen Gottesboten und Mensch.

Bei Zacharias behielt sich der Engel das letzte Wort vor, bevor er Zacharias zum Schweigen verurteilte.
Bei Maria behält die Frau das letzte Wort.
Und dieses letzte Wort ist die Bestätigung des Menschen, dass Gottes Wort gelten soll.

Maria macht sich nach dieser Ansprache auf und besucht Elisabeth.
Das ist die berühmte Szene von „Mariae Heimsuchung“
Das geisterfüllte Kind der Elisabeth spürt sie nahen und hüpft im Leibe seiner alten Mutter. Daraufhin erfüllt der Heilige Geist auch Elisabeth und sie ruft die Worte aus, die niemals mehr vergehen werden:

42 Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.
43 Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
44 In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.
45 Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.


Elisabeths Sätze bestätigen uns gleich mehrere Überzeugungen der Kirche:
Maria ist die Mutter des Herrn. Und der Herr ist immer Gott. Maria ist auch nach der Schrift die „Mutter Gottes“, Gottesgebärerin, wie auf dem Konzil von Ephesus dann abschließend definiert wurde.
Zugleich wird hier von einem Gesegnetsein aller Frauen gesprochen, das bei Maria noch übertroffen wird.
Dieses Gesegnetsein aller Frauen leuchtet geheimnisvoll heraus. Was meint es? Die Kompetenz, Mutter zu sein? Wohl auch, aber es scheint doch noch viel mehr zu sein. Etwas Verborgenes. Etwas, das man nicht scharf sehen kann.
Aus der Reaktion Marias auf diese Worte wird einerseits auf den Lobgesang der Hanna zurückgegriffen, andererseits präzisiert er die Rolle der Frau in einer nicht nur für damalige, „patriarchalische“ Verhältnisse bestürzenden Weise:

46 Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn,
47 und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
48 Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
49 Denn der Mächtige hat Großes an mir getan und sein Name ist heilig.
50 Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.
51 Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;
52 er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
53 Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.
54 Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen,
55 das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.

Die beiden ersten Verse bezeugen, dass Seele und Geist der Frau Gott erkennen und loben dürfen … und dass er der Retter ist, ausdrücklich der Retter der Frau.
Danach erfahren wir, dass die Sängerin für immer seliggepriesen werden wird, weil Gott an ihr Großes getan hat.
Auch dies ein eindeutiger biblischer Hinweis darauf, dass die Gottesmutter mit hyperdulia, mit außerordentlicher Verehrung zu bedenken ist von jedem Christgläubigen!
Nicht, weil sie selbst etwas wäre, ist sie zu verehren, sondern weil Gott sie erwählt hat für sein Werk.
Bedenken wir: noch nie hat ein Patriarch sich selbst solche Worte zuschreiben dürfen!
Es ist außerordentlich und bleibt außerordentlich.
Und der Tag, an dem Männer nachgezogen haben und sich selbst ähnliche Ehre heranziehen wollten, war der Tag des sichtbaren Abfalls vom Glauben.
Maria schärft es uns allen ein: Gott ist heilig!
Wehe dem, der den Allmächtigen belehren oder ihm Ehre abringen will für die eigenen Person und Rolle – diejenigen stößt er herab wie den gefallenen Engel und nichts hindert ihn, die Zweiten zu erheben, wenn sie Gnade vor ihm finden, weil die Ersten versagten.
Was sich anmaßte, groß sein zu sollen, soll „leer ausgehen“.
In Zacharias temporärem Verstummen wird dies plastisch, obwohl er immer noch als Gerechter des Alten Bundes gesehen wird:

Aber weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die in Erfüllung gehen, wenn die Zeit dafür da ist, sollst du stumm sein und nicht mehr reden können.“

Zacharias ist ein Gerechter, ein Mann und ein aaronitischer Priester und glaubt doch nicht, nicht da, wo Gott sich als der Lebendige zeigt.
Anders seine Frau. Sie wird erfüllt vom Heiligen Geist und erkennt die Begnadete. Ihre Worte an Maria formulieren das Gegenteil zu dem, was ihren Mann betrifft:

Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.“

Die Geschichte um Johannes und Jesus und ihre Mütter ist ein Schlüssel zum Verständnis des Heilsgeschehens.

