Fake Heavens
Betrachtungen zur aktuellen Flache-Erde-Diskussion
1.
Wie kommt es, dass die Flache-Erde-Theorie in den letzten Jahren so viele
Menschen ansprechen kann?
Seit einigen Jahren tobt im deutschsprachigen
Internet eine Welten-Schlacht. In den USA existiert darüber hinaus auch eine entsprechende
Debatte in verschiedenen Buch-Veröffentlichungen. Es ist, um es ein wenig
simplifizierend zu sagen, die Schlacht zwischen „Flacherdlern“ und
„Kugelerdlern“. Zunächst wird jeder, der damit konfrontiert wird, den Kopf
schütteln und sagen: Aber das alles ist doch längst geklärt. Je mehr man sich
mit der Sache befasst, desto klarer wird einem, dass tatsächlich an der
omnipräsenten Kosmologie, die uns als die zweifellos wahre eingeprägt wurde,
manches nicht stimmen kann. Wie in der Szene immer wieder zu hören ist von
Menschen, ist es die Reaktion des Bewusstseins, dass das, was man uns sagte,
schwergängig war, offenbar der eigenen Gestalt zuwider war, „irgendwie nicht
passte“, und dass im Modell der Flachen Erde „alles plötzlich Sinn ergibt“ und
man sich als Mensch auf einer so vorgestellten Erde besser einfinden kann.
Anders als viele unkritische
Geister es tun, möchte ich diese Äußerungen unbedingt ernst nehmen. ME weisen sie
auf ein Grundproblem der postmodernen Kosmologie hin.
Für mich stellt sich die Frage, ob
es sachlich wirklich nur um zwei rein materiell erdachte Erdgestalt-Modelle
geht, sondern nicht vielmehr um etwas ganz anderes. Die Erbitterung und
Unzivilisiertheit, mit der insbesondere die heliozentrische „Mainstream“-Seite um
sich schlägt, die als der monopolisierte „Marktführer“ und „evidenter
Rechthaber“ doch gar nichts zu befürchten haben sollte, ist überraschend und macht
hellhörig.
Eine zahlenmäßig immer noch kleine,
aber anscheinend wachsende Gruppe von einflusslosen Menschen bezweifelt offen
und hartnäckig, dass das hypothetische Weltbild, das uns seit ca. 500 Jahren,
seit der legendären „kopernikanischen Wende“ mit zunehmender Einseitigkeit als das fraglos „Wahre“
im Gegensatz zum „Falschen“ (vergangener Zeiten und v.a. der Religionen) als
zentraler Gegenstand einer „hohen Bildung“ vermittelt wird, zutrifft. Sie kann
sich dabei auf eine Tradition des Zweifels und alternativer Modelle stützen,
die die „Revolution“ des Heliozentrismus mit all ihren nie bewiesenen Prämissen
und Behauptungen von Anfang an ablehnte. Im 19. Jh erreichte diese
„alternative“ kosmologische Szene einen Höhepunkt. Im 20. Jh blieb sie bis zum
2. Weltkrieg lebendig, danach ging sie aus verschiedenen Gründen nieder und
taucht seit einigen Jahren wieder erneut und mit neuen Möglichkeiten und
Fragestellungen auf.
Warum aber gerade jetzt?
Im Zusammenhang mit den politischen
Katastrophen und bekannt gewordenen Propagandalügen insbesondere vor einer
Reihe von völkerrechtswidrigen Kriegen der letzten Jahrzehnte verfestigt sich
in einigen Menschen, auch solchen, die sich mit kosmologischen Fragen nicht
beschäftigen, der Verdacht, wir würden tagaus tagein belogen. Der arglose oder naive
Glaube an angebliche oder wirkliche, im Sinne einer Erleuchtung über die Dinge
verstandenen „Erkenntnisse“ der „Wissenschaft“ oder „wahre“ politische
Nachrichten verliert seit Jahrzehnten an Boden und flieht entweder in einen Wissenschafts-Dogmatismus,
der den Zweifel als Kapitulation eines komfortablen Lebensgefühls fürchtet,
oder er bekriegt jedes Widerwort wie einen ideologischen „Feind“, den es mit
allen Mitteln zu bekämpfen gelte. Das Monopol auf die Verbreitung von
Nachrichten, die zentrale Steuerung des Geldes und die einseitige Finanzierung
der wirkmächtigen Informationsverbreitung liegt in so wenigen Händen, dass
Misstrauen alleine schon vernünftigerweise angebracht sein sollte.
Ich bin überrascht darüber, dass so
viele heute den inflationär gegen jede Alternativnachricht oder -theorie eingesetzten
Totschläger von der „Verschwörungstheorie“ nachplappern, obwohl wir alle
wissen, dass es seit Menschengedenken kleine und große Verschwörungen, Lügen
und Verbrechen im Dienste „höherer Zwecke“ und naturgemäß auch deren
Verschleierung gibt.
Es kann sachlich nur darum gehen,
ob solche Versuche — im Falle von Ungereimtheiten in der offiziellen
Darstellung — die Wahrheit herauszufinden, Argumente vortragen, die stichhaltig
sind, die man bedenken sollte oder eben mit triftigen Gründen nicht.
Die Unsicherheit über das offiziell
verbreitete Weltbild lässt bei den wacheren und skeptischeren Zeitgenossen wie
in einem Dominoeffekt eine scheinbare „Wahrheit“ nach der anderen einstürzen. Vielen
geht auf, dass nicht nur die während des Kalten Krieges dämonisierte,
kommunistische Welt die Gehirne und Seelen programmiert hat („Gehirnwäsche“),
sondern auch der Westen unter der Führung der USA dies tat und tut, und dies
vermutlich viel geschickter und perfider. Das Vertrauen der Menschen wurde nachhaltig
korrumpiert. Viele haben den Eindruck, sich in einer Lage zu finden, in der ihnen dämmert, dass manches
vielleicht noch einmal ganz von vorne durchbuchstabiert werden muss, weil die
Wand, an die sich das korrupte System seit Jahrzehnten fährt, nicht mehr allzu
fern sein dürfte.
Während noch meine Generation mit
der hermetischen Vorstellung aufwuchs, man habe im finsteren Mittelalter
geglaubt, die Erde sei eine „Scheibe“, von der man herunterfallen könne, und
eine hämische und herablassende Haltung gegenüber solcher vormaliger „Unbedarftheit“
gleich mit erlernte, beeilen sich heutige Verfechter der „Wahrheit“ der heliozentrischen
Theorie über das All, die sich zu einem quasireligiösen Dogma entwickelt hat,
zu betonen, „gebildete“ Menschen hätten schon in der Antike und im Mittelalter „gewusst“,
dass die „Erde eine Kugel“ sei. Die Beweislage für solche
wissenschaftshistorischen Behauptungen ist allerdings mehr als dünn bzw eine
Milchmädchenrechnung (s.u.). Es ist leicht erkennbar, dass mithilfe einer
solchen Behauptung das Terrain der Zweifler noch mehr eingeengt werden soll,
als es bereits eingeengt ist: nicht nur der heutige Mensch, sofern er seriös
ist, „weiß“, dass „die Erde eine Kugel“ ist und „um die Sonne kreist“, sondern
schon die Alten, sofern sie seriös waren, „wussten“ das. Man nimmt eine
Rückprojektion heutiger Bewusstseinslagen in die ferne Vergangenheit vor, ohne
zu berücksichtigen, dass alleine schon dieses Ansinnen unwissenschaftlich und
absurd ist. Die Theorien der Antike sind begrifflich mit dem, was man heute
denkt, nicht einfach identisch, selbst dann, wenn bestimmte Begriffe dem
Anschein nach identisch im Spiel sind. Hinter Begriffen stehen Theorien, und
nicht bloße Wörter, sondern deren Begriffs-Horizont ist alleine entscheidend
für das Verständnis derer, die sie verwendeten. Die wissenschaftshistorisch
begründete Süffisanz postmoderner Heliozentriker beruht schlicht und einfach auf
geschichtlicher und naturphilosophischer Ignoranz.
Das derzeit gängige und „einzig
wahre“ Bild vom Kosmos hat seinen absoluten „Sieg“ erst nach dem 2. Weltkrieg
davongetragen und wurde seither über die ganze Welt verbreitet und zum
Gegenstand der meisten Bildungsprogramme erhoben und zum Gipfelpunkt eines
Erkenntnis- und Forschungsprozesses erklärt, der nicht mehr hinterschritten
werden könne. Anders gesagt: So sehr man die „kopernikanische Wende“ für
frühere Zeiten als Beweis für ein eigentlich doch unbegrenztes, evolutionäres
Erkenntnismodell feiert, so sehr schließt man aus, dass eine solche Wende je
noch einmal geschehen können sollte…
Überall tauchten suggestive
Globusmodelle auf — in allen Schulen, in Firmen-Logos, auf Buchcovern, in
Animationen und Skulpturen. Jedes Kinderzimmer soll durch einen von innen
beleuchteten Globus bestückt werden. Entsprechende Billigaktionen bei Aldi und
Lidl haben zu einer massenhaften Verbreitung dieses Spielzeugs beigetragen. Das
absolut wahre, „wissenschaftliche“ Weltbild wurde seit der Nachkriegszeit in Klassenzimmern,
Kinderfilmserien, selbst in die Comic-Literatur bis heute als die unumstößliche Wahrheit etabliert
und in die Bewusstseinswelten heutiger Menschen von klein auf injiziert und
durch einen seither massenhaft ausgebauten Literatur- und Filmbereich, das postmoderne
Science Fiction-Genre, zu einem omnipräsenten Paradigma postmodernen
Selbstverständnisses entwickelt.
Jeder kennt die Film-Serie
„Raumschiff Enterprise“ aus den 60ern oder „Star Trek“. Seit 1961 erscheint
wöchentlich im Groschenformat ein neues Abenteuer des Weltraumhelden „Perry
Rhodan“. In der weltbekannten und in zahlreiche Sprachen übersetzten belgischen
Comic-Serie „Tim und Struppi“ stellt gar eine Doppelausgabe („Reiseziel
Mond“/“Schritte auf dem Mond“) von 1953/54 die damals noch ferne Mondlandung optimistisch
so dar, als sei die für jedes Kind machbar und nur eine Reise in ein
Nebenzimmer der Erde, das im wesentlichen unter denselben physikalischen Gesetzen
stehe wie unser bekannter irdischer Lebensraum, und müsse nur etwas angereichert
werden durch mitgebrachte irdische Utensilien wie zum Beispiel Atemluft, Nahrung
und Wasser. In der Serie „Asterix“ wird immer wieder humoristisch die Angst des
gallischen Häuptlings Majestix erwähnt, der „Himmel“ könne ihnen eines Tages
„auf den Kopf fallen“. Und zeitgenössische Althistoriker, die sich die Mühe
gemacht haben, all jene historischen Szenarien, die die Autoren der Serie
darstellen, auf ihre „Richtigkeit“ hin zu prüfen, bestätigen ganz ernsthaft,
dass selbst dieses Detail der Darstellung stimme: „Lange Zeit vor Asterix hatten tapfere Kelten eine Unterredung mit Alexander
dem Großen. Der fragte sie, wovor sie sich fürchten. Die einzige Angst,
versicherten sie dem Kriegsfürsten, sei, dass ihnen der Himmel auf den Kopf
fallen könnte.“[1] Im Jahr 2005 erschien eine Ausgabe der
Asterix-Serie mit dem Original-Titel „Le
ciel lui tombe sur la tête“ („Der Himmel fällt ihm auf den Kopf“) und auf
Deutsch unter dem Titel „Gallien in Gefahr“. Asterix und Obelix entdecken, dass
Außerirdische eintreffen, woraus sich eine schräge Kampfsituation ergibt, die
mit einem Vergessenzauber der Erdbewohner endet, ein Motiv, das sich auch in
der Tim und Struppi-Folge „Flug 714 nach Sidney“ von 1968 findet.
Selbstverständlich reisen auch
Donald Duck und Mickey Mouse nach 1945 im Weltall herum, und es dürfte kaum
einen Menschen unter 50 Jahren geben, der nicht die berühmten Star Wars-Filme
und ihre Protagonisten kennt. Die Vorstellung, dass das All so ist, wie man es
uns sagt, und von dieser Vorstellung aus fantastische Geschichten in die
Geschichte zurück und voraus und dem Anschein nach „wissenschaftliche“
Meinungen und Überlegungen erzählt, prägt uns alle mehr oder weniger. Die
Mutmaßung, in dem solcherart „gebauten“ Universum gebe es in den Wüsten des leeren,
öden, so unsäglich plump materiell gedachten Alls ferne Galaxien und
Paralleluniversen und vor allem fremde Wesen, „Aliens“, die mit uns Kontakt
aufnehmen könnten oder unter deren Schutz wir seit langem stehen, wird eher
anerkannt und geglaubt als die Frechheit der „Flat Earther“, das gesamte
Kosmos-Konstrukt in Frage zu stellen.
Mit der postmodernen Kosmologie
wird unterschwellig auch eine Bewusstseinswelt projiziert. Man hat einen
bestimmten Strang astronomischer Hypothesen verabsolutiert und immer weiter
ausgebaut, zum alleinigen, denkbaren und „erlaubten“ Ausgangspunkt akademischer
Forschung positioniert und in einem halben Jahrtausend einen gigantischen, mithilfe
einer „Himmelsmechanik“ neuzeitlichen „Turm von Babel“ aufgestellt, der im
Rahmen dieser fest etablierten Wissenschaft nicht einmal mehr partiell
hinterfragbar ist, weil er sonst insgesamt zusammenbrechen könnte. Die Frage,
wo in einem solchen Konstrukt eigentlich ein Gott angesiedelt sein könnte, ist
zu einer undenkbaren Abstraktion geworden, die gläubige Menschen in eine
Distanz zu ihrem Glauben bringt, deren sie sich nicht bewusst zu sein scheinen.
Ein großer Teil biblischer Aussagen verliert schlicht seinen konkreten Sinn,
wenn man das moderne Kosmoskonstrukt für bare Münze nimmt. Kirchlicher
Konservativismus hat sich darum auf das 6. Gebot und ein moralistisches Dauerlamento
zurückgezogen, das aber wesentliche Problempunkte der Glaubenskrise nicht nur
nicht sehen will, sondern sogar leugnet. Ein solch gewichtiger Grund der Krise
liegt mE in der defensiven Kosmologie der Christen, die diesen Namen eigentlich
gar nicht mehr verdient. Die Kirche, die doch sonst so vieles zu dogmatisieren
müssen glaubte, das aus heutiger Sicht überflüssig erscheint, wie etwa die
Papstdogmen, hat es versäumt, die Relevanz kosmologischer Fragen zu erkennen.
An ihnen hängt aber, wie ich noch zeigen werde, für den Glauben unendlich viel.
Und ich möchte die Kirche fragen, ob sie nicht doch an dieser Stelle etwas
genauer hinsehen will. Sie war es, die von der Schöpfungswoche abwich und
Zeitmessgeräte und –theorien einführte, die uns in eine unmenschliche Welt der
Stechuhren und Vertaktungen geführt hat. Für Kalenderreformen brachte sie sogar
das Opfer von Schismen.
Wer also gegen diese Kosmologie
antritt mit Zweifeln, hat (noch) keine guten Karten, stehen doch Kirche und
Welt in sonst so seltener Eintracht gegen ihn, und macht sich zum Narren. Es
müsste entweder durch ein starkes Ereignis dieser „Turm“ mit einem Schlage
entzaubert („debunked“) werden oder ein gigantischer Geist eine alternative
Kosmologie vorlegen können, die es mit diesem jahrhundertealten
Wissenschafts-Mythos so augenscheinlich aufnehmen kann, dass der übermächtige,
gut bestallte Mainstream verstummen müsste. Für neue und ungewohnte
Erkenntnisse hat man sich aus Angst vor der Entmythologisierung des modernen
Kosmosmythos vollkommen verschlossen und tritt aggressiv um sich, sobald nur
der geringste Versuch in diese Richtung unternommen wird. Nicht zu vergessen
ist dieser Mythos militärisch und machtpolitisch gesehen ausgesprochen ergiebig.
In einem gewissen Sinn sind die
postmodernen Zweifler Kinder, die wie in Andersen Märchen ausrufen: „Aber da
ist doch gar nichts! Es ist alles Fake!“
2.
Die Verteufelung der sinnlichen und eigenständigen Wahrnehmung
Die Situation spitzt sich
allenthalben zu. Anhand der aktuellen politischen Vorgänge erleben wir, dass
die etablierten Institutionen und Parteien, ohne dies auch noch zu
verschlüsseln, alleine bestimmen wollen, was „Fake“ ist und was nicht. Die
Behauptung seitens der Merkel-Regierung, das, was ihr widerspreche, sei
„postfaktisch“, ist so dreist, dass man sich über die Bereitschaft immer noch
so vieler wundern muss, das zu schlucken. In einer solch totalitären Atmosphäre
lassen sich notwendige Debatten nur noch mit Mühe, unter Gefahren und
grundsätzlich nicht mehr fair durchführen.
Es scheint, dass wir an dem
Schlusspunkt von Andersens Märchen von des „Kaisers neuen Kleidern“ angelangt
sind: der Herrscher merkt, dass der Glaube an den kaiserlichen „Fake“ im Volk bröckelt,
aber anstatt aufzugeben und sich geschlagen zu geben, unternimmt er eine finale
Anstrengung, um die Täuschung nun gerade erst recht zu verteidigen:
„Das
ergriff den Kaiser, denn das Volk schien ihm recht zu haben, aber er dachte bei
sich: »Nun muß ich aushalten.« Und die Kammerherren gingen und trugen die
Schleppe, die gar nicht da war.“[2]
Unser postmodernes
Selbstverständnis ist dogmatisch, wenn es um die wissenschaftliche Erkundung
der Erde und des Alls geht:
Wer es wagt, einmal „gewonnene“ und
damit „sichere“ Forschungsergebnisse und „Erkenntnisse“ zu bezweifeln, der kann
nur verrückt, „beratungsresistent“ oder ein Spaßmacher sein. Es fällt an allen
Publikationen und Statements zu diesem Thema seitens der etablierten Kosmologie
ausnahmslos auf, dass sie schon in den ersten Sätzen die Meinungsgegner
disqualifizieren, wobei Sätze wie dieser noch harmlos sind: „…it can be difficult to believe that the
proponents actually take themselves seriously“[3].
Bevor man die Argumente und Fragen der „Flat Earther“ überhaupt neutral und
seriös angeht, schickt man schon voraus, dass sie ohnehin nicht ernst zu nehmen
seien. Auch dann, wenn „Mainstreamer“ auf Fragen , die von deren Seite gestellt
werden, keine überzeugende Antwort finden, kontern sie in aller Regel mit einer
expliziten oder impliziten Abwertung der Zurechnungsfähigkeit des Fragenden
oder leugnen in autoritärer Art und Weise überhaupt die Berechtigung einer
solchen Frage oder versteigen sich in immer neue, immer schrillere und
abstrusere Behauptungen in der Sache, für die ich gleich einige Beispiele geben
will.
Auch wenn der Diskussionsstil
seitens der etablierten Wissenschaft etwas moderater ausfallen sollte, wird der
Fragende immer damit ausgehebelt, dass er sich fälschlicherweise auf seine
Sinne und Folgerungen aus seinen Sinneswahrnehmungen verlasse, während der
„Fachmann“ „weiß“, dass es ganz anders sei, als man es sehe und erschließe, und
die Welt nun mal nicht erkannt werden könne, wenn man sich auf das verlasse,
was man auf der sinnlich-phänomenalen Ebene wahrnehme. Damit ist man immer
schachmatt gesetzt. Mit diesem Argument müsste man alles noch so widersinnig
Erscheinende glauben, ohne es selbst nachvollziehen zu können, weil ein
erhabener Zirkel „Erleuchteter“ vorgibt, hier mehr zu wissen als der normale
Mensch. Allerdings ist mit dieser Argumentationsfigur auch jeder visuelle
Beweis der Gegentheorie obsolet. Man hat den Bogen überspannt, und es ist eine
Frage der Zeit, wann er unter dieser Überspannung bricht. Die „Mainstreamer“
wenden vorerst die Truganfälligkeit der Sinne und alltäglichen Schlussverfahren
nur auf die entsprechenden Zweifel oder Gegenbeweise ihrer Gegner an, und das
bis hin zur Lächerlichkeit, während sie alles, was sie selbst mithilfe
sinnlicher Bilder zu beweisen können glauben, für absolut trugresistent halten.
Sie versichern dem Skeptiker, man könne eine gekrümmte Wasseroberfläche nicht
wahrnehmen, wenn er sagt, sie erscheine ihm stets horizontal und ungekrümmt,
reden uns aber ein, das verschwindende Schiff am Horizont versinke „wegen der
Erdkrümmung“, obwohl inzwischen in ungezählten Filmaufnahmen nachgewiesen
wurde, dass solche hinter der Erdkrümmung versunkenen Schiffe mit Leichtigkeit
wieder herangezoomt werden können und das Verschwinden aller Dinge aus unserem
Gesichtfeld an der Begrenztheit unserer Sehkraft und dem perspektivischen Sehen
liegt. Das berühmte Foto Joshua Nowickis, das die Skyline von Chicago ca. 95 km
entfernt von Michigan aus, also aus einer Entfernung klar und deutlich
aufnehmen konnte, die wegen der Erdkrümmung nicht möglich sein dürfte, wurde
von einem Metereologen in einer Fernsehshow als „Luftspiegelung“ erklärt.[4]
Daraufhin fuhren einige Leute nach Michigan und führten in Echtzeit eine halbe
Stunde lang vor, dass man Chicago unentwegt und ohne irgendeine Not aus näheren
und kürzeren Distanzen von einem Boot aus ganz locker und ohne jede
„Luftspiegelung“ fotografieren kann.[5]
Ein ähnliches Phänomen ist eine Tafel
am Ufer des Bodensees in Konstanz, die dem Besucher erklärt, er könne nicht bis
Bregenz sehen wegen des „Wasserbergs“, den die Erdkrümmung verursache.
Zahlreiche Bürger aber haben mit eigenen Augen vom Seeufer in Konstanz die
Uferpromenade in Bregenz gesehen. Eine Bürgerinitiative will diese Art
postmoderner kosmologischer Volksverdummung entfernt sehen.[6]
Es lässt sich leicht für jeden nachvollziehen, dass die behaupteten Sichtweiten
„wegen der Erdkrümmung“ falsch sind. Mit ein wenig Nachdenken sollte jedem klar
werden, dass alles, was man durch Heranzoomen sehen kann, nicht zugleich durch
eine Erdkrümmung verdeckt sein kann. Man dürfte aber auch vieles von dem, was
man ohne Not mit bloßem Auge erkennt, nicht mehr sehen können. So müsste die
behauptete Erdkrümmung unmöglich machen, das Seeufer von Arbon oder Romanshorn (ca.
10—15 km) vom Seeufer in Friedrichshafen aus zu sehen. Man sieht das aber bei
guter Sicht sogar mit bloßem Auge… Und es hat etwas durchaus Lächerliches, wenn
jeder Hinweis auf die Unsinnigkeit der Erdkrümmungs-Prämisse mit immer neuen
und absurderen Erklärungen wie „Luftspiegelungen“ oder „gekrümmtem Sehen“ oder
überhaupt den unüberschaubaren „Dimensionen“ der Kugelgestalt der Erde und
dergleichen abgeschmettert werden. Sagen wir es doch klar und deutlich: die
Wissenschaft oder Pseudowissenschaft, sei sie geldschwer und mächtig wie sie
will, hat sich gehörig verrannt!
Damit ist unfreiwillig vonseiten
der etablierten Wissenschaftsmeinung zugestanden, dass die Skeptiker und „Verschwörungstheoretiker“
eine unangenehme Wahrheit aussprechen: tatsächlich wird der „normale Mensch“
ausgeschlossen aus einer Überprüfung dessen, was man uns da als „Erkenntnis“ zu
glauben heißt. Das Monopol auf die Wahrheit hat dieser Argumentation nach die
besagte Handvoll Eingeweihter, die sich darauf versteht, anders zu denken und
zu erkennen als ein Mensch es seiner „uneingeweihten“ Conditio gemäß tun kann. Eine
pseudowissenschaftliche Herrenrasse von Physikern samt all ihren eifrigen
Trabanten hält sich für prädestiniert, all jene Untermenschen zu belehren und
zu dominieren, die die Welt anders zu sehen belieben und dabei auch noch — auf
ihre sinnliche Alltagserfahrung verweisend — diskutieren wollen.
Der Zusammenhang zwischen der
Wahrnehmung der Phänomene, Hypothesen und mithilfe von ganz und gar im
Sinnlichen steckenden Messinstrumenten und der Bewertung der Messungen wird
dabei aus der realen sinnlichen Erkenntnisfähigkeit des Menschen so
ausgeklammert, als könne man sich auf so etwas wie „reine Abstraktion“
zurückziehen. Symptomatisch dafür ist, dass man, wenn man etwa auf Wikipedia
physikalische Begriffe eingibt, dieselben weder verständlich noch ausführlich
genug in klaren Worten erklärt, sondern nach drei erklärungsunfähigen Sätzen
endlose Formelkolonnen präsentiert bekommt, die auch ein Normal-Physiker kaum
verstehen dürfte, handelt es sich doch um ein bloßes Skelett vermuteter
Korrelationen, deren Geltungsbereich nicht abgegrenzt wird: das All „ist“ so ein
Kontingent an abstrakten Formeln geworden, das man mithilfe hypothetischer
„Kräfte“ zusammenhält, die den Anschein haben, auch jenseits des oder sogar
ohne den Menschen im Kosmos immer und überall Geltung zu haben. Dass diese Kräfte
wiederum zahlreiche Absurditäten hervorrufen, wie man an der Debatte über den
Begriff der „Gravitation“ nachzeichnen kann, verkompliziert die Debatte immer
weiter.[7]
Es ist beschämend, aber leider typisch,
dabei den vollkommen berechtigten Zweifel des Fragenden nach der Legitimität und
Glaubwürdigkeit einer solchen Art von „Luft“-Wissenschaft als Ausdruck von
geistiger Verwirrung herabzuwürdigen. Man lässt sich im Gestus der Herablassung
des Kaisers auf solche „fruchtlosen Diskussionen“ nicht gerne ein, — weil man keine Antworten hat — , vermeint
aber dennoch immer weitere Machtworte darüber sprechen zu sollen, denn die
eigene Existenz und Zurechnungsfähigkeit stehen auf lange Sicht dabei eben doch
mehr in Frage als die der unbefangenen Frager, die man für verrückt erklärt,
bevor man ihre Anliegen überhaupt geistig nachvollzogen hat. Andernfalls müsste
man in einen fairen Diskurs eintreten ohne Berührungsängste.
„Luft“-Wissenschaft nenne ich es
deshalb, weil erst die phantastische heliozentrische Kosmostheorie ohne
irgendeine zwingende Notwendigkeit erfunden wurde und in Prozessen endloser
Nachbesserungen und Zusatzbehauptungen die Unstimmigkeiten und Fragen, die sich
in der Folge ergaben, „korrigiert“ oder „angereichert“ wurden, dabei immer neue
Probleme aufwarfen und -werfen und sich möglicherweise in eine nicht mehr
kaschierbare Haltlosigkeit manövriert hat, die man wie der nackte Kaiser mit
umso heftigerer Leidenschaft aufrecht hält. Man hat zahllose Hobbyastronomen in
die spannende kopernikanische Fortsetzungsstory hineingelockt, von früh auf mit
dem Kosmos-Kinderteleskop konditioniert und dazu gebracht, in der Logik und im
Horizont des pseudowissenschaftlichen Groschengenres zu leben, als sei das die
wirkliche Welt „da draußen“, in deren „Mechanik“ man nun eingeweiht werde.
Vielleicht lässt sich auch von daher erklären, warum ganz besonders diese Amateur-Gemeinde
mit einer so geballten Aggressivität auf jede Infragestellung reagiert.
„Postmodern Cosmology debunked“ — ein Alptraum für den vorwiegend männlichen
Zeitgenossen, der auf diese Weise in der Fiktion der Teilhabe an handfester
Erleuchtung sein Selbstbewusstsein aufhängen konnte.
Das grundsätzliche Problem der
modernen Physik, Astronomie und Naturphilosophie für den „User“ ist doch
tatsächlich und nachvollziehbar folgendes (und nicht nur für diese
Fachgebiete!):
„Do we possess adequate knowledge to
trust without doubt what an apparent expert is telling us, or do we have little
alternative in the majority of cases but to take them at their word? Besides
the photographs from space or a schoolroom globe, how do you really know that
the earth is a sphere?”[8]
Im Ergebnis heißt das, dass die
Kosmologie unserer Tage uns mit derselben absolutistischen Herablassung
aufgezwungen wird, wie die Weltdeutung der Kirche in früheren Tagen, die jeden
zum Teufel schickte, der Zweifel an ihren Urteilen und Bildern anmeldete, seien
die Zweifel berechtigt oder unberechtigt, und im Falle hartnäckiger geistiger
Eigenständigkeit für Bücher- und Menschenverbrennungen sorgte. Man geht heute
freilich etwas gepflegter vor, aber im Kern wagt kaum jemand, aus dem babylonischen
Turmgebäude der modernen Astro-Physik auszubrechen, weil er oder sie schlicht
und einfach um den eigenen sozialen Status fürchtet. Kein postmoderner Wissenschaftsmythos
ist derart aggressiv bewacht wie dieser.
3.
Trotz postulierter Unanschaulichkeit arbeitet man mit vulgären Bildbeweisen
Es ist interessant, dass der
Siegeszug der gängigen Kosmologie in den Köpfen der Völker nicht durch
falsifizierbare Argumente (wie das bei echter Wissenschaft der Fall sein
müsste), sondern durch Bilder erfolgte und erfolgt: Man führte den Menschen nach
einigen Erkundungsflügen während der 60er Jahre endlich auf dem gesamten
Erdkreis am 11. Juli 1969 eine amerikanische Live-Mondlandung („Apollo 11“) vor,
die weltweit im Fernsehen übertragen wurde und der weitere Apollo-Missionen
folgten, und verbreitet seither dieses bekannte Bild von der „blauen Murmel“,
das vom Mond aus geschossen worden sei. Trotz behaupteter zahlreicher weiterer
Mondmissionen kann man uns nichts anderes als immer denselben Typus eines kärglichen,
blauen Kugelbildes der Erde liefern. Die verschiedenen Versionen weichen
voneinander ab und sind mehrfach als Zeichnungen entlarvt worden.[9]
Ebenso schickt die militärische Großmacht, die selbstverständlich auch die
Macht über alle Bilder hat, wie wir in den verheerenden Kriegen der letzten
Jahrzehnte erkennen mussten, und dabei vor Betrug und Täuschung niemals
zurückscheut, wenn sie Dinge, die in ihrem Interesse sind, glaubhaft machen
will, Sonden auf den Mars oder sonst wohin ins All und sendet uns punktgenau so
gestochen scharfe Fotos, dass sie an die Animationen der Science Fiction-Filme
aus Hollywood-Produktionen erinnern. An der Echtheit dieser Bilder sind mehr
als berechtigte Zweifel aufgekommen und vielfach von Personen vorgetragen
worden, denen man nicht vorwerfen kann, sie seien Wirrköpfe (vgl. Anm. 9). Ihre
Argumente sind triftig und nicht einfach mit autoritären Schmähungen zu
widerlegen. Man zeigt uns Filme über real startende Raketen, dann gibt es immer
einen „Cut“, und ab dann sehen wir nur noch CGI-Bilder, billige
Computeranimationen, die immer den gleichen alten Käse wiederholen. Man gibt
sich nicht einmal die Mühe, uns mit neuen Fake-Bildern zu unterhalten… Hinzukommt,
dass selbst jedes echte Foto und jede Fotomontage ohnehin immer zweifelhaft
bleiben müssen, weil sie eine Reduktion des Seienden auf zweidimensionale Clips
vornimmt. Gerade Bilder beweisen am wenigsten! Sie bilden einen winzigen Ausschnitt
von was auch immer ab und können niemals eine ganze Kosmologie „beweisen“. So
können einige Autoren überzeugend aufzeigen, dass die Mondlandungsfilme der
NASA und viele andere angebliche Bilder Filmstudioaufnahmen und Outdoor-Aufnahmen
in der amerikanischen Wüste gewesen sein müssen.[10]
Auf einer massenpsychologischen
Ebene sollte mithilfe von Bildern in den Menschen die Überzeugung genährt
werden, es sei alles so, wie man es uns erzählt, wobei hier die Problematik
einer — wie behauptet — völlig irreführenden sinnlichen Wahrnehmung plötzlich
keinerlei Rolle mehr spielt.
Die wenigsten sind in der Lage,
diese Paradoxie zu erfassen. Zuvor noch als sinnlich Wahrnehmende aus dem Rennen
geschlagen, weil alles, was den Kosmos betrifft, sinnlich nicht wahrgenommen
werden könne ohne zu irren, füttert man dieselben Entmündigten nun mit CGI-Bildern
von Wettersatelliten, Weltraumsonden und Landungen auf fernen Gestirnen, um zu
beweisen, dass „zweifelsfrei“ feststeht, was sie uns sagen. Wie Besessene
klammern sich die Betrogenen an den visuellen Devotionalien der
Weltraumindustrie fest als bedeute deren Verlust ein Ausgesetztsein unter Dämonen
und Gespenstern.
4.
Die Realität medialer Illusionen
Mit Orson Welles Hörspiel „Krieg
der Welten“, das am Vorabend zu Halloween 1938 ausgestrahlt wurde, und bei dem
ein Angriff Außerirdischer simuliert wurde, offenbarte erstmalig ein Medien-Experiment,
dass man große Teile einer Zuhörerschaft glauben machen konnte, das, was medial
vermittelt wurde, sei buchstäblich wahr, obwohl es ein reiner „Fake“ ist.
Spätestens seit diesem Experiment sollte jedem klar sein, dass wir alle
mithilfe eines geschickten Samplings von Informationen getäuscht werden können.
Zum damaligen Zeitpunkt spielten Bilder noch keine große Rolle. Es gelang durch
eine gezielte Kombination von Text und musikalischen Signalen, eine gigantische
Täuschung zu inszenieren. Wir wissen, dass etwa die Nationalsozialisten mit
ähnlichen medialen Täuschungen operierten. Warum also sollte dies, um ein
Vielfaches verfeinert, nicht auch heute so eingesetzt werden?
Viele halten dem entgegen, es sei
aber doch nicht möglich, dass so viele Menschen wissentlich in eine
Riesen-“Verschwörung“ verstrickt sein könnten.
Darauf ist zu erwidern: Von
„wissentlich“ ist nicht die Rede — auch Mitarbeiter und Zuarbeiter bewegen sich
in der Täuschung und bringen im vollen Ernst, es sei so real, wie sie glauben,
ihre Leistungen. Das taten auch deutsche Soldaten und Kriegsberichterstatter in
der Meinung, es sei so wahr, wie sie es sahen… Der 8. Mai 1945 war für viele
ein Tag echter Desillusionierung trotz eines verlorenen Krieges. Filme wie
Bernhard Wickis „Die Brücke“ von 1959 beschreiben diese Verfassung in damaligen
Menschen. Es ist doch leicht erklärbar, dass sich Menschen problemlos in
abgeschlossenen geistigen Systemen bewegen, ohne je in Frage zu stellen, ob das
System überhaupt wahr ist. Selbst gut sichtbare Beweise für die Illusion reichen
nicht aus, diese Menschen „aufzuwecken“. Es müsste, wie schon gesagt, eine
massive und existenzielle Infragestellung durch ein Ereignis oder eine Gruppe wirksamer,
hartnäckiger Zweifler auftreten, um diesen hermetischen Bewusstseinskäfig zu
erschüttern. Anders ließen sich die zahlreichen funktionstüchtigen Sekten und abgeschlossenen
politischen Systeme nicht erklären, die irgendwann entzaubert und historisch
gut belegt worden sind… Ob die Mitarbeit an der Inszenierung einer Täuschung also
beabsichtigt oder bereits aus einer Verblendung der „Herolde der Täuschung“
heraus geschieht, ob solche Inszenierungen irgendwann Selbstläufer werden und
ihrer Eigendynamik folgen — all das ändert am Ergebnis nichts: wir leben in
einer Illusion oder besser: wir sollen in einer Illusion leben. Und auf einer
solchen Illusion können in der Tat ganze Geisterstädte aufgebaut werden!
Hinzu kommt ein gewichtiges Faktum:
Die Kundschafter unserer Tage sind
nicht mehr der Gemeinschaft, für die sie einst auszogen, um Kunde zu sammeln,
verpflichtet. Unsere Nachrichtengeber und Herolde drängen sich uns ungefragt im
Dienste der Nachrichtenmacher auf. Sie sind nicht von uns beauftragt und
recherchieren nicht frei. Ganz offen spricht man von „embedded journalists“.
Warum sollten solche „eingebetteten“ Autoren, Filmemacher und Wissenschaftler
nicht auch sonst überall unterwegs sein? Sind wir wirklich davon überzeugt,
dass diese „Einbettung“ nur in der Kriegsberichterstattung geschieht oder
verlangt werden kann? Glauben wir im Ernst, — wie viele das tun — , dass die in
unserer Jugend „erlaubte“ infantile Renitenz der linken Bewegung in den 60er
und 70er Jahren als Maßstab und Präzedenzfall für eine echte Infragestellung
der Macht grundsätzlich bis in alle Ewigkeit angesehen werden kann? Anders:
Will man daraus schließen, dass unser System jegliche Renitenz zulassen würde
oder je zugelassen hätte?
Wir wollen nicht glauben, dass es
so sein könnte. Wir wollen aufgrund unserer scheinbaren Konsumfreiheit nicht
annehmen, dass außer Konsum nichts mehr frei ist… Wir erliegen dem Wahn, wer
sich adipös essen kann und sexen darf bis zum Umfallen, der könne nicht belogen
werden in den Dingen des Lebens, die am Ende alleine zählen. Wir haben gelernt,
alles an andere zu delegieren und ihrer Führung zu überlassen. Obwohl immer
mehr kritische und frei denkende Journalisten, Autoren und Forscher aus ihren
langjährigen Stellen gedrängt werden, weil sie ihren Nachrichten- und Auftraggebern
nicht gehorchen und sich — aus ihrer Sicht — nicht korrumpieren lassen wollen,
schaffen wir es nicht, uns von unserem kindlichen Glauben an die
Vertrauenswürdigkeit derer, die kommen, um uns Illusionen zu bringen, zu
verabschieden.
Die Nutzung von Bild- und
Filmmaterial zu Propagandazwecken wurde in den 30er Jahren, als das Hörspiel
Orson Welles ausgestrahlt wurde, in Deutschland weiter erforscht und erstmalig
in großem Umfang angewendet. Die Reichsregierung inszenierte mithilfe von
Bildern psychologische Realitäten. Wer etwa Leni Riefenstahls Film „Der Tag der
Freiheit. Unsere Wehrmacht“ von 1935 ansieht, kann sich schwerlich der
Suggestivkraft dieses Episodenfilms über die Stärke, Menschlichkeit und
Hoffnungsfreude der Wehrmacht entziehen — ich bin mir sicher, dass die
Zuschauer 1935 diese Bilder 1:1 in ihr Bewusstsein aufnahmen. Nicht anders
dürfte es sich bei der Dokumentation Riefenstahls über den Reichsparteitag 1933
unter dem irreführenden Titel „Sieg des Glaubens“ verhalten. Ich möchte dabei
anmerken, dass diese Filme künstlerisch den albernen Weltraumfilmen unserer
Tage weit überlegen sind. Noch suggestiver wirkt der berüchtigte Film „Der
ewige Jude“ von 1940, an dem Leni Riefenstahl nicht beteiligt war, der das „wahre“
Leben und Denken der Juden zeigen soll, ohne die „Zivilisationsmaske“ der
deutschen Juden, auf die sich gewöhnliche Deutsche vielleicht damals hätten
beziehen können. Auch hier wird mit der Figur gearbeitet, dass die eigenen
Sinne uns täuschen und wir einer Aufklärung seitens Erleuchteter bedürfen.
Und obwohl wir um all diese
historischen Missbräuche wissen, glauben die Menschen unserer Tage dennoch
jedem noch so schlecht gemachten Unsinn eher, als dass sie dessen
Infragestellung als legitim betrachten würden… Die Deutschen waren damals nicht
imstande, sich von diesen Fiktionen abzugrenzen. Erst ganz spät gingen einige
dazu über, „Feindsender“ zu hören, aber sie verkannten vermutlich, dass auch
diese Sender Fiktionen waren und gezielt zur Beeinflussung deutscher Zuhörer
gemacht wurden.
Optische Eindrücke aber stellen in
einer Welt weit entwickelter Bild- und Filmtechnik am schnellsten und
vollkommen diskursfrei erwünschte Einstellungen in den Betrachtern her. Mag der
Zeitgenosse der 30er Jahre Bildern gegenüber noch insofern Skepsis
entgegengebracht haben, als er nicht gewohnt war, von Bildern ständig berieselt
zu werden und eine tägliche Information über Filmmaterial noch nicht kannte, so
hat sich die Betrugsanfälligkeit des heutigen Menschen durch die 24- hours-a-day-Berieselung
durch zahlreiche Fernsehkanäle wesentlich verstärkt. Damit soll nicht behauptet
werden, dass alles Gefilmte verlogen ist, sondern dass durch geschickte Montage
Filme trügerische Welten vorgaukeln können und diese Möglichkeit seit den 30er
Jahren auch gezielt eingesetzt wird, nicht zuletzt in der Werbefilm-Industrie.
Der Rückbezug auf die
Nachprüfbarkeit der Behauptungen aufgrund einer eigenen Wahrnehmung bzw der
Möglichkeit, „sich ein eigenes Bild zu machen“, wird uns wie bereits dargelegt,
mehr und mehr abgesprochen.
Wahr ist, was man uns als wahr
präsentiert. In der Illusion der Informiertheit und Gebildetheit wird uns die
Möglichkeit geraubt, selbst zu entscheiden, was wir für wahr halten können und
wollen. Die Zeit ist soweit voran geschritten, dass mit visuellen Illusionen
ganze Wahlkämpfe gestaltet werden. Der französische Präsidentschaftskandidat
der Sozialisten, Jean-Luc Melenchon, ließ sich während eines
Wahlkampfauftrittes im Februar 2017 in Lyon zeitgleich über ein Hologramm auf
einer Bühne in Paris sehen und begeisterte auch dort seine Zuschauer.[11]
Zugleich aber hat sich die Teilhabe
„einfacher Menschen aus dem Volk“ an weit entwickelten Techniken, wie etwa sehr
guten Kameras, oder der noch nicht geraubten Möglichkeit, sich im Internet frei
zu äußern und frei Geäußertes zu rezipieren, selbst Nachrichtenkanäle oder
Blogs aufzubauen, wie ein großes Fenster geöffnet.
Die wenigsten Menschen haben trotz
alledem die Kraft und den Willen, sich umfassend mit dem wirklichen
Diskussionsstand auseinanderzusetzen und glauben resignierend denen, die medial
dominant als die „Fachleute“ (im
heutigen Jargon meist als „Experten“) vorgestellt werden. Zumindest die
deutsche Bundesregierung hat am schwarzen Freitag der Demokratie am 30. Juni
2017 im Windschatten der angesichts verschwindend geringen Interesses völlig
belanglosen Frage, ob Homosexuelle heiraten dürfen oder nicht, die wesentlich
gravierendere Frage der freien Meinungsäußerung durch einen einschränkenden
Gesetzentwurf dem Bundestag vorgelegt, der den Entwurf gleichgültig (mit
Ausnahme der Linken) abgenickt hat.[12]
Die Schleifung der im Grundgesetz garantierten Grundrechte durch die
Bundesregierung ruft inzwischen im Ausland Argwohn und Besorgnis hervor. Polen
hat nach Zeitungsberichten am 31. August 2017 angekündigt, an den
Generalsekretär des Europarates einen Antrag auf eine Diskussion über den
Zustand der Meinungsfreiheit in Deutschland zu stellen.[13]
Zur allgemeinen Verwirrung darüber,
was Fakten, „Fake News“ oder „Bullshit“ sind, kommen zahlreiche Störmanöver.
Teilweise befinden sich viele Flach-Erdler selbst im Morast abstruser
esoterischer Ideen, oder es werden gezielt vonseiten der Mainstream-Physik
Internetauftritte simuliert, die Kritiker des heliozentrischen Modells auf eine
Stufe mit den Gläubigen esoterischer Abstrusitäten, fanatischer Veganer oder
extremistischer evangelikaler Gruppen stellen wollen.
Damit soll das Anliegen überhaupt
diskreditiert werden. Wieder andere „Truther“ befürchten, dass durch die
Flache-Erde-Szene ihre Anliegen, wie etwa die Entlarvung des Betrugs vom 11.
September 2001, diskreditiert werden könnten und verspinnen sich ihrerseits in
haarsträubende Ängste und vor allem haltlose Unterstellungen.[14]
Es ist unabhängig von dieser
Verwirrung die Frage nach der Gestalt der Erde während des „heliozentrischen
Zeitalters“ immer gestellt worden und dies von klugen und teilweise
renommierten Köpfen, wie ich noch zeigen werde. Sachlich gesehen ist es gleich,
ob Personen, die über die Möglichkeit einer Flachen Erde nachdenken, Veganer,
Evangelikale oder Esoteriker sind. Sachlich gesehen interessiert nur, ob sie
etwas Wichtiges zur Diskussion stellen.
Es ist jedenfalls bemerkenswert,
mit welchem Engagement selbst Jugendliche, Schullehrer, Hobbyastronomen und anonyme
Personen auf Internetforen auf diejenigen eindreschen, die in Erwägung ziehen,
dass die Erde vielleicht doch eine andere Gestalt hat, als man es uns sagt und
das Mainstream-Modell vom Kosmos eine einzige, wenn auch faszinierende Fiktion
sein könnte.
Es geht hier in keinem Fall mehr
nur um ein wissenschaftliches Modell, sondern um einen quasireligiösen Rahmen,
der zusammenbrechen könnte, einen Fetisch des inzwischen kollektiven
Bewusstseins und ganz offenbar um einen wichtigen Baustein in der Hand der
Mächtigen. Ohne diese Annahme ist nicht verständlich, warum man die
Infragestellung des heliozentrischen Modells mit einem solchen „Shitstorm“
beantwortet wie es geschieht.
5. Le silence éternel de ces espaces
infinis m’effraie.[15] —
Gibt es das All außerhalb unseres Bewusstseins ?
Blaise Pascal sprach obigen
denkwürdigen Satz aus, den ich ein bisschen genauer ansehen will. Er schrieb
diesen Gedanken im Rahmen einer Auseinandersetzung mit dem Atheismus und schon
unter dem Eindruck auf, das kopernikanische Weltbild sei wahr, auf. Zuvor
stellt er die Frage, warum er gerade zu dieser Zeit und an diesem Ort in einer „unendlichen Weite der Räume“ sei, von
denen er „nichts weiß und die von mir
nichts wissen“. Er fragt, warum er dann jetzt und hier überhaupt sein
sollte.[16]
Pascal weist uns auf ein psychologisches und auch logisches Problem hin. Menschliches
Selbstbewusstsein in Zeit und Raum wird absurd oder schlicht nichtig, wenn man
annimmt, dass diese Räume und Zeiten unendlich oder mindestens unbekannt sein
sollen. In einem „Raum“, dessen Grenzen niemand kennt, oder der per
definitionem unbegrenzt sein soll, verliert der Raumbegriff für den Menschen außerhalb
seiner kleinen Welt seinen Sinn. Ein Raum ohne Koordinaten kann nicht vermessen
werden, er ist absurd. Alleine schon aufgrund dieses Sachverhaltes ist alles
Schwadronieren über kosmische Strecken, etwa von der Erde zum Mond oder zum
Mars oder zur Sonne oder gar fernen Galaxien völlig unmöglich. Wir erleben,
dass es in der gelehrten Diskussion dabei auf ein paar Milliarden Kilometer
stets gar nicht ankommt. Auch „Höhenpunkte“ scheinen keinerlei reale Rolle zu
spielen. Es befindet sich alles in einem vagen Irgendwo, von dem man uns aber
gestochen scharfe Bilder liefert, als hätte man sie eben mal per Telepathie
dort mit einer teuren Kamera geschossen. Das Konstrukt eines „Raumes im Raum“
durch den Menschen bliebe immer nur ein irdisches Konstrukt, eine Spiegelung
aus seelischen Abläufen, die keinen objektiven Wahrheitswert für das „Außen“ aufwiese.
Was sollen Kilometer im unendlichen Raum außerhalb der Erde sein? Und wie
schafft man es, in diesem Außenraum eine gezielte Strecke zu überwinden?
Mithilfe von Hokuspokus streut man den Menschen über diese elementaren Fragen
Sand in die Augen. Warum sollten sich die Gestirne überhaupt im Raum so bewegen
wie behauptet? Wo ist Oben und Unten? Glücklicherweise hat man uns eine schräg
aufrecht stehende Erdachse gelassen, die uns die Illusion von Oben und Unten erhält.
Unter der Annahme, dass wir und andere Gestirne uns bewegen und da draußen
keinen fixen Anhaltspunkt, auch nicht die Sonne, die ja ebenfalls mit rasender
Geschwindigkeit um ein Zentrum kreisen soll, haben, ist es mathematisch
unmöglich, gewiss bestimmen zu wollen, wer sich wie im Verhältnis zu den
anderen „sicher“ und in welcher Weise bewegt und ob man sich überhaupt selbst
bewegt. Es sind alles Spekulationen. Woher also die vorgegebene „Sicherheit“?
Und überhaupt: warum sollten sich die Gestirne da befinden, wo sie von Astrophysikern
platziert werden und sich so bewegen, wie man es ihnen unterstellt? Was bringt
sie dazu, sich so wie behauptet zu bewegen? Und warum, ohne je zum Stillstand
zu kommen? Eine verschwiemelte Gravitationshypothese, angereichert von der
Urknalltheorie, zur Behebung dieser Schwierigkeiten in der Argumentation hat es
bis heute nicht geschafft, geklärt oder gar nachgewiesen zu werden, obwohl man
darüber so redet, als sei das eine unstrittige Sache. Und welcher Mensch, der
noch alle Tassen im Schrank hat und nicht lebensmüde ist, setzt sich unter
solch vagen Umständen in ein Raumfahrzeug und fährt zum Mond? Woher weiß man,
ob das, was man irdisch als physikalisches Gesetz „entdeckt“, unbegrenzt da
draußen auch gilt? Wie will man ein Hochvakuum mit seinem behaupteten ja real mörderischen
Unterdruck auf Dauer ausgleichen können, wo doch die Menschenversuche der Nazis
gezeigt haben, was mit Menschen unter nur halb so gewaltigen Druckverhältnissen
geschieht, „Raumanzug“ hin oder her, noch dazu wenn diese Raumanzüge eine
derart alberne Konsistenz haben, wie man es uns erzählt? Dieser Unterdruck ist
doch kein Peanut, sondern extrem lebensfeindlich und verschlingend. Selbst auf
der Erde fallen stählerne Tanks aufgrund solchen Drucks einfach in sich
zusammen. Wie also sollen Raumschiffe und Raumanzüge diesem Druck tage-,
wochen- oder monatelang standhalten? Wie will man unter Temperaturen von angeblich
150 Grad Celsius auf der Tagseite des Mondes mehrere Tage auf der
Mondoberfläche verbracht haben und dabei fotografiert haben? Man erzählt uns
nun, Hitze oder Kälte im Vakuum fühle sich anders an als in der Erdatmosphäre —
aha: es scheint darüber umfangreiche Erfahrungen zu geben? Wie soll überhaupt
erklärt werden, dass dieses Hochvakuum des Alls die materiellen Gestirne nicht
einfach in sich hineinzieht wie all die Marshmallows und Schaumküsse, die man
im Schulunterricht unter eine Vakuumglocke setzt, unter der sie sich elefantös
aufblasen und irgendwann platzen? Warum bleibt die gasförmige Atmosphäre der
Erde bei einer nicht messbaren oder nur schwachen Gravitation so brav bei der
Erde und löst sich nicht einfach in diesem Unterdruck des Vakuums auf? Newtons
Behauptung von der Massenanziehung ist bis heute nicht bewiesen und eine bloße
fantastische Idee geblieben…
Zuerst war das Konstrukt, und alle
damit verbundenen Probleme löst die geheimnisvolle „Gravitation“… ein
mysteriöser Begriff von „Masse“ und „Schwere“… Gravitation ist eine reine
Fiktion der menschlichen Seele, die sich Gott als einen Weltenbaumeister mit
Winkel und Zirkel vorstellt, also im Klartext: wie einen Menschen oder noch
genauer wie einen Mann, dessen „Himmelsmechanik“ der irdische Mann glaubt
einfach nachzeichnen zu können. In Wahrheit aber ist es nichts als eine
narzisstische Projektion. Die Tatsache, dass ein wie immer gedachtes „All“
unseren Geist immer übersteigt, erfordert, um hier eine „wahre“ Vorstellung
über den Kosmos zu erhalten, zwangsläufig eine Offenbarung Gottes, die dem
Menschen andeutet, in welchen Zusammenhang er gestellt ist. Der Versuch, sich
den Kosmos selbst auszudenken und dabei vorauszusetzen, der eigene erdachte
Bauplan müsse zwangsläufig auch der des Schöpfers sein, sofern man überhaupt
noch einen Gedanken an den Schöpfer verschwenden will, mündet unweigerlich in
der Absurdität.
Es wird deutlich, dass es eine
Kosmologie nie ohne den Menschen und sein Selbstbewusstsein geben kann,
andererseits aber eine Ausklammerung der Wahrheits- und Objektivitätsfrage, die
nicht alleine an den Menschen gebunden sein kann, dazu führt, dass die Kosmologie
außerhalb göttlich offenbarter Inspiration des Geistes zwangsläufig zur blanken
Fiktion wird.
Auch wenn die Wahrheitsfrage als
unabhängig vom Menschen und seiner subjektiven Verfasstheit gesehen werden
muss, kann man sich doch das All nicht so vorstellen, als könne man es so
„erforschen“, als gäbe es in ihm keinen Menschen und als wäre es nicht der
Mensch, der sich hier einen Reim auf das macht, was seine Möglichkeiten weit
übersteigt.
Bei aller (teilweise seitens der
Heliozentriker von außen absichtlich gestreuter) Verwirrung, die man in der
„Flat Earther“-Szene antrifft, muss zugestanden werden, dass der Enthusiasmus
vieler „Flat Earther“ sich aus der Wiederentdeckung ihrer freien und
einzigartigen Wahrnehmung speist, der Wiederentdeckung ihrer ungetrübten Sinne
und der Erprobung ihres freien Denkens über die Dinge ohne die lähmenden
Krücken einer Wissenschaft, die auf einfachste Rückfragen keine einfache
Antwort mehr geben kann und sich selbst damit überflüssig gemacht hat.
Befreiend ist die Theorie von der Flachen Erde aber auch deswegen, weil sie
religiöse Offenbarungstexte wie die Bibel mit einem Schlage wieder
aussagekräftig und geheimnisvoll macht, wo sie zuvor von Theologen mit dem
Rücken zur Wand hilflos und gewunden und nicht schlüssig verteidigt oder sogar
aufgegeben werden musste. Es ist haarsträubend, welche Pirouetten die Theologie
seit Jahrzehnten dreht, um aus dem Schriftwort herauslesen zu wollen, dass in
ihm jede neuzeitliche Behauptung bereits im Kern „eigentlich“ vorgezeichnet sei.
Das betrifft nicht nur die Frage nach der Gestalt der Erde und des Kosmos,
sondern auch die nach der Entstehung der Welt, die Katastrophengeschichte und
das Ziel der Heilsgeschichte.
Im Grunde überholen diese einfachen
Menschen mit den Schwingen ihrer natürlichen Erkenntnisfähigkeit die etablierte
Wissenschaft, die sich in einer gut finanzierten, abstrusen Erstarrung
eingerichtet hat, ein Millionenheer an Hofschranzen unterhält und doch ihre stürzenden
Könige nicht konservieren kann.
Nicht zuletzt beweisen all jene
Weltraum-„Techniken“ und Kugelerdebeweise der Schulbücher, hinter denen man
sich verschanzt, gar nichts: sie alle würden auch in einem Modell der Flachen
Erde funktionieren, denn der Raum über der Flachen Erde, der „Dom“ oder die
„Kuppel“ ist ebenfalls tausende von Kilometern hoch und ließe Satelliten,
Flugzeuge und hoch fliegende Sonden genauso zu wie in einem Globusmodell.
Erdumrundungen per Schiff und Flugzeug funktionieren auch auf einer flachen
Erde.
6.
Was haben die heidnische Antike und das darauf fußende christliche Mittelalter
„gewusst“?
Es kann hier nicht der Ort sein, in
aller Ausführlichkeit auszubreiten, was die heidnische Antike über den Kosmos
dachte. Im Gegensatz zu heute lag zu früheren Zeiten kein verbreitetes „allein
gültiges Modell“ vor. Es gab eine Vielfalt an spekulativen Modellen, von denen
sich die der heidnischen Gelehrten aus einer bestimmten antiken Annahme ergaben
und ohne sie nicht verstehen lassen. Diese Annahme befasste sich mit der
Verteilung der Elemente (Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther) im Kosmos, mit der
Art, wie sie ineinanderspielten und wie der Kosmos in diesem Ineinanderspiel insgesamt
geformt sein könnte. Es waren vor allem anderen Überlegungen, die mehr oder
weniger Deduktionen aus naturphilosophischen Axiomen waren und theoretisch auf spekulativen
Vollkommenheitslehren basierten.
Für Interessierte möchte ich auf
die Dissertation „Sphaera terrae — das mittelalterliche Bild der Erde und die
kosmographische Revolution“ verweisen, die Karl Anselm Vogel 1995 in Göttingen
vorgelegt hat. Der Autor geht darin auch auf die antiken heidnischen
Kosmologien ausführlich ein und führt vor Augen, dass sie aus einer vollkommen
anderen Denkwelt stammen und niemals als „Beweis“ für die Richtigkeit unserer
eigenen Ideen angeführt werden können. Vogel hebt hervor, was im 19. Jh in der
akademischen Szene noch jeder wusste: wenn die Alten von einer „sphärischen“
Form der Erde oder des Kosmos ausgingen, meinten sie damit nicht, dass die Erde
mit ihren Land- und Meeranteilen ein einziger materieller „Ball“ unter anderen
„Bällen“ in einem Vakuum sei. Die Alten entwarfen nicht einfach nur eine materielle
„Himmelsmechanik“, wie dies seit der „kopernikanischen Wende“ der Fall ist. Ja,
man könnte vielleicht zugespitzt sagen, dass diese kopernikanische Revolution
darin bestand, die Kosmologie intentional vollständig zu materialisieren und zu
mathematisieren, für eine spirituelle und naturphilosophische Auffassung langfristig
unbrauchbar zu machen. Kopernikus sprach tatsächlich jedem „Uneingeweihten“ das
Recht ab, in sein Mysterium einzutreten. Und „eingeweiht“ konnten nur
Mathematiker und Astronomen sein. Alle anderen, es sei denn, sie stimmten ihm
zu, hielt er für „leere Schwätzer“[17].
Diese Haltung, heute betulich als „Angst vor Spott“ ob der ungewohnten neuen
Lehren gewertet, offenbart nüchtern betrachtet eine bemerkenswerte Arroganz und
legt tatsächlich den Eindruck nahe, diese „revolutionäre Astronomie“ entstamme
einem Medium oder Zirkel besonders Erleuchteter, die etwas „wissen“, worein nie
zuvor Menschen Einblick hatten, obgleich es sich doch nur um ein
reduktionistisches, mathematisierendes Konstrukt handelte. Es wäre verfehlt,
solche Andeutungen eigener Erhabenheit nicht ernstzunehmen. Es bleibt unklar,
woher die heliozentrischen Astronomen ihre Selbsteinstufung als besonders
Erleuchtete nahmen. Die Zielrichtung eines solchen Ansatzes will die Kosmologie
um nichts weniger als ihre spirituelle Grundlage erleichtern und alleine auf
die Füße totaler Berechenbarkeit mit Zirkel, Winkel, Fernrohr und Formeln
beschränken.
Vogel fasst seine Analyse antiken
Verständnisses, unter Verweis auf die einschlägige Fachliteratur, für das
Heidentum so zusammen:
„Erdgloben
hat es in der Antike kaum gegeben. Wenn ein griechischer oder römischer
Kosmograph von einer sphaera sprach, so meinte er in aller Regel einen
Himmelsglobus oder eine Armillarsphäre.
Die
zahlreichen erhaltenen antiken Globusdarstellungen, so hat zuletzt Pascal
Arnaud nachgewiesen, zeigen keine Erdgloben, sondern verweisen auf die Himmelskugel
als Symbol der Weltherrschaft.“[18]
Aus der antiken Diskussion geht
hervor, dass auch aufseiten derer, die in der Spätantike wie Ptolemäus (2. Jh) Erde
und Wasser auf einer fortlaufenden Oberfläche annahmen, alternativ die
Vorstellung einer gemeinsamen Erd-Wasser-Oberfläche der Lebenswelt als
„sphaera“ oder eine flächig angelegte Lebenswelt des Menschen unter einem
gekrümmten, kugelförmigen Himmel existierten wie bei Lactantius (4. Jh), der es
aus methodischen Gründen ablehnte, aufgrund von Deduktionen aus unbewiesenen
Prämissen widersinnige Folgerungen zu ziehen, wie es die heidnischen
Philosophen seiner Meinung nach tun. Er sieht von diesen Prämissen als unnützem
Ballast ab und stützt sich auf die unmittelbare Wahrnehmung und
Alltagserfahrung, betrieb also so etwas wie eine streng phänomenologisch
ausgerichtete Naturphilosophie.[19]
Ptolemäus wollte im Rahmen heidnischer sphärischer Idealvorstellungen
allerdings auch eine möglichst wenig spekulative Theorie entwickeln, hielt sich
mit zu weit gehenden Folgerungen zurück, und dürfte derjenige sein, der sich
aufgrund der „Unbeständigkeit und Unklarheit der Materie“ alleine an die
Mathematik halten wollte. Ptolemäus scheint den bewohnten Erdkreis im Süden für
umschließend begrenzt zu gehalten, also selbst noch keine rundum bewohnte
Erdkugel angenommen zu haben.[20]
Die Frage nach „Antipoden“, also
einer Rundum-Sphäre, wurde nur mit äußerster Vorsicht ausgesprochen, weil die
Erfahrungen fehlten. Die „Unterseite“ der Erdsphäre hielt man mehrheitlich für
unbewohnbar, weil sie der häufigen Vermutung nach unter Wasser sei. Welche
genaue Vorstellung Ptolemäus von einem „Globus“ gehabt hat, ist also nicht ganz
klar, da er die Erdmaterie für unbeständig hielt.
Aristoteles (4. Jh v. Chr.) hatte
die Elementsphären einzeln abgehandelt, schloss aber aus der Annahme, dass der
innerste Elementbereich, nämlich die Erde, als sphärischer Körper vergleichsweise
unvollkommen geformt, im bereits vollkommener geformten Wasser aufgehoben sei,
dessen Oberfläche gekrümmt sein müsse, wenn er annehme, dass die Erdsphäre
bereits — wenn auch unvollkommen — gekrümmt sei, ebenso die perfektere
Kugelgestalt des Himmels und noch mehr vollkommen die des Feuers, das alles
umschließe. Die ewige Bewegung der Himmelskörper und der Zusammenhalt des
Ganzen werde durch das fünfte Element, den Äther, ermöglicht. Es handelt sich insgesamt
zweifelsohne um eine rein spekulative Idealvorstellung und nicht um ein
„Wissen“.[21]
Die Wölbung oder Krümmung war also
dabei nicht die Erdoberfläche im heutigen Sinn, sondern der über der Erde
ausgespannte Himmel und das Feuer um diesen Himmel bzw. die Wassersphäre über
der Erdsphäre oder die Erde als imperfekte sphärische Gestalt, die auf oder in
der Wassersphäre schwamm. Die Sphären stellte man sich wie
ineinandergeschachtelte Kugelschalen vor. Das „Kugelschalendenken“ meint, dass
die Elementsphären ineinander und übereinandergeschoben seien und sich so
gegenseitig durchwirkten. Ein solches Ineinander war in einer sphärischen Form
am leichtesten vorstellbar und wurde aus diesem Grund allein so vorgestellt.
Die Begründung von gekrümmten Oberflächen hat mit der modernen Annahme einer
materiellen Kugelerde folglich überhaupt gar nichts gemein.
Vogel fasst zusammen:
„Globen
konnten somit allenfalls der sphärischen Abbildung der begrenzten Ökumene, der
pädagogischen Erläuterung der räumlichen Zusammenhänge auf der Sphäre oder der
Darstellung symmetrischer Konzeptionen dienen. Für das festgefügte Bild eines
Globus in modernem Sinne fehlte sowohl in der griechischen wie in der römischen
Antike das empirische Fundament.“[22]
Scheinbare Verfechter einer (Element-)Erdkugel,
wie etwa Plinius d.Ä. (Zeitgenosse Jesu) traten — das nur am Rande — mit einer
auf buchstäblich nichts gründenden Arroganz auf und schmähten alle, die ihnen
nicht zustimmen wollten, als „Ungebildete“, aber auch diese Vorstellung einer
Erdkugel meint nicht unseren heutigen Globus, sondern eine verworrene Idee von
einer kugelförmigen Landmasse, die irgendwie und geheimnisvoll in die
Wassersphäre eingelassen sei, etwa wie ein schwimmender Lehmklumpen, dessen
eine Hemisphäre aus dem Wasser hinausragt, dessen andere Hemisphäre aber nicht
betretbar, weil unter Wasser sei. Himmel und Ozeane sah er als Räuber an, die
einen großen Teil der Erdsphäre „gestohlen“ haben.[23]
Die gelegentlich auftretende Hypothese, auch die Wasser müssten gekrümmt sein,
konnte kein antiker Gelehrter empirisch begründen, und man muss sich immer
wieder klarmachen, woher sie überhaupt kommt, denn selbst Plinius formuliert
den Satz:
„Daß
tatsächlich eine Kugel entsteht, ist wunderbar, angesichts der so großen
Flachheit des Meeres und der Felder.“[24]
Er drückt hier selbst aus, dass
das, was messbar und wahrnehmbar ist, offenbar einer Idealvorstellung
unterworfen wird, von der er glaubt, sie müsse aus philosophischen Gründen angenommen
werden (vgl. das aristotelische Modell). Eine andere Begründung für diese
Hypothese liefert er nicht, konnte er nicht liefern, denn die Ausdehnung der
Meere war damals nicht bekannt. Es handelte sich demzufolge auch hier um kein
„Wissen“, sondern eine reine Spekulation auf der Basis von bestimmten
philosophischen Prämissen.
Die Frage nach dem Ineinander von
Erde und Wasser, jeweils als eigenständige „sphaera“ gedacht, bestimmte in der
Folgezeit das gesamte Mittelalter, sofern es sich auf die heidnische Antike
zurückbezog und wurde teilweise mit mystischen Emanationsmodellen verbunden,
auf die ich hier aber nicht eingehen kann.
Auf das vergleichsweise
„a-spirituelle“ ptolemäische Modell kam man in großem Stil erst im 15./16. Jh
zurück, als es Mode wurde, sich auf antike Quellen zu stützen und in ihnen
Erkenntniserweiterungen zu suchen.
Ich möchte eine interessante
Debatte im orientalischen Bereich zitieren, die uns Vogel vorstellt. Die
Muslime gingen dabei von denselben heidnischen Denkern aus wie die
abendländischen Christen, konnten aber deren Gedankenwelt — wie viele Christen —
nicht mit der göttlichen Offenbarung über die Schöpfung verbinden. Es ist bemerkenswert,
dass auch in der islamischen Debatte diejenigen, die sich für „gebildet“
hielten stets diejenigen waren, die die philosophische heidnische Grundlage der
Kosmologie für wahrer hielten, als die religiöse oder eine an der unmittelbaren
Wahrnehmung orientierte, obwohl es keine empirischen Gründe dafür gab. Die
heidnische Sphären-Ideologie scheint auf viele eine ungemeine Faszination
ausgeübt, einen „Gelehrten-Snobismus“ erzeugt zu haben…. Dem Gläubigen, auch
dem islamisch Gläubigen, aber war sie häufig suspekt, weil sie vielleicht zu
sehr in ein Geheimnis hineinsprechen will, das doch nur dem Schöpfer selbst
gebührt.
Der islamische Historiker Rasid
ad-Din Fadlullah (13. Jh) beschreibt, wie Theologen mit Naturphilosophen über
die Erdgestalt in seinem Beisein diskutierten:
„Einige Honoratioren
stellten die Frage: 'Woher nehmen die Gelehrten ihre Kenntnis von der
Kugelgestalt der Erde, während wir mit unserem Auge doch wahrnehmen, daß es auf
der Erde Berge, Hügel und Abgründe gibt? Der größte Teil der Erde ist doch, wie
wir sehen, eben und flach. Doch die Philosophen glauben, daß die Erde kugelförmig
ist. Ihr Ausdruck von der Erdkugel und ihre Annahme, daß sie in Kugelgestalt
erschaffen worden sei, ist alles andere als richtig und zutreffend, läßt sich nicht
verstandesmäßig begreifen, kann nicht gebilligt werden und widerspricht auch der
religiösen Tradition. Wir fragten sie des öfteren nach dem Sinn . Aber sie konnten keine Antwort und keine
Erklärung geben, die für den Verstand annehmbar war und von der Natur der Sache
her gebilligt werden konnte.“ [25]
Die Argumente der Gelehrten für eine Kugelgestalt erscheinen
vorschnell, etwa wenn sie sagen, man könne sich andernfalls nicht erklären,
warum die Sonne nicht zugleich überall aufgeht. Es ist mehr als verständlich,
wenn die Seite der islamischen Theologen sich mit so schwachen Argumenten nicht
abspeisen lassen wollte. Aber auch bei den islamischen Gelehrten, die sich auf
die Grundlage der antiken Kosmologen stellten, wurde zwischen der Erd- und der
Wassersphäre unterschieden, und damit ist deren Spekulation mit modernen
Vorstellungen nicht einfach gleichzusetzen. Die Gestalt der Wassersphäre bleibt
auch bei ihnen im Dunkeln.
Das christliche Mittelalter vollzieht im wesentlichen
einerseits die antike Konzeption nach, andererseits die biblische Gesamtaussage
zur Beschaffenheit der Welt. Auf die christliche Kritik an der heidnischen
Konzeption werde ich in einem gesonderten Kapitel zu sprechen kommen.
Verbreitete Vorstellungen von einem „kosmischen Ei“, wie
sie bei Hildegard von Bingen ausführlich dargelegt werden[26],
fasst ein Gedicht aus dem „Lucidarius“, einer volkssprachlichen Enzyklopädie
des 12. Jh zusammen:
„Der Meister sprach:
'Diese Welt ist rund,
und wird vom
umlaufenden Meer umschlossen,
darin schwebet die
Erde
wie der Dotter im
Ei, im Weißen.“[27]
Die Erdsphäre ist hier „wie eine Kugel“ in die wilde
Sphäre der Fluten geworfen und schwimmt darin herum.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die sphärische
Gestalt der einzelnen Elemente keiner realen oder empirischen Erfahrung
geschuldet war, sondern der philosophischen Prämisse, die Elemente seien sphärisch
getrennt voneinander und durchwirkten sich — wie die empirische Erfahrung der
Durchmischung der Elemente zeigte — auf eine geheimnisvolle Weise eben doch.
Diese Prämisse konnte am ehesten mit der bildhaften Vorstellung ineinander
geschobener Kreise erklärt werden. Der im Äther gehaltene Fixsternhimmel
bedeutete in diesem Modell ein ebenfalls kugelschalenförmiges himmlisches
Ambiente um das „innerste“ irdische Element, das im Prinzip ruhend vorgestellt
wurde. Warum man überhaupt meinte, sich die Beschaffenheit der Dinge über ein
so eigentümliches Modell, das die Elemente erst separiert, um sie anschließend
als zusammengefügt anzusehen, zu erklären, ist für uns heute schwer
rekonstruier- oder nachvollziehbar.
Das Motiv, sich eine vollkommenere Form des Seienden in
Kugelgestalt vorzustellen, begegnet etwa auch in Platons „Symposion“, in dem
der ursprüngliche Mensch als „Kugelmensch“ beschrieben wird. Er stellt einen
„Doppelmenschen“ dar mit zwei entgegengesetzt ausgerichteten Köpfen, vier
Händen und Füßen und einer entweder sonnenhaften („männlichen“), erdhaften
(„weiblichen“) oder mondhaften („androgynen“/eine Hälfte weiblich, eine
männlich) Beschaffenheit vor. Wegen ihrer Gottgleichheit und Stärke wurden die Kugelmenschen
von den Göttern geteilt in zweibeinige und einköpfige Wesen. Die Wunden
verschloss der Sonnengott Apollon. Die Sehnsucht nach der vollkommenen Gestalt
ist Ursprung der erotischen Liebe und treibt die Menschen in inniger Umarmung
zueinander.
Auch in diesem Mythos taucht die Vorstellung auf, dass die
Kugelgestalt die vollkommene, perfekte Gestalt sei.
Es handelte sich also bei solchen „Kugeltheorien“ der
Alten um ein völlig anderes, eher virtuell-spekulatives Modell als das ausschließlich
real-materialistische Modell, das wir heute annehmen.
In einem gewissen Sinn ist die Meinung, alle Himmelskörper
müssten eine Kugelform haben, eine vulgäre Ableitung aus dem alten Modell der
Elemente-Kugel-Schalen, für die aber — man muss es immer wieder betonen — kaum
eine empirische Erfahrung zwingend oder überhaupt sprechen kann. Die berühmten
drei „Beweise“ des Aristoteles für eine gekrümmte Erdsphäre (a. verschwindende
Schiffe am Horizont/b. südliche Sternbilder, die man im Norden nicht sieht/c.
runder Erdschatten auf dem Mond) treffen nicht zu oder sind leicht, wie bereits
gezeigt, auf andere Weise zu erklären. Auch die gerne zitierte Berechnung des
Erdumfangs durch Eratosthenes (3. Jh v. Chr.), die so vorgestellt wird, als sei
sie von unseren Prämissen ausgegangen, geht eben nicht von einer Kugelerde nach
unserem Verständnis aus, auf der die Wasser- und Erdsphäre eine Oberfläche
bilden, sondern dem in der Antike gängigen Elementemodell.
Es ist, als hätte man die Prämissen, die überhaupt zu der
Annahme geführt haben, der Kosmos habe eine sphärische Form, eliminiert, dessen
Kugelideal aber nun ohne die zugrunde liegende Theorie beibehalten, obwohl ohne
das philosophische Gerüst zu dieser Annahme eigentlich gar nichts mehr dafür
zwingend spräche.
Warum hielt man also an der Vorstellung von „Kugeln“ und
folglich auch „Kugeloberflächen“ fest? In einer gewissen Weise ist es Zufall
oder auch der Stolz dessen, der sich besonders gelehrt dünken will:
Wesentlicher Impuls für diese Ausrichtung auf heidnisch-antike
Quellen war hinsichtlich der Astronomie und Geografie, dass seit dem 15. Jh
durch die umfangreichen Entdeckungen neuer Kontinente die alte Vorstellung der
Erdsphäre, die vielleicht doch Antipoden aufweisen könnte, zusammen mit der
Mode, die heidnische Antike zum Zwecke einer geistigen „Wiedergeburt“ als behauptete
(aber nicht bewiesene) „überlegene“ Erkenntnisquelle zu nutzen, dann in die
Richtung führte, an deren Endpunkt wir heute stehen.
