Sonntag, 9. April 2023

Die Festungen des schwachen Leibes - eine Ostermeditation

 Obwohl wir im Fleisch wandeln,
kämpfen wir nicht nach dem Fleisch;
denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht aus Fleisch,
sondern mächtig in Gott
zur Zerstörung von Festungen;
so zerstören wir Gedankengebäude
und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt
und nehmen jeden Gedanken gefangen
in den Gehorsam Christi.

Paulus

(2Kor10,3-5)

Mit diesen Worten grüße ich meine Leser zum heutigen Osterfest!

Paulus beschreibt in diesen Worten zuerst seinen eigenen inneren Kampf.
Das "Fleisch", unsere schwache, leibliche Daseinsweise und das damit verbundene Bewusstsein irrt in Angst, Blendungen und Gedankengebäuden ohne Kraft durch dieses Leben.
Und wenn uns einer bedroht aus dem Fleisch heraus, aus der schwachen Daseinsweise, wenn er droht oder seine Überlegenheit mimt, erschauern wir vor den vermittelten Gedankengebäuden, die so stark scheinen, so machtvoll, vor allem wenn der, der sie denkt, Geld hat, physische, psychische und soziale Waffen und Seilschaften.

Paulus ermutigt hier aber auch jeden anderen, der es hören will:

Auferstehung heißt auch, dass wir einem anderen Reich angehören, auf einen neuen und starken Leib noch warten, aber bereits eine "Anzahlung" an Geist haben, mit dem wir all diese beängstigenden und kraftmeiernden Gedankengebilde einreißen können. Es sind Wahngebilde, Illusionen, Zaubereien. Wir reißen sie in dem Bann, den sie ausüben, ein. Und entdecken uns frei.

Gedanken, die bannen wollen, gehören allesamt dazu, auch wenn sie fromm sind oder fromm und "biblisch" scheinen.
In dem Textabschnitt spielt Paulus auch auf eine Auseinandersetzung an, die er mit einem oder mehreren in dieser Korinther Gemeinde hatte. Sie warfen ihm vor, nicht markant genug aufzutreten ... im Fleisch, nach der Art dieses Weltsystems!
Er schreibe nur kraftvoll, wirke aber dann schwach.
Das heißt: Er war nicht autoritär, er beherrschte niemanden, er spielte nicht den "Hirten" und "Pastor".
So wie Jesus auch, den man nicht litt in dieser demütigen Art.
Wie sehr er aber damit stark wirkte sehen wir daran, dass die Staatsmacht ihn am Ende loswerden musste, weil sie vor seinen Worten Angst hatte und geistig nicht bestehen konnte.

All die aber, die aus den Gedankengebäuden dieses schwachen Leibes agierten, sind nicht mehr. Wir finden allenfalls Ruinen aus Steinen von ihnen und ambivalente Textzeugnisse.
Manche mögen Anstoß nehmen am Begriff des Fleisches, den Paulus hier verwendet und den er mit "Schwäche" und Nichtigkeit assoziiert. Wer wirklich christlich denkt und glaubt, muss das zwingend so sehen:
Das große Problem ist, dass wir allesamt glauben, wir könnten um jeden Preis auf diesen schwachen, sterblichen Leib etwas aufbauen. Wir klammern uns aus Todesangst wie Besessene an diesen schwindenden Leib.
Ostern heißt: Loslassen dieses Fleisches und sich gewiss sein, dass wir einen Leib erhalten werden, der völlig anders sein wird und demgegenüber dieses armselige Haus hier vergessen sein wird.
All der Transhumanismus, all die Todespanik der letzten Jahre, aller Krieg, alle Stecherei, die Masken: es ist das Gehabe besessener Menschen, die um keinen Preis der Welt eine größere Hoffnung haben wollen. Aber leider - leider - sind auch sehr viele der "Alternativen" auch nicht besser aufgestellt. Sie wollen nur den Weg dieser Getriebenen nicht und bauen ihr Haus an einer anderen Stelle auf den Sand des flüchtigen Leibes hier.

Ostern verheißt uns ein geistiges Gebäude, das niemand mehr stürzen kann und dazu eine Auferstehung des Leibes, der unverweslich sein wird. In dieser künftigen Stadt gibt es keine Gewalt, keine leiblichen Waffen und keine Ranggesetze mehr. In ihr wird kein Zauber, keine Bann und keine Bedrohung mehr sein und damit auch keine Angst.
Leben wir jetzt schon in der festen Hoffnung darauf, dass sich dies bald erfüllen wird, gleich, ob wir es in diesem Leib noch erleben oder erst, wenn wir auferweckt werden.