Der alte Bund und seine Priesterschaft scheint in Elisabeth und Johannes noch einmal auf, aber nur, um nun den Staffelstab zu übergeben. Die Übergabe erfolgt nicht über das Priestertum des alttestamentlichen Mannes direkt, sondern über die Frau und deren Sohn, der sich Gott weiht, ehelos und arm in der Wüste lebt, von Heuschrecken und wildem Honig lebt, ein härenes Gewand trägt und zur Umkehr ruft.
Sein Vater Zacharias muss schweigen, bis diese Übergabe geschehen durch Elisabeth ist.
Danach wird auch seine Zunge gelöst.
Ähnlich ist es bei Josef, dem Daviden.
Auch er ein Gerechter.
Auch er muss schweigen, wird nichts gefragt, erhält nur mehr Weisung, während seine keusche Frau um Ihr Einverständnis gefragt wird und ohne jedes Zutun des Mannes empfängt und zur Heilsträgerin des größten Kindes wird, das je geboren wurde.

„Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer.“

Nach diesen Worten Jesu ist Johannes das größte Kind des Alten Bundes (Mt 11, 11), nach der Ordnung Aarons, gezeugt von unfruchtbaren Eltern, geboren aus einer greisen Frau, deren Glauben den Unglauben des Mannes wettmachen konnte.

Jesus selbst aber ist das größte Kind der ganzen Welt, nach der Ordnung Melchisedeks, die diejenige vom Sinai um eine Ewigkeit übersteigt. Geboren von einer Jungfrau in der Kraft und unter dem Schatten des Heiligen Geistes.
Und das erkennt Elisabeth auf einen Blick:
Sie selbst ist die Mutter des „größten Menschen“ Israels, aber die, die da kommt, ist die Mutter des „Kyrios“, des Herrn.

Der Alte Bund ist in Elisabeth ein letztes Mal ganz repräsentiert. Johannes selbst nimmt sich schon als Vergehenden, Schwindenden angesichts dessen, der da kommt, wahr. Immer wieder bekennt er, dass der, dem er den Weg bereitet, größer ist als er:

29 Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihn hört, freut sich über die Stimme des Bräutigams. Diese Freude ist nun für mich Wirklichkeit geworden.
30 Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden.

(Joh 29)

Israel ist der Freund des Bräutigams, und das wird niemals aufgehoben. Das ist seine Erwählung.
Der Freund tritt zurück, wenn der Bräutigam kommt.
Die Braut ist die „Tochter Zion“, Israel, aber nicht nur Israel, sondern aus der Menschheit alle, die guten Willens sind, und das ist die Kirche.

Wie in einem großen Zeichen verliert Johannes am Ende sein Haupt. Oberflächlich betrachtet deswegen, weil er für die Reinheit und Unverbrüchlichkeit der Einehe einstand. Er begründete seinen Einstand mit der Tora und wies doch weit über sie hinaus auf ein Neues.
Die Ehe – das Sakrament der Vermählung Christi mit denen die guten Willens sind.
Aber tiefer betrachtet verlor der Alte Bund sein Haupt. Johannes gab sein Leben, um die Vermählung Christi mit allen, auch denen, die nicht aus Israel kommen, zu ermöglichen.
Und deswegen ist er der größte Mensch des Alten Bundes, und seine Mutter ist symbolisch die, die den Stab Israels an Maria übergab, die schon dem Neuen Bund zugehörig ist, weil sie vorauserlöst ist und vollständig begnadet war als erste der künftigen Schar der Christgläubigen.