Donnerstag, 26. März 2015

Das verschwundene Opfer

Das verschwundene Opfer

Manchmal denke ich: Und wenn schon, was soll es? Wenn die "wiederverheiratet Geschiedenen" zur Hl. Kommunion gehen - und das tun sie in großer Zahl mit Billigung der Priester schon lange im Novus Ordo Pauls VI. - na und? Folge ich nicht denjenigen, die nachweisen, dass der Novus Ordo sakrilegisch ist? Dass er ein Messopfer vorspiegelt, das keines mehr ist und auch keines mehr sein will und soll? Spricht denn noch einer im Ernst heute vom "Heiligen Messopfer", wenn er die "Eucharistie" oder den "Tisch des Herrn" benennt? Sprach Paul VI. noch davon, als er den ganzen Kanon zerbrach und verformte und aus den ehemaligen "Wandlungsworten" nur mehr gewöhnliche "Herrenworte" machte? 
Die Sprache ist immer präzises Zeugnis dessen, was man meint. Nein - es ist nicht der Ton, der die Musik macht, sondern die Worte selbst geben Auskunft über das Gemeinte. Sie und nur sie. Der Ton ist allenfalls Zugabe. Ohne die zugrundeliegenden Worte ist der Ton nicht aussagefähig.

Wenn also die "Eucharistiefeier" im Bruch-Ordo Pauls VI. nicht das Hl. Messopfer ist, ist es ergo auch völlig gleich, ob Leute, die in schweren Sünden bewusst und willentlich verharren, dorthin gehen. Und es ist noch viel gleicher, ob darüber nun erbittert in Rom und anderswo debattiert wird und ein "Kardinal Kasper" vorgeschoben wird, in dessen Windschatten ein "Papst" namens F. nur das umsetzt, was logisch aus der gesamten Situation folgt: nämlich zu sagen, dass es gleich ist!

Es ergibt überhaupt keinen Sinn, in einer brennenden, anarchischen Stadt darum zu kämpfen, beim Gang ins Theater nur ja adrett gekleidet zu sein!

Als ich heute morgen im Schott die Lesung für den Donnerstag nach dem Passionssonntag (also heute) las, dachte ich, es sei die Rede von uns (Dan. 3):

"Herr, unser Gott, (...) wir sind erniedrigt worden unter alle Völker und gedemütigt auf der ganzen Erde um unsrer Sünden willen. Wir haben zurzeit weder Fürsten noch Führer noch Propheten; weder Brandopfer, noch Schlachtopfer, noch Speiseopfer, noch Rauchopfer, noch eine Stätte, an der wir Dir die Erstlingsopfer darbrächten. (...) Aber mit zerknirschtem Herzen und mit gebeugtem Geiste möchten wir von dir angenommen werden."

Das tägliche Opfer ist im Prinzip, von privaten Ausläufern abgesehen, verschwunden und verschwindet immer mehr. Die einen, die es feiern, sind zweifelhaft - im Novus Ordo - geweihte Priester. Die anderen sind sowohl zweifelhaft geweiht als auch Zelebranten einer sakrilegischen Messe. Und wieder andere sind zwar im alten, sicher gültigen Ritus geweiht, feiern aber die gültige, heilige Messe in der Rückbindung an den häretischen "Papst". Nur ganz wenige sind gültig in den überlieferten Riten geweiht, feiern den überlieferten Ritus und binden sich ausdrücklich nicht an häretische Hierarchen.
Da bleibt nicht viel übrig.
Die Welt wird kälter mit jedem Tag.

Es ist auch vollkommen nutzlos, sich in äußerlichen Pracht-, "Demuts"- und Frömmigkeitsübungen zu ergehen, wenn man mit ihrer Hilfe die Irrigkeit des Rahmens glaubt "retten" zu können, innerhalb dessen man all diese inzwischen anachronistischen und sinnlos und ruinös gewordenen, einstudierten Oberflächlichkeiten pflegt: Pontikalämter mit Kardinal Burke, der eine meterlange Schleppe hinter sich herzieht wie eine Märchenprinzessin, die v.a. die längst verlorene weltliche Macht der Kirche evozieren, die Meinung, man könne durch die ästhetische Pflege der Gregorianik auf Hochschulniveau in einer toten "Kirche" den Glauben wieder herbeisingend erwecken, allerhand krampfhaftes, unnatürliches und rein äußerliches Demutsgehabe, das die Gebräuche vor dem Vaticanum II sehr weit übersteigt und nicht nur subjektiv, sondern mit dem Impetus der allgemeinen Forderung vollzogen wird (Kniebeugen und Knien mehr als je zuvor; selbst bei Rosenkranzgebeten, die dadurch im Alltag verleidet werden; Mantillen; überzogene Fasten- und Gebetsgebote, die den Menschen von den ehemaligen Geboten der Kirche abhalten, in der Arbeit schwächen und aufs rein Physische richten; etc. etc.). Alle diese äußeren Dinge fließen ja nicht aus einer bestimmten Herzenshaltung oder offiziellen Wirklichkeit der Kirche, sondern sollen sie überhaupt erst "wiederbeleben", werden also mit einer esoterischen Einstellung angewendet.

Es ist eine Art postmoderne "Kirchentheaterkultur" entstanden. Man verkleidet sich für die prachtvoll gefeierte Museumsmesse, zelebriert alle möglichen, in ihrem Sinn nicht mehr verständlichen, außerliturgischen Gesten und kehrt anschließend in den Alltag zurück, in dem man sich entweder aufgrund eines immer größeren Realitätsverlustes nicht mehr zurechtfindet oder macht es wie die LARP-Darsteller: Man wirft die ganzen altertümlichen Stoffhosen und die hausbackenen Röcke samt den spacigen Mantillen in die Ecke und staffiert sich erst mal wieder fürs wirkliche Leben in der Welt mit Jeans und Mini aus.
Ein schizophrenes, manieriertes Theater, das den Glauben zum ästhetischen Schau- oder Zwangserlebnis macht.
Und das Schlimmste dabei ist, dass die Laiendarsteller es ebenso wie die hauptamtlichen Schauspieler nicht begreifen und diesen Zirkus für das nehmen, was einmal "Tradition" war. Man ist auf dem Level eines Trachtenvereins angekommen. Man kleidet sich "wie früher", singt und tanzt "wie früher", klebt sich womöglich noch Zöpfe an, aber danach kehrt man zurück ins Heute mit all seinen Attributen und bekommt die beiden Welten nicht mehr zusammen.

Man glaubt, mit der Staffage einer fantastischen "Tradition" ein "schönes Zeichen" setzen zu können (wird meist hinsichtlich der ehedem nur regional verbreiteten Sitte der Mantilla so vorgetragen, was symptomatisch ist für die verkehrte Geisteshaltung der Traditionalisten), bleibt aber bei der sachlichen Nachfrage: "Ein Zeichen wofür und für wen eigentlich?" eine vernünftige Antwort schuldig. Und das kann auch gar nicht anders sein, lebt doch unser Glaube nicht von "Zeichen", sondern aus Christus, der kein Stoffstück, sondern der lebendige Gott ist. Hinzukommt, dass den Zeichensetzungen der Laienschaft ohne die Hierarchie kein Gelingen verheißen ist - schöne Zeichen hin oder her! Werden diese Zeichen nicht belebt von oben her - und das geht nur über die Hierarchie - sinken sie ab auf das Niveau magischer, selbstfixierter Utensilien.

Und je "heutiger" sich der Papstdarsteller in Rom selbst entlaubt, desto verbissener klammern sich die Traditionalisten an ihre musealen oder neu erfundenen, ästhetischen Gebräuche, weil sie hoffen, man könne einen Toten, dem man duftende, wohlschmeckende Nahrung zwischen die steifen Kieferbacken zwängt, zum Leben erwecken. Es ist eine seltsame Fantasy-Feen-Elfen- und Mittelalter-LARP-Szene...

Es geht aber nicht nur darum, die "Messe aller Zeiten" in den richtigen Kostümen zu feiern! Es geht darum, dass dieses heilige Opfer von Christus her in der rechten Weise abgeleitet wird. Zu dieser rechten Weise sollte eigentlich zentral ein wahrer "Heiliger Vater" gehören.

Unsere Alternative ist:

1. Wir leiten das Hl. Messopfer im überlieferten Ritus von irrgläubigen Kirchenbesetzern ab (das tun alle konzilskirchlichen Traditionalisten und die Priesterbruderschaft St. Pius X.), aber dann ist es keine katholische Messe mehr.

2. Wir leiten das Hl. Messopfer im überlieferten Ritus von der Kirche ab, von Christus, der aber momentan keine stellvertretenden Hirten hat, verweigern dem häretischen Papst und den Bischöfen, die ihn anerkennen (und das sind alle amtskirchlichen Bischöfe!) die Nachfolge und sagen: wir haben z.Zt. -  wie oben Asarja - keinen Papst, keine Fürsten und Führer.

Was den letzteren Punkt betrifft, sagen manche: Dann kann man ohne Jurisdiktion auch das Hl. Messopfer nicht mehr feiern. 
Ein gültig geweihter Priester kann es sehr wohl feiern, wenn er eine kirchliche Jurisdiktion, die aktuell ausfällt, dennoch in potentia annimmt.
Solange es also gültig geweihte Priester gibt, können noch solche Hl. Messopfer, abgeleitet von der potentiellen Jurisdiktion, die man weder ersetzen will noch für überflüssig hält, zelebriert werden.


Mit Asarja sagen wir: "Aber mit zerknirschtem Herzen und mit gebeugtem Geiste möchten wir von dir angenommen werden." 

Dom Guéranger sah diese Situation vor sich, als er Mitte des 19. Jh schrieb (Dom Prosper Guéranger: Die Heilige Messe, Stuttgart 2004 nach der deutschen Ausgabe von 1884, Mainz)

"(...) es ist erforderlich in diesem (rechten) Glauben zu sein, um in der Zahl derer, welche die heilige Kirche erwähnt, begriffen zu werden. Man muss rechtgläubig, orthodox sein. (...) Aus diesen von der heiligen Kirche angewendeten Ausdrücken erhellt, wie sehr verschieden die heilige Messe von irgend einer Privatandacht ist. Sie geht allen andern vor, und ihre Intentionen müssen respektiert werden. (...) (S. 78)

Er hatte an dieser Stelle die Eingebung, sich auszumalen, was es heißen würde, wenn diese Einheit des Glaubens verletzt würde:

" (...) wenn es möglich wäre, dass das Messopfer einmal zu Ende ginge, dass es der Flamme gleich, die keine Nahrung mehr findet, erlösche, dann würden wir sofort aufs Neue in jenen unwürdigen Zustand zurücksinken, in welchem sich die mit dem Götzendienst befleckten Völker befanden. (...) (S. 79)

Dom Guéranger sieht es förmlich vor sich, wie sehr der Mensch des Verderbens dieses Heilige Messopfer und die, die es vollziehen können, nämlich die Priester, hasst:

 "Darauf wird auch das Streben des Antichrist gerichtet sein. Er wird alle Mittel anwenden, um die Darbringung des heiligen Messopfers zu verhindern, damit dies mächtige Gegengewicht gegen seine Herrschaft in Wefall komme, und Gott die Schöpfung vernichte (...) Das ist der Anfang dessen, was geschehen wird, wenn der über die Erde entfesselte Teufel und seine Anhänger Verwirrung und Trostlosigkeit verbreiten; (...) Er wird die Weihen verhindern, die Priester aussterben lassen, und so der Darbringung des großen Opfers immer engere Grenzen ziehen. dann aber kommen die Tage des Unglücks." (S. 79)

Was er nicht sehen konnte ist die Tatsache, dass auch das Heilige Messopfer total zerstört und durch eine billige, sakrilegische Nachäffung ersetzt wurde, deren innere Gesetzlosigkeit immer mehr auch äußerlich sichtbar eskaliert in den von manchen besorgten Katholiken als  horrores missae bezeichneten Exzessen, die heute in fast allen Pfarrkirchen schlimme Realität geworden sind.

Das Heilige Messopfer, in der rechtmäßigen Weise abgeleitet von Christus selbst über den Papst und die Kirche, ist das eigentliche Hindernis, das das Offenbarwerden des Antichristen bislang aufhalten konnte. In ihm wird die Menschwerdung Christi bezeugt und gefeiert. Der Antichrist aber leugnet, dass Christus der Sohn Gottes ist, der ins Fleisch gekommen ist.

Kardinal Manning ahnte ebenfalls schon im 19. Jh, dass das Heilige Messopfer als Inbegriff der Menschwerdung Gottes angegriffen werden würde (Heinrich Eduard Manning: Der Antichrist oder die gegenwärtige Krise des heiligen Stuhls im Lichte der Weissagung betrachtet. Regensburg 1861):

"(...) Seit der Gründung des christlichen Europa (...) hat die Ordnung der Welt auf der Menschwerdung unseres Herrn Jesus Christus beruht. Aus diesem Grunde (wird alles, wonach) wir unsere Tage datiren, (...) von dem "Jahre unsers Herrn" an gerechnet. (...) Diese Gesellschaft aber, die auf die Menschwerdung Gottes gegründet ist, ist der Zustand, unter welchem wir bisher gelebt haben. Ich glaube aber, daß wir nun denselben verlassen. (...)" (S. 63)

Unter Bezugnahme auf die krampfhafte Meinung reaktionärer Katholiken, man müsse mit Zwang und Gewalt die alten Ordnungen aufrechthalten, distanziert er sich jedoch von deren falscher Meinung und führt weiter aus:

"Ich spreche nicht gegen dieses (Anm. HJ: den säkularen Staat). (...) Ich führe es als Tatsache an. Ein großer Theil jeder Nation (...) besteht aus jenem Volke, das die (...) Menschwerdung leugnet." (S. 64)

Und noch einmal bekräftigt er, dass es ein schwerer politischer Fehler ist, die christliche Ordnung einem widerspenstigen Volk aufzuzwingen:

"Ich sage nicht, dass die politische Verfassung eines Landes aufrecht erhalten werden solle, nachdem der Zustand eines Volkes dies moralisch unmöglich oder schwierig macht. Dies ist die fürchterliche Nothwendigkeit. (...) Wenn ein solcher Zustand nicht ohne Gewalt aufrecht erhalten werden kann, muss er aufgegeben werden. Ecclesia a sanguine abhorret." (S. 65)

Kardinal Manning sieht hier bereits die Erfolglosigkeit und selbst antichristliche Monstrosität zukünftiger klerikalfaschistischer Empörungen voraus:

"Es ist nicht der Geist der Kirche, politische Probleme durch blutige Gesetze aufzudrängen, oder die Leute durch die Anwendung der physischen Macht zu zwingen. Aber größer ist das Elend für ein Volk, das den Glauben an die Menschwerdung so verloren hat, daß es nothwendig ist, die christliche von der Vorsehung Gottes eingesetzte Ordnung aufzugeben. Allein so ist der Zustand der Welt beschaffen, und diesem Ende treiben wir rasch entgegen." (S. 66)

Von einer Idealisierung der älteren Ordnungen war Manning jedoch ebenfalls weit entfernt. Er setzte die politische Ordnung im Groben nicht einfach in eins mit einem göttlichen Zustand. Seine Beurteilung der Geschichte des christlichen Europa ist interessant und lehrreich und lässt besser verstehen, wieso es der Papst - trotz aller Exzesse auch in der Kirche - und das Heilige Messopfer waren, die den Antichristen aufhielten:

"Man erzählt uns, der Aetna habe einhundertsechzig Krater. Außer den zwei Oeffnungen, die miteinander den unermeßlichen Krater bilden, der gewöhnlich so heißt, ist er auf allen Seiten durch Kanäle und Mündungen durchlöchert, durch welche in den vergangenen Jahrhunderten die Lava von Zeit zu Zeit durchbrach. (...) Die Kirche ruht auf der Basis der natürlichen Gesellschaft, auf den Grundlagen des alten römischen Reiches, auf der Civilisation der heidnischen Völker der Welt, die befestigt, erhoben, bewahrt, umgewandelt und geheiligt wurden durch die Wirksamkeit des Glaubens und der Gnade. Die Kirche Gottes ruht noch auf jener Grundlage, aber unterhalb der Kirche ist beständig das Geheimniß der Bosheit wirksam, das bereits in den Zeiten der Apostel thätig war (...) Was ist all dies anders als der Geist der Gesetzlosigkeit, der sich gegen Gott und den Menschen erhebt,  - das Princip des Schisma, der Häresie und des Unglaubens, das in Eine Masse zusammenläuft und sich überallhin ergießt, wohin es sich seinen Weg bahnen kann, indem es allenthalben, wo die christliche Gesellschaft schwach wird,  sich Krater öffnet für seinen Strom? Und wie dies seit Jahrhunderten fortgegangen ist, so wird es fortgehen, bis die Zeit kommen wird, "wo das, was aufhält, weggeräumt sein wird"." (S. 66 f)

Es ist auch bei Kardinal Manning vollkommen ersichtlich, dass dieses, "was weggeräumt sein wird", im Kern der Papst und das Heilige Messopfer sein müssen. Denn sie beide stehen für die Menschwerdung des Sohnes Gottes und Sein heiliges Opfer.

Bedenken wir, dass ich hiermit Stimmen aus der Mitte des 19. Jh zitiert habe, die bereits konkret und ernsthaft mit dem Ende umgingen, das kommen muss. Auch wenn uns dieses Ende nicht wie fühllosen Puppen verhängt ist, sondern wie Menschen, die ihr geistliches Ja oder Nein dazu sprechen können, kann doch nach der Prophetie dieses Ende ebenso wenig aufgehalten werden, wenn Gott es zulässt, wie die Kreuzigung Jesu Christi verhindert werden hätte sollen oder dürfen. 

Nimmt man das Bild Kardinal Mannings wortwörtlich, ist die Rolle des Papstes tatsächlich die eines Steines, eines Felsens, der den eigentlichen Felsen und Eckstein Christus für den ganzen Erdkreis stellvertretend sichtbar macht. Dieser Fels ist auf dem Abgrund des Kraters und hielt den "Mega"-Ausbruch der Lava immer noch zurück. Die Kirche ist also geistlich im Ganzen zwar ganz und gar sicher auf Christus gegründet, aber in der Welt steht sie sichtbar wie auf dem Abgrund der Hölle. Ohne den Felsen, den menschgewordenen Sohn Gottes und seinen Stellvertreter, wird sie als sichtbare Kirche nicht die Kraft haben, deren Lavaeruptionen zurückzuhalten.

Nun hat aber schon zuvor die Christenheit, insbesondere in ihren Klerikern und Fürsten als den Verantwortlichen, immer wieder kleinere Eruptionen hervorgerufen. In all diesen Exzessen war das Ende schon spürbar.

Man mag sagen: Ja, das haben Menschen immer gedacht, dass das Ende nahe ist. 
Das ist sicherlich wahr! Denn es war ja immer nahe!

Aber diese beiden Merkmale, die ich hier abhandle, waren bis vor wenigen Jahrzehnten noch nicht gegeben, wurden aber von Zeitgenossen kurz vor der Eruption des Vaticanum II, das wiederum nach den Eruptionen der Oktoberrevolution und des faschistischen Sturmes über der ganzen Welt geschah und eine Fortsetzung der blutigen und geisttötenden Revolutionen, denen natürlich fast immer großes Unrecht vonseiten der Mächtigen vorausgegangen war, über den ganzen Weltkreis nach sich zog, bereits klar erkannt und vorausgesehen.

Niemand belüge sich daher selbst!
Es sind apokalyptische Zustände, in denen wir leben. Und mit ein bisschen Museumsmesse in einer Kotkirche, die bereits Hildegard von Bingen voraussah (in "Scivias"), ein wenig Püppchenspielen mit Mantilla und einstudiertem Demutsgekungel unter gregorianischer Filmmusik wird man der Situation nicht gerecht, sondern verspielt die Aufmerksamkeit der Seelen, wie es mir scheint, für das, was sich abspielt. 
Das Ende vom Lied ist, dass man sich an den geistigen Exkrementengeruch so sehr gewöhnt hat, dass man ihn für Weihrauch-Wohlgeruch hält und glaubt, durch bestimmte Klamotten darüber hinaus sowieso auf der richtigen Seite zu stehen. Diese Verwechslung des Gestanks mit Wohlgeruch wird am deutlichsten in der Verkehrung des katholischen Gehorsams gegenüber dem rechten Papst in allen Dingen hin zum anarchischen Widerstandsprinzip.

Ich will selbstverständlich auf gar keinen Fall damit prinzipiell etwas gegen die Gregorianik oder andere überlieferte Gebräuche oder anständige Kleidung sagen. Es geht mir um die Nachrangigkeit dieser Themen angesichts der Grundsatzfragen, die heute im Raum stehen.
Isoliert in einer "Afterkriche", wie die selige Katharina Emmerick das nannte, können diese äußeren, im guten Zusammenhang sicher gesunden Formen zwingend nur zu Fetischen und Ablenkungsspielen werden. 

In diesem Zusammenhang muss man auch die Tatsache, dass so viele Katholiken, darunter Kardinäle, erst angesichts der Frage nach dem 6. Gebot aufwachen und meinen, "Widerstand" leisten zu müssen, kritisch werten: Warum regt sich der Verstand erst beim 6. Gebot? Warum schlief er selig weiter, als das 1. Gebot endgültig 1970 mit der Liturgiereform eine blutende Wunde erhielt? Das 6. Gebot halten auch die Heiden, sexuelle, also rein leibbezogene "Reinheit" ist ein Lieblingsthema vieler Religionen, deren Götter Dämonen sind - das macht noch längst keinen Katholiken!

So bitter es ist: Wir können nicht zurück in eine Zeit, die es nicht mehr gibt und in der idealisierten Form auch nie gab. Jesus hat uns zu etwas ganz anderem aufgerufen:

"Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe. (...) Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht,
(so) wie (man in) eine Falle (gerät); denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.(...)" (Lk 21)

Nach den Worten Jesu hilft uns nur eines aus der Not: Wachen und Beten.
Aufpassen, genaues Beobachten und nüchternes Nachdenken ohne Sophistereien und innere und äußere Verrenkungen. Die Alltagsdinge unbedingt zurückstellen!
Und assoziiert mit dem aufmerksamen Beobachten und Nachdenken nennt der Herr das Gebet. Auch das Gebet soll nüchtern und ohne äußere Verrenkungen geschehen. Nüchternheit. Keine "Trunkenheit", kein "Rausch"! Auch kein frommer traditionalistischer "Rausch"! Keine charismatische "Trunkenheit"! Wissen darum, dass diese Welt vergehen wird und mit ihr liturgische Prachtgewänder, unsere gekonnten Gesänge, der Petersdom und all diese materiellen Dinge, denen der Traditionalismus eine so überaus esoterische Rolle zuspricht vor Gott. Das einzige materielle Ding, der Leib Christi im allerheiligsten Altasakrament, das vor Gott zählt, ist zerbrochen und auf den Sperrmüll gestellt worden. Und die, die es nachts von seinem Platz zwischen dem Trödel "gerettet" haben, haben es nicht an den rechten Ort gestellt. Denn, wie Asarja betet, haben wir keine
"Stätte, an der wir das (...) Opfer (in Einheit mit einem echten Papst in actu) darbrächten".

Das rechte Opfer, das wir bringen können, war und ist immer noch der zerknirschte Geist und eine über die eigene Sünde betrübte Seele und nicht der äußere Kniefall und schon gar kein spezielles Kleidungsstück. Ist die innere Haltung richtig, wird sie auch organische und glaubhafte äußere Formen annehmen. Die äußere Form aber hat schon das Pharisäertum in ein antichristliches Lügengespinst verkehrt. Ganz besonders gerne beim 6. Gebot...

Eine Katastrophe ist die Geste vieler Traditionalistenpriester, die Gläubigen, insbesondere Frauen, mehr oder weniger herablassend belehren zu wollen, wo sie selbst keinen Lehrer mehr haben und ihresgleichen uns die große Apostasie überhaupt erst eingehandelt hat... niemand also unbesehen um seines eigenen Seelenheiles willen einem Priester, nur weil er Priester ist und großartig tut, mehr trauen kann. Wir müssen uns alle gegenseitig mehr als je prüfen und Distanz halten. Es hilft nichts. Der Leib Christi kommt durch all diese Ereignisse zum "vollen Alter", zur "Erwachsenenreife", die sich auszeichnet durch Nüchternheit, Geistesschärfe, Milde und Distanz.

Nun hat aber ausgerechnet Erzbsichof Lefebvre, der sich selbst zum Retter erhoben hatte, systematisch darauf hingewirkt, dass die Gläubigen nicht mehr selbst beobachten und nachdenken. Sie wurden in den Stand unmündiger Kinder zurückgeworfen:

"Lassen Sie dieses Problem (Anm. HJ: der Situation der Kirche) beiseite, es ist ja ein sehr delikates Problem, schwierig, schmerzlich, unter dem alle Gläubigen leiden. Wenn jemand allein mit Ihnen spricht, dann bieten Sie ihm die Lösung der Priesterbruderschaft, das, was man in der Priesterbruderschaft denkt: ‚Das ist die Linie der Priesterbruderschaft in der aktuellen Situation bezüglich des Papstes, der Sakramente, der Messe.‘

Aber machen Sie nicht ständig ein Predigtthema daraus, die Leute könnten so verängstigt werden, und die einen diskutieren: ‚Ah, das hat er gesagt? Aber so trifft es doch gar nicht zu, und dies und das…‘ Das bringt nichts Gutes, es verwirrt die Leute, es führt zu nichts. Was die Leute wollen, das ist die Heiligung, sie wollen durch die Sakramente geheiligt werden, durch das heilige Messopfer.
Sprechen Sie mit ihnen über ihre Probleme, über die persönliche Heiligung.

Das Leben eines Priesters ist ein so außergewöhnliches Leben, ein ganz unerhörtes Leben: die Kinder auf die erste Kommunion vorbereiten, auf die Firmung, sie im Katechismus unterrichten, sie im Glauben bewahren, vielleicht Ordensberufungen, Priesterberufungen vorbereiten. Das ist, so meine ich, die Aufgabe des Priesters, das ist die Liebe, die Kraft Gottes: Gott ist Liebe. Und genau das sollen wir sein."

(Lefebvre, Priesterexerzitien 1980)

Im Klartext: Er hat die Menschen total abhängig gemacht vom Kurs der Priesterbruderschaft. Es ist, als wolle er sagen: Nehmt nur nicht so viel Öl mit auf den Weg, liebe Leute, das braucht ihr nicht, womöglich schadet es euch, wenn es uns, die Bruderschaft, überdauern sollte. Man baut ein Ghetto, ein Museumsdorf, in dem alles auf einen behaupteten historischen Zustand eingefroren wird, ein Dornröschenschloss, und hält die gutgläubigen, in tiefen Schlaf versetzten Menschen dort fest, als ob es keine zerstörte Kirche und Welt um uns her gäbe. Man schwört die Seelen auf Gedeih und Verderb auf sich selbst ein - objektiv unberufen!

Was sollen solche Seelen tun? Sich heiligen ohne Nachdenken? Sakramente empfangen, deren Gültigkeit in ihrer Katholizität zweifelhaft ist? Sich besonders demütig fühlen, weil man Mantilla trägt, auch wenn dieser Vorhang regelrecht zum Symbol für die Situation geworden ist: Er setzt den Gläubigen die Scheuklappen, den Frauen stellvertretend für den Rest der Braut Christi, diese Scheuklappen, die den Gläubigen auf die eigene Heiligung fixiert, weg vom Ganzen, von der mit erhobenem Haupt erwarteten Ankunft des Herrn ablenken soll, denn der Herr kommt nicht in eine Fantasywelt zurück, sondern in die reale Welt, die wir - nach Seinem Befehl, der nicht nur Priester meinte - beobachten und nicht selbstfixiert ausblenden sollen.

"Jeder ging für sich seinen Weg" (Jes. 53, 6)

Oder:

"Ihr habt viel erhofft und doch nur wenig geerntet; und wenn ihr es einbrachtet, blies ich es weg. Warum wohl? - Spruch des Herrn der Heere. Weil mein Haus in Trümmern liegt, während jeder von euch für sein eigenes Haus rennt." (Haggai 1, 9)

Ist es nicht das, was in Lefebvres Worten ungut schwingt? So sehr die Mantillenscheuklappen organisch anderswo Tradition gewesen sein mögen - es ist geradezu zeichenhaft für die Lage, dass die Lefebvristen gerade sie, die nie allgemein vorgeschrieben war, all jenen, bei denen dies nie üblich war, aufschwätzen oder aufzwingen wollen, das liturgisch dagegen vorgeschriebene, priesterliche Birett, das der Priester in bestimmten Teilen der Messe tragen soll, abgelegt und offenbar entsorgt haben. 
Stand die wirkliche und allgemeine Tradition des Biretts nicht einmal für die Überschattung des priesterlichen Hauptes durch den Heiligen Geist? 
Will man das nicht mehr? Hat man sich selbst als Haupt eingesetzt und verschleiert den Gläubigen zum Zwecke der Ideologisierung den Blick?

Man muss sagen, dass die Kirche den Gläubigen die Lage der Dinge zuvor nicht generell verschwiegen hatte, als sie noch Päpste hatte. Mancher Prälat mag da anderer Meinung gewesen sein, aber es war nicht Kurs des Heiligen Stuhls. In aller Offenheit wurden die Dinge debattiert, auch öffentlich verhandelt und verflucht, wenn es sein musste. Einen Ausschluss der Gläubigen aus der Debatte konnte es allein um der Wahrhaftigkeit und Nachprüfbarkeit willen nicht geben!

Wurde ehemals nicht allen eingeschärft, nüchtern und wachsam zu sein?!
Das verblassende Heilige Messopfer aber erklärt all diese Merkwürdigkeiten und Exzesse.

Man fröstelt in der Stille kurz vor dem Weltengewitter.