Donnerstag, 23. März 2017

Katholikentag 2018 in Münster - Werbung für ideologische Wüsten



Frieden Christi oder Kampf des Adlers?
Bedenken hinsichtlich des kommenden Katholikentags

Man hat sich an vieles gewöhnt. Oder besser gesagt: Man wundert sich inzwischen über vieles nicht mehr.
Die neueste negative Überraschung ist die Einladung zum 101. Deutschen Katholikentag 2018 in Münster unter dem Leitwort „Suche Frieden“.
Eine Website gibt Auskünfte über Motto und Ambitionen und ruft zur Mitarbeit auf. https://www.katholikentag.de/ Ich stöbere darin, und mein Befremden wächst und wächst:

Altbackene Peace—Worker—Parolen

Die Erklärung des Leitwortes durch den Bochumer Neutestamentler Thomas Söding befremdet aufgrund ihrer Oberflächlichkeit und Banalität. Allerdings wundere ich mich darüber auch nicht, denn seiner Ansicht nach ist die Mission der Kirche, die sie erkennen müsse, die, eine „Friedenszone zu schaffen“:
„Man stelle sich vor, an einem Schwarzen Brett in einem Institut der Universität Münster ist ein Zettel angepinnt, auf dem steht „Suche Frieden“  - neben anderen Zetteln mit „Suche WG“ oder „Suche Job während der Semesterferien“. Wer könnte diesen Zettel „Suche Frieden“ geschrieben haben?“ Ein Student, der nach 14
Semestern auch die letzte Chance für einen Studienabschluss vertan hat und deshalb verzweifelt auf verlorene Jahre seines Lebens zurückschaut? Eine aus Syrien geflüchtete Frau, die im Bürgerkrieg nicht nur ihren Ehemann und alles Hab und Gut, sondern auch jede Hoffnung auf eine Zukunft für sich und ihre Kinder verloren hat? Oder eine Frau aus meiner Nachbarschaft, die nicht die Kraft findet, aus einer zerrütteten Ehe auszubrechen? Ein aus dem Kongo stammender junger Mann, der die Traumata seiner Erlebnisse als Kindersoldat nicht überwinden kann? Vielleicht eine alte Frau, die seit Jahren im Streit mit ihren Kindern lebt? Oder jemand, der jeden Glauben an Gott und an das Gute in dieser Welt verloren hat?.“ 
Abgesehen davon, dass die wirklich Traumatisierten, die hier immerhin auch genannt werden, ganz gewiss keine solch albernen Zettel anpinnen würden, denn das ist etwas für Stuhlkreispädagogik, sind die meisten genannten „Schicksale“ keine Problematik fehlenden Friedens. Man kann im weitesten Sinnen sagen, dass all diese Beispiele einer „Heilung“ bedürfen. Und wenn man sie als „Friedensproblem“ auffassen will, wäre das Friedenskonzept zu klären, das zugrunde liegen soll. Aber außer Spesen ist auch hier nichts gewesen. Man fischt gern im Trüben.
Zum Einschlafen war er von Anfang an, dieser friedensbewegte Kreativ—Moralismus, der mein Leben seit mindestens 1970 begleitet und an der Eskalation weltweiten Unfriedens buchstäblich nichts ändern konnte und vermutlich auch nicht ernsthaft wollte.
Heute aber ist solches Gelaber nur noch ein fahrlässiges Ärgernis. Was nützt der Welt die Beschwörung eines Origami—Friedens im Patchwork—Design mit „Diversity“—Phrasen, der tausend Papiertauben fliegen lässt und später doch wieder seine eisernen Adler verkauft?  Oder wenigstens ebenso viele Gründe ersinnt, die ganz konkrete Politik der Eliten dann doch nicht fahrlässig zu finden, die so viele Menschenleben verschleudert, so viel vernichtete „Manpower“, wie man inzwischen zynisch sagt, tabuisiert? Und was soll überhaupt dieses flickwerkige „Diversity“—Gedöhns, wenn man doch andererseits so tut, als hätten alle nur ein und dasselbe im Sinn? Die real—existierende „Diversity“ der Menschen und Völker ist nicht nur das Ergebnis friedlicher Entfaltungen im Blut—und—Boden—Idyll, das diesem Denken verdeckt zugrunde liegt, sondern harter Auseinandersetzungen, geistiger Zerwürfnisse und scharfer Ausgrenzungen. Söding erwähnt die Jahre 1618 (Westfälischer Frieden) und 1918 (Ende des 1. Weltkrieges), aber er fasst diese Themen nur mit abgespreiztem kleinem Finger an:
„Jeder Mensch sehn sich nach Frieden. (…) Seit Jahrtausenden und in vielen Kulturen sei die denkbar kürzeste Formel für einen Willkommensgruß der Friedensgruß: „Pax – Shalom – Salam. In der Bibel begegnet einem keine Formulierung so oft wie „Der Friede sei mit Dir“ oder „Der Friede sei mit Euch“, so Söding.“
Warum muss ich da nur an den unsäglichen Friedensgruß im Novus Ordo denken, diesem missalen „Lasst hundert Blumen blühen“—Klamauk, der dennoch nicht dazu führen kann, dass man sich vor der Kirchentür wenige Minuten später noch kennt. Einst wurde man mit dem „Ite missa est“ als Apostel und Apostelin des Priestertums aller Gläubigen gesendet, aber die Hierarchie unterdrückte diese Sendung so oft, machte aus klaren Worten eine Farce und ein triumphales Zeichen ihres Herrschaftsanspruches, der sich die kontrollierte Aufzucht vieler Zofen und Tagelöhner als Zeichen seiner Macht leisten kann. Zu Recht wollte man die verengten und entgleisten kirchlichen Verhältnisse wieder zurechtrücken. Ist es gelungen? Man wird nicht mehr gesendet, sondern es heißt „Gehet hin in Frieden“. Und das war’s dann auch. Frieden ist einfach ein gutes Wort. Aber ein euphorischer Kirchentagskommentar sollte berücksichtigen, dass hier eine Begriffsklärung nötig wäre. Und dass der Zusammenhang zwischen „Frieden“ und „apostolischer Sendung“ einmal geklärt gehörte nach den jahrhundertelangen klerikalen Verwirrungen politischer Art.
„Friede“ ist für den Muslim schon prinzipiell etwas anderes als für den Juden oder Christen, und die Christen heute wissen in aller Regel nicht mehr, was der christliche Friedensbegriff überhaupt meint.
Islamischer „Friede“ ist nur im „Haus des Friedens“, im „Daressalam“, schlicht in der bereits islamisierten Weltregion. Frieden bedeutet hier: Unterwerfung unter den Islam. Jede Weltregion, die nicht islamisiert ist, ist „Haus des Krieges“, das „Daralharb“. Was ist demgegenüber die „Pax christiana“?
Wir sollten also unsere Begriffe schärfen und nicht nur bei Kerzenschein und Fairtrade—Tee von „Friedenssehnsucht“ lallen. Solche Politzungenrede ist überflüssig und destruktiv. Ihr Moralismus stinkt zum Himmel.
Im Blick auf zwei Schriftstellen aus dem AT und NT, die vom Frieden reden, fällt Söding offenbar nur ein, dass wir daraus lernen, dass Frieden „keine Illusion“ ist. Man könne außer dem Ideal — nur wie sieht das eigentlich aus? — auch konkrete Fragen beantworten:
„Welche Kriege müssen beendet sein? Welche Friedenspläne können geschmiedet werden? Wer ist auf der Suche nach Frieden?“
Nun kennt unser Glaube kein „Friedensideal“. Auch ist „Friede“ in unserem Glauben an sich kein „Gut“ oder „Geschenk“, das man „hat“, sondern wir haben einen Herrn, der der Friede Gottes selbst ist. Aus diesem Herrn, der unser Friede ist, fließt Friedfertigkeit in die Seelen, die ihn durch die Taufe aufnehmen. Der Hl. Geist wirkt in Gläubigen den übernatürlichen Frieden, „den die Welt nicht gibt“, wie Jesus sagte. Dass die falschen Propheten dieser Welt am liebsten von „Frieden“ reden, berichtet uns eindrucksvoll das Buch Jeremia im AT, das mit der Verschleppung der Israeliten endet. Und wie kann man danach fragen, „wer auf der Suche nach Frieden ist“, wenn man weiter oben noch proklamiert hat, dass „jeder“ den Frieden ersehnt?!
Oder etwa die Frage „Welche Kriege müssen beendet werden?“ Das ist hoffentlich nur ein unbewusster Zynismus. Dem Autor ist gar nicht klar, wie unsinnig und friedlos alleine diese Frage schon klingt: Denn die Antwort ist selbstverständlich klar: Alle Kriege müssen beendet werden! Alle! Oder wollen wir gute und schlechte Kriege unterscheiden? Richtig gefragt wäre: Welche Kriege haben eine realistische Chance auf baldige Beendigung, und was können wir dafür tun?
Der wache Zeitgenosse weiß jedoch, wie unberechenbar postmoderne Kriege geworden sind. Wir kennen Jahrzehnte von Friedensverhandlungen hier und da, und viele davon haben dennoch nicht zum Frieden geführt. Der Friedensnobelpreis wurde so oft an Personen vergeben, unter denen Kriege noch mehr eskalierten. Das letzte Beispiel ist Präsident Obama. Und warum dies so ist, kann nicht im Kirchentags—Hauruck beantwortet werden. Ein Plaudertreffen zum Friedenskitsch sollte angesichts der Verheerungen unserer Tage unterlassen werden, wenn wir nicht einmal mehr sicher wissen, was dem konkreten Frieden wirklich dient. Haben wir nicht erlebt, dass fast alle Konzepte ins Leere liefen oder das Gegenteil dessen erreichten, was sicher wohlwollend dabei beabsichtigt war?
Wir brauchen keine soundsovielste Neuauflage bürgerlicher Peace—Maker—Spielchen!

Es ist symptomatisch für den Text Södings, dass er über die persönliche Friedlosigkeit des einzelnen mit Gott, die ein Seinszustand ist, den man durch „Action“ und Gelaber nicht auflösen kann, als Auslöser von Unfrieden und Hass kein Wort verliert. „Frieden“ versteht er als Gegenteil von „Krieg“. Unfrieden mit Gott sieht er tatsächlich vordringlich als das Empfinden, Gott stehe in einem kriegerischen Verhältnis zu einem selbst! Die bußfertige Erkenntnis, dass wir als Einzelne und als Menschheit es sind, die Gott den Krieg erklärt haben, wendet er in ein unspezifisch—kollektives Gottspielenwollen hinsichtlich der Natur und Umwelt. Die innere Läuterung des Einzelnen als einziger und wesentlicher Quell des Friedens unter den Menschen findet bei ihm keinerlei Erwähnung. Die „Friedenssuche“ ist in einer solchen Diktion nicht mit Buße und Umkehr verbunden, sondern ein gefühltes, materiell einklagbares „Gut“ geworden, das man aber nicht mehr als persönlichen, christlichen Seinszustand auffasst. Das einzige, was traditionell anmutet, ist sein verstohlen kurzer Satz „Nach Ps 34 und 1 Petr 3 wächst der innere Friede dort, wo Gott die Ehre gegeben wird.“ Hier wäre es erst interessant geworden! Aber ab hier schweigt der Autor.

Noch erschütternder aber ist, dass Söding nichts mehr davon weiß, dass Frieden von Gott vor allem anderen erbeten werden muss. Er spricht von „Geschenk“, aber er erklärt nicht, warum und inwiefern das ein Geschenk ist. Es hätte nur eine Antwort gegeben: Das Geschenk unseres restaurierten Friedens ist das Opfer auf Golgotha — es wäre angemessen gewesen, jetzt in der Fastenzeit daran zu erinnern. Ohne den geopferten und auferstandenen Christus und ohne die persönliche Annahme seines Todes gibt es keinen Frieden!
Das Wort „Gebet“ ist ihm eine kurze Randbemerkung wert. Und das, was am meisten bestürzt, ist, dass der Name Jesu nicht einmal fällt.
Dass wir Christen eigentlich auf das zweite Kommen Jesu warten und bekennen, dass dieses Äon aus sich heraus keinen Frieden erreichen wird — davon meint man heute auch in der Kirche nicht mehr reden zu müssen, wenn man es denn überhaupt noch vor Augen hat.

Drei Plakate oder der Adler hat die Taube gefressen

Entsprechend öde, düster und ideologisch sind die drei Katholikentags—Plakate, die gleich auf der ersten Seite vom ZdK—Präsidenten Thomas Sternberg als ein großer Wurf, als „Hingucker“ gepriesen werden. Es werden Folgeplakate angekündigt, die ebenso „widerspenstig“ wirken wollen.
Das erste Plakat zeigt eine farbige Frau, die sich gewaltfrei übermächtig und finster anrückenden Polizeieinheiten entgegenstellt. Die weißen Männer treten hier wie eine Inlandsarmee in Schwarz und im Stahlhelm—Outfit auf. Ich habe mich sofort gefragt, ob dieses Plakat nicht volksverhetzend ist. Die Polizei wird als Aggressor dargestellt, der gegen wehrlose Frauen, im weiteren Sinne „Leute“ auftritt, und eine Rassismus—Assoziation wird in dieser Montage durchaus aufgebaut. Rassistisch ist es insofern, als der weiße Mann assoziativ so dargestellt wird, als trete er in Mannschaften gegen wehrlose einzelne schwarze Frauen auf. Angesichts wachsender Opferzahlen auch unter der Polizei, angesichts des tapferen und wirklich tollen Polizei—Einsatzes heuer in der Silvesternacht in Köln, und angesichts der 2000 „farbigen“ männlichen Aggressoren, die auch diesmal wieder anrücken wollten, um weiße Frauen zu berauben und sexuell zu nötigen, überfällt mich Brechreiz, wenn ich ein solches Plakat sehe. Diese plakative Schwarzweißmalerei, die der Polizei, die ein Verfassungsorgan ist, in den Rücken fällt, können wir in der angespannten Lage innerer Unsicherheit nicht auch noch gebrauchen! An dieser Stelle sei des gestern von einem islamischen Täter erstochenen Polizisten in London gedacht. Von den zahlreichen Angriffen auf Polizisten vor allem durch linksradikale „Antifaschisten“ und rechtsradikale Schlägertrupps in unserem schönen Land will ich erst gar nicht weiter reden…
Das nächste Plakat zeigt uns zwei Personen im „Hair“—Outfit, die sich nach einer misslungenen Anti—Pipeline—Demo heulend in die Arme fallen. Meine Flower—Power—Kindheit hört offenbar nie auf. Wie alt bin ich jetzt? Sind das wirklich die „Friedensprobleme“ der Welt, ob irgendwo eine Pipeline gebaut wird? Man mag den konkreten Bau von Pipelines aus triftigen Gründen ablehnen, aber ein Plakat mit dieser Aussage scheint nicht nur pauschal, sondern auch hetzerisch. Die Assoziation zum Thema „Frieden“ führt zur Stammtisch—Behauptung, „die USA“ würden all ihre Kriege ja nur „wegen dem Öl“ führen. Irgendwie hätte man ein paar Umwelttränen ins Foto montieren sollen und noch ein supersytlisches Mega—Windrad. Das hätte wenigstens Pepp gehabt. Aber so fielen mir immer nur diese Plattenbauten in Prager Vorstädten ein, deren billig-friedliche Hässlichkeit mich als Jugendliche so angeödet hat…
Rechtsradikale Assoziationen löst dagegen das letzte Plakat aus: ein (deutscher) Adler greift eine spacige Drohne an. War den Machern dieses „Hinguckers“ wirklich nicht klar, auf welches Niveau sie sich damit begeben? Dieser Adler in Angriffspose lässt sofort an SA—Embleme denken. Er stürzt sich auf die Drohne, die man nach den vorigen Plakaten assoziativ ebenfalls den Amerikanern zuordnet. Man hört als Leitwort den alten Spruch 1939 „Ab heute wird zurückgeschossen“ im Hinterkopf, triumphale Musik, das penetrante und eisenharte Klatschen des Flügelschlags, den scharfen Blick des Raubvogels und das hektische Übersurren der Drohne und ihren nachfolgenden trudelnden Absturz.
Es ist eine echte Glanzleistung, aus der guten alten Friedenstaube nun einen angreifenden Adler zu machen. Peng! Und wieder was für den Weltfrieden getan…

Wer ist hier was? Was ist hier wer? Im schummrig—psychologischen „Telos“ dieser Serie sind die Friedlichen schwarz, kollektivistisch, Frauen und im Geiste des Adlers. Das Totemtier als Symbol der Treue und Wahrheitsliebe vermixt mit teutonischen Kraft—durch—Adler—Phantasien…
Farblich alles Grau in Grau. Erinnert an die Öde faschistischer und sozialistischer Protzbauten in Rom, Berlin, Peking und Moskau, an Alexanderplätze in aller Welt und Friedensaufmärsche unibraunblaugrau gekleideter „Brüder“ unter roten Fahnen mit und ohne weitere Symbole drauf. Eine sozialfaschistische Idealwelt tritt hier gegen eine nur—faschistische Heillosigkeit an. So wirkt es, tut mir Leid, und ich habe keinerlei Idee, was das eigentlich mit dem christlichen Glauben zu tun haben soll.

Aber wenn wir schon rein weltlich—politisch denken wollen (warum auch nicht), dann möchte ich mal wissen, ob die Katholikentagsplaner nicht doch samt der Kirche „aus der Zeit gefallen sind“. Bischof Genn von Münster behauptet allen Ernstes, die Kirche beweise mit einem solchen Erscheinungsbild, dass sie „nicht aus der Zeit gefallen“ sei, und Söding konnte natürlich die altbackene Leerformel von „den Zeichen der Zeit“, die man hier „erkenne“, nicht unterlassen.
Vielleicht sollte man diesen Leuten mal ein paar Zeitungsabos oder ein Tablet mit Internetzugang schenken, damit sie sich wieder „aggiornieren“. Sind die alle in den Seventies steckengeblieben?
Die tatsächlichen politischen Probleme scheinen sie einfach noch nicht mitbekommen zu haben, so etwas wie weltweite, sehr starke  Christenverfolgungen, wachsende „failed states“, globalen islamischen Terror und keine deutliche Abgrenzung der Islamgelehrten davon, verheerende Kriegsbilanzen der USA, zuletzt durch Hillary Clinton, eine unberechenbare Macht—Politik Putins, den Vorabend zu einem Ermächtigungsgesetz in der Türkei, in der jetzt schon 40 000 Menschen als angebliche Regimegegner gefangen gehalten werden ohne rechtlich relevanten Grund, darunter auch deutsche Staatsbürger, Friedlosigkeit durch die türkische Regierung auf unseren Straßen, randalierende Linksradikale, überdurchschnittlich hohe Kriminalitätszahlen unter viel zu vielen unkontrollierbaren „Flüchtlingen“ und hysterische Rechtsradikale, dies alles aber nach einer verheerend planlosen Migrationskrise durch die Regierung Merkel, die auch die EU an den Abgrund gewirtschaftet hat, und ein Amerika, das sich distanziert und aus der militärischen Beschützermacht zurückziehen will…

Fazit. Der Katholikentag 2018 wird — geistig und geistlich gesehen — nicht katholisch, sondern für mein Empfinden eine Nostalgie—Veranstaltung im Geiste der linken Bewegungen in den Sixties und Seventies mit deutlich aggressiven, rassistischen und hetzerischen Untertönen. Anachronistisch also und postfaktisch sowieso!

Artikel erschien auch auf  https://charismatismus.wordpress.com/2017/03/23/katholikentagswerbung-geht-es-um-den-frieden-christi-oder-den-kampf-des-adlers/

Montag, 6. März 2017

„Europe shall be saved“ — Hungerstreik für Jesus oder 100 Millionen Voodoo-Püppchen


Johannes Hartl vom Gebetshaus in Augsburg als „strategischer“ Fastenzauberer für die Zwangs-Re-Christianisierung Europas

Wir befinden uns schon mitten in der Fastenzeit… Das Gebetshaus in Augsburg mit Johannes Hartl an der Spitze, hat einen Fastenaufruf gestartet, den man sich einmal genauer ansehen sollte.

Allerdings sage ich gleich, dass ich nicht in der Lage bin — wieder nicht — in das Halleluja-Schreien auszubrechen, das offenbar alle angesichts dieser Aktion befallen hat. Da nun schon die ARD und alle großen katholischen Medien Lobeshymnen auf das Gebetshaus singen, gehöre ich offenbar zu den Spielverderbern und Bedenkenträgern. Aber ich stehe dazu und werde auch nicht schweigen.

Doch zunächst möchte ich erst einmal nachvollziehen, was Hartl will:

Bekehrung eines Kontinents durch Fasten

Hartl will durch eine massenhafte Fastenbewegung die Errettung Europas herbei… ja, was eigentlich? Herbeibeten? Herbeihungern? Herbeiverzichten? Herbeizwingen? Herbeibitten? Herbeiflehen?
Er spricht von einer „Strategie“, von „strategischem Fasten“ — also weiß er, was man tun muss, um die Herzen 100 Millionen anderer zu lenken, nämlich eisern 40 Tage lang fasten.

Klingt irgendwie nach Voodoo und weniger nach demütigem Bitten. Warum stellen wir nicht 100 Millionen stellvertretender Püppchen auf und durchbohren sie mit kleinen Kreuzen, damit ihre lebendigen Gegenstücke sich „christlich“ bekehren?

Ja, ich weiß, das klingt provokativ und wird manche treffen, aber ich bitte einen Moment um Nachdenklichkeit und Unterscheidungswillen:
Wer „strategisch“ fastet, macht es tatsächlich wie die Schamanen, die die rechten Zaubersprüche, Tanzschritte und Opfergaben zu platzieren wissen, um eben „strategisch“ Regen, Fruchtbarkeit oder Erfolg von den Göttern zu erringen.
Alleine, dass Hartl bezüglich des Fastens, das doch eigentlich eine persönliche Einkehr vor Gott ist und dessen Ziel der Läuterung des Fastenden hin zu einer heiligen Selbstlosigkeit dienen soll, die keinem bestimmten „Zweck“ gilt, als „Strategie“ auffasst, lässt mich zurückweichen:
Um auf völlig unbeteiligte, eben diese bislang noch namenlosen 100 Millionen zu bekehrenden Menschen einzuwirken, will er 10 000 „Berufene“ finden, die zu diesem Behufe fasten.
Ich finde das sehr magisch gedacht…

Und überhaupt: welche Rettung? Rettung wovor und wozu? Und warum gerade jetzt?
Und warum ausgerechnet 100 Millionen Menschen? Warum nicht 1 Milliarde oder am besten alle?

Antworten gibt uns die Website des Gebetshauses https://gebetshaus.org/ (6.3.2017)

Der „Quer“-Leib Christi

„Quer durch den Leib Christi verbreitet sich Hoffnung und Menschen auf der ganzen Welt hören vom Herrn, dass dies eine besondere Zeit für Europa ist. Im letzten Jahr trafen sich Propheten, Evangelisten und Leiter großer Dienste aus der ganzen Welt, um sich über das auszutauschen, was Gott auf diesem Kontinent vorhat.“

Quer durch den Leib Christi… wo ist das, dieses „quer“? Eine „Quer“—Szene also auch im Leib Christi… Aber dort sollten doch alle eins sein. Klar — sie sind es nicht, bzw. die Kirche hat bis mindestens zu Pius XII. behauptet, die „anderen“, also alle, die nicht zur römisch-katholischen Kirche gehören, aber getauft sind, gehörten nicht dazu und seien abgeschnitten vom mystischen Leib Christi (Pius XII., Mystici corporis, 1943). Wer Gegenteiliges wenigstens einmal durchdachte, wie etwa der große und später rehabilitierte Ökumeniker P. Yves Congar OP, wurde schikaniert und terrorisiert von Rom und einigen seiner dominikanischen Ordensoberen, erhielt, wenn er Pech hatte, Schreib— oder mindestens Publikationsverbot oder strengste Einschränkungen, wurde irgendwohin versetzt, wo er nichts mehr anfangen konnte, und auf viele Weisen gedemütigt.

Was ist Inkulturation?

Dennoch hat auch ein P. Yves Congar OP nie bestritten, dass nicht jeder seinen Eingebungen einfach so folgen und das Mainstream- und Mehrheitsprinzip im Volk Gottes kein Wahrheitsprinzip sein kann, und dass die Kirche sich niemals dem Zeitgeist andienen soll, auch wenn sie andererseits die Zeiten und Menschen aufgreift und inkulturiert. Man inkulturiert aber nicht einfach das, worauf die meisten so „abfahren“ und was sich am besten verkauft!
Die Kirche trifft vielmehr einen selektiven und läuternden Auswahlprozess und inkulturiert nur das, was von höchster Güte ist in einer Kultur.
Für Gott nur das Beste — das weiß jeder Mensch im tiefsten Herzen. Für Gott das Beste, Erlesenste und Feinste, denn das erhebt am Ende auch im Ergebnis den Lobpreisenden aus den Niederungen seiner seelischen und geistigen Nacht. Zu Gott erhebt man die Spitze der Kultur und nicht deren Mainstream, und so fokussiert erhält ein kulturelles Merkmal Glanz und Gloria und wird sich jeder Vermassung entziehen und stattdessen dem einzelnen und ganzen Völkern Instrumente der Andacht und der Hingabe geben.
Ja, in der Kirche muss eine große Vielfalt und gewiss ein immer wieder überraschendes Laienapostolat sichtbar sein, denn ohne ein solches ist ein nur auf die Hierarchie fixierter Leib Christi wirklich tot. Aber es muss nach der Güte dessen gefragt werden, was da eingewurzelt werden soll, und ob es zur Kirche und zu Jesus passt.
Man möge mir verzeihen, aber diese Frage darf nicht einfach kurz mal abgehakt werden und kann an sich auch nicht durch einen Johannes Hartl und seine Orakel in aller Welt bestimmend beantwortet werden, die ja zumeist völlig selbstbestimmten charismatischen oder pfingstlerischen Freikrichen entstammen.

Ein globales Orakel-Kollektiv

Ein nicht weiter erklärtes „Wir“ um Hartl hört offenbar direkt „vom Herrn“, und dies „weltweit“, dass der etwas Großes mit Europa vorhat, und zwar demnächst.
Es trafen sich irgendwelche nicht näher genannten „Propheten“ und „Evangelisten“ und „Leiter großer Dienste“ der ganzen Welt, um sich darüber auszutauschen, was Gott aktuell in Europa vorhat.

Woher wissen die das alles? Wie können sich Menschen „darüber austauschen, was Gott (konkret demnächst) vorhat“? Hatten die Herren kollektive Eingebungen, oder schwebten Briefchen vom Himmel? Oder brachten sie sich gegenseitig einfach in Stimmung, wurden enthusiastisch und ihnen deuchte, Gott habe nun mit Europa etwas Großartiges vor?

Ist das eine Kaste von Supervisionären, Orakeln und frommen Schamanen, die Dinge wissen, die selbst der Papst in Rom nicht wissen oder beurteilen kann, weil er offenbar zu den Propheten, Evangelisten und Leitern großer Dienste nicht dazugehört? Warum nennt Hartl nicht Ross und Reiter? Wer sind diese Leute, die einen außerordentlichen Einblick in Gottes Pläne zu haben vorgeben?
Und irgendwie fällt mir da die erfolglose römische Anstrengung zur „Neuevangelisierung“ seit 1985 ein. Was hat Rom samt den Bischofssitzen falsch gemacht, was Johannes Hartl und sein Quer-Propheten- und Orakelkabinett besser wissen?

Hartl gibt sich als frommer Entertainer und Popstar, also darf man sein Auftreten unter die Lupe nehmen. Sind es sein stets zu knappes, sexy Jäckchen und die hautenge Hose, sein gekünstelter Entertainer-Sprech, seine Hallodri-Elektro-Musik, der Dreitagebart und die hippen bunten Schuhbänder, die angeblich genau das Bedürfnis der „jungen Leute“ befriedigen? Gabriele Kuby spricht darüber in einem Kath.net-Artikel so http://www.kath.net/news/58130 , als sei das „der“ Stil „seit Woodstock“, bei dem man sich heute angeblich nur noch dann „lebendig fühlt“, wenn man elektronisch zugedröhnt wird?
Auf mich zumindest trifft das nicht zu, und ich bin die eigentliche Woodstock-Generation… Na schön, aber mit dem Argument muss man für an Drogen gewöhnte Leute auch evangelisierend Drogen liefern, weil sie sich nur noch dann „lebendig fühlen“, wenn sie das betreffende Zeugs eingenommen haben. Ich weiß, das ist ein etwas überzogener Vergleich, aber nicht ganz schief. Immerhin ist dieser Radau, den ich selbst vor Jahren in Augsburg auf der MEHR-Konferenz einmal miterlebte, genauso gesundheitsschädlich wie Drogen, wenn man sie zu oft nimmt… und das ist medizinisch erwiesen. Kein normaler und gesunder Mensch setzt sich einer solchen Tortur freiwillig länger als ein paar Stunden aus. Von den viel zu frühen Hörschädigungen vieler Menschen wissen wir.
Wie wir aus der weltlichen Party-Szene wissen, halten viele Jugendliche diese Überforderung der Sinne nur mit Drogen, Alkohol und Übermüdung überhaupt aus.

Form und Inhalt sind nicht zu trennen

Und vor allem gibt es „seit“ oder im Zusammenhang mit „Woodstock“ auch den freien Sex, das freie Kiffen, revolutionäres Flower Power, gleichberechtigte Homo- und Lesbenszenen und die Dechristianisierung unter der damaligen Jugend, wogegen Hartl ebenso wie Frau Kuby doch sonst so wortreich und kämpferisch antreten.
Man wird es mir in der Sache nicht übelnehmen können, wenn ich einem solchen Argument doch Fragezeichen entgegen setze.
In jedem Fall ist ein Musikstil, der aus einem solchen Hintergrund stammt, auch dann, wenn er sich längst gesellschaftlich etabliert hat und aus allen Düsen plärrt, zumindest für den sakralen und geistlichen Bereich fragwürdig. Was von dem Geist und Hintergrund, aus dem er kam, ist immer noch in ihm und kaum eliminierbar?
Ich weiß, dass über diese eher musikphilosophische Debatte heute die Geister auseinandergehen. Ich plädiere auch nicht für ein magisch aufgeladenes Konzept von Musikstilen.
Dennoch halte ich an der antiken Überzeugung fest, dass Form und Inhalt zusammengehören und nicht jeder Inhalt in jede Form passt.

Gabriele Kuby spricht davon, dass Hartl mit diesem Stil die Leute da abhole, wo sie eben nun mal stehen.
Ich kann das nicht so sehen, denn Hartl holt niemanden ab, um ihn anderswohin zu bringen, sondern er zieht sie Menschen in sein Pop-Event hinein, das auch schon der Zielbahnhof seiner Aktion ist. Von da aus geht es nicht weiter, außer in immer neue charismatische Pop-Strukturen.

Das Heilige und das Profane

In einer Zivilisation ist nicht alles nur Lifestyle. Jedes kulturelle Element steht für etwas. Nicht umsonst hat man den sakralen und den alltäglichen Bereich stets getrennt und markiert, was nun Gebet und was einfach nur alltägliches Reden ist. Nein, es ist nicht egal, ob ein Johannes Hartl aufreizend gekleidet erscheint und doch Keuschheit predigt. Das eine passt nicht zum andern, ganz einfach, und die viel zu enge Kleidung unserer Tage ist Attribut der Lebenseinstellung, gegen die er so viele Ansprachen hält.

Ebenso gehört die Radau-Musik, die er nonstop wummern und tönen lasst, ins Ambiente einer Disco, auf Partys, Stadionkonzerte, Unterhaltungsshows, meinetwegen auf Volksfeste, aber nicht in eine Kirche.
Ich weiß — man wird mir widersprechen, denn zu lange sind die Tage schon her, in denen Menschen diese Unterscheidung zwischen Heiligem und Profanem hier im Westen noch verstanden haben.
Ich werde den Eindruck nicht los, dass der „American Way of Life“ vor allem jedes Verständnis für das Heilige aufgelöst oder sogar gelöscht und diese Löschung sogar institutionell in Form neuer geistlicher Bewegungen bei uns implementiert hat.
Leider hat eine verbissene und erstarrt-juridisch aufgestellte katholische Hierarchie über 200 Jahre lang jede ernsthafte Auseinandersetzung mit der Moderne erstickt, bestraft, verketzert und kriminalisiert („Antimodernismus“) und in dem Rahmen auch eine lähmende und reaktionäre Reform der Kirchenmusik angestrebt (Pius X., Tra le sollicitudini).
Mit dieser damaligen „Strategie“ hat man die Kirche innerlich ausgehöhlt und in einem geistlosen hierarchischen Formalismus und der Entmündigung der Laien und Priester zum Absterben von Innen gebracht.
Die Reform durch das Vaticanum II kam zu spät und zu früh gleichzeitig. Was morsch war, fiel in sich zusammen, und was an Außenmauer noch stand oder steht, hält keinem geistigen Sturm stand. Die Institution funktioniert noch, aber es fehlt die freie Entfaltung des Geistes. Natürlich setzt Hartl hier auf eine reale Leerstelle im kirchlichen Leben, aber er vergisst, dass der Heilige Geist frei weht und sich nicht diktieren lässt, wann er wo und wie zu wirken hat. Weder von einer machtbesessenen Hierarchie noch von formlos-überschwänglichen Laien... Weiß doch der Geist, der lebendig macht, dass das Herz des Menschen ein echtes und klares Ja finden muss, um eine wirkliche Umkehr zu vollbringen. Und die gibt es nicht im Kollektiv und nicht auf Schiebung. Auch nicht auf Schiebung durch Gebet und Fasten.

Gabriele Kuby hat auch schwerlich recht, wenn sie meint, „gregorianische Musik würde einer Generation, die so geprägt ist, tot erscheinen. Also geht hier die Post ab mit Rock und Pop und Lightshow zum Lobpreis des Herrn.“
Zunächst wäre das erst noch die Frage, ob Gregorianik dieser Generation „tot“ erschiene. Kuby müsste erklären, wieso dann gerade in der Esoterik-Szene ein geradezu unstillbares Bedürfnis nach Meditationsmusik lebendig ist, die sich zwar meist an religiöser indischer Musik orientiert, aber stilistisch der Gregorianik sehr nah steht und in keinem Fall der Popmsuik entspricht, die im Gebetshaus Augsburg 24 hours a day mit im Spiel ist?

Sicher, junge Leute wollen oft (nicht alle!) ausgelassen feiern, aber deswegen muss ich aus der Hl. Kommunion auch keine Fressparty wie wir sie doch sonst oft genug haben, machen, oder?
Die Party und der Tanz sind das eine, die Hinwendung zu Gott aber das andere…
Wieso man das Gebet aber zu einem weltlichen „Event“ machen zu müssen glaubt, das sich ästhetisch in nichts mehr von einem Gelage unterscheidet?

Gott ist der ganz Andere, der Heilige

Kann man dem Menschen heute nicht mehr zumuten, dass Gott wirklich der ganz Andere ist, und jenseits all unserer Vorstellungskraft lebt und wirkt und uns würdigen will, daran langsam Anteil zu gewinnen, und dies durch Ablösung aus dem rein Natürlichen, das uns zunächst noch dem Anschein nach stützt?
Es ist ja nichts einzuwenden gegen sinnliche Bezugnahmen des Glaubens, aber sie sind immer Symbol, stehen für ein anderes, das man nicht sagen kann, und weisen weit über sich hinaus. Die gesamte Metaphorik Hartls bleibt aber im Sinnlichen so tief stecken, als erschöpfe sich der Glaube als eine Art „getuntes“, aufgemandeltes „Gefühl“ darin. Wenn er etwa vom „Duft der Hoffnung“ spricht und Frau Kuby das in Bezug zu der Szene setzt, in der eine unbekannte Frau Jesu Haupt mit Duftöl salbt, und er den Jüngern, die daran Anstoß nahmen, wehrte, dann sind das zwei paar Stiefel, wie man volkstümlich sagt. Jesus bleibt nicht im Sinnlichen stecken, sondern diese Frau hat das Kostbarste gegeben, um ihn zum König zu salben, der an dieser Welt und ihren Mächten stirbt. Das jedenfalls sagte Jesus dazu. Vom Duft sprach er nicht, sondern davon, dass sie ihn für sein Begräbnis gesalbt hätte, das auf seine  bittere Passion folgen würde.
Die christliche Hoffnung ist übernatürlich. Sie ist unbesorgt um sinnliche Bezugnahmen. Selbst wenn sie übel röche, hält der Christ sie aufrecht. Tauchen sinnliche Metaphern auf in der Hl. Schrift, weisen sie weit über sich hinaus!

Das goldene Kalb, Schlachtenlärm und Party-Lobpreis

Sagte nicht Jesus, man solle überhaupt beim Beten nicht viele Worte machen, weil der Vater im Himmel schon vorher wisse, wessen wir bedürften? Kennt die Schrift einen ekstatischen „Lobpreis“ des Herrn? Sie kennt den Lobpreis im Psalmgebet, aber Israel und die Kirche haben stets diesen Lobpreis samt einigen neutestamentlichen und frühchristlichen neuen Preisgebeten (Magnificat, Benedictus, Nunc dimittis, Te Deum) gepflegt. Haben diese Lobgesänge Ähnlichkeit mit dem, was im Gebetshaus an „Lobpreis“ geschieht?

Ich sage glattweg: nein!

Ekstatische Gebete mit Tanz und Geschrei kennen in der Schrift die Heiden, nicht aber Israel. Als Aaron ein Kalb baut, um den Israeliten in ihren „Bedürfnissen entgegen zu kommen“, finden wir ebenfalls eine Szenerie aus Lobpreis und Tanz und Lärm vor. Aber die Schrift bewertet diese Szene negativ wie es nicht negativer geht.

„Josua hörte das Lärmen und Schreien des Volkes und sagte zu Mose: Horch, Krieg ist im Lager.
Mose antwortete: Nicht Siegesgeschrei, auch nicht Geschrei nach Niederlage ist das Geschrei, das ich höre.
Als Mose dem Lager näher kam und das Kalb und den Tanz sah, entbrannte sein Zorn.“ (Ex 32, 17)

Auch die Baalspriester bei dem Propheten Elia zeichnen sich durch Beschwörungs-Bitten, Tanz und Ekstasen aus (1. Kön 18, 21 ff).

Der Party-Lobpreis-Radau rund ums goldene Kalb erinnert sinnigerweise an Schlachtenlärm und weniger an so etwas wie Frieden, Glanz und Überirdisches.
Dass wir bereits mehrere Generationen haben, die sich diese lärmende und betäubende Aggressivität zu eigen gemacht haben und nur noch so „lebendig fühlen“, ist im Grunde Ausdruck einer kulturellen und spirituellen Katastrophe und Bestandteil der „Kultur des Todes“.

Gotteslob und Zweckfreiheit

Der christliche und jüdische Lobpreis lobt Gott als Beistand und Helfer in gemessenen Worten. Er will sich damit nichts erkaufen und Gott nicht „strategisch“ zu irgendetwas bewegen. Er lobt Gott einfach so, weil es das tiefe Bedürfnis des erhobenen Herzens ist, den, der erhoben hat, zu preisen.
Echtes Gotteslob muss zwingend „zweckfrei“ sein — wie jede Kunst. Wird sie als Kunstwerk verzweckt, hört sie auf, Kunst zu sein und ist nur mehr Artistik, Kunsthandwerk, oder auch nur mehr Kitsch…
Und vor allem ist der Lobpreis nicht einfach identisch mit einer missionarischen Aktion.
Echtes Gotteslob ist eine echte Herzensbewegung, nicht ein „Angestecktwerden“ aufgrund animalischer Instinkte und Reflexe, deren geistige Transformationsfähigkeit „nach oben“ man getrost bezweifeln darf.

Hartl kleidet ein missionarisches Programm in eine fromme Disco-Veranstaltung, die vor allem den Geschmack des konsumorientierten jugendlichen Mainstreams trifft. Er will dem Volk vorgaukeln, dass Christsein auch total cool sein kann.
Sein programmatisches  Christsein beschränkt sich jedoch auf eine subjektive Begeisterung für Gott, wer immer das ist, und eine strenge Sexualmoral.

Uns fehlt ein Unterscheidungskriterium. Dem modernen Menschen ist alles „Gottesdienst“, vor allem seit Luther, der Tanzmelodien und weltliche Lieder umfunktionierte zu geistlicher Musik und dem Volk auch sonst „aufs Maul schaute“. Wir halten das für eine Heldentat… und sehnen uns zutiefst eben doch danach, dass Gotteslob nicht einfach … vulgärer … Partylobpreis ist…
Mit Entsetzen muss man sich klarmachen, dass es eine solche heillose Vermischung nicht einmal bei den Heiden gibt und in der alten Kirche und allen Riten, die noch aus ihr kommen, undenkbar wäre. Dort ist der sakrale Bereich IMMER getrennt von dem des Konsums, des Spaßes und der „Party“.
Der Glaube bejaht auch das weltliche und sinnenfreudige Leben, aber dennoch muss das Eintreten in den Bereich des Heiligen sich formell anzeigen.
Aber ich habe den Eindruck, dass Hartl gar keinen Begriff von Gottes Heiligkeit und Andersheit hat. Er hat sich alles Geistliche in alltäglich-erotische Formeln übersetzt und verwechselt vielleicht auch Gottes Willen mit seinen Träumen und Meinungen.

Frommer Populismus

Mit verschiedenen protestantischen Bewegungen, intensiv im und ab dem 19. Jh und der Anpassung der gottesdienstlichen Musik im evangelikalen Spektrum „seit Woodstock“ wird gezielt populistisch agiert, um auf diese Weise Menschen anzuziehen und zu interessieren für Jesus.
Ja, dieses Gebetshaus hat wirklich einen populistischen Charakter. Es zieht den angepassten, geistig und geschmacklich durch die moderne Konsumgesellschaft uniform gemachten Mainstream an, erschlägt aber alles, was nur in der Stille entstehen könnte.
Gingen nicht alle großen Geister in die Stille, um dort zurecht zu kommen?
Wie kommt es zu dieser Verkehrung aller menschlichen Erfahrungen und Frömmigkeits-„Strategien“, und niemand merkt es, alle sind begeistert? Ja, Frau Kuby widmet der an sich mindestens ästhetisch verkehrten Welt Johannes Hartls einen Schlussabschnitt, der doch eigentlich zugibt, dass diese Mega—Party letztendlich weit hinter dem zurückbleibt, was Gottes angemessen wäre:

„Es war laut in Augsburg. Wunderbar wäre es, wenn auch akustisch und visuell ein Weg beschritten würde, der zehntausend Menschen immer einmal wieder in die Stille führt - in die stille Anbetung, über die Raniero Cantalamessa in seiner Predigt gesprochen hat. Mein stärkster Eindruck auf dem Weltjugendtag in Rom im Jahr 2000 war die Erfahrung der Gegenwart Gottes, als ein Mönch mit der Monstranz in der Hand das Stadion abschritt - in völliger Stille. Eine solche Erfahrung überschreitet dogmatische Differenzen und eint. Auch die Augen können Ruhe finden, wenn ihnen Gelegenheit gegeben wird, auf große christliche Kunst zu blicken, etwa den Altarraum einer romanischen Kathedrale. Vielleicht könnte dann sogar ein gregorianischer Choral heilige Resonanz in den Herzen erzeugen.“

Und Frau Kuby möchte ich noch entgegengehalten, dass Gregorianik auch zu ihrer Entstehungszeit keine Mainstream-Musik war. Niemals traf sie den „Nerv der Menschen, da wo sie halt gerade standen“. Mit der Musik zeigte sich auch an, dass man jetzt in eine andere Sphäre tritt, nämlich vor den großen, ewigen und heiligen Gott. Ohne diesen Übertritt, ohne eine solche totale Umorientierung im Leben geht es aber nicht zu Jesus Christus.
Es muss nicht zwingend Gregorianik sein, aber es muss Musik sein, die diesen Übertritt ins Heilige anzeigt. In der Moderne kann man diesen Charakter ohne zu zögern auch der Musik Messiaens oder Arvo Pärts bescheinigen. Hartls banale Party-Musik klingt eben immer nur nach Party. Mehr nicht.

Bei Johannes Hartl scheint vor allem der Mensch sich selbst begegnen zu wollen. Eine merkwürdige Unklarheit und suggestive Identität dessen, was Gott vorhat und dessen, was wir gerne hätten, wird erzeugt.
Um was geht es hier wirklich? Hartl schreibt:

„Es entstand eine Vision für die Errettung von 100 Millionen Seelen in den nächsten 10 Jahren. Das klingt nach einer völlig unrealistischen Zahl? Nun, für Gott ist alles möglich. Doch weshalb sollte Erweckung in Europa unmöglich sein? Wir beten um eine Jesus-Bewegung quer durch unsere Länder.“

Zum Mitschreiben noch mal: die „Propheten und Evangelisten und die Leiter großer Dienste“ also, die sich trafen, um sich über „Gottes Pläne auszutauschen“, die selbst Rom nicht kennt, hatten eine kollektive Vision? Oder sind einige der Herren so etwas wie Orakel? Was sind das überhaupt für Leute?
Warum wissen wir aber von einer solchen Häufung von Orakeln die ganze Kirchengeschichte über nichts — außer in Sekten- und Enthusiastenbewegungen?

Woher wollen diese Herren hier wissen, was Gott vorhat?
Oder haben sie einfach gemeinsam geträumt von einer Massenbekehrung und lasten ihren eigenen Traum auf die Zahl genau Gott an? Gott will ja bekanntlich, dass ALLEN Menschen geholfen werde. Warum also, wie ich schon fragte, nur 100 Millionen Menschen? Warum nur Europäer? Fürchtet man, zu wenige „strategisch Fastende“ zu gewinnen, ohne deren magischen Input kaum mehr als 100 Millionen Bekehrte zu erreichen sind?

Papst Franziskus zum Thema „Wahres und falsches Fasten“ 2017

Seit wann gibt es in der Kirche überhaupt ein „strategisches Fasten“, sprich ein Fasten, mit dem man etwas erzwingen will, das anders nicht zustande kommen könnte?

Hartl will das aus der Schrift beweisen:

„Doch bevor Jesus auch nur ein Wunder tat und mit der Kraft Gottes das Königreich verkündigte, fastete Jesus 40 Tage in der Wüste.“

Na und? War das ein „strategisches Fasten“? Oder war das einfach eine innere Einkehr, die Jesus suchte, bevor er öffentlich wirkte? Ich wüsste nicht, dass man das je anders gesehen hätte, als es der zweite Satz ausdrückt. Im übrigen war es in der Wüste ganz still. Gibt es im Gebetshaus eigentlich auch mal ein Radau-Fasten? Wäre das nicht auch mal was? Ein Party-Lobpreis-Sabbat-Jahr ohne irgendein elektrisch verstärktes Instrument? Das wäre doch auch mal eine Idee! Aber nein, es geht hier bloß um Verzicht auf Essen und Trinken…

„40 Tage Jesus-Fasten für eine Jesus-Bewegung. Wie kann man konkret mitmachen? Indem man täglich die prophetische Aussage betet „Europe shall be saved!“, „Europa soll gerettet werden!“ und täglich mindestens 5 Minuten in diesem Anliegen betet. Außerdem durch Teilnahme an einer ausgedehnten Zeit des Fastens. Dies kann entweder eine 40-tägige Fastenzeit am Stück sein, oder, wem das nicht möglich ist, eine oder mehrere mehrtägige Fastenzeiten innerhalb dieser 40 Tage. 
Das Fasten bedeutet hier Verzicht auf feste Nahrung. Manche wird der Herr zu einem kompletten Wasserfasten rufen (eine geistlich sehr besondere Erfahrung), manche zum Fasten bei Wasser und Saft oder Ähnlichem.“

Na schön, nichts gegen das Fasten an sich, aber hier geht es drum, dass 10 000 Fastende gesucht werden, die 100 Millionen Europäer bekehren sollen. Eine Art Hungerstreik für Jesus bzw. die Errettung Europas.
Und nicht Gott will, dass sich Leute hier abhungern, sondern Johannes Hartl im Verein mit seinen anonym bleibenden Orakeln hat sich das in den Kopf gesetzt.
Gott wird sehen, welche Gebete in der Menschheit ernstlich sind, ob nun mit oder ohne Hungerstreik. Ertrotzen kann man von ihm gar nichts… Im übrigen muss bei jeder Bekehrung der freie Wille der Betroffenen berücksichtigt werden. Über ihn kann nichts und niemand verfügen, auch keiner, der sich mittels eines strategischen Fastens deswegen kasteit. Das hat noch nie funktioniert!

Wie Papst Franziskus uns alle erinnerte, ist wahres Fasten in der Bibel ohnehin etwas ganz, ganz anderes. Nicht die fromme, selbstkasteiende Nötigung oder Erpressung der Bekehrung anderer, sondern eine Haltung, die sich ohne die Frage nach dem „Zweck“ einfach nur verschenken will und die Früchte Gott überlässt:

„Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen...“ (Jes 58)

Und übrigens auch die Mittelmäßigkeit der Kirchenmusik, die manche meinen, möglichst mainstreamig gestalten zu sollen, hat der Papst gerade dieser Tage getadelt:

„„Manchmal herrscht hier eine Mittelmäßigkeit vor, eine Oberflächlichkeit und Banalität“. Hier sei eine Erneuerung der liturgischen Musik und des Gesanges nötig, vor allem was die Qualität angeht.http://de.radiovaticana.va/news/2017/03/04/papst_zu_kirchenmusik_herzen_der_menschen_vibrieren_lassen/1296484

Ob es nicht wichtig wäre, dass wir selbst innere Einkehr halten, ob wir nun dabei mehr als Brot essen oder nicht? Ob nicht das, was uns allen fehlt, echte, tiefe Buße und die Unbesorgtheit um die Früchte unseres rechten Tuns ist?

Wie sollen wir Menschen zu Christus ziehen, wenn wir so selbstverliebt sind, dass wir nicht einmal bereit sind, auf ständige Party zu verzichten, und Gott da nicht suchen und finden wollen, wo er uns begegnen will: in der Stille und in der Ruhe des Herzens, das man deshalb der ständigen Unruhe und Erregung entziehen sollte?

Hartl spricht so gern davon, dass Gott in uns „verliebt“ sei und wir in ihn.
Ich werde den Verdacht nicht los, dass Hartl vor allem in sich selbst verliebt ist und seine Wirkung auf die Massen genießt, denen er das Gefühl gibt, aus lauter unentdeckten Helden zu bestehen:

„Zu viele Christen sind gezähmte Löwen. Doch die Zeit der Harmlosigkeit ist vorbei. Wir brauchen Helden. Lassen sie(sic!) sich aufrütteln durch diesen Ruf zu den Waffen der Furchtlosigkeit, des Gebets und der Hingabe.“

In den Gemeinden kommen die angeblich zu Tausenden von Gott „Berührten“ jedenfalls nicht an.

Löwen…
Wer wird in der Schrift noch mal mit einem ungezähmten, brüllenden Löwen verglichen?!

Ist das Gebet eine „Waffe“. Ist Hingabe eine „Waffe“? Ist „Furchtlosigkeit eine „Waffe“?

Hingabe und Furchtlosigkeit sind Tugenden.
Es gibt die berühmte „Waffenrüstung“ des Glaubens in Epheser 6.

„Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den listigen Anschlägen des Teufels widerstehen könnt.
Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.
Darum legt die Rüstung Gottes an, damit ihr am Tag des Unheils standhalten, alles vollbringen und den Kampf bestehen könnt.
Seid also standhaft: Gürtet euch mit Wahrheit, zieht als Panzer die Gerechtigkeit an
und als Schuhe die Bereitschaft, für das Evangelium vom Frieden zu kämpfen.
Vor allem greift zum Schild des Glaubens! Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen.
Nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes.
Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen…“

Hartl spricht von „Waffen“ für einen missionarischen „Angriff“, den wir starten sollen.
Paulus spricht von etwas völlig anderem, nämlich davon, dass ein Angriff der Finsternis auf jeden von uns geschieht und wir ihm standhalten sollen in Gebet und Fürbitte. Das mag zwar im Zusammenhang mit einem missionarischen Tun geschehen, muss es aber nicht.

Und das Gebet? Ist etwa das eine offensive Missions-„Waffe“?
Das ist meine kleine Meditationsaufgabe für die Leser:
Im Geiste des Paulus-Textes: Was ist Gebet?
Gebet im Zusammenhang mit einem Fasten, das mich zu einem brauchbaren Werkzeug Gottes macht?

Es ist viel Psychologie und viel Animalisches im Spiel bei Hartl.
Und sehr viel Eigenwille und Dirigierenwollen.
Auch der Glaube lässt sich vermarkten und verführt zum Vermarkten.

Jesus jedenfalls hat sich in diesem Sinne Hartls schlecht vermarktet.
Als er am Kreuz hing und für uns starb, hat er gewiss nicht um 100 Millionen Seelen aufgerechnet, sondern er starb entweder für alle oder eben keinen.
Und das sollte uns aufrütteln.

Hanna Jüngling