Fake Heavens VIII:
Heliozentrischer
Kreationismus und der Begriff "Chug". Eine Erwiderung an Dr. Roger Liebi
Die Zweifler
am heliozentrischen Weltbild werden nicht nur in übelster Weise geschmäht und
niedergemacht vonseiten weltlicher und politisch interessierter Mainstream-Kreise,
sondern interessanterweise auch vonseiten evangelikal-fundamentalistischer
Kreise. Dabei tut sich in besonderer Weise der Schweizerische Theologe Roger
Liebi hervor, der als großer Prediger gegen die Evolutionstheorie auftritt,
zugleich aber den Heliozentrismus in apologetischen Rundumschlägen gegen
Mitchristen verteidigt.[1]
Es wird zu fragen sein, wie dies zusammenpasst.
1. „Heliozentrischer
Kreationismus“?
Die
Verleugnung der alttestamentlichen Kosmologie seitens dieser Fundamentalisten ist
umso erstaunlicher, als doch gerade aus ihren Kreisen die starke Bastion des
Kreationismus gegen die Evolutionstheorie aufgebaut wird.
Das Hauptmotiv
solches Kreationismus ist neben der großen methodischen Schwäche und fast
vollständig fehlenden Wissenschaftlichkeit des Evolutionismus vor allem dies,
dass doch die Schöpfungserzählungen der Bibel ein ganz anderes Schöpfungsmodell
dargelegt hätten, nämlich die Erschaffung der Welt in sechs Tagen gegenüber der
Behauptung, alles habe sich aus nichts in Jahrmillionen „entwickelt“. Es geht
wesentlich um die „Autorität Gottes“, die man verteidigen will, der durch die
Evolutionstheorien der Postmoderne als Schöpfer und Erhalter (LXX: „katechon“ bzw hebräisch der „yoschev“ Jes 40,22) der Welt beiseite
gerückt worden sei. Letztere Beobachtung ist das einzige, was tatsächlich
sachlich zutrifft, von den Kreationisten aber in seiner apokalyptischen Brisanz
nicht erkannt wird, doch dazu hatte ich an anderer Stelle und in anderem
Zusammenhang bereits etwas ausgeführt. Die Erwähnung des entweder maskulin oder
neutral (gram.) aufzufassenden „katechon“
in 2 Thess 2,7 nimmt mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Begriff in der LXX
bei Jes 40,22 Bezug.[2]
Es ist
ausgerechnet diese wichtige Stelle in Jes 40, die fundamentalistische Heliozentrik-Gläubige
dann selbst gegen diesen „katechon“
ausspielen, wie ich gleich nachweisen werde, als ob man zweien Herren dienen
könnte.
Der
Kreationismus weist selbst große methodische Schwächen auf, weil er die
Berichte aus Genesis 1 wie einen Laborbericht auffasst und verkennt, dass es
sich hier um eine Textgattung handelt, die nicht mit
neuzeitlich-naturwissenschaftlichen Augen dechiffriert werden kann. Es ist zweifellos
nachvollziehbar, angesichts der Natur von einem „intelligenten Design“ zu
sprechen, aber die Frage, wie viel wir von Gottes lebendiger Schöpferkraft
wissenschaftlich verstehen können, würde ich nicht zu hoch ansetzen wollen,
wenn ich die Schlusskapitel des Buches Job ernstnehme. Doch dazu später
einiges.
Das Weltbild
hinter dem Evolutionismus ist ein durch und durch materialistisches und
mechanistisches. Das Weltbild hinter dem Kreationismus aber auch — beide Seiten
gehören derselben Medaille an, die in ihrer materialistischen Denkweise gewissermaßen
keine „Golddeckung“ mehr hat. Das mehr oder weniger autoritäre und auf
keinerlei Tradition oder Anspruch der Bibel gründende Dogma vom "Wort Gottes" in Gestalt der Bibel, verlangt, dass es absolut
gehorsam anerkannt werden müsse, verweigert sich aber der Tatsache, dass antike, der
Gattung nach mythologische und erzählerische Texte immer in Traditionen stehen,
komplexe Ebenen aufweisen und nicht an sich selbst „Gottes Wort“ sind, sondern
den Anspruch haben, authentische und inspirierte Zeugnisse für göttliche
Ansprache an Menschen, für Erlebnisse von Menschen mit Gott, für Erinnerungen
an Gott zu sein, oder Regelwerke oder Zeugnisse sehr alter Nachrichten sind,
deren genaue Herkunft uns nicht mitgeteilt wird. So erfahren wir gerade über die
Herkunft der ersten Seiten der Bibel aus der Bibel selbst fast gar nichts:
woher kommen diese Informationen über die Entstehung der Welt, und wer hat sie überliefert
und schließlich aufgeschrieben? Ähnlichkeiten zu zeitgenössischen anderen
orientalischen Schöpfungsmythen werden immer wieder untersucht, bleiben aber trotz
einiger Parallelen in den Texttraditionen doch spekulativ. Wir wissen es
schlicht und einfach nicht, können aber angesichts der Überlieferungslage
annehmen, dass wohl alle Menschen in der alten Zeit von dieser Urschöpfung
wussten und sie auch so oder so ähnlich tradierten. Kugelerden, Planeten,
Welträume und dergleichen kamen in diesem alten Menschheitswissen nicht vor.
Dergleichen Ideen tauchten erst in hellenistischer Zeit vermehrt auf. Roger Liebi
sollte sich das klarmachen. Das alte Wissen samt allen alten Texten
interpretieren die Himmelsphänomene in einem völlig anderen Kontext als wir
dies heute tun.
Das Judentum
ebenso wie das Christentum haben daher von alters her, seitdem wir überhaupt
interpretierende Textzeugnisse dieser heiligen Schriften haben, eine breite und
wiederum vielschichtige Diskussion über die in diesen heiligen Texten
vermuteten, geistlichen, technischen, didaktischen oder visionären Aussagen
geführt, die wie alles vom Menschen in einer solchen Weise Überlieferte Anlass
für Missverständnisse, Fragen, Unstimmigkeiten sind und ein besonders feines
Hinhören erfordern.
Ich möchte
betonen, damit man mich nicht falsch versteht, dass auch aus meiner Sicht die
Evolutionstheorie abwegig und eher fantastisch als wissenschaftlich ist, ein
moderner Mythos eben. Dies aber nicht, weil in der Bibel etwas anderes stünde,
denn das können wir ohne weiteres nicht behaupten. In Gen 1 und 2 wird uns
nichts darüber gesagt, wie Gott, mechanisch verstanden, schafft. Die beiden
Schöpfungserzählungen in Gen 1 und 2 sind wie gesagt keine Laborberichte,
sondern erzählen auf eine mythische Weise von Dingen, die vor unserer
Wirklichkeitserfahrung liegen und insofern auch niemals Gegenstand wissenschaftlicher
Erkenntnis sein können.
Weite Teile
der modernen Biologie, der Medizin und vor allem der Physik stehen praktisch
auf einem vollständig unwissenschaftlichen Terrain und entsprechen eher einem
postmodernen Dogmen- und Legendengebäude, das man zwar — insbesondere auch was
die Astronomie und Kosmologie betrifft sogar literarisch und bis hin zu einer
totalen Amalgamierung von „Science“ und „Science Fiction“ — immer weiter
ausspinnen kann, aber grundsätzlich niemals experimentell und für jeden Menschen
nachvollziehbar zu überprüfen mag. Ebenso hat bis heute nie einer nachweisen
können, dass das Periodensystem der Elemente, das wir im Chemieunterricht
lernen, so wirklich zutrifft. Es ließ sich damit nur bislang ganz gut rechnen
du arbeiten: das ist alles und kein wissenschaftlicher Nachweis! Es ist eine
Art Wissenschaftspragmatismus, den wir mit Wissenschaftlichkeit verwechseln.
Die Übergänge von Dichtung („Theorie“) und Wahrheit sind fließend. Vielfach
wird erstarrte Überzeugung von etwas mit „Wissen“ verwechselt und die Brille,
durch die wir getrimmt wurden, Dinge zu sehen, verwechselt mit Wahrheit oder
gar Gottes Willen und Wort.
Die wachsenden
Zweifel vieler Menschen nicht nur am heliozentrischen Weltbild, sondern auch
etwa an der Schulmedizin und ihren Theorien über Krankheit und Gesundheit
hängen ursächlich damit zusammen, dass all diese Theorien reine Spekulationen
sind und sich der Überprüfung aufgrund ihrer Spekulativität sui generis
entziehen und immer häufiger als unwirksam, offenkundig unzutreffend oder
widersprüchlich erweisen. Doch hat sich dieser pseudowissenschaftliche Betrieb
bis weit in die UNO, ins Pentagon, die Pharmaindustrie und die Finanzelite hoch
etabliert, eine virtuelle Realität geschaffen, die sie als eine Art modernes
„Wir wissen das heute ein für allemal“ ausgibt und reagiert mit Hetze und
Schmähungen auf jegliche Infragestellungen, die sich trotz gezielter populistisch
aufgezogener rhetorischer und manipulativer Manöver im öffentlichen Raum nicht
wieder zum Schweigen bringen lassen. In aller Regel geht es nicht zuletzt um
Riesengeschäfte und Macht.
Viele (kreationistische)
Fundamentalisten sind aber uneingestanden unkritische moderne
Naturwissenschaftler und Ingenieure ohne geisteswissenschaftliche oder
philosophische Schulung und begehen schwere Argumentationsfehler. Wichtige
Phänomene der biblischen Textüberlieferung können sie weder realisieren noch
erklären. Es ist beispielsweise sinnlos, darüber zu streiten, ob mit den
Schöpfungstagen 24-Stunden-Tage gemeint sind, denn erst mit der Erschaffung der
Gestirne am 4. Tag (Gen 1,14) werden Zeitmarker geschaffen, die es erlauben, in
einem astronomischen Sinne von Tagen, Monaten, Jahren zu sprechen. Das wird in
diesem Vers 14ff sogar ausdrücklich gesagt, von Kreationisten aber notorisch
ignoriert.
Und vor allem
verstehen solche Fundamentalisten gar nicht, dass ausgerechnet der Glaube an
das pseudowissenschaftliche Dogma von der Heliozentrik sogar ein buchstäbliches
Tagverständnis ausschließt: Bevor Gestirne da waren, innerhalb deren Reigen die
Erde sich nach der kopernikanischen Legende „drehen“ kann, kann es auch noch nicht
Tag und Nacht gegeben haben. Das heliozentrische Modell schließt definitiv aus,
dass es vor dem 4. Schöpfungstag echte Tage gegeben haben kann. In einem Modell
der flächig ausgebreiteten Erde würde das allerdings sehr wohl denkbar und
möglich.
Christliche Evolutionisten
ihrerseits wollen nun fleißig aufgrund dieser offenkundig absurd-wörtlichen
Lesart der Kreationisten in den Schöpfungsberichten Raum für die Evolutionstheorie
sehen. Man streitet darüber, ob das hebräische „yom“ (Tag) auch „Zeitabschnitt“, etwa ein paar Jahrmillionen,
bedeuten kann und meint dafür irgendwelche Beweise aus irgendwelchen
Wörterbüchern an den Haaren herbeiziehen zu dürfen. Eine inkompetente
literarische Debatte über das Bedeutungsspektrum von „yom“ wird ausgefahren, nur weil es Redewendungen auch im
Hebräischen gibt, die den Begriff „Tag“ metaphorisch anwenden. Es fehlt an
sprachlicher Bildung und Sachverstand, denn auch Metaphern verlassen selten den
prinzipiellen, buchstäblichen Sinn eines übertragen benutzten Wortes. Selbstverständlich
gibt es nicht einen Nachweis dafür, dass „yom“
etwas anderes meint als einen Tag bzw einen kurzen, vielleicht auch kairotisch
aufgefassten Augenblick (Wendungen wie „An
dem Tag, an dem dies geschieht, werdet ihr…“, der „Tag des Herrn“ etc.).
Was immer in
Gen 1 an „Geschehnissen“ berichtet wird, aber ein Tag ist nun mal ein Tag und
nicht ein Jahrtausend. Punkt. Das vor Gott ein Jahrtausend wie ein Tag ist, wie es
anderswo heißt (Ps 90,4; 2 Petr 3,8), mag ja sein, aber im Text ist die Rede
von einem „Tag“ und meint daher auch etwas, das in unmittelbarer
Bedeutungsverknüpfung zum Begriff „Tag“ steht. Das kurze Jahrtausend vor Gott
meint nicht, dass Tage buchstäblich Jahrtausende dauern können, sondern dass
sie unterschiedlich lang empfunden werden können, davon abgesehen aber dennoch
klar definiert sind: ein Tag ist ein Tag, ein Jahrtausend ist ein Jahrtausend.
Ein Jahrtausend aber vergeht für Gott etwa so schnell wie für uns ein Tag, weil
er so viel größer über die Dinge sehen kann als wir. Dennoch enthält ein Tag
deswegen nicht 1000 Jahre mit wieder jeweils 365 Tagen. Wenn ich sage „Das Rasenmähen türmt sich wie ein Berg vor
mir auf“, dann meine ich damit nicht, dass das Rasenmähen dasselbe ist wie
ein Berg.
Der Text in
Gen 1 erklärt es uns ja außerdem selbst, was er unter „Tag“ versteht — man
müsste das nur einfach lesen und anerkennen: „Es ward Abend, und es ward Morgen: der erste, zweite, dritte etc. Tag.“
Ein „Tag“ meint hier also die Abfolge von einer Nacht und einem Tag, bis wieder
die nächste Nacht einbricht. Gegenüber Gen 1,3 wird so eine Präzisierung
vorgenommen, denn dort wurde zunächst vermerkt, dass Gott das Licht „Tag“
nannte, die Finsternis dagegen „Nacht“. Dies verweist uns auf eine bestimmte
sachliche Bedeutung, die in gar keiner Weise hinterschritten werden kann und es
bei der literarischen Aussage lässt. Wo immer in der folgenden Schrift auf das
Schöpfungsgeschehen Bezug genommen wird, wird dies so wiederholt: Gott habe in
sechs Tagen die Erde erschaffen.
2. Die Heilige Schrift
enthält eine knappe, aber durchweg eindeutig nicht heliozentrische
Kosmologie
5 Denn denen, die dies behaupten [dass
der Herr seine Verheißung nicht vollzieht und sich seit Menschengedenken
sowieso nie etwas geändert hat], ist verborgen, dass von jeher Himmel waren und
eine Erde, die aus Wasser und durch Wasser Bestand hatte, und zwar durch das
Wort Gottes ,6 durch welche [die „Wasser“] die damalige Welt, vom
Wasser überschwemmt, unterging. (2 Petr 3)
Nun enthalten
genau diese Schöpfungserzählungen in Gen 1 und 2 aber auch eine Kosmologie. Und
sie bleibt literarisch wesentlich aktiver in der gesamten Schrift als die
sonstige Schöpfungserzählung. Ich habe dies einmal auf meinem Blog ausführlich angefangen
nachzuweisen und möchte an dieser Stelle auf die damals ersten beiden Aufsätze,
die frei und kostenlos zugänglich sind, verweisen.[3]
Ich hatte damals aber noch nicht alle Aspekte behandelt und werde das gleich
anhand von Roger Liebis Behauptungen noch etwas nachholen und anderen Christen
vor Augen halten, dass sie auf diesen Mann nicht hören sollten, wenn es um
dieses Thema geht, weil er unredlich argumentiert und offensichtlich sogar
bewusste Fälschungen unternimmt.
Gen 1 belehrt
den Leser darüber, dass die Welt aus einer Urflut (hebr. „tehom“) geschaffen wurde, dass Gott die Erde wie eine Art
„Blase“ zwischen der großen Tiefe und einem festen Firmament (hebr. „rakia“) ausgespart hat, aus dem „tehom“ Land („erez“) abgetrennt hat vom Meer („majim“) und darüber die „schamajim“
gesetzt hat, die Himmel, der hebräischen grammatischen Form nach eine Dualform,
also zwei Himmelsräume über der „rakia“,
die zur Natur und Schöpfung gerechnet werden können. Daher sagt auch Paulus
später, er sei bis in den „dritten
Himmel“ entrückt worden und habe dort „Unaussprechliches“
gehört, vielleicht gar nicht in diesem Leib, wie er vermutet, weil der dort
eigentlich nicht sein kann nach der klassischen hebräischen Vorstellung (2 Kor
12,2). Im Thomas-Evangelium sagt Jesus, ganz in Übereinstimmung damit: „Dieser sichtbare untere Himmel wird
vergehen, und auch der Himmel darüber wird vergehen. (Alles andere nicht.)“
(ThomEv, Logion 11,1). Die Lichter des Himmels sind Leuchten („me’orot“) und Zeichen („otot“) in oder an der Himmelsfeste „rakia“. Über ihre genauere Gestalt wird
nirgends eine Aussage gemacht. Die Erde steht fest auf der großen Tiefe, die
immer wieder mit dem „tehom“, dem
Chaoswasser, der Urflut, in Verbindung gebracht wird. Bei der Sintflut, die in
Gen 7 beschrieben wird, schießt das Wasser aus der großen Tiefe nach oben und
aus der von Gott selbst geöffneten Himmelsfeste nach unten und füllt so die
„Erdblase“ voll mit Wasser, bis alles einst Trockengelegte überschwemmt ist und
untergeht. Diese Wassermassen verlaufen sich nach 40 Tagen wieder. Es steht
nirgends, dass sich an dieser grundlegenden Beschaffenheit der Erde irgendetwas
grundsätzlich verändert hätte, und zahlreiche Schriftstellen nehmen auf diese
Beschaffenheit Bezug ohne jede Infragestellung. Wir vernehmen zwar die Erde bzw
das Land sei irgendwann „geteilt“ worden nach der Sintflut (Gen 10,25), aber
auch das ändert ja nichts an der grundlegenden Beschaffenheit aus und im
Wasser. Es gibt nirgends in der ganzen Schrift ein „Weltall“, nirgends ein „Universum“,
nirgends „Planeten“, nirgends ein „Sonnensystem“, „Galaxien“ und vor allem:
nirgends je die Andeutung, das irgendetwas von den beschriebenen Gestirnen oder
gar die Erde selbst eine „Kugel“ sein könnte. Die „Erde“ als eigenes Gestirn
gibt es überhaupt nicht, denn sie ist identisch mit der Natur und Schöpfung und
ein eigenes Reich, kein Himmelskörper. Der „kosmos“
(griech.) meint stets das System dieser Weltzeit und nicht das All. Ganz klar
und eindeutig werden in Gen 1 die Himmelskörper als die Diener der Erde beschrieben,
dazu da, die Zeiten zu bestimmen und die Erde zu beleuