Dienstag, 1. Juli 2025

Mittsommernächte

 Draußen um Mitternacht in dieser Zeit des Mittsommers.
Über mir das Sternenzelt, hier auf dem Lande sieht man es. Von den Feldern her ertönt ein betörendes Froschkonzert mit Vorsängern, Responsorien und Generalpausen.
Vom Zementwerk ein durchgehendes integriertes Maschinengeräusch, das ich in die Hölle wünsche, wo es hingehört.
Zum Glück hat hier kaum einer eine Wärmepumpe vorm Haus, diese maximale akustische Öko-Verschmutzung, gleich nach wummernden Bässen geistloser Idiotenmusik.
Dieses Sternenzelt ist wie ein riesiger Flügel voller Augen.
Ich konnte mir plötzlich vorstellen, woher manche Propheten im Tanach solche "Chai"-Wesen gesehen haben, solche Lebewesen, deren Flügel oder Räder voller Augen gewesen seien.
Es ist der Himmel mit seinen vielen Sternen, deren jeder ein Auge ist. Oder ein Guckloch aus der Sphäre drüber hinunter auf die Erdenbewohner.

Warum klingen die Frösche intensiver und wirklicher als die verdammten Maschinen aus dem Kalkbruch?
Und die Grillen, die geradezu betäubend zirpen, ohne dass man davon überfordert würde, jedenfalls ich nicht, ich weiß, dass Menschen schon ausrasten, wenn irgendwo ein Bächlein murmelt.

Und dann die Fledermäuse, die wie kühle und feine Hauchungen an einem vorüberwehen.
Neulich sah ich so viele von ihnen zwischen neun und zehn Uhr am Abend, dass der schimmernde Himmel schwirrte von all den geisternden Flugwesen.
Und sie stoßen nirgends an in dem Gewirr, sagte jemand neben mir. Keiner kommt dem anderen zu nah oder in die Quere.
Es wirkt fast so wie der Auferstandene, der durch eine Tür aus fester Materie ging, ohne dass er sie störte oder sie ihn.

Es ist so vieles so wunderbar inmitten des menschengemachten Wahnsinns, immer noch, ein Stimmchen aus dem Quellgraben erweist sich lebendiger, tausendmal lebendiger als das Geröhre der abgöttischen Maschinen. Zumindest solange man sie nicht aufdreht und damit alles plattwalzt, was echt ist. Und das wiederum zumindest nur solange, solange ihr der Saft reicht, um ihr totes Automatengekreise von sich zu geben.
Sie kreist und gebiert nichts als Müll und Elend und eine zerstörte Welt.

Warum finden die meisten Leute es so geil, wenn Musik elektrisch verstärkt ist und die Stimme einer Geige einfach niedergemäht wird?
Es ist der Gesang der Hölle, Sirenengesang, in ihr spiegelt sich der Hass und der Neid auf das, was wohllautet, was schön ist und was lebendig klingt und resonniert.

Das alles wird an sein schreckliches Ende kommen, das ist keine Frage.
Die Frage ist, welchen Preis die Menschheit dafür wird bezahlen müssen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen