Samstag, 19. August 2017

Sol invictus 2.0 - das Licht und die Sonne



Sol invictus 2.0 - das Licht und die Sonne
Apokalyptische Gedanken zu Genesis 1

Ein großer Teil biblischer Licht-Aussagen ist seltsamerweise in der westkirchlichen Entwicklung auf eine Gestirne-Metaphorik reduziert und als solche aus der Metaphorik heidnischer Kulte entlehnt. Die alt- und neutestamentliche Rede von Licht und Finsternis bzw. Licht als Wesen Gottes wurde dadurch überlagert und zusammengegossen mit einer heidnischen Symbolsprache, als sei das eigentlich doch genau dasselbe. Insbesondere die eigenständige und bemerkenswerte Lichtbegrifflichkeit, die bereits die Genesis aufweist und die im Neuen Testament immer wieder, v.a. vom Apostel Johannes aufgegriffen wird, wurde dadurch geschwächt.
Doch sehen wir uns an, was im ersten Schöpfungsbericht in Genesis 1 über die Erschaffung des Lichtes steht:

„Fiat lux!“ — der 1. Schöpfungstag

1 Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde;
2 die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.
3 Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.
4 Gott sah, dass das Licht gut war. Gott schied das Licht von der Finsternis
5 und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag.

Es fällt uns schon gar nicht mehr auf, aber das Licht wurde in einem Nu herbeigerufen, um zu „werden“. Und es „wurde“, ohne dass irgendein physikalische Ereignis oder Leuchtobjekt vorhanden gewesen wäre. Es ist nicht klar, ob Gott das Licht „erschuf“ oder den Willen bekundet, „dass es licht wird“.
Woher kam dieses Licht des 1. Schöpfungstages?
Was ist dieses Licht des ersten Tages, wo doch Gott selbst das Licht ist? Sind das zwei Sorten Licht oder ist es ein und dasselbe Licht?
Wie konnte das freie Licht bereits den Tag anzeigen? Denn erst Schöpfungstage später werden Sonne, Mond und Sterne erschaffen:

Sonne, Mond und Sterne — der 4. Schöpfungstag

14 Dann sprach Gott: Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen Zeichen sein und zur Bestimmung von Festzeiten, von Tagen und Jahren dienen;
15 sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten. So geschah es.
16 Gott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht, auch die Sterne.
17 Gott setzte die Lichter an das Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde hin leuchten,
18 über Tag und Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es gut war.
19 Es wurde Abend und es wurde Morgen: vierter Tag.

Es ist von Interesse, dass Gottes Schöpfungswerk hier erst einen planerischen Vorbau zu haben scheint. Während Gott bei der Erschaffung des Lichts für die Erde sagte: „Es werde Licht“…und „es wurde Licht“, ohne Planung, ohne weiteres Formen, durch bloßes „Fiat“ („Es werde“), ist hier ein längerer Prozess berichtet: Gott überlegt sich, dass er für den Menschen (der als einziges Geschöpf Feste feiert und Zeiten bestimmt!) Lichter an das Himmelsgewölbe setzen will, nicht, um Licht zu machen (was bereits am 1. Tag geschehen ist), sondern um dem Menschen das Licht oder die Erde erst sichtbar zu machen und die Berechnung von Tagen und Jahren zu ermöglichen, in die die Feste des Glaubens eingesenkt werden können. Der Mensch braucht für das Licht sowohl am Tag als auch in der Nacht vermittelnde Gestirne, die „leuchten“, also das eigentliche Licht reflektieren oder von ihm entzündet werden. Das Licht der Gestirne ist demnach nicht die Quelle des Lichtes, sondern strahlt Licht von diesem geschaffenen oder für die Schöpfung grundsätzlich herbeigerufenen Licht des 1. Schöpfungstages ab. Dabei haben alle leuchtenden Gestirne die Aufgabe, die Scheidung von Licht und Finsternis für das menschliche Auge sichtbar zu machen. Nicht nur der helle Tag, sondern auch die Finsternis wird durch diese Beleuchtung überhaupt erst sichtbar gemacht.
Gott also, der diese Lichter „an den Himmel setzt, damit sie leuchten“, ist der Urheber des Urlichtes, und die Gestirne geben von diesem Licht etwas wieder, um die Erde für das menschliche Auge und alle Geschöpfe zu beleuchten.
Dieser Bericht erzählt uns nichts davon, dass die Sonne aus sich selbst leuchten könne, sondern stellt die Sonne als eine Leuchte dar, die alleine von Gottes Gnaden leuchten kann, aber in gar keiner Weise mit ihm in Vergleich gebracht werden könnte. Er erzählt uns aber auch nichts davon, dass der Mond angeblich nur mithilfe der Sonne leuchten könne oder deren Licht „reflektiere“ — nichts davon finden wir hier. Der Mond hat prinzipiell dieselbe Kompetenz zu leuchten wie die Sonne, nämlich von Gottes Gnaden, nur herrscht er über die Nacht, die Sonne demgegenüber über den Tag. Beiden kommt gleichberechtigt zu, den ganzen Tag zu beleuchten, der Mond als scheinbar etwas kleineres Gestirn ist dafür umgeben von einem Millionenheer an Sternen, die ebenfalls alle leuchten können und sollen.
Mit keinem Wort also wird hier behauptet, die Sonne sei Ursprung des Lichtes und erleuchte aus eigener Kraft (iS einer physikalischen Brennofenstätte) alles Irdische. Ebenso wird der Mond nicht als bloßer Reflexionskörper für das Sonnenlicht angesehen, sondern ebenfalls als eigenständiger, von Gott beauftragte Leuchte mit einem eigenen Herrschaftsbereich, nämlich der Nacht.
Gott, so heißt es, habe diese Himmelsleuchten („luminaria“ von lat. „luminar“/ Leuchte, Licht, Lampe) gemacht und an das Himmelsgewölbe gesetzt. Sie entstanden also nicht durch ein „Fiat“, sondern durch einen mehrschrittigen formenden Akt.
Diesem Bericht zufolge leuchten beide Großgestirne samt allen Sternen eigenständig auf Geheiß Gottes. Sie schöpfen und reagieren auf das Urlicht des 1. Schöpfungstages und nicht auf das übermächtige Licht der geschaffenen Sonne.

Mir ist bewusst, dass der Mensch unserer Tage sich über diese biblische Darstellung weit erhaben wähnt. Allein — er hat dazu keinerlei Grund, denn die Kosmologie, die uns als unverrückbar „bewiesen“ von klein auf gelehrt wird, ist wissenschaftlich unbeweisbar. Jeder Physiker weiß das im Grunde seines Herzens auch. Es ist ein zugegebenermaßen pompös erdachtes Konstrukt — all diese Vorstellungen vom Weltenraum und all den Kugelplaneten und Fixsternen. Aber es ist nicht weniger fragwürdig als die Kosmologie, die sich in der Schöpfungserzählung in Genesis 1 andeutet und an vielen anderen Stellen der Schrift konsequent weitergedacht und berichtet wird. Hüten wir uns also vor arroganter Voreiligkeit über diese Dinge! Bilden wir uns nicht ein, wir wären „weiter entwickelt“. Unsere Träume und Konstrukte stehen auf tönernen Füßen, auf Axiomen, die wie alle Axiome unbeweisbar sind. Wir sehen vielleicht vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr.

Die Frage, ob vor der Erschaffung der Tageszeiten anzeigenden Gestirne bereits 24-Stundentage gemeint sind, als es heißt, „es wurde Abend, es wurde Morgen, der erste (zweite, dritte…) Tag“, kann nicht beantwortet werden. Was immer Schöpfungstage bedeuten, sie formen in jedem Fall das voraus, was wir als Siebentagewoche kennen.
Für uns aber ist wichtig, dass der Schöpfungsbericht keine Sonne kennt, die eigenständig Licht und womöglich auf Erden Wärme spendet, ja, das Licht ist in diesem Bericht nicht verbunden mit der Wärme, weil es dem Mond gleichberechtigt zugeordnet wird, in der Nacht aber trotz der erleuchtenden, ausschließlich eine kühlende Wirkung hat.

Wir sind für eine solche Sicht der Dinge nicht offen, und dies nicht erst seit den modernen kosmologischen und evolutionstheoretischen Lehren, sondern schon seit fast 2000 Jahren. Schritt für Schritt hat sich die christliche Welt stattdessen der heidnischen Kosmologie wieder ergeben, der doch bereits das AT eine Absage erteilt, die das alte Israel bereits entmythologisiert hatte.
Mit der Re-Mythologisierung unseren Weltbildes, die wir fälschlicherweise als „Entmythologisierung“ bezeichnet haben, haben wir zunehmend das Verständnis für die Schöpfung verloren und sind auch nicht mehr in der Lage, die heilsgeschichtlichen Wunder zu erfassen und zu heiligen. Falls diese Worte nun etwas kryptisch klingen sollten — keine Sorge, ich werde im folgenden darlegen, was ich damit meine.
Gehen wir ein wenig zurück in ältere Zeiten:

Sol invictus 1.0

Wenn wir in der weströmischen Kirche Christus als „sol invictus“ bezeichnen oder sage und schreibe sogar (in der Oster-Liturgie im „Exsultet“) als „lucifer“ (im alten Latein Begriff für die Venus, den Morgenstern), offenbaren wir, wes Geistes Kind wir sind — schon lange sind. Die Kirche hat all diese heidnische Gestirne-Metaphorik zugelassen, und die Reformation hat wesentlich nur das Papsttum (teilweise zu Recht!) und das von Jesus Christus gebotene Abendmahl, das eindeutig sowohl seiner Herkunft aus dem Pessachmahl noch der Erklärung Jesu nach nie anders als ein Opfer bzw als reales mystisches Gedächtnis an das Opfer zu verstehen war, „entmythologisiert“, sich davon total entfremdet und es schließlich so sehr abstrahiert, dass heute vor allem Freikirchen davon buchstäblich nichts mehr wissen, obwohl das NT es sehr gut bezeugt. Alle die frühen, vermutlich gnostischen Grundfehler hat gerade die Reformation weder bemerkt, noch geringste Anstalten gemacht, sie zurückzuweisen. Im Gegenteil. Sie kritisierte das Papsttum wie gesagt in vielen Dingen vollkommen zu Recht, setzte aber die ihm zugrundeliegende Vorstellung Christi von einer „Sonne“ auch ohne Papsttum fort. Stattdessen hat sie, trotz des „sola scriptura“-Prinzips, eine wesentliche biblische Tradition entsorgt, nämlich die, dass auch die Israeliten ihre rituellen Opfer nicht nur opferten, sondern auch aßen und tranken und Jesus eindeutig gesagt hat, man könne nur selig werden, wenn man sein geopfertes Fleisch und Blut wirklich isst und trinkt (Joh 6, 48 ff). In der Bemerkung, dass es sich dabei um ein „Gedächtnismahl“ handelt, ist nicht ausgedrückt, dass es sich dabei nicht um das reale Fleisch und Blut des Geopferten handelt, sondern dass dieser Ritus der Christen kein je neues Opfer darstellt, sondern immer das eine und einmalige Opfer evoziert. Wie konnte man dies so fahrlässig einfach aufgeben und unter den Trümmern der Neuzeit begraben und zugleich glauben, man bewege sich auf dem Boden des „sola scriptura“?
Es geht mir jedenfalls nicht darum, nun „protestantische“ Positionen zu rechtfertigen, sondern darum, eine vielleicht unheilvolle Entwicklung der gesamten Westkirche zu reflektieren, von der sich weder die römische Rumpfkirche noch die protestantischen Abspaltungen je klar distanziert haben.

Es kann einem da manchmal eiskalt den Rücken hinabrieseln.
Der „sol invictus“, die „unbesiegte Sonne“, ein Begriff, dessen Metaphorik einem Denken und Vorstellen entstammt, das die Sonne vergottet und sogar zum höchsten Gott erhebt, weil man ihr das siegreiche, unbesiegbare (letztendlich das „unerschaffene“) Licht zuschreibt, war im römischen Kult der Titel des Sonnengottes Sol. Die Verehrung des Sol gewann in Europa in der Spätphase des römischen Reiches, nach der Zeit von Jesus Christus als historischer Gestalt, an Bedeutung. In anderen Teilen der Welt war sie selbstverständlich ebenso vorhanden, wie wir wissen.
Im Osten des römischen Reiches gab es Sonnenkulte, etwa in Syrien den Kult Elagabals, des zentralen Sonnengottes. Im 2. Jh nach der Zeitenwende, durch Kaiserin Julia Domna, die aus Syrien kam und dem Sonnenpriestergeschlecht entstammte, erhielt der römische Sonnenkult durch diese Inspiration aus dem Osten „Verstärkung“. Der römische „sol invictus“ schmolz mit Elagabal zu einer übermächtigen Gottheit, der Sonne, zusammen. Der Großneffe dieser Kaiserin, der ebenfalls Elagabal hieß, wurde später römischer Kaiser und nannte sich Marcus Aurelius Antoninus (204—222). Er erbaute in Rom ein neues Sonnenheiligtum und führte den Elagabal-Sonnenkult als Staatsreligion ein. Dem Sonnengott Elagabal wurde auch der oberste Gott, Jupiter, untergeordnet. Die römische Bevölkerung nahm das unwillig auf. Sie nahm keinen Anstoß am Sonnenkult an sich, den sie ja selbst kannte und immer mehr liebte, sondern an den Elementen des syrischen Kultes, über den folgendes gesagt wird:

„Vor dem Hintergrund der Gegensätze zwischen östlicher und westlicher religiöser Tradition sind auch Berichte über Orgien, Homosexualität und Transsexualität, (sakrale) Prostitution, ein Streben Elagabals nach Androgynie und sogar nach Kastration zu deuten. All dies hatte – soweit es zutrifft – eine religiöse Wurzel, für welche die römischen Geschichtsschreiber kein Verständnis aufbringen konnten.“[1]

Mit Kaiser Elagabal war eine solche Tradition religiöser Perversion in den römischen Orbis eingedrungen und verschwand, einmal da, nicht einfach wieder. Sie wurde später zunächst unterdrückt, setzte sich aber im Geheimen weiter fort. Die Verknüpfung von sexueller Perversion und Missbrauch mit kultischen Handlungen ist in unseren Tagen wieder auf schaurige Weise virulent geworden, auch in der Kirche…
Der Kaiser war bereits im herkömmlichen römischen Kult Oberpriester. So auch im neuen Sonnenkult. Marcus Aurelius Antoninus trug den Titel „sacerdos amplissimus dei invicti Solis Elagabali“ (« Oberpriester des unbesiegten Sonnengottes Elagabal »). Zahlreiche Münzen zeigen auf der Rückseite Motive dieses Sonnenkultes. Elagabal alias Marcus Aurelius Antoninus wurde als Sohn Caracallas ausgegeben, der schon den einheimischen Sonnenkult gefördert hatte und sich selbst als „sol invictus Imperator“ verehren ließ.
Ähnlich wie im mekkanischen Kaaba-Kult verehrte auch Kaiser Elagabal nach dem altsyrischen Vorbild einen „heiligen (schwarzen) Stein“, dem er in Rom eine Tempelanlage samt einer eigenen Priesterschaft bauen ließ. In den Quellen wird er als Perverser geschildert, der bei den Kulthandlungen für Elagabal sogar Kinder geopfert habe, so, wie man es aus verschiedenen Baalskulten der vorderorientalischen Heidenvölker kannte. Das Menschenopfer für die Sonne kennen auch die alten Völker Amerikas. Am Ende vollzog der Kaiser als Verkörperung des Sol/Elagabal eine für römische Vorstellungen frevelhafte Hochzeit mit einer zur Jungfräulichkeit verpflichteten römischen Vesta-Priesterin, die dabei ihrerseits die Mondgöttin „Luna/Urania“ verkörpern sollte, um auf diese Weise göttlich-kaiserliche Kinder zu zeugen. Historiker diskutieren heute darüber, was von diesen Beschreibungen wahr und was übertrieben sein dürfte. Dennoch weisen auch die Übertreibungen auf ein bestimmtes, „wahrgenommenes“ Profil dieses Kultes hin.[2]
Nach der Ermordung Kaiser Elagabals scheint seine spezifische, „perverse“ Ausrichtung des Sonnenkultes wieder zurückgegangen zu sein. Es ist aber festzuhalten, dass der exzessive Sonnenkult zu Menschenopfern, sexuellen Perversionen und Missbräuchen führt.
Der Sonnenkult blieb trotz der Abwehr der stadtrömischen Bevölkerung gegen diesen Exzess eines ungeliebten, fremdstämmigen Kaisers populär und wurde immer weiter ausgebaut in diesen ersten nachchristlichen Jahrhunderten, solange die junge Kirche noch keine weltliche Macht errungen hatte.
Kaiser Gordian III. (238—244) ließ sich auf Medaillons abbilden als Empfänger des Erdkreises durch den Sonnengott. Es wird heute oft leichtfertig bzw. ideologisch festgelegt gesagt, diese runden Gebilde stellten den „Globus“ dar. Dies ist jedoch aus der römischen Literatur nicht ersichtlich. Der „orbis terrarum“, der bewohnte Erdkreis, wird definitiv als Kreis, nicht als Kugel, vorgestellt, will aber auch keinen kosmischen Körper, sondern das abbilden, was man kennt und überschauen kann, das, was ein „Rundblick“ ermöglicht. Der Rundblick endete an den Grenzen des römischen Eroberungsgebietes.
Dieses Bild ist aufschlussreich, weil es uns noch keine bestimmte kosmologische Auffassung vorlegt, die sich erst später entwickelte: Gott ist die Sonne, bzw. die Sonne ist Gott, der unbesiegte Gott, die Welt ist ihm unterworfen, und er hat auf der Welt einen „vicarius“, dem er die Weltherrschaft übergibt, quasi als „caput mundi“. Die Welt wird dabei rund vorgestellt, als ein zweidimensionaler Kreis.
Kaiser Aurelian schließlich erhob 274 nach einem Sieg, den er dem Sonnengott Elagabal/Sol zu verdanken glaubte, die Sonne zum „dominus Imperii Romani“ („Herrn des Römischen Reiches“), dem er, ähnlich wie einst Kaiser Elagabal, einen dominanten Staatskult einrichtete. Die neue Sol-Tempelanlage wurde am 25. Dezember 274 geweiht, dem erst im Jahr 354 literarisch nachweisbaren Geburtstag Sols, als „dies natalis Solis invicti“, in demselben Zeitraum, in dem auch das Weihnachtsfest auf dasselbe Datum gelegt wurde, und dieser Sol-Tempel besaß eigene „pontifices Solis“.[3] Die Kaiser stellten sich fortan als Söhne des Sonnengottes dar, oder sie ließen sich in Begleitung des Sonnengottes abbilden. Aurelian ließ sich als erster nicht mehr wie die früheren Kaiser mit dem Herrschaftsinsignium des Lorbeerkranzes abbilden, sondern mit einer Sonnenstrahlenkrone, die das Vorbild für spätere (Strahlen-)Kronen wurde. Ebenso zeigen uns Darstellungen des Sonnengottes „sol invictus“ ab dem 3. Jh den Gott als Jüngling mit Nimbus, siebenstrahligem Kranz und gelegentlich auch der Quadriga, dem Sonnenwagen. Die Verbindung von Sonnennimbus, Aureole und Krone nimmt hier für das Abendland seinen Ausgangspunkt.
Konstantin der Große verstärkte diesen Kult und ließ sich im 4. Jh als „sol invictus“ abbilden.
Kaiserliche Billigung fand auch der Mithraskult, der seinen Gott Mithras als „sol invictus Mithras“ bezeichnete. Mithras wurde mit einer Zipfelmütze oder aber derselben Strahlenaureole wie Sol dargestellt. Konstantin war ein großer Verehrer des „sol invictus“. Mit ihm zugleich verehrte er den griechischen Sonnengott Apollo, dessen Bedeutung in der Spätantike mit den umliegenden Sonnenkulten ebenfalls gewachsen war.

Mit dem Aufkommen des Christentums als Staatsreligion unter Konstantin wurde der Sonnenkult geistig nicht überwunden, sondern hielt mit der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion Einzug in die christliche Vorstellungswelt, wenn auch in einer Transformation, die nicht leicht zu durchschauen ist. Konstantins Monotheismus war Sol-Kult und Sonnenchristliches in einem. In einer gewissen Weise wiederholte sich die Auseinandersetzung des alten Israel mit den umgebenden heidnischen Sonnenkulten, verlief diesmal, in der Zeit der Kirche, aber ungünstiger. Wie sehr Israel auch immer den Baalen gedient hatte, dieser Baalsdienst konnte keinen bleibenden Niederschlag in der Theologie erreichen, sondern dessen Gegenteil, die lebhafte Verurteilung durch die Propheten. In der christlichen Theologie ist das wesentlich problematischer, wenn auch auf eine schleichende Art und Weise. Es erhoben sich keine wortgewaltigen Propheten wie einst, die vor einer Vermischung warnten. Man griff im Gegenteil auf heidnische Prophetinnen zurück, die alle Apollo-Priesterinnen waren, nämlich die „Sibyllen“. Die Visionen der Sibyllen, also der Sonnengottpriesterinnen, gingen neben den griechischen Philosophen als „heidnische Vorläufer auf Christus hin“ in das Inventar der christlichen Vorstellungswelt ein.
Das Geburtsfest Christi war — wie gesagt —  auf den Geburtstag des Sonnengottes gelegt worden. Ebenfalls scheint die Verlegung des Schabbats, des siebten Tages, der an die Schöpfungsruhe Gottes erinnern sollte nach der Schrift, den Gott gesegnet und für heilig erklärt hatte (Gen 2, 3), noch unter Konstantin auf den heidnischen „dies Solis“, den „Tag Sols“ geschehen zu sein, dies aber unter dem unklaren Verweis darauf, das sei der Tag der Auferstehung des Herrn, der nach der Rechnung der Genesis der 1. Tag der Woche und nicht der 7. Tag ist. Merkwürdigerweise hat sich die Kirche nicht die Mühe gemacht, darüber nachzudenken, was es bedeuten könnte, dass der Herr am 1. Tag auferstanden ist und änderte lieber eigenmächtig den von Gott selbst verfügten Schöpfungsruhetag um einen Tag voraus.
Erinnern wir uns daran, was der Herr am ersten Tag der Schöpfung schuf?
Er sagte dem Licht, es solle werden! Das Schöpfungs-Urlicht, das von ihm kommt, nicht von der Sonne, denn die Sonne hat ihr Licht von dem geschaffenen Licht, das von Gott kommt.
Wir werden später diese fehlende Reflexion ein wenig nachholen.
Zum Glück hat die Kirche nie aufgehört zu bekennen, dass Gott Licht ist, unerschaffenes Licht! Aber sie umkleidete und durchsetzte sich mit heidnischen Sinnbildern, die unlösbar verbuken mit dem eigentlichen Sinn der frühchristlichen Traditionen und damit bald nach der Apostelzeit den Grundstein für die kommenden Verwirrungen bis heute legten.

Der Verdacht, dass mit Konstantin bereits die Prophetie Daniels (7, 25) eingetroffen sein könnte, dass der Mensch des Verderbens (Antichrist) die Zeiten und das Gesetz ändern würde, ist in der christlichen Welt nie zur Ruhe gekommen, eben weil der 7. Tag von Gott von Anfang an angeordnet worden und für heilig erklärt worden war, als fester Bestandteil der göttlichen Schöpfungsordnung anzusehen ist. Eine Kirche, die bei anderen Dingen, etwa einer nirgends ausdrücklich verbotenen Priesterweihe der Frau (die ich aber nicht befürworten will), so deutlich und geradezu verbissen an ihrem „non possumus“ festhält, hatte merkwürdigerweise keinerlei Probleme damit, eigenmächtig einen von Gott selbst festsetzten Ruhetag nicht nur zu verschieben, sondern auch noch inhaltlich umzudeuten. Das ist ein unheilvoller Widerspruch. In jedem Fall kann eines bemerkt werden: mit der Auflösung des siebten Tages als dem Tag der Gottesruhe, in die wir eingehen dürfen, hat die Kirche sich selbst der Ruhe beraubt…
Viele hingen in der nachkonstantinischen Zeit beiden Religionen an, dem neuen Glauben der Christen und dem Solkult, was sicher dem wachsenden Christianisierungsdruck geschuldet ist, der unüberzeugte Menschen zu einem Glauben drängte, dem sie innerlich nicht anhingen. Sie gingen zum Petersdom und verneigten sich dennoch danach vor dem Sonnengott. Dies wird etwas von Leo dem Großen im 5. Jh beklagt. Berühmte Darstellungen zeigen, dass man zu dieser Zeit bereits Christus mit offenkundiger Billigung der Kirche als „sol invictus“ dargestellt hat. Im 20. Jh fand man die Vatikanische Nekropole aus dem 3./4. Jh wieder, in der Christus auf einem Wandmosaik als Sonnengott mit allen Attributen, die Sol gebühren, abgebildet ist: mit Gloriole, Strahlenkranz, dem Sonnenwagen und dem Erdkreis in der Hand.[4]
Die nie verstummten Vorwürfe an die Kirche, sie habe den Sonnenkult fahrlässig mit der Christusverehrung vermischt, um möglichst viele Menschen in ihr Boot zu locken, müssen hier nicht extra wiederholt werden. Sie sind in keinem Fall einfach von der Hand zu weisen. Die Frage ist eher, was diese Vermischung zur Folge gehabt hat und weiterhin hat. Doch bevor ich dieser Frage nachgehe, möchte ich einmal nachsehen, ob denn die Hl. Schrift eine ausgeprägte Sonnenmetaphorik für Gott oder Christus kennt:

Gott und Sonne im Alten und Neuen Testament

Das Alte Testament kennt eine Sonnenmetaphorik für Gott nur am Rande. Wiederholt wird eine Sonnenverehrung als Götzendienst verurteilt (Numeri 4, 19; 2. Kön 23, 5 + 11). Sonnengötter verehrten die Heiden, und Israel wurde aus deren Gedankenwelt herausgelöst: Ägypter (Ra/Aton), die Babylonier (Schamasch), die Griechen (Apollo), die Ammoniter (Moloch), teilweise unter gräuelhaften Praktiken wie Kinderopfern, gelegentlich wird der Sonnengott auch als Sonnengöttin vorgestellt (in Ugarit: Schapschu) und erfüllt dort die Funktion der Gottheit über die Unterwelt.
Der gegen Ende des 2. Jh redigierte babylonische Schamasch-Hymnus erinnert an spätere Christus-Hymnen der Kirche:

Die sich klar abhebenden Berge / hat deine Glorie bedeckt, / deines Strahlenglanzes voll wurden / die Länder zusammen. / Du bist herabgebeugt auf das Gebirge, / siehst die Erde an; / das Rund aller Länder / hältst du in der Mitte des Himmels im Gleichgewicht. / Die Menschen der Länder / insgesamt betreust du, / was immer Ea, der König, der Regent, hervorbringen ließ / ist überall dir übergeben. / Die den Lebensodem haben, / du weidest sie allzumal. (…) Der Hirt der unteren Welt, / der Hüter der Oberwelt, / der das Licht der ganzen Welt wahrt, / Schamasch, bist du.[5]

Die Sonne wird im Alten Testament, wie wir bereits sehen konnten, als Geschöpf „depotenziert“: sie ist eine bloße Leuchte, das Taggestirn, das einen vorgezeichneten Lauf abwandern muss und auf Geheiß ihren Lauf sogar unterbrechen muss, wie in der Erzählung von Joshua, der die Sonne stillstehen hieß, berichtet wird. Mehr nicht.
Eine deutliche Zurückweisung und Absetzung der Sonne erklingt in Salomos Weihespruch für den neugebauten Tempel:

„Da sprach Salomo: Die Sonne hat der HERR an den Himmel gestellt; er hat aber gesagt, er wolle im Dunkel wohnen.
So habe ich nun ein Haus gebaut dir zur Wohnung, eine Stätte, dass du ewiglich da wohnest.“ (1. Könige 8, 12 ff)

Salomo evoziert die Aussage in Genesis 1, der Geist Gottes sei über der Finsternis geschwebt, die wiederum über den Urfluten lag. Das, was also als Taggestirn am Himmel über den Himmel wandern muss nach Gottes Geheiß, kann nicht derselbe sein, der sich verbirgt und „im Dunkel“ wohnen will. Auch wird die Nacht bzw. Finsternis in diesem Zusammenhang nicht als ein ontologisches Negativum aufgefasst, sondern als ein Zustand, in dem das unerschaffene Licht nicht sichtbar ist. Die Sonne ist dagegen (wie der Mond und die Sterne) förmlich ein untergeordneter Widerpart zum Gott Israels, wegen ihrer leuchtenden, „nackten“ und „bloßen“ Sichtbarkeit gerade nicht göttlich! Dass Salomo später selbst von dieser Sicht abfiel und die heidnischen Götzen verehrte, ist die Tragik seiner Geschichte. Er, dem Gott zusprach, er gebe ihm „ein so weises und verständiges Herz, dass keiner vor dir war und keiner nach dir kommen wird, der dir gleicht“ (1. Kön 3, 12), dieser Mann also fiel ab und diente den Baalen und ließ sogar Menschenopfer zu, missbrauchte vermutlich seine einzigartige Weisheit am Ende seines Lebens gänzlich negativ. Auf ihn und seine pervertierte Weisheit beziehen sich zahlreiche Esoteriker und moderne Logen zurück. In ihm vollzieht sich die seltsame Irrlichterei zwischen größtmöglicher menschlicher Weisheit und Glaubensabfall.
Rätsel gibt eine Stelle im Jesajabuch auf, in der der Prophet schaut, dass am Tag des Gerichtes die Sonne um vieles heller scheinen wird als sonst, der Mond aber dann genauso hell wie sie scheinen wird. Hinzukommt ein Ausbruch von Wassern, der entfernt an die Sintflut erinnert:

„25 Und es werden auf allen großen Bergen und auf allen hohen Hügeln Wasserbäche und Ströme fließen zur Zeit der großen Schlacht, wenn die Türme fallen werden.
26 Und des Mondes Schein wird sein wie der Sonne Schein, und der Sonne Schein wird siebenmal heller sein, so wie das Licht von sieben Tagen, zu der Zeit, wenn der HERR den Schaden seines Volks verbinden und seine Wunden heilen wird.“ (Jes 30)

Der Tag des Gerichtes wird hier verknüpft mit einer noch helleren Erhellung des Tages und einer Aufhebung der Nacht bzw. Finsternis, denn es ist der Tag, an dem alles Verborgene offenbar werden soll. Die Dunkelheit ist, von da aus gedacht, eine Gnade. Sie ist nicht „gut“ (Gott nennt am 1. Tag nur das Licht „gut“.), aber sie gewährt eine Gnadenzeit. Läge alles im göttlichen Licht, müssten wir vergehen. Das feine Licht des Mondes und der Sterne ist in dieser Deutung Gnadenlicht, wenngleich es auch an manchen Nächten zeigt, dass es schonungslos stechen kann und die Kraft hätte, die Nacht taghell zu beleuchten. Aber noch will Gott es nicht, und der Mond hat das Geheiß nur das kühlende milde Licht zu spenden, wie wir es kennen, so als kühle er auch das „verzehrende Feuer“ , das Gott ist, (Ex 24, 17; Hebr 12, 29) auf eine erträgliche Temperatur, das uns sofort töten würde, wären wir ihm immer ausgesetzt..
Direkte identifikatorische bzw. „ontologisierende“, solare Metaphorik für Gott finden wir nur ein einziges Mal in Ps 84: „Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild.“ Aber selbst diese Schriftstelle ist eindeutig nur sinnbildlich, etwa so, wie wenn man sagt „Du bist mir Heimat und Nest…“, was selbstverständlich den Angesprochenen nicht mit einem Nest gleichsetzen will, sondern nur mit Merkmalen eines Nestes, wie beispielsweise Geborgenheit, Wärme oder Schutz, versieht.
Sonst sind alle anderen Stellen nur unklare Licht-Ableitungen, in denen zwar heidnische Sonnenverehrungsmotive anklingen, aber immer dem Gott Israels, für dessen Lichtheit nur unzureichende Bilder gefunden werden können, untergeordnet werden: der große Gott, der HERR, ist mehr als der Glanz der Sonne. Viel mehr und ganz anderes, nicht Denkbares, den natürlichen Menschen Vernichtendes.
Liest man dagegen Wolfgang Menzels Lexikon der christlichen Symbolik von 1854 unter dem Stichwort „Sonne“, finden sich keine biblischen, sondern eben die aus dem heidnischen abgeleiteten Querverbindungen zwischen der Sonne/Sol und Christus.[6] Der Autor kann nur wieder auf Ps 84, 12 hinweisen (vgl. Zitat oben). Sein Maleachi-Zitat (Mal 3, 20), in dem angeblich „tröstend auf ihn (Christus, Anm. HJ) hingewiesen (wird), der aufgehen werde als Sonne der Gerechtigkeit“, ist unzutreffend. In der besagten Stelle heißt es nicht, der HERR sei selbst die (Flügel-)Sonne (im altägyptischen Bild der göttlichen Flügelsonne, die bis heute zahlreiche Geheimorden und esoterische Bünde, auch in der Kirche, als Logo gewählt haben), sondern es heißt, dass denen, die den Namen des HERRN fürchten, die „Sonne der Gerechtigkeit aufgehen wird, und ihre Flügel Heilung bringen werden“. Die Sonnenmetaphorik wird hier nicht auf der Seinsebene mit Gott identifiziert, sondern zwei seiner Attribute werden mit einer Sonnenmetaphorik ausgedrückt, anschaulich gemacht, aber nicht identifiziert: die Attribute der Gerechtigkeit und der Heilwirkung Gottes.
Menzel erzählt, dass auf Konstantins Münzen der Sonnengott mit Kreuz dargestellt werde, und die Manichäer es gewesen seien, die Christus vollständig mit dem Sonnengott identifiziert hätten. Ansonsten bleibt ihm nur die nach der Spätantike fortgeschrittene westkirchliche Metaphorik. Das Bild von der apokalyptischen Frau, die „mit der Sonne umkleidet“ ist (Apk 12), lässt er aus, berichtet aber korrekt, wie häufig in der vor allem neuzeitlichen kirchlichen Symbolik die Sonne auftaucht.

Die wundersame Sonnenvermehrung in Kirche und Geheimgesellschaften nach dem Tridentinum

Natürlich hat die Kirche nie behauptet, dass Christus identisch mit der Sonne sei, aber die symbolische Darstellung Christi als Sonne nahm mit dem ausgehenden Mittelalter geradezu inflationär überhand. Waren Sonnendarstellungen als Darstellungen des Geschöpfes Sonne im Mittelalter meist zu Füßen Christi, stellt die neuzeitliche Metaphorik häufig eine kaum mehr differenzierte Verbindung von Christus und der Sonne dar. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass auch das Heidentum nicht einfach nur plump die Sonne für „den“ Gott hielt, sondern eine anspruchsvolle esoterische Philosophie entwickelt hatte.

Einen Sonderfall stellt der berühmte „Sonnengesang“ Franziskus von Assisi schon im 13. Jh dar. Diese „Laudes Creaturarum, etiam Canticum Fratris Solis“ soll den Schöpfer in seinen Geschöpfen loben, aber diese Deutung überzeugt mich nicht, wenn ich mir den Text ansehe. In der anfänglichen Behauptung, kein Mensch könne Gott loben, um ihn anschließend „mit“ seinen Geschöpfen zu loben (also durch das Lob dieser Geschöpfe), wird wenigstens eine Missverständlichkeit erzeugt, wenn sie nicht tatsächlich Gott und Natur nahezu gleichsetzt. Dabei ist es auffallend, dass der „Bruder Sol“ hier, anders als die folgenden genannten Geschöpfe, zwar auf das geschwisterliche Niveau des Menschen gehoben ist, daneben in Anrede und Amt und der Ausweisung als „besonders“ als Ausdruck Gottes behandelt wird:

„Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen,
besonders dem Herrn Bruder Sonne,
der uns den Tag schenkt und durch den du uns leuchtest.
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz:
von dir, Höchster, ein Sinnbild.“

Franziskus nennt den Sol „Herrn“, während er alle anderen Geschöpfe als einfache Brüder und Schwestern anspricht, ohne Herrentitel. Sol tritt sprachlich so auf wie gemeinhin Jesus Christus als unser „Herr“ und „Bruder“. Sol ist bei Franziskus analog zum „Gottmenschen“ Jesus ein „Gottgeschöpf“, „durch den“ Gott uns leuchtet. Es ist einigermaßen verwegen, so etwas zu behaupten. Gott leuchtet uns wahrlich nicht durch den „Bruder Sol“ — wo steht das, und wann hat die Kirche bis dato dergleichen je so gelehrt? Mystiker der selben Jahrzehnte haben jedenfalls strikt solche Ideen abgewiesen!
Be Franziskus überlagert sich die Macht der Sonne mit der Gottes. Bei allen anderen Geschöpfen, die Franziskus besingt, wird die „Hierarchie“ zwischen Schöpfer und Geschöpf jedoch eingehalten. Das stößt einem aufmerksamen Leser auf.
Die reformierten, aber auch die katholischen Kirchenlieddichter haben unzählige Texte geschaffen, in den Christus identisch mit der Sonne zu sein scheint, so, wie ein Zwilling mit dem anderen. „Sonne der Gerechtigkeit“, „Jesus, ew’ge Sonne“, „O Jesus meine Sonne“, „Gottes Liebe ist wie die Sonne, sie ist immer und überall da“, oder eine Erstkommunionfeier aus dem Erzbistum Köln unserer Tage, in deren Faltblatt folgendes steht: „Unsere diesjährige Kommunionfeier steht unter dem Symbol der Sonne. Die Sonne selbst ist Jesus Christus und auf den Strahlen leuchten ihnen (sic!) unsere Kommunionkinder entgegen.“[7] Teresa von Avila dichtete im 16. Jh: „Christus, die große Sonne, erlischt keinem für immer, den sein Strahl einmal durchleuchtet. Er ist vergraben im umwölktesten Herzen, und es kann stündlich geschehen, dass er aufersteht."

Und diese Metaphorik angesichts einer Prophetie darauf, dass die Sonne nicht nur schon beim Tod Jesu, sondern am Ende der Tage gänzlich und für immer ihren Schein verlieren wird und mit der Schöpfung durch Feuer vernichtet wird, so sehr, dass davon „nichts mehr gefunden wird“ (2. Petr 3, 8ff)! Es ist merkwürdig, dass selbst die größten Heiligen nicht verstanden haben, dass die geschöpfliche Sonne niemals ein echtes Symbol für Jesus sein kann, weil sie vergehen muss und ihr Licht nur von einem anderen empfängt, wohingegen unser Herr doch „Licht vom Licht“ ist, vom unerschaffenen Licht als Wesen, wie wir bekennen!

In der anthroposophischen Denkweise erscheint Christus ebenfalls als Sonne iS eines ätherischen Wesens, einer geistigen Kraft. Rudolf Steiner erklärte in einem Vortrag 1922:

„Und so gab es eine Stufe der menschlichen Kulturentwickelung, in welcher die Initiierten in der Sonne ein göttlich-geistiges Wesen sahen, dann diejenige Stufe, in welcher die Initiierten in der Sonne Kräfte sahen, die da wirken, und eine dritte Stufe, in welcher die Initiierten nurmehr die Wirkungen des Sonnenwesens im Äther der Erde sahen.“[8]

Steiner kommt auf Julian den Apostaten zu sprechen, der diese drei Sonnenaspekte entdeckt und verinnerlicht habe:

„Julian Apostata sagte, daß die Sonne drei Aspekte habe: einen des irdischen Äthers, einen des dahinterstehenden Himmelslichtes und der chemischen und Wärme oder Feuer- und Lebenskräfte, und einen Aspekt ganz geistiger Wesenheit. Dafür wurde er hinweggeräumt.“

Steiner beschreibt hier die geistige Deutung des Sonnenkultes. Dieser Kult ist jedoch, denkt man dies genau zu Ende, mit dem zitierten Christus-Sonnensymbol-Denken großer christlicher Denker und Heiliger ähnlich bzw identisch.
Warum bemerken sie das alle nicht?
Wer war dieser Julian Apostata?
Julian war ein Kaiser des 4. Jh, der die alten Kulte wieder zuließ und Christen verfolgt haben soll.[9] Von Arianern zum Christen erzogen, fiel er als Erwachsener wieder zum Heidentum ab. Im Zentrum seines Glaubens stand Helios, der Sonnengott, aber auch die Verehrung der „Großen Mutter“, der „Magna Mater“. Steiners Entwicklungsmodell, das so sehr unseren gängigen religionsgeschichtlichen Vorstellungen nachgezeichnet ist, nur etwas „esoteriklastiger“, ist vielleicht abwegig insofern, als hier weniger Höherentwicklungen einer geistigen Erkenntnis geschehen sind als sich nur eines, dies aber sehr präzise, spiegelt: der Sonnenkultus war niemals primitiv oder unterentwickelt, sondern immer ein ausgeklügeltes, anspruchsvolles religionsphilosophisches Konstrukt. Dieses Konstrukt wurde nicht verworfen, weil es so „unterentwickelt“ war, sondern weil es hochentwickelt und dennoch einen falschen Gott, einen Widergott verehrte — aus der Sicht der israelitischen Tradition.
Immer und überall trat der Gott Israels ihm in den Weg, nicht anders als die Erfüllung der Prophetie, Jesus Christus, dessen Kommen mit einer Sonnensymbolik kaum vereinbar ist, wenn man genauer hinsieht. Das NT kennt dagegen nur ein echtes Real-Symbol für den Sohn Gottes: das makellose (Opfer-)Lamm.
Die fremde Sonnensymbolik für den HERRN aber griff, wie gesagt, um sich, mehr und mehr. Der Vorbau waren die Konstantinischen Akzente. Ulrich Lambrecht schrieb über die umfangreiche Forschungsarbeit Martin Wallraffs bezüglich Konstantins:

So zeigt er (Wallraff) an den einschlägigen Berichten über die Lichtvision im Jahre 310, den Nachrichten im Zusammenhang mit der Schlacht an der Milvischen Brücke, am Konstantinsbogen, an der Münzprägung und am Sonntagserlaß, daß auch im "christlichen Kontext der Weg zu einer solaren Interpretation offengehalten wird" (S. 129), anders ausgedrückt: "Es handelt sich um den Versuch, die Sonnenreligion so ins Abstrakt-Diffuse zu weiten, daß auch das Christentum unter dem Dach einer solchen einheitlichen religiös-politischen Staatsideologie noch Platz finden konnte".[10]

Das christliche Mittelalter ist einerseits noch oder bereits erneut durchsetzt von einer gewissen Sonnenreligion, setzt sich andererseits dagegen deutlich ab.
Die mystische Theologie sagt es mit Nachdruck: Gott kann nicht außerhalb des Menschen „gesehen“ werden. Sein Licht erfährt man ausschließlich in der Dunkelheit der eigenen Seele. Meister Eckhardt (13./14. Jh) schrieb:

„Wenn Gott in dir göttlich leuchten soll, dann fördert dich kein natürliches Licht, es muss vielmehr zu nichts werden. Dann kann Gott mit seinem Licht in dich hinein und in dir leuchten, und er bringt alles mit, was dir ausgegangen ist, und tausendfach und mehr.“[11]

Eine entsprechende Theologie des „Taborlichtes“, des unerschaffenen Lichtes Gottes, das im Herzen aufstrahlen kann jenseits äußerlicher Leuchten, kennt die Orthodoxie des Ostens seit dem 12. Jh.
Eine erste Inanspruchnahme des Papstes (nicht mehr des Kaisers!), selbst die Sonne zu sein, findet sich bei Nikolaus I. (9. Jh):

 „Contra illos nimirum, qui beatissimi apostulorum principis Petri eiusque successorum luculentissimam doctrinam sedemque spernentes, quem Dei filius in sancta ecclesia sua tamquam luminare maius in coelo constituit, veluti quidam scorpiones palantes incedunt in meridie, et cum adhuc dies est, occidit eis sol.“[12]

Der Machtanspruch des Papsttums, das sich selbst ungeniert mit der Sonne gleichsetzte, setzte jedoch erst im 11. Jh deutlicher und häufiger ein. Gregor VII. (11. Jh) vergleicht in der Auseinandersetzung von Papst- und Kaisertum in einem Brief an William the Conquerer die Rolle des Papsttums mit der der vorangehenden Sonne und die des Kaisers mit der des Mondes.[13] Und auf der Website der Deutschen Bischofskonferenz konnte man in einem kurzen Text über Innozenz III. (12./13. Jh) auch noch hier und heute unter der Überschrift „Der Papst, der die Zukunft träumte" (!) lesen:

Wie schon Gregor VII., der den deutschen Kaiser zum Gang nach Canossa drängte, unterstrich er den Vorrang der bischöflichen vor der weltlichen Macht: "Wie der Mond sein Licht von der Sonne erhält ..., so erhält die königliche Gewalt von der päpstlichen Autorität den Glanz ihrer Würde", betonte er in einem Brief wenige Monate nach seiner Wahl.“[14]

Doch gehen wir noch einmal zurück: eigentlich hatte man das Symbol der Sonne, was im Rahmen des alten heidnischen und weltweiten Sonnenkultes, schon problematisch genug ist, Christus zugeordnet, wenn auch nicht ontologisierend. Sehen wir, ob etwa die mittelalterlichen Mystiker die Sonne als Christus-Symbol einsetzten:

Bei Gertrud von Helfta (2. Hälfte 13. Jh) ist zwar eine Sonnenmetaphorik zu hören, aber eine, die zu gering ist, um den Aufgang Jesu Christi in der Seele zu beschreiben:

„O ewiger Sonnenstillstand, sichere Bleibe, Ort der vollauf entzückt, Paradies ewiger Freuden…[15]

Die innere Erleuchtung wird zwar durch das Symbol der Sonne beschrieben, aber nur insofern, als der HERR deren Wesen als Geschöpf in seiner Wahrheit vollkommen übersteigt:

„Daß dann von dir, der wahren Sonne,
ersprießen sollen die Blüten
und die Früchte meines geistlichen Fortschritts.
Voller Erwartung erwartete ich dich.“
[16]

Jesus Christus ist dabei unauslöschliches Licht, für den sich nur unzureichende natürliche Lichtsymbole finden lassen. Die geschöpfliche Sonne ist also nur ein „unwahres“ Bild für sein wahres Licht.

Bei Mechthild von Magdeburg (13. Jh) ist Gott „fließendes Licht“, das zwar gelegentlich mit der Sonne undeutlich metaphorisch verbunden wird (Gott: „Wenn ich scheine, musst du gluten“. Oder: Seele: „Du leuchtest in meiner Seele/Wie die Sonne auf dem Golde…“,[17] aber umgekehrt spricht ebenso Gott selbst die Seele als „Sonne“ an:

„Du schmeckst wie eine Weintraube,
du duftest wie ein Balsam, du leuchtest wie die Sonne,
du bist ein Wachstum meiner höchsten Minne
.“[18]

Mechthild kommt damit der Frauensymbolik in Apk 12 nahe, die aber die Sonne als Kleid des von Gott geliebten Menschen meint, der andersherum aber auch selbst zu dessen Kleid wird. Mechthild geht so weit, den Bräutigam-Gott sagen zu lassen über die Braut-Seele: „Du bist ein Licht der Welt…“ Worauf die Braut antwortet: „Du bist ein Licht über allen Lichtern…“[19] Mechthilds Licht-Metaphorik für die Seele wurde uns in den Evangelien als Rede Jesu überliefert (Mt 5, 14). Die mystische Theologin bleibt folglich im biblischen Bild des Lichtes für Gott, wie wir es im Johannes-Prolog finden und scheut vor einer allzu großen Annäherung an eine Gestirnemetaphorik deutlich zurück. Eher wendet sie die Sonnenmetaphorik auf die Seele an, denn in der biblischen Vorstellungswelt schöpft die Sonne ihr Licht vom Urlicht Gottes, weil Gott sie zu leuchten heißt, nicht weil sie selbst es könnte… Die Hierarchie oder das Papsttum spielen in ihrer Gedankenwelt kaum eine Rolle.

Anders liest es sich zunächst bei der 200 Jahre früher wirkenden Hildegard von Bingen (11. Jh), die sich in einer Vision vielleicht am weitesten in der metaphorischen Identifikation des Gottessohnes mit der Sonne vorwagt, davon aber auch wieder abweicht. Bei ihr findet man auch tatsächlich, passend zu den Machtansprüchen der Hierarchie, erste Lichtmetaphern für die „Apostel“:

„Betrachte die Sonne, den Mond und die Sterne. Ich habe die Sonne gemacht, auf daß sie leuchte am Tag. Den Mond und die Sterne habe Ich gebildet, damit sie Licht geben in der Nacht. Die Sonne bedeutet meinen Sohn. Wenn die Nacht zu Ende geht, erhebt sich die Sonne und erleuchtet die Erde. (…) Der Mond versinnbildlicht die Kirche, die meinem Sohn in wahrer, heiliger Brautschaft vermählt ist. Wie der Mond beständig wächst und abnimmt, aber nicht aus sich selber brennt, sondern sein Licht an der Sonne entzündet, so ist auch die Kirche in stets wechselnder Bewegung.“[20]

Das Zu- und Abnehmen der Kirche vergleicht sie mit der schwankenden Glaubensbewegung vieler Gläubiger. Ihr Bild erfährt jedoch einen Bruch, als sie fortfährt:

„Deshalb siehst du, wie schneeweißer, kristallener Glanz das Weib vom Scheitel bis zur Kehle umleuchtet. Das ist die Lehre der Apostel, die die blendender Weiße strahlende Inkarnation dessen verkündet, der als der starke, helleuchtende Spiegel aller Gläubigen vom Himmel in den Schoß der Jungfrau hinabgestiegen war. Dieses Licht umstrahlte die Kirche (…).“ [21]

Es nimmt sich merkwürdig aus, dass der Sohn Gottes nur durch die schwache Sonne abgebildet wird, während die Lehre der Apostel über die „Inkarnation“ des HERRN im Bild über ihn als blendende Weiße hinaussteigt. Das Bild ist eigenartig, führt uns aber direkt in den Bruch der Metaphorik: war die Kirche eben noch „nur“ Mond, wandelt sich das Lehramt zum gleißenden Licht und die „unbesiegte Kirche“ zu einer Art Sonnenkugel:
 In ihrer Vision nimmt sie denn auch die Schar der Gläubigen „leuchtender als die Sonne“, die für Christus, der doch in der Sonne ausgedrückt sei, steht (!), wahr. Die apokalyptische Frau „amicta sole“ (von der Sonne umkleidet) aus Apk 12 ist bei Hildegard folglich nicht von Christus selbst umstrahlt, sondern von der „blendend weißen“ Lehre der Apostel über IHN, die in der Bildlogik außerhalb der Frau stehen müssten. Die Leuchtkraft der Lehre speist sich aus dem in der Lehre inkarnierten Herrn. Das ist in sich inkonsistent und offenbart die Gratwanderung, die die Licht- und Sonnenmetaphorik bedeutet, nach den merkwürdigen Amalgamierungen in der christlichen Spätantike zwischen Sonnenkult und Christusglauben, aber auch einer lebhaften Auseinandersetzung mit griechischer und ptolemäischer Kosmologie, erneut. Merkwürdig ist auch die Ansicht, Jesus Christus sei ein „hellleuchtender, starker Spiegel aller Gläubigen“ angesichts der Tatsache, dass er in der Schrift das vollkommene „Abbild des Vaters“ und nicht der Menschen ist. Er bildet nicht die Gläubigen, sondern in vollkommener Weise den Vater ab. Strahlen die Gläubigen denn nicht umgekehrt eher den Glanz Christi wider, wenn man das NT liest? Oder meint Hildegard hier etwas anders?
Oft wird behauptet, Hildegard habe bereits die moderne Kosmologie „geschaut“ und beschrieben. Das ist mindestens so fragwürdig wie die Behauptung, der alte Gott Sol werde mit einem „Globus“ (Erdball) dargestellt. Ebenso wie Sol mit einer Scheibe, die für den Erdkreis steht, der aber nicht astronomisch verstanden sein will, dargestellt wird, ebenso beschreibt Hildegard nicht das heliozentrische System oder alle daraus folgenden Ableitungen auf das All. Auch sie sieht nach einem Exkurs in die gängige mittelalterliche Vorstellung vom Kosmos als „Ei“ mit mehreren Hüllen in „Scivias“ an anderer Stelle das Weltgefüge als „Rad“, in dessen Zentrum der Mensch steht. Das All ist für sie gewissermaßen ein „lebendiger Organismus (Gottes)“. Der Mensch bildet als Mikrokosmos den Makrokosmos ab. Daraus folgt grundsätzlich, dass auch die Sonne nur ein Nebengestirn ist, wenn auch ein großes, und die Inkonsistenz in Hildegards Licht-Bildsprache hat auch darin ihren Grund.
Dennoch muss man fragen, wie Hildegard zu der Vorstellung kommt, der Mond entzünde seinen Schein an der Sonne, und wie genau sie das meint. Man ist versucht, die moderne Meinung, der Mond reflektiere Sonnenlicht, anzunehmen. Das geht allerdings aus ihren Sätzen nicht wirklich hervor. Man sollte hier vorsichtig sein. Obwohl sie also, wie zitiert, die Kirche mit dem Mond identifiziert, ordnet sie an anderer Stelle im selben Buch „Scivias“ die Kirche einem Glutball zu: „Darum siehst du auch in dem Äther eine sehr große, weißglänzende Feuerkugel. Sie versinnbildlicht in wahrer Schau die unbesiegte Kirche…[22] Hier taucht der Begriff der „unbesiegten Kirche“ auf, der „ecclesia invicta“, die begrifflich dem „sol invictus“, dem Sonnengott bzw automatisch dem weltlich seit dem 4. Jh doch zu Macht gekommenen Jesus Christus zugeordnet wird. Das Bild eines Mondes, der sich am Licht der Sonne entzündet, dann aber selber brennt, bleibt hier unklar. Verzehrt er sich als Feuerball selbst, oder ist es eine andere Art des Leuchtens? In jedem Fall ist die Kirche ein selbst brennender Feuerball, der nicht nur Licht reflektiert. Hildegard relativiert diese Selbstfeurigkeit jedoch durch einen Einwand, den sie sofort folgen lässt:

„Und wie deutlich sichtbar über der Kugel zwei Leuchten stehen, die sie halten, auf daß sie die ihr vorgezeichnete bahn nicht überschreite, so ziehen zwei Testamente, von oben stammend — das Alte und das Neue — die Kirche zu den göttlichen Vorschriften der himmlischen Geheimnisse empor. Sie geben ihr Halt, damit sie nicht im Wandel wechselnder Sitten sich verderblich auslasse. Denn beide, der Alte wie der Neue Bund, bezeugen ihr die Seligkeit des himmlischen Erbes.“

Hier nun nehmen an die beiden Leuchten im Genesisbericht erinnernd das AT und NT wie Sonne und Mond wegweisende Funktionen für die Kirche ein. Man erkennt auch hier unschwer, dass Hildegards Schau keine echte Kosmologie entwerfen will, sondern kosmologische Metaphern für spirituelle Gegenstände wählt, die teils der gängigen mittelalterlichen Weltsicht, teils der Hl. Schrift entlehnt sind, der Kirche aber an sich doch recht deutliche Grenzen setzen und von einer überstrapazierten Unfehlbarkeit der Kirche selbst oder gar des Papstes nicht im Entferntesten etwas wissen, vielmehr dem später zunächst von der Reformation weiter getragenen Schriftprinzip erheblich näher zu stehen scheinen. Dies ist hier nur ein Nebenaspekt, aber er ist interessant und wirft einige Fragen hinsichtlich der später verabsolutierten scholastischen Philosophie und der Selbstvergöttlichung der Hierarchie vor der Kirche im Ganzen auf, denen hier freilich nicht weiter nachgegangen werden kann.
Wir erkennen aus der mystisch-theologischen Literatur, dass sie sich in anderen Sphären direkter persönlicher Christusbeziehung bewegt, als es das aufsteigende Papsttum anerkennen wollte.
In jedem Fall erkennt man an diesen wenigen Beispielen mittelalterlicher mystischer Theologie, dass das Mittelalter weder finster noch zurückgeblieben war. Es ist unmöglich, hier alles zu referieren, was bezüglich der Kosmologie entwickelt wurde. Verwiesen werden soll noch auf die merkwürdige Schrift „De luce“ (Vom Licht) von Grosseterre aus dem 13. Jh, die auf der Basis antiker Astronomie eine eigenständige Kosmologie entwirft. Wer sich mit solchen Texten befasst, entdeckt, dass das Weltbild des heutigen Menschen eng und begrenzt ist und sich den Weg zu der Erkenntnis, dass das All vielleicht ganz anders sein könnte, als wir denken, vollkommen versperrt hat, dabei aber in einer verwegenen Arroganz seine eigenen Phantastereien über den Kosmos, die auf unbeweisbaren Axiomen beruhen, immer gigantischer „berechnet“ und ausschmückt und daraus einen Mythos geschaffen hat, dessen mythischen Charakter er nicht mehr erkennt. Im Spiegel mittelalterlicher Texte steigt uns, wenn wir offen denken, jäh auf, dass die gesamte Postmoderne sich möglicherweise selbst in einem gewaltigen Aberglauben verfangen hat, den sie mit Wissenschaft verwechselt.

Wir entdecken seit dem Beginn der Neuzeit trotz der mittelalterlichen „Sonnenskepsis“ vieler Mystiker eine eigentümliche Sonnen-Vermehrung. Nicht nur der nachreformatorisch entstandene Jesuitenorden (16. Jh) gab sich das merkwürdige Symbol der flammenden, „schwarzen“ Sonne und den janusköpfigen und christusfernen Wahlspruch „Inflammate omnia“ (Setzt alles in Flammen!), sondern auch die Monstranzen und Tabernakel wurden plötzlich vermehrt mit Sonnensymbolen versehen. Jesus hatte niemals befohlen, alles in „Flammen“ zu setzen, sondern „in alle Welt zu gehen“ und „das Evangelium zu verkünden“ (Mk 16, 15), von denen aber, die es nicht hören wollen, stillschweigend wegzugehen und sie zu lassen (Mt 10, 14)! Angeblich weiß man im Jesuitenorden nicht, woher das Sonnensymbol samt dem Kürzel IHS für den Orden herkommt. Man zieht sich auf das integrierte „IHS“ zurück und dessen mögliche Bedeutungen. Warum aber ein Strahlenkranz? Und warum ist er schwarz gehalten und nicht vielmehr licht? Immerhin wird damit an den „Sol niger“, die schwarze Sonne,  der Alchemie erinnert, was den schlauen Jesuiten mit Sicherheit nicht verborgen geblieben war. „Sol niger“ ist nach der Lehre der Alchemie den Anstoß zu einer Reinigung zu Gott hin und bedeutet eine „Schwärzung“ der Seele iS der Purifikation, des Läuterungsfeuers. Zu dieser alchemistischen Vorstellung des „Sol niger“ passt auch das Motto „Inflammate omnia!“.
„Wie der Kirchengeschichtler und Jesuit Klaus Schatz auf Anfrage mitteilt, ist das IHS nie offiziell zum „Wappen des Jesuitenordens“ geworden. Allerdings gebrauchte es Ordensgründer Ignatius von Loyola als sein Siegel als Generaloberer. (…) Als Siegel des Generaloberen fand das Zeichen Verbreitung in Büchern und noch mehr in Kirchen, Altären und Häusern der Jesuiten. Es hatte verschiedene Formen und Ausschmückungen – mal mit Strahlenkranz, mal ohne; mal mit drei Nägeln unterm IHS, mal mit einem Herzen, mal mit einem Halbmond, mal mit Kreuz, mal ohne alles.“[23]

Die Autorin dieser Erklärung, Susanne Haverkamp, fügt hinzu, dass das Kürzel IHS nicht nur für „Jesus“ stehe, sondern möglicherweise auch für „In Hoc Signo (vinces)“, also den Traumspruch Kaiser Konstantins. Es geht um irdischen Sieg, um einen Sol invictus Christus in diesem Äon.
Zum Aufstieg des römischen Sonnen-Kaisertums unter christlicher Voraussetzung schreibt Karl Prumm SJ:

„Die Seele des (noch heidnisch-römischen, Anm. HJ) Kaisers schwang sich (bei seiner Bestattung, Anm. HJ)  zu dem ihrer Natur entsprechenden Aufenthaltsort in der Höhe und im Lichte empor. (…) Hier konnte die christliche Botschaft anknüpfen. (…) Die christliche Botschaft umschloss eine Verklärungshoffnung, die sich aus dem Prinzip der Verbundenheit zwischen Christus, dem Haupte der Menschheit, und den Erlösten als wohlverständliche Folgerung ergab. (…) Die letzten (heidnischen, Anm. HJ) Kaiser suchten besonders den Anschluss an den Mithraskult. (…) Jedenfalls haben sie den Mithraskult und den mit ihm manchmal verschmolzenen (…) Kult des „Sol invictus“ begünstigt. Der erste christliche Kaiser hat im Zeichen der „Sonne der Gerechtigkeit“ gesiegt. (…) Viele äußere Formen der Kaiserverehrung konnten im Christentum gewahrt bleiben, so der Fußfall, der Strahlenkranz, das buntgestickte Gewand. Die christliche Lehre, dass der Inhaber der höchsten Autorität die Rechte des allmächtigen Gottes vertrete, gab seiner Macht einen viel stärkeren Untergrund als die Gleichsetzung mit dem Phantom einer mythischen oder Naturgottheit, an deren Existenz doch kein einigermaßen gebildeter Mensch mehr glaubte.[24]

An dieser Herleitung ist eines bemerkenswert: Prumm nimmt hier mehrere Voraussetzungen vor, deren Richtigkeit er nirgends nachweist oder erklärt: Warum „konnte man“ äußere Formen des heidnischen Kaisertums unter christlicher Flagge einfach so „wahren“, und woher nimmt er Behauptung, die doch ebenfalls heidnische Ansicht, dass Inhaber der höchsten Autorität „die Rechte des allmächtigen Gottes vertreten“? Bemerkenswert ist diese Aufzählung aber insofern, als Prumm damit selbst zugibt, dass die christliche oder pseudochristliche Verstärkung der alten heidnischen Überzeugung, Herrscher kämen aus der Sphäre Gottes oder verträten seine Rechte, den alten, ja nicht anders gelagerten  Sonnenkult gewissermaßen „explosiv“ aufgeladen haben. Die Idee einer „christlichen Autorität“ in Person, einer „Stellvertretung“, die nicht zum Bestandteil des neutestamentlichen Kanons gehört und auch aus ihm nicht abgeleitetet werden kann, und deren häretische Problematik schon im AT durchdacht wird, als Israel wie die Heiden auch einen König haben will (1. Sam 8), wird bei Prumm nicht kritisch reflektiert. Nach 1. Sam 8 bedeutet solche „Autorität“ nach den Worten Gottes an den Propheten regelrecht einen „Glaubensabfall“. Solche „Autorität“ wird sich immer als Ausbeuter und Verführer erweisen. Obwohl Samuel dem Volk Israel diese Aussichten im Auftrag Gottes warnend vor Augen hält, will es einen König haben. Gott gewährt einen König, aber die Tragik und die destruktive Kraft des israelitischen Königtums wird uns in langen Texten dargelegt, wie die Könige samt den Priestern das Volk zum Glaubensabfall brachten. Wenn Jesus den Jüngern später vor Augen hält, die Fürsten in dieser Welt würden die Völker ausbeuten und unterdrücken (Mt 20, 28) und bei den Jesus-Nachfolgern solle es nicht so sein, knüpft er nicht nur an die alte Aussage Gottes, dass irdische Autorität, die sich die Rechte Gottes anmaßt, immer Glaubensabfall bedeutet, sondern auch an verschiedene prophetische Aussagen, dass Gott die Gewalt der Mächtigen zerstören wird, dass sie vor ihm nichts ist. Nicht nur Maria singt dies im Magnificat, sondern wir lesen es an vielen Stellen im AT. Ich greife ein Beispiel heraus:

„22 Er ist es, der über dem Erdenrund thront; wie Heuschrecken sind ihre Bewohner. Wie einen Schleier spannt er den Himmel aus, er breitet ihn aus wie ein Zelt zum Wohnen.
23 Er macht die Fürsten zunichte, er nimmt den Richtern der Erde jeden Einfluss.
24 Kaum sind sie gesät und gepflanzt, kaum wurzelt ihr Stamm in der Erde, da bläst er sie an, sodass sie verdorren; der Sturm trägt sie fort wie Spreu.
25 Mit wem wollt ihr mich vergleichen? Wem sollte ich ähnlich sein?, spricht der Heilige.“ (Jes 40)

Der Anspruch also, irdische Autorität hätte auch nur das Geringste mit dem Recht Gottes zu tun, ist nach dem eindeutigen Schriftwort vermessen. Die Aussage Paulus’, die „Obrigkeit“ führe zu recht und nach dem Willen Gottes das „Schwert“ (um zu richten), wird durch all jene zahlreiche Entmythologisierung irdischer Herrschaft erheblich relativiert und will vielleicht auch etwas ganz anderes ausdrücken: es muss in dieser Welt Rechtsordnungen in den Gemeinwesen geben. Die Rechtsordnung aber besteht in sich selbst und nicht aufgrund einer irdischen Person. Und sie ist in erster Linie menschliches Recht, vom und für den Menschen, damit er (profan) befriedet in Gemeinschaft leben kann, nicht ein „Recht Gottes“. Der, der richtet, untersteht selbst dem Gericht. Es gibt keinen „Inhaber der höchsten Autorität“, denn die kommt alleine Gott zu. Es wäre erst noch zu fragen, was „Autorität“, echte „Autorität“ auf Erden heißen kann und ob ihr Charakter nicht viel eher in totaler Ohnmacht und vollständigem Machtverzicht besteht, weil kein Mensch aus sich selbst als „auctor“ heraus „Rechte Gottes vertreten  kann.
Der Gedanke der herrscherlichen Stellvertretung Gottes oder der Götter, ist vielmehr gutes altes heidnisches Gedankengut und Bestandteil diverser Sonnenkulte. Selbst im fernen Japan, dem Land der „aufgehenden Sonne“, kennt man diese Vorstellung: der japanische Kaisertitel „Tenno“ bedeutet: „Vom Himmel gesandter Herrscher“. Er ist auch oberster Shinto-Priester. Der Mythos sieht im japanischen Tenno den Nachfahren der Sonnengöttin, der selbstverständlich dann auch ihre Rechte stellvertretend innehat. Nicht der angeblich christliche „Autoritäts“-Glaube hat das Kaisertum „gepuscht“, sondern die Vermessenheit des Gottkaisertums hat das Christentum verweltlicht und nachhaltig mit einer Wunde versehen, von der es sich nie mehr erholt hat. Ja, wie man an Prumm sieht, wurde daraus auch noch eine Theologie gezimmert, und dies entgegen der biblischen Skepsis gegen irdische Macht, von der sich der Herr doch vor seinem öffentlichen Wirken, ausdrücklich als einer Versuchung Satans distanziert hat. In Prumms Argumentation stößt weiterhin die Arroganz ab, mit der er den alten Sol-Glauben als etwas dem gebildeten Menschen Lächerliches abtun will.

Während mittelalterliche Monstranzen bis weit ins 15./16. Jh hinein meist als kleine Häuschen oder Kirchlein gestaltet waren, sind nachreformatorische Monstranzen plötzlich als Sonnen gestaltet oder sogar als das esoterische dreieckige Sonnenauge.
In derselben Weise verwandelte sich mit der beginnenden Neuzeit nach dem Konzil von Trient das mittelalterliche Sakramentshäuschen, das meist wie eine kleine Kirche gestaltet ist und seitlich im Altarraum steht, zu einem Altartabernakel, auf dem häufig ebenfalls in ganz verschiedener Gestaltung ein Sonnensymbol zu sehen ist. Vielen frommen Katholiken ist das nicht bewusst. Bruchlos empfinden sie den Übergang von einem traditionellen „tabernaculum“ (also einer Behausung oder Hütte) sowohl in den Sakramentshäuschen als auch den Monstranzen hin zu einem in aller Regel goldenen oder wenigstens vergoldeten Sol-Götzenbild, in das die Hostie wie ein allsehendes Auge eingelassen wird. Es ist ähnlich wie mit alten und neuen Darstellungen des St. Nikolaus. Während bis ins 20. Jh hinein der Nikolaus immer als farblich „rotlastiger“ Bischof mit Bischofsrobe, Hirtenstab und Bischofsmütze dargestellt wurde, schob sich plötzlich der dicke weißbärtige Mann mit dem roten Kapuzenmantel vor diese ursprüngliche Gestalt, und man nahm es fraglos hin, tauschte gedankenlos die eine gegen die andere Gestalt aus, während man ihren Gedenktag aber unter gleichem Namen weiterführte. Viele Katholiken wissen schlicht nicht mehr, dass weder Tabernakel noch Monstranzen dieses vergoldete Sonnendesign hatten und halten das barocke Urmodell des Miniatur-Sol-Tempels iS des „allsehenden Auges“ für die Hostie als Ausdruck der tradierten Frömmigkeit. Das ist jedoch mitnichten der Fall, sondern eine neuzeitliche, nachtridentinische Entwicklung, die einen Bruch mit der vorherigen Tradition darstellt.
Seit dem 16. Jh tauchen in der kirchlichen Symbolik überall die „Sonnenaugen“ auf. Sie sollen angeblich die Trinität symbolisieren. Nun ist aber dieses Symbol älter als das Christentum, wurde in allen heidnischen Sonnenkulten benutzt, etwa im Zarathustraglauben ebenso wie im Mithraskult, und fand sowohl im nachchristlichen Judentum als auch im nachtridentinischen Christentum und vor allem in der Freimaurerei und esoterischen Logen eine gewaltige, nahezu allgegenwärtige Nachfolge. Man mag darüber denken, wie man will, aber es mutet merkwürdig an, dass die Kirche nach 1500 Jahren plötzlich ein heidnisches Sonnensymbol für Gott in sämtliche Kirchenneubauten einführt, das sie mit Protestanten und Freimaurern, gegen die sie doch sonst mit allen Bandagen kämpft, so exzessiv in schönster Übereinstimmung ausprägt… 

Eine esoterische Sonnenverehrung kennt die nachreformatorische protestantische Esoterik, wie sie vor allem im Pietismus ausgeprägt werden konnte. Man findet zahlreiche Verweise auf die spirituell verstandene Sonne etwa im 17./18. Jh bei dem mystisch und intellektuell hochbegabten Schuster Jakob Böhme[25], dem evangelischen Pfarrer Friedrich Christioph Oetinger, der sich intensiv mit der Kabbala beschäftigte und dem Sohn eines evangelischen Bischofs, Emanuel Swedenborg, der sich ebenfalls mit der Kabbala beschäftigte.
Swedenborg war Gründer einer „Neuen Kirche“ und neben vielem anderen einer „Entsprechungslehre“, in der er ein dem Neuplatonismus ähnliches Emanationsmodell göttlicher Seinsstufen entwirft. Sie Sonne ist dabei reale Entsprechung zu Christus:

„In Swedenborgs Entsprechungslehre wird Gott (Christus als geistige Sonne geschaut) in Entsprechung zur natürlichen Sonne gesetzt. Wie die Strahlen der natürlichen Sonne vom Menschen als Licht und Wärme wahrgenommen werden, so werde die geistige Sonne als geistiges Licht (die göttliche Weisheit) und als geistige Wärme (die göttliche Liebe) in der „Welt der Geister“ erlebt. Die göttliche Weisheit und Liebe sei Substanz und Form, welche sich in das geschaffene Weltall ergießt.[26]

Wie wir es von Rudolf Steiner schon hörten, zeigt sich hier, dass der Sonnenkult nicht primitiv einfach nur die Sonne zur Gottheit erhebt, sondern spirituell deutet.
Die kabbalistisch geprägte Theosophie prägte sich — außer im Christentum und Judentum — als rein okkultistische Theosophie aus und bezog östliche Lehren mit ein. Vorreiterin und Ikone dieser Lehren war und ist Helena Blavatsky, auf die sich zahlreiche Autoren der zeitgenössischen Esoterik stützen. Sie verschmolz westliche und v.a. indische mystische Lehren zu einer „Neuen Weltreligion“.
Wenn man sich die Erzeugnisse ihrer Nachfahren ansieht, entdeckt man den Sonnenkult sehr schnell. Die hochbetagte Donna Preble schrieb 1974 im Rahmen der Theosophischen Gesellschaft in Pasadena/Kalifornien einen Text, der im Rundbrief „Sunrise“ 2/1975 veröffentlicht wurde. Alleine schon der Beginn ihres Artikels spricht Bände:

„Als die junge Sonne ihre kraftvollen Strahlen aussandte und damit die im Erwachen begriffene Peripherie berührte, fing das Leben an, Gestalt anzunehmen. Die von der Sonne geborenen winzigen Wesenheiten begannen ihre lange Reise durch Raum und Zeit. Sie unterlagen der Veränderung, indem sie sich selbst entwickelten. Nach Millionen von Äonen erreichte das Sonnensystem seine Urform, und die Planeten umkreisten ihren Herrn, von dem sie stammten. Einer dieser Planeten war die Erde. Auch sie brachte sich durch Bewegung und Entfaltung zum Ausdruck, indem sie die Zeitalter des mineralischen, pflanzlichen und tierischen Lebens durchlief, bis auf ihrer runden Oberfläche schließlich menschliche Wesen auftraten, deren Leben von der Sonne abhängig war, wahre Kinder der Sonne.
 Der westliche Teil dieser unserer runden, sonnenbeschienenen Erde wird oft als die christliche Welt bezeichnet, weil seine gesamte Kultur von der christlichen Theologie beeinflußt und sogar beherrscht wurde. Im Anfang des vierten Jahrhunderts, zur Zeit Konstantins, begannen die Kirchenväter mit dem Aufbau ihrer Theologie. Die christliche Bibel wurde aus den verschiedenen Schriften zusammengestellt, die bei den frühchristlichen Gruppen in Gebrauch waren. Dazu gehörten auch das Alte Testament und die Schriften von Paulus. Eine Auswahl dieser Schriften diente der Theologie als Grundlage.“

Die Autorin unternimmt eine weite Reise durch das AT und NT und suggeriert, dass darin der alte Sonnenglaube verschlüsselt läge. Anschließend kommt sie auf Kaiser Konstantin zu sprechen:

„Konstantin war eigentlich ein Sonnenanbeter, und noch nach seiner Bekehrung stellte er die Sonne auch weiterhin in den Vordergrund. Beispiele dafür sind die Einhaltung des Sonn-Tages bei den Christen, die Prägungen auf den Münzen und die Gedanken über die Natur Christi, die er zum Ausdruck gebracht hat. (…)
Die neue Christenbewegung entwickelte sich inmitten einer allgemeinen Sonnenverehrung verschiedenster Art. In den ersten christlichen Jahrhunderten - bevor die christlichen Schriften der Sprache des Alten Testaments angepaßt wurden - war Christus für die Christen eine symbolische Darstellung, er war die Sonne der Wahrheit, die Sonne der Wiederauferstehung und der Erlösung. Und das ist nicht verwunderlich, denn die Sonne ist der Lebenspender des Sonnensystems, und alle Organismen hängen mit ihrem Wachstum und ihrer Vermehrung von ihr ab. Das Modell ihres Wachstums entspricht dem Sonnensystem. Es ist im kleinen in der Struktur des Atoms mit seinem zentralen Atomkern und den Elektronen, die um ihn kreisen, und in der lebenden Zelle mit ihrem Atomkern und der ihn umgebenden inneren Zellstruktur wiedergegeben. Da die Sonne der Vater ist, sind wir alle Kinder der Sonne, mit der Möglichkeit, durch Entwicklung zu werden wie sie, die "Vater-Mutter"-Gottheit unserer Existenz. (…) Wir alle sind Kinder der Sonne, auch wenn wir noch unreif sind und noch eine lange, lange Reise bis zur Selbstentfaltung vor uns haben, die viel Zeit, Handlung und Veränderung in sich einschließt.“[27]

Es wäre weit gefehlt, solche Gedanken für „primitiv“ zu halten. Sie geben vielmehr wieder, wie man auch schon im Heidentum dachte, wie die alte Sol-Verehrung strukturiert war und woher sich der Mithraskult herleitet.
Die Einspeisung des Christentums (aber auch des Judentums) in diese Gedankenwelt hat noch längst nicht ihr Ende erreicht. Wir sehen vielmehr, dass die immer intensivere Einbindung des Christentums in die Typologie alter Sonnenkulte in vollem Gange ist und ausgerechnet mit der Neuzeit im 16. Jh überhaupt erst richtig in Fahrt gekommen ist.

Wer meint, der Mithraskult habe sich längst überholt und nur noch ein paar Grundmauerreste zeugten für dessen antike Tempel, der hat sich geirrt. Der Mithraskult wird ganz offen wieder praktiziert, nachdem er jahrhundertelang scheinbar ganz verschwunden war. Eine öffentlich wirkende Mithras-Gemeinschaft teilt auf ihrer Website mit, dass sie existiert und mehr als nur das:

„Mithras is the Savior God of the Light, a Solar Deity who presides over a path for the perfection of the Soul. The Mithraic Mysteries were practiced throughout the ancient world for centuries. It has been said that if Christianity had for some reason died in its infancy, the western world would have become Mithraic.“[28]

Moderne Mithraen sind assoziiert mit Zoroastrianern, aber auch altsyrischen Sonnenanbetern, etwa den Verehrern des Sonnengottes Yarhibol im antiken Palmyra.[29]
Der alte Sonnengott-Glaube scheint übereinstimmend eine Funktion zu haben: nämlich die Kulturen zusammenzuführen zu einer friedlichen Welt:

„There is much to recommend the worship of Iarhibol as a valid religion for today. Like many of the 'monotheistic' deities, Iarhibol stands for positive spiritual principles and knowledge. Yet unlike monotheistic deities, Iarhibol does not demand total submission in return for the beneficial powers over which he presides. In the ancient world Iarhibol was honored alongside many Goddesses and Gods from various pantheons. He may still be worshipped today as a part of one's wider spirituality.
The worship of Iarhibol offers many positive aspects  those wishing to explore the ancient religions both the Greco-Roman world and the Near East. Iarhibol was in ancient times called upon for his strength, light and honor, so that he might both empower and bring spiritual growth to those honoring him. In the world of today where Light, personal strength, and a sense of honor seem to be becoming more rare, and where tensions have been building between the West and Near East, the powers which Iarhibol brings to the world are more needed than ever.“[30]

Der “Eintritt” in den Yarhibol-Kult ist denkbar einfach: Sobald einer es will, kann er sich eine Mitgliedskarte ausdrucken, laminieren und stets bei sich tragen:

„To make the card official simply sign your name on the line provided. You may want to have the card laminated in plastic and carry it with you, as a reminder of your pledge to continue the sacred work to restore the worship of Iarhibol to the world.”[31]

Die Website ist bis dato virtuell. Der Sonnengott-Tempel ist diese Website. Vorläufig. Aber man arbeitet an der Rekonstruktion der alten heidnischen Religion der Spätantike, die durch das Christentum (fast) vernichtet worden sei. Die Aussagen sind widersprüchlich. Einerseits wurde demnach, aus Sicht des Neu-Heidentums, die alte Sonnenreligion zerstört, andererseits wurde sie im Christentum chiffriert und kann sich, wie Phoenix aus der Asche, aus der Kirche erheben.
Vorerst erhält der neue Gläubige Gebetsanleitung, etwa einen dreimaligen Gebetsruf an die Sonne — stets zur Zeit des Angelusgebets.
Anschließend wird eine „geistliche Waffenrüstung“ des Yarhibol-Anhängers genannt, die der geistlichen Waffenrüstung des Epheserbriefs entspricht — nur ist es Yarhibol, der hier das Licht gibt und nicht Christus. Das geistige „Aufrüstungsgebet“ endet mit den Worten: „I stand in the Light of Iarhibol. In the Light I am invincible, for the Sun is my Guard and Guide.”[32] Das Motiv der “unbesiegten Sonne” ist wieder, ganz ohne christliche Schminke, erwacht.

Wie weit solche neuheidnischen kultischen Gebräuche und Absichten bereits vorgedrungen sind, ist schwer zu sagen.
Mit der Selbstidentifikation mit der Sonne schmückten sich schon vor ein paar Jahrhunderten „aufgeklärte“ Könige Europas. Ludwig XIV. wurde „Roi soleil“ genannt, und man griff dabei auf antike Sonnenhuldigungen zurück. Bereits als 15-jähriger hatte er in einem Ballettstück die Rolle der Sonne gespielt und schnell den propagandistischen Wert des Stückes erkannt.[33] Nach seinem Vorbild nahm sich die absolutistische Elite wahr: der Fürst die Sonne, die Untertanen die Planeten. Auch wenn die katholische Kirche zäh an der Legende festhielt, Ludwig XIV. habe die katholische Religion gefestigt, hat sie vollkommen missverstanden oder schlicht vertuscht (um Schlimmeres nicht vermuten zu müssen), dass er lediglich das Edikt von Nantes widerrufen, eine rabiate Rekatholisierung auf oberflächlicher Ebene, ansonsten aber das Leben eines heidnischen Fürsten gelebt hatte. Zahlreiche Mätressen und nach kirchlichen Maßstäben illegitime Kinder, die er selbst aber als legitim anerkannte und abfand, sprechen eine deutliche Sprache. Der Sonnenkönig lebte ausschweifend wie seine spätantiken heidnischen römischen Vorbilder und nicht wie ein Katholik. Stadtanlagen wie die Karlsruhes (Gründung 1715), das sich offiziell „Fächerstadt“ nennt, erinnern auch an einen ausgespannten Zirkel und einen gezeichneten Halbkreis um die Schlossanlage, oder aber gleich an eine Sonnenanlage: In der Mitte das Schloss, von dessen Turm die Straßen der Stadt strahlenförmig abgehen.
Und auch der Stadtgründer Karlsruhes, der Markgraf Carl Wilhelm von Baden-Durlach, lebte ausschweifend mit mindestens 40 Mätressen, deren Kinder er als seine natürliche Kinder anerkannte und abfand. Mit diesen Königen und Markgrafen war bereits eine massive Entchristianisierung und Repaganisierung in Gang, über die sich die Kirche und das gesamte Abendland selbst betrog, zumal auch ihre Hierarchie immer wieder das Leben heidnischer, ausschweifender Herren lebte und die heidnische Geisteswelt auch in ihrer Kunstförderung wieder aufleben ließ. In Rom zeugen zahlreiche Kunstwerke seit dem 15. Jh für die Huldigung an antike Götter und heidnische Sichtweisen. Der Kampf Savonarolas gegen diese Rückfälle in die heidnische Sonnenreligion in der Kirche (!) ist durchaus verwandt mit dem Abscheu Papst Hadrians VI. gegenüber diesen Greueln im Tempel Gottes. Savonarola wurde ermordet im Auftrag des damaligen Papstes. Ob Hadrian VI., der nur anderthalb Jahre regierte, eines (zu frühen) natürlichen Todes starb, wurde immer wieder in Frage gestellt. Er hatte versucht, all diese heidnischen Auswüchse einer rigorosen Sparpolitik zu unterwerfen und damit auszutrocknen, was ihm natürlich eher Feinde als Freunde machte.
Bis weit ins 20. Jh überlebten v.a. in faschistischen Staatskulten diese Sonnen-Ideologien bzw feierten hier fröhliche Urständ: eine Führersonne eint eine Galaxie, ein ganzes Reichssystem. „Uns geht die Sonne nicht unter“ hieß ein HJ-Liederbuch von 1936, und der Führer wurde auf zahlreichen Postkarten als aufgehende Sonne dargestellt. 
Das Hakenkreuz-Symbol selbst ist das „lebenspendende Sonnenrad“, das ebenfalls auf vielen Bildern als aufgehende Sonne für die Volksgenossen dargestellt wurde. Die Dörfer und Gemeinden druckten Postkarten, die ihren Ort zeigen, hinter dem die aufgehende Sonne des Hakenkreuzes leuchtet.[34] 
Für den „Endsieg“ war vorgesehen, Hitler als Christus II. zu etablieren, als den wiedergekehrten Messias, und der Glaube an ihn sollte umgehend eingeführt und die alten Religionen abgeschafft werden. Der Glaube an den Heilsbringer Hitler als „Gralsritter“, der eine göttliche Herkunft haben sollte, war als Universalreligion für die ganze Welt vorgesehen und sollte bewusst an alte Motive aus den verschiedenen Weltreligionen anknüpfen.
Der Weg zur Hitlerischen „Universal-Religion“ sollte eine systematische, jahrelang vorausgehende Entkonfessionalisierung sein, in deren Rahmen auch ausdrücklich die Polygamie wieder eingeführt werden sollte. Man wollte die Menschen ihren alten Glauben schlicht vergessen machen, um das entstandene Vakuum mit der neuen Gralsritter-Messias-Religion zu füllen.[35]
Man darf sich fragen, ob diese Strategie nicht auch der heutigen Entsakralisierung wirksam ist. Die Nazis hatten eine Art „Ruhe vor dem Sturm“, ein „Verebben“ des Alten geplant, um anschließend in Macht und Gewalt eine völlig neue heidnische Ideologie einzuführen. Gott sei Dank ist es soweit nie gekommen. Gezeigt werden sollte aber, dass auch sie zentral und penetrant mit der Sonnenmetaphorik operierten.

Sol invictus 2.0

Ob dieser „Verebbungsprozess“ nicht auch in der Kirche wirksam ist? Man lässt gewisse Rumpfbewegungen der alten und rabiaten papalistischen Religion der nachtridentinischen, bereits ins Sonnengläubige abgekippten Ära (s.o.), die im 19. Jh mit dem extremen, die Papstidolatrie stützenden, Marianismus angereichert wurde, mit allen Erscheinungs-Auswüchsen und paganen Perversitäten gewähren (v.a. ideologisch und ignatianisch verhärtet im Rahmen der FSSPX, aber auch sonst in der Kirche) und dekonstruiert derweil in der Restkirche den alten christozentrischen Glauben fast total, hindert auch alle Laien und wenige Priester, die ein gesundes Glaubensleben in Gemeinschaft aufrecht halten wollen, systematisch und entzieht ihnen die Luft zum Atmen. Nichts gelingt in der Kirche heute weniger als ein gesunder, christozentrischer Glaube ohne tausend Wenns und Abers. Beschwerden oder Wünsche aus den Provinzen lässt man immer ins Leere laufen. Verstöße gegen liturgische und ethische Regeln werden bewusst nicht geahndet. Die Gruppen, die aufgrund der massiven Entgleisungen und Missbräuche in den Gottesdiensten die ältere Messform feiern wollen, behindert und brüskiert man allenthalben, während man den in diesen Kreisen leider notorisch lebendigen Aberglauben (Pater Pio-Hype, kultische Verehrung von Seherinnen, wie es bereits Pius IX. getan hat) gewähren lässt und sogar fördert. Pädophile und andere sexuelle Verbrechen wurden jahrzehntelang nicht nur in der katholischen, sondern auch der evangelischen Kirche vertuscht, trotz Klagen und Beschwerden: die Beschwerdeführer wurden abgewiesen, bedroht, verleumdet, und die Täter konnten ungehindert weiterwirken, während man gläubige Menschen schikanierte, beiseite stellte, gute und treue Priester suspendierte oder an den Rand drängte, die nichts taten und tun, als ein normales, christozentrisches Glaubensleben zu leben und zu fördern. Wenn man genau hinsieht, ist diese Eigenständigkeit im echten Christusglauben schon im Mittelalter mit der wachsenden Papstmacht immer der Stein des Anstoßes gewesen — dies und nur dies, während man jede ethische Perversion gewähren ließ und marginalisierte. Schon vor 1000 Jahren begann man all jene mit Misstrauen zu beobachten, die von einer persönlichen, damals v.a. „mystischen“ Jesusbeziehung sprachen.
Der Jesuitenorden förderte und verbreitete schließlich eine Ideologie, die eine solche persönliche Jesusbeziehung total ausschließt und dem Gläubigen die totale Unterwerfung unter die Hierarchie abzwingen will.
Eine merkwürdige spirituelle Leere greift seither um sich, schleichend und verwirrend, und sie schreit danach, gefüllt zu werden, denn der Mensch ist ein homo religiosus.
Es würde zu weit führen, die Verwirrungen im modernen Judentum, das inzwischen, wie man lesen kann, von einer chassidisch-messianischen Endzeitsekte, der Chabad Lubawitscher Sekte, unterwandert worden ist und auch eine im Judentum entstandene spirituelle Leere usurpiert, von den normalen Rabbinern wegen des Kultes um Personen (Kult um bestimmte Rebben als Entsprechung zu Papst- und Heiligenkulten) jedoch mit dem Katholizismus identifiziert und als „Mafia“ eingestuft wird, die „nicht jüdisch“ sei.[36] Es handelt sich dabei um ein ähnlich konspiratives Vorgehen, wie man es in der Kirche von den Jesuiten oder postmodern dem Opus Dei kennt.

Es ist jedenfalls spürbar, dass sich im Abendland und auch weltweit etwas zusammenbraut, das eher nicht auf eine Islamisierung oder eine weitere Liberalisierung hinausläuft. Man muss eher mit einer Repaganisierung rechnen, die als Universalreligion eingeführt wird, die sich zuerst tolerant und weltoffen geben wird, dann aber möglicherweise ihren heutigen „Gralsritter“ und Messias präsentieren wird. Die Christenheit erwartet eine Wiederkunft Jesu, die Juden die Ankunft des Messias, die Lubawitscher halten ihren siebten Rebben Menachem Mendel Schneerson, der 1994 starb, für den Messias, der wiederkommen wird. Trumps jüdische Tochter hat am Grab des Rebben für den Wahlkampf des Vaters gebetet. Offensichtlich hat der Rebbe geholfen…[37]
Trump scheint jedoch extrem weltoffen zu sein, was religiöse Kulte betrifft. Sein Wahlkampfleiter Steve Bannon legte ein Bekenntnis zur Finsternis, zu Satan und zur „dunklen Seite der Macht“ ab.[38] Man stellt sich viele Fragen: wie geht das zusammen? Zwischen der chassidischen Endzeitsekte der Lubawitscher, die den katholischen Traditionalisten in vielem mental ähneln, und den Satanisten nun auch noch der Klu-Klux-Clan und zahlreiche „Evangelicals“?! Alle in Trumps Umfeld? Ist das am Ende alles in Wahrheit eins? Natürlich wird man hier sofort entgegengehalten bekommen, das sei eine „Conspiracy theory“, aber ich würde vorschlagen, wer an dieser Stelle sofort mit diesem Totschläger kommt, möge doch dann erklären, wie das alles zusammenpasst. Es kristallisiert sich die Frage seit Trump tatsächlich an einer und derselben Person, nicht mehr an Logen, Eliten oder Bohemian Grove-Meetings — und das macht hellhörig. Die „Koinzidenz“ dieser machtversessenen religiösen Gruppen im Umfeld einer einzigen Person: was bedeutet das?
Trumps berühmtes Appartement im Trump Tower, das ästhetisch an Versailles und die Anlagen des Roi Soleil erinnert, ja der ganze Trump Tower in toto, tragen das apollinische Element des alten Sonnengottes ins Heute, wirken so, als habe der durch Christus verdrängte alte heidnische „Sol invictus“ sich nun nach 1500 Jahren und einer langen Zeit des Rückfalles und der Zersplitterung in zahlreiche spiegelnde und verwirrende Motive und der schrittweisen Entleerung um Jesus Christus wieder erholt und sei — „invictus“, unbesiegt eben — zum Durchstarten bereit, allerdings noch verborgen in mehreren weltreligiösen Larven, die abgeworfen werden könnten, sobald die Zeit dafür reif ist.

Das Licht des 1. Schöpfungstags

Doch zurück zum 1. Schöpfungstag, als Gott sprach „Es werde Licht!“. Diesen Tag, den die Heiden als Tag des Sonnengottes verehrten, hat Kaiser Konstantin zum Ruhetag der Kirche verordnet und den Schabbat abgeschafft.
Liegt darin ein Problem?
Oberflächlich betrachtet kann man sagen: Ja und? Hauptsache der Sieben-Tage-Rhythmus, und Hauptsache ein Ruhetag, der Gott gehört.

Ich möchte dennoch die Passion Jesu nach Schöpfungstagen ansehen:
Am Donnerstagabend, also nach der jüdischen Rechnung bereits der 6. Schöpfungstag, war der Tag vor der Kreuzigung. An diesem Vorabend des 6. Tags war damals der Sederabend zu Pessach, und Jesus feierte mit den Jüngern dieses jüdische Fest, an dem des Opfers vor der 10. Plage gedacht wird, bei der ein Würgeengel durch die Straßen der Ägypter ging und in allen Häusern den Erstgeborenen tötete, an denen nicht das Blut eines Lammopfers an die Tür gestrichen worden war. Nur die Israeliten wurden damals verschont, weil sie das Opfer gebracht hatten.
Jesus gibt dem Sederabend („letztes Abendmahl“), der schon zum Tag seiner Kreuzigung gehörte nach jüdischem Brauch, also zum 6. Tag, der jüdischen Halacha eine neue, heilserfüllende Bedeutung. Einerseits ist dieses Lamm, das geschlachtet wurde, um mit seinem Blut den Würgeengel zurückzuhalten, seine Rolle. Aber dennoch nennt er das Brot — nicht das Lammfleisch! — des Pessachfestes, die Matze, „mein Fleisch“, dieses ungesäuerte Brot des überstürzten Aufbruchs aus der Gefangenschaft. Die Matzen müssen ungesäuert sein, weil die flüchtig gebacken wurden, auf dem Absatz gewissermaßen und keine Zeit mehr war, den Teig gehen zu lassen. Der Wein des Sederabends, im jüdischen Kontext für Elia bestimmt, ist sein Blut, wie er es selbst sagt.

Am 6. Tag schuf Gott die Landtiere und den Menschen. Der 6. Tag, der Tag der Erschaffung des Menschen, ist der Todestag Jesu Christi.
Am Schabbat blieb er in der Grabesruhe. Seine Grabesruhe erinnert an die Schöpfungsruhe Gottes, als er Himmel und Erde schuf. Der Schabbat ist der Tag, an dem nicht gehandelt wird, nicht gehandelt werden kann, weil Gott an ihm ruht. Dieses Ruhen schließt aber nicht das wunderbare Eingreifen Gottes für den Menschen aus. Jesus hat am Schabbat Wunder, v.a. Heilungswunder getan, in dieser Ruhe Gottes, und wehrte den Vorwurf der Pharisäer, er breche eines der Gebote, mit den Worten ab: „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.“ (Mk 2, 27) Damit ist allerdings nicht gesagt, dass die Gültigkeit des Schabbats aufgehoben wäre. In einem gewissen Sinn bestätigt Jesus sie ja gerade dadurch, dass er Schabbat Grabesruhe hält. Und das Wunder der Heilung ist ein Ausfluss aus der Ruhe Gottes… Übereinstimmend berichten alle vier Evangelien, dass er am 1. Tag der Woche von den Frauen als Auferstandener gesichtet worden sei. Mit einer gewissen Leichtigkeit und mangelnden Logik sagt man im kirchlichen Raum gerne etwa folgende Sätze:

„Über dem bloßen Gesetzesdenken steht der menschgewordene Gott Jesus Christus, der immer das Wohl des Menschen im Blick hat. Die Feier seiner Auferstehung am Sonntag wird schließlich sogar an die Stelle des Sabbats (unseres Samstags) treten.“[39]

Ganz so einfach dürfte die Sachlage allerdings nicht sein. Der Schabbat ist Bestandteil der Schöpfungsordnung, so wie die unauflösliche Ehe zwischen einem Mann und einer Frau. Wie die Ehe gestiftet wurde, wurde der Schabbat als 7. Tag von Gott für heilig erklärt und gesegnet (s.o.). In den 10 Geboten ist das Schabbatgebot das zweite Gebot nach dem Gebot, Gott über alles zu lieben und zu ehren!

 „Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! (…) Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun (…) Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der Herr den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt.“ (Ex 20, 8 ff)

Es ist unschwer zu erkennen, dass dieses Gebot das zweitwichtigste ist, noch wichtiger, ja viel wichtiger als das berühmte 6. Gebot, das in den Augen so vieler Katholiken offenbar das Gebot aller Gebote ist…
Und es wird hier auch ausdrücklich erklärt, warum der Schabbat zu halten ist: weil Gott an ihm von den Schöpfungstagen ausruhte, weil Gott ihn geweiht und geheiligt hat — deshalb und nur deshalb!
Eine kirchliche Argumentation, die Jesu Herrsein über den Schabbat überstrapazieren will damit, dass diese Herrschaft Jesu soweit gegangen sei, dass er den Schabbat aufgehoben und ein ähnliches, aber nicht dasselbe Gebot auf den 1. Tag der Woche habe verlegen lassen, ist nicht nur unehrlich, sondern auch fahrlässig angesichts des Stellenwertes, den dieses Gebot einnimmt. Es war ja nicht Jesus, der die Sonntagspflicht per Edikt erließ und den Schabbat abschaffte, sondern der ungetaufte Kaiser Konstantin… und auch die Kirche hätte keine Vollmacht gehabt, die Schöpfungsordnung nach Gutdünken, wenn auch mit frommen und einigermaßen philosophisch-versponnenen Motiven (s.u.), zu ändern.

Nun ist es aber geschehen und dauert über 1600 Jahre an. Gewiss erbarmt sich Gott über all jene Unschuldigen, die seither in eine verzerrende Pflicht genommen sind, die auch die Reformation nicht aufgehoben hat. Immerhin ist man im katholischen Kontext noch insoweit ehrlicher, als man den Samstag im Brevier „Sabbato“ nennt, den Sonntag aber „Dominica“ („Tag des Herrn“). Man hat den wahren Namen des siebten Tages nicht vergessen und nicht gewagt zu verändern, auch wenn man beständig gegen seine Ruhe verstößt. Der Schabbat also ist der eigentliche gebotene Ruhetag nach der Schrift. Der Sonntag aber, der Tag des Sol, ist der Tag, an dem der Herr als Auferstandener gesichtet wurde. Die metaphorische Verknüpfung des Auferstandenen mit der aufgehenden Sonne nach der Nacht des Schabbat bzw der Grabesruhe ist zwar nicht abwegig, gewinnt aber im Kontext der Tatsache, dass die Sonne kultisch verehrt und als Gott angebetet wurde, entweder eine — nach beiden Seiten hin — provozierende oder eine — ebenfalls nach beiden Seiten hin — missverständliche Problematik, die bis heute schwelt, Unruhe geschaffen hat und das quälende Gefühl bei jedem nachdenklichen Gläubigen, die Kirche habe sich womöglich doch an einem wesentlichen Aspekt der Schöpfungsordnung und der heiligen Gebote vergriffen, hinterlässt.
Die Schöpfungsgeschichte gemahnt uns daran, dass es nicht gleichgültig ist, was Gott an den einzelnen Tagen geschaffen hat und die Tage nicht einfach austauschbar sind und eine willkürliche „rein symbolische“ Deutung nicht zulässig ist.

Am 1. Tag, an dem Tag, der an den Schöpfungstag erinnern soll, an dem Gott das Licht geschaffen hat, war der Herr bereits auferstanden und hatte einen verklärten Leib. Das „Es werde Licht“ als erste Akt, aus dem sich alles weitere speiste, das „Es werde Licht“ als Maßeinheit für alle folgenden Tage, die all die Geschöpfe „ans Licht“ bringen sollten, die unsere Welt so reich und schön machen, dieses „Es werde Licht“ steht tatsächlich auch über der Auferstehung als dem Beginn einer neuen Schöpfung, ja, der neuen Schöpfung, die Gott hier mit uns beginnt, die aber in ihrer Vollendung noch aussteht. Die Verlegung der Schabbatruhe auf diesen Tag hat wohl auch dazu geführt, dass man darauf vergaß, dass die Vollendung noch aussteht und hier in diesem Äon, dieser Sechstageschöpfung noch nicht erreicht wird. Die Kirche verhielt sich in der Folge immer mehr so, als käme Jesus nie mehr wieder, als wolle er ihr dieses Äon zu Füßen legen, und dieses Äon werde das Äon ihres Sieges, der sie zur Herrscherin der Welt machen würde. Alsbald traten die Päpste und Hierarchen der Kirche mit einem Machtanspruch auf, der mit dem, was Jesus gelehrt hat, überhaupt nicht zusammenpasst, viel eher dagegen mit dem Anspruch des römischen Kaisertums, wie es sich mit der Erscheinung Jesu entwickelte, als totale sonnenhafte Übermächtigung der ganzen sichtbaren Welt rundum.

Die Kirche hat sich damit auch entfernt von einem tiefen Sinn der Eucharistie. Sie wird zwar am Sonntag, am Auferstehungstag besonders festlich gefeiert, aber sie verkündet eben nicht das bereits total installierte neue Äon, sondern, wie die heilige Liturgie von alters her aufgrund der Schrift sagt, verkündet die Kirche mit dieser Feier „des Herrn Tod, bis er kommt“ (1. Kor 11, 26), befindet sich also damit real-symbolisch im Schabbat. Die Vollendung, in der uns Jesus Christus vorausgegangen ist, steht für diese Welt, die in der Nacht der Gnade steht, bis alle Menschen die Möglichkeit hatten, umzukehren, noch aus. Diese Welt wird nicht "zum Guten" verwandelt und in ein goldenes Zeitalter übergehen, sondern nach den Worten des Petrsu wird sie im Feuer vollständig vergehen. Danach aber kommen ein neuer Himmel und eine neue Erde.
In einem tragischen Sinn könnte man auch sagen, dass die Kirche mit der Verlegung der Schabbatruhe auf den Auferstehungstag die Grabesruhe verlängert hat und das „Es werde Licht“ samt der Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde gedämpft, geschwächt, „heruntergedimmt“ hat mit ihrer eigenmächtigen Umdeutung der gebotenen Festzeiten. Denn sie hat ausdrücklich die Schabbatruhe nun diesem 1. Tag zugeordnet.
Die Kirche hat dem Sonnengott auf diese Weise die Tür geöffnet, dass er eines Tages zurückkehren kann. Er wird auftrumpfend zurückkehren als einer, der "nie besiegt“ wurde, sondern nur gewartet hat auf seine große Stunde als der eigentliche „Invictus“.
Der sich daraus ergebende Konflikt für die Gläubigen ist Ausdruck einer großen Tragik.
Johannes Pauls II. hat in "Dies Domini" von 1998 den Sonntag als Ruhetag gemeint, verteidigen und neu erklären zu müssen und sich dabei auf eine merkwürdige Lehre zurückgezogen, die in der Kirche seit frühen Zeiten um sich griff: der Sonntag sei der "Achte Tag" und symbolisiere damit eine Überschreitung des Schabbats. 
"Er ist der Tag der anbetenden und dankbaren Beschwörung des ersten Tages der Welt und zugleich in der eifrigen Hoffnung die Vorwegnahme des »letzten Tages«, an dem Christus in Herrlichkeit wiederkommen und »alles neu machen« wird."
Dies klingt soweit so gut, beinhaltet aber in der gedanklichen Fortführung einige Thesen, die eher esoterisch als christlich klingen. Der folgende Text ist so blumig und ausscheifend wie enthusiastisch als auch überspannt, bezieht sich auf allerhand frühchristliche Äußerungen, die als Beweis für die Richtigkeit der Verlegung des Ruhetages dienen sollen, aber es will dem aufmerksamen Leser nicht recht plausibel werden. Johannes Paul II. schaffte es, bei voller Zitation des Schabbatgebotes dessen Sinn elegant zu umschiffen, indem er neue Gebräuche als so überstark aufgeladen beschreibt, dass die Überschreitung plötzlich wie selbstverständlich oder "logisch" wirkt. Am Ende argumentiert er anhand einiger Meinungen von Kirchenvätern, u.a. Augustinus, damit, der Sonntag sei der "achte Tag", der in die "Neue Schöpfung" führe. Das ist ein lustiger und sehr schlauer, fast "kabbalistischer" Gedanke, aber lässt er sich angesichts der ja nicht aufgehobenen Schöpfungsordnung wirklich begründen? Und vor allem: lässt sich daraus die Verschiebung der Schöpfungsruhe auf diesen 1. oder meinetwegen 8. Tag wirklich bergünden? Sind das nicht zwei paar Stiefel?
"Das christliche Denken gelangte spontan dahin, die »am ersten Tag der Woche« geschehene Auferstehung mit dem ersten Tag jener kosmischen Woche (vgl. Gen 1,1-2,4) in Verbindung zu bringen, nach welcher das Buch Genesis das Schöpfungsgeschehen einteilt: der Tag der Erschaffung des Lichtes (vgl.1,3-5). Dieser Zusammenhang legte es nahe, die Auferstehung als den Beginn einer Neuschöpfung zu verstehen, deren Erster der verherrlichte Christus ist, »der Erstgeborene der ganzen Schöpfung« (Kol 1,15), aber auch »der Erstgeborene der Toten« (Kol 1,18)."

Diese Gedanken sind nachvollziehbar, aber warum hat die Kirche bei anderen Vorgaben noch dazu der gefallenen Ordnung, zB bei der Zurücksetzung der Frau, keineswegs denselben Enthusiasmus und Mut aufgebracht, bereits "Neuschöpfung" zu inszenieren? Warum dieses Messen mit zweierlei Maß?

"Andererseits führte der Umstand, daß der Sabbat der siebte Tag der Woche ist, dazu, den Tag des Herrn im Lichte einer ergänzenden Symbolik zu betrachten, an welcher den Kirchenvätern sehr gelegen war: Der Sonntag ist nicht nur der erste Tag, er ist auch der »achte Tag«, das heißt er nimmt im Vergleich zur Abfolge der sieben Tage eine einzigartige und transzendente Stellung ein, die nicht nur den Beginn der Zeit, sondern auch ihr Ende in der »zukünftigen Ewigkeit« beschwört. Der hl. Basilius erklärt, der Sonntag sei wirklich der einzige Tag, der auf die jetzige Zeit folgen werde, der Tag ohne Ende, der weder Abend noch Morgen kennt, die unvergängliche Ewigkeit, die nicht altern kann; der Sonntag ist die unaufhörliche Vorankündigung des Lebens ohne Ende, die die Hoffnung der Christen immer wieder belebt und sie auf ihrem Weg ermutigt."https://w2.vatican.va/content/john-paul-ii/de/apost_letters/1998/documents/hf_jp-ii_apl_05071998_dies-domini.html

Ich kann nur immer wieder zurückfragen: Selbst, wenn man diesen 1. Tag als Auferstehungstag so verstehen kann, folgt daraus denn, dass man den Schabbat auf diesen 1. Tag verlegt, wie es real geschehen ist?! Und hat die frühe Kirche denn das mit ihren Zusammenkünften am frühen Morgen des 1. Tages intendiert? Es ist doch überliefert, dass sie sehr wohl am Tag davor den Schabbat hielt.... Kann man denn eigenmächtig die Ordnung, unter der wir in diesem Äon, das eben nicht vollendet ist, stehen, bis Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen wird, verändern und so etwas wie einen "achten Tag", von dem in der gesamten Schrift keine Rede ist, proklamieren, wo man doch sonst geradezu verbissen auf der Schöpfungsordnung beharrt?! Denkt man dies nämlich zu Ende, kann man den Ruhetag gleich ganz abschaffen, weil es ihm angesichts der Neuen Schöpfung an Relevanz fehlte oder in freier Fantasie alles mögliche erfinden, wie es sich gerade ergibt... Faktisch hat man die gebotene Schabbatruhe auf den 1. Tag verlegt, also das Geschehen des "8. Tages" zurückverlegt in die Schöpfungswoche. Man hat logisch betrachtet eine heillose Verwirrung der realen und symbolischen Ordnungen erzeugt und klopft sich dafür auch noch auf die Schulter.
Konstantin jedenfalls, der ja die Sonntagspflicht per Gesetz einführte, argumentierte weder mit dem Phantom vom "Achten Tag" noch mit der Schabbatruhe, sondern ausschließlich mit dem heidnischen Feiertag des Sol:

"Am ehrwürdigen Tag der Sonne sollen die Stadtbeamten und das Volk, das in den Städten wohnt, ruhen, und alle Werkstätten geschlossen bleiben. Auf dem Lande jedoch mögen solche Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, ihrer Arbeit weiterhin frei und nach dem Gesetz nachgehen“ (aus: Codex Justanianus, lib. 3 tit. 12,3; zitiert in „History oft he Christian Church“, Phillip Schaff, D.D., 7 vol. ed., Vol. III, S. 380)

Bleiben wir ehrlich. Lebenslügen der Kirche werden nicht dadurch besser, dass sie seit langem gepflegt werden. Nach der Schrift gibt es keinen "8. Tag" und selbst wenn es ihn gäbe, könnte er niemals der Schabbat sein, sondern es gibt die Schöpfungsordnung, die, solange dieses Äon dauert, nicht aufgehoben ist. Wir wissen von Jesus und den Aposteln aus dem NT nichts anderes, als dass sie am Schabbat lehrten. Von einem 8. Tag wissen sie allesamt nichts! Johannes Paul II. gibt schließlich am Rande zu, warum man wirklich den Schabbat auf den 1. Tag verschob:

"Auf Grund einer wohlüberlegten pastoralen Eingebung sah sich nämlich die Kirche veranlaßt, die Bezeichnung »Tag der Sonne« — ein Ausdruck, mit dem die Römer diesen Tag benannten und der noch in einigen modernen Sprachen aufscheint (29) — für den Herrentag zu christianisieren; dadurch sollten die Gläubigen von Sitzungen des Sonnenkultes, wo die Sonne als Gott verehrt wurde, abgehalten und die Feier dieses Tages auf Christus, die wahre »Sonne« der Menschheit, ausgerichtet werden."
Und dennoch musste Leo der Große Jahrzehnte später beklagen, dass die Christen nach dem Gottesdienst im Petersdom zur Sonnenverehrung weiterschritten (s.o.)...das war nämlich das Ende vom Lied, wie man so schön sagt, eien heillose Vermischung der Kulte, wie im alten Israel, das damit so oft, wie das AT berichtet, die eigene Verbannung hervorgerufen hat, und am Ende eine Verblendung v.a. bei der jüdischen Hierarchie und Gelehrtenwelt, die das wahre Licht vom Licht ans Kreuz schlug, nicht erkannte, verwarf...
Hier kommen wir dem wahren Zusammenhang vermutlich näher - jenseits neu erfundener zusätzlicher Schöpfungstage und ähnlichen Phantastereien. Wir können aus dem heidnischen Konstrukt nach so vielen Jahrhunderten kaum mehr aussteigen, aber gelegentlich ein kritischer Blick sollte nicht unterbleiben.
Nicht zuletzt muss jeder Christ aufpassen, dass nicht eine völlig verkehrte und phantastische zeitgenössische Kosmologie, die freilich sehr „wissenschaftlich“ tut, Grundlage mancher Verführung ist und zukünftig sein wird, aber besonders auch Verwirrung hinsichtlich der wahren Wiederkunft des „Lichtes vom Licht“ stiften könnte.

© by Hanna Jüngling, August 2017


[2] Martijn Icks: "Elagabal - Leben und Vermächtnis von Roms Priesterkaiser". Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt
[4] Martin Wallraff: Christus verus sol. Sonnenverehrung und Christentum in der Spätantike. Aschendorff, Münster 2001, S. 158–162
[5] https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/sonne/ch/71ab713db20063bd9f7f5a1859aa890c/#h5
[12] Nikolaus I., Brief an Wenilo von Sens, ed. MGH Epp. VI, S. 611 Z. 19ff
[13] Joseph Badde: Das Sonne-und-Mond-Gleichnis: Über das Verhältnis zwischen Papst und Kaiser im Mittelalter. 2002, S. 6
[14] „Der Papst, der die Zukunft träumte“, Artikel vom 16.7.2016. http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/der-papst-der-die-zukunft-traumte
[17] Mechthild von Magdeburg: Das fließende Licht der Gottheit. Einsiedeln/Zürich/Köln 1956. S. 94
[19] A.a.O., S. 97
[20] Scivias, II, 5
[21] ebenda
[22] Scivias, I, 3, S. 113
[24] Karl Prumm SJ: Religionsgeschichtliches Handbuch. Rom 1954. S. 89 ff
[25] Interessante Website der Jakob—Böhme—Gesellschaft: http://werke.jacob-boehme.org/
[31] A.a.O.
[32] A.a.O.
[35] A.a.O., s. dort ein Schreiben, das Hitlers persönliches Placet trägt mit entsprechenden Plänen

[37] Das berichtete die „Jüdische Allgemeine“ hier http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/26881
[39] http://www.verein-durchblick.de/index.php/glaubensfragen/153-lf44