Die anschließende Auseinandersetzung ab dem 16. Jh um ein
geo- oder heliozentrisches Modell, die zu diesem Zeitpunkt beide von denselben
sphärischen Gestirngestalten ausgingen, ist dem Anschein nach zugunsten des
Heliozentrismus entschieden worden. Der Kampf um ein geozentrisches Modell, das
im übrigen, — entgegen der vorschnellen und sich selbstüberschätzenden Meinung
des Kopernikus, — eine bessere, und eben keine schlechtere Berechungsgrundlage
lieferte als das heliozentrische Modell, ist in Wahrheit nur unterdrückt, aber
nicht abgerissen und wurde von renommierten Autoren wie etwa Johannes Schlaf
bis weit ins 20. Jh hinein fortgeführt, um von den Verfechtern eines
Flache-Erde-Modells an dieser Stelle erst gar nicht zu reden. Schlaf
veröffentlichte hochinteressante geozentrische Schriften, und bis zum heutigen Tag
gibt es neben den Flach-Erdlern geozentrisch orientierte Kreise, die sich auf
den Heliozentrismus mit guten Gründen nicht einlassen wollen.[28]
Herablassend und großspurig meint die allgegenwärtige, etablierte
Community der Heliozentriker, Urknallgläubigen und Schwarze-Löcher-Mystiker,
die nicht davor zurückscheuen, ihre eigenen Phantasien über eine gottfreie
Entstehung des Universums „nachmachen“ zu wollen („Cern“), die ihre Prämissen
aber in keinster Weise beweisen kann, dafür aber mit immer neuen und teilweise
immer abstruseren Theorien die Ungereimtheiten und Widersprüche ihres Modells
„nachbessert“, die älteren und alternativen Modell abtun zu können.[29]
Allein: Es ist nicht aller Tage Abend.
Robert Schadewald referierte in Artikeln und in seinem
posthum erschienen Buch „The Plane Truth“, dass nach Aussage des Vorsitzenden
der International Flath Earth Research Society, Charles Johnson, in einem
Interview 1980, Präsident Roosevelt (1882 - 1945) aufgrund der immer deutlicher
werdenden Unhaltbarkeit des heliozentrischen Kosmosmodells vorgehabt hätte, wenn
er zum ersten Weltpräsidenten gewählt worden wäre, nach dem Krieg einen Schnitt
zu machen und die Massen darüber aufzuklären, dass die Erde flach,
unglücklicherweise aber darüber gestorben sei. Die im gleichen Jahr gegründete
UNO habe sich aber noch als Logo die Karte der Flachen Erde gegeben, was eine
unstrittige Tatsache ist.[30]
Roosevelt starb im April 1945, im Juni 1945 kam es zur Gründung der UNO.[31]
Wie immer — das alles wäre genauer zu untersuchen, was allerdings
keine leichte Sache werden dürfte, denn Johnsons umfangreiche
Materialsammlungen sind bei einem nicht geklärten Brand, den er selbst für
Brandstiftung, also ein Verbrechen hielt, alle vernichtet worden.[32]
Faktum ist, dass die Entwicklung sich so vollzogen hat,
wie sie es tat.
Kann man daraus aber schließen, dass sie so notwendig,
wahrhaftig oder optimal verlief? Es gibt keinen Grund, alles, was sich einmal
mit Macht durchgesetzt hat, mit der Wahrheit zu verwechseln, wenn so viele
Ungereimtheiten im Spiel sind.
Bleiben wir also kritisch und wachsam.
(Eine Fortsetzung mit der genaueren Betrachtung biblischer und außerbiblischer christlicher Kosmologie folgt demnächst)
[1] Urs
Willmann: Asterix bei den Historikern. In: „Die Zeit“ 40/2001. Abgerufen auf http://www.zeit.de/2001/40/200140_asterix.xml/komplettansicht
am 2.9.2017
[2]
Hans Christian Andersen: Des Kaisers neue
Kleider. In: Sämmtliche Märchen. Leipzig 31[um 1900], S. 264
[3] Mick West: Review: Flat Earth — The
History of an Infamous Idea — Christine Garwood, September 2016. Bloartikel
auf https://www.metabunk.org/review-flat-earth-the-history-of-an-infamous-idea-christine-garwood.t7950/
am 2.9.2017
[4]
Nowickis Website zeigt dieses Foto und andere wunderbare Fotografien https://joshuanowicki.smugmug.com/Looking-toward-Chicago-from-Mi/
, abgerufen am 3.9.2017. Die Fernsehshow
kann hier angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=aLlNKy5j_O8&t=30s
[5] Eine
Filmaufnahme dieses Experiments kann hier angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=o37t6iBS_q4,
abgerufen am 3.9.2017
[6]
Informationen dazu auf dem Blog der Konstanzer Seekönigin http://seekoenigin.blogspot.de/2012/08/der-sagenhafte-wasserberg-oder-schlu.html,
abgerufen am 3.9.2017. Bürgerinitiative Flacher Bodensee hier: https://drive.google.com/file/d/0B6Lq6lD8Nfgra3RRVmhpMXZFU3c/view,
abgerufen am 3.9.2017
[7]
Jochen Kirchhoff: Räume, Dimensionen, Weltmodelle. Impulse für eine andere
Naturwissenschaft. Klein Jasedow 2007 (2. Auflage). Dort v.a. ab S.96
[8] Mick West, a.a.O.
[9] Über
die Maßstabs-Fehler in den angeblichen Erdfotos etwa hier: https://www.pinterest.de/dmmacy71/earth-which-picture-is-real/,
abgerufen am 3.9.2017. Die nachweisbare Herkunft der Bilder aus CGI—Technik ist
in zahlreichen Publikationen aufgezeigt worden:
„Der
US-amerikanischer Physiker und gegenwärtige Berater für Wissenschaft und
Technologie bei US-Präsident Barack Obama John P. Holdren, räumt in diesen
Video ein, daß es sich bei den NASA- und ISS (Internationale Space Station)
Bildern von der Erde lediglich um computergenerierte Modelle (CGI - Computer
Generated Imagery, mittels 3-D-Computergrafik erzeugte Bilder, im Bereich der
Foto und Filmproduktion) handelt, die aus Einzelbildern zu einer Komposition
zusammengefügt werden und verweist gleich zu Anfang auf das erste Foto der
gesamten Erde, die "Blue Marble", die 1972 bei der Apollo Mission
geschossen worden sein soll.
Desweiteren
räumt John P. Holdren ein, das die NASA bis heute nicht über ausreichende
Kapazitäten und Equipment verfügt und daß es sich bei den zahllosen
Veröffentlichungen der Bilder von der Erde, lediglich um makellos
zusammengefügten Modelle handelt, die beispielsweise auch in anderen
wissenschaftlichen Disziplinen, wie etwa der Klimareligion, Verwendung finden.
Zum Schluß
verweist er auf das Weltraum-Projekt "Deep Space Climate
Observatory", abgekürzt DSCOVR, mit dem es nun auch der NASA möglich sein
soll, die Erde aus dem Weltraum zu fotografieren, was allerdings mit den ersten
Bildern aus Juni 2015 und den Aufnahmen von der Rückseite des Mondes gründlich
schief gelaufen ist. Denn auch dort sehen wir nur Computer-Modelle.“ https://flache-erde.info/nasa-iss-erdbilder-cgi-computergrafiken/
, abgerufen am 3.9.2017
[10]
Gerhard Wisnewski: Lügen im Weltraum. Von der Mondlandung zur Weltherrschaft.
Rottenburg 2010
[11] „Mit einem Technik-Trick wollte er seiner
Konkurrenz die Show stehlen: Der linke Präsidentschaftskandidat Jean-Luc
Melenchon hat seinen Wahlkampfauftakt gleichzeitig in Lyon und Paris
absolviert. In Lyon stand er tatsächlich auf der Bühne, in Paris als
Hologramm.“ Nachricht im „Spiegel“ vom 7.2.2017, abrufbar auf http://www.spiegel.de/video/jean-luc-melenchon-hologramm-auftritt-in-lyon-und-paris-video-1741032.html,
abgerufen am 3.9.2017
[12] Das
verfassungswidrige „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“. Selbst die regierungskonforme
„Zeit“ kommentierte damals zynisch, mit dem Gesetz werde man „mal kurz den
Rechtsstaat (…) outscourcen“. http://www.zeit.de/digital/internet/2017-06/hasskommentare-netzdg-bundestag-gesetz-verabschiedet,
abgerufen am 3.9.2017
[14] Etwa
hier auf dem Kanal „Pravda—TV: https://www.pravda-tv.com/2016/02/verbreitung-der-flache-erde-theorie-als-strategie-der-diskreditierung-kritischer-meinungsaeusserung-videos/
, abgerufen am 3.9.2017
[15] Blaise Pascal: Pensées I. Edition présentée,
établie et annotée par Michel Le Guern, Professeur à l’Université Lyon II. Paris
1977 Gallimard. S. 161 (Fragment 187) — « Das ewige Schweigen dieser
unendlichen Räume macht mich schaudern. »
[16]
Blaise Pascal: Pensées. Heidelberg 1978, S. 114
[17]
Kopernikus an Paul III., zitiert nach https://de.wikipedia.org/wiki/De_revolutionibus_orbium_coelestium#cite_ref-10
am 4.9.2017
[18]
Vogel, S. 81
[19]
Vogel, S. 74
[20]
Vogel, S. 83 f
[21]
Aristoteles: Über das Himmelsgebäude. Hg. von Carl Prantl. München 1857. S. 107
ff
[22]
Vogel, S. 87
[23]
Vogel, S. 52 f
[24]
Vogel, S. 54
[25]
Vogel, S. 104 f
[26] In
„Scivias“, 1. Buch 3. Schau „Mensch und Kosmos“
[27]
Vogel, S. 151
[28] Der
naturalistische Dichter Johannes Schlaf (1862-1941) schrieb mehrere
astronomische Bücher zur Verteidigung des geozentrischen Modells. Am
bekanntesten ist wahrscheinlich „Die Erde, nicht die Sonne, das geozentrische
Weltbild“ von 1919
[29] Ein
Beispiel für solche diskursschwache Großspurigkeit ist etwa der Artikel von
Holger Dambeck auf http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/religioese-astronomie-und-sie-bewegt-sich-doch-nicht-a-720007.html
vom 2.10.2010 unter dem Titel „Und sie bewegt sich doch nicht“.
[30] “The world ruling power was to be right here in this country.
After the war, the world would be declared flat and Roosevelt
would be elected first president of the world. When the UN Charter was
drafted in San Francisco,
they took the flat-earth map as their symbol.” In:
Robert Schadewald. The Plane Truth. Posthum 2015 als Ebook, Chapter 9: Johnson
and Johnson: Two witnesses.
[31] An anderer Stelle schreibt
Schadewald folgendes: „Nevertheless,
Johnson contends that this nearly happened right after World War II, not for
the U.S.
alone, but for the entire world. Consider the United Nations: "Uncle Joe
(Stalin), Churchill, and Roosevelt laid the master plan to bring in the New Age
under the United Nations," Johnson discloses with confidence. "The
world ruling power was to be right here in this country. After the war, the
world would be declared flat and Roosevelt
would be elected first president of the world. When the UN Charter was drafted
in San Francisco,
they took the flat-earth map as their symbol." Why declare the world flat?
Johnson responds that a prophesied condition for world government (Isaiah
60:20) is that the "sun shall no more go down." This could be
fulfilled by admitting that sunrise and sunset are optical illusions. The UN
did adopt for its official seal a world map identical with the one on Johnson's
office wall. But Franklin Roosevelt died coincident with the UN's birth, and
the other imminent events described by Johnson never came about.”
Robert Schadewald: The
flat-out truth. In:
Science Digest 1980.
[32] Dies
berichtet Eric Dubay in seinem Film „Geschichte der flachen Erde“ ab h/min 1:25
https://www.youtube.com/watch?v=3LYWTwaDdq8,
abgerufen am 5.9.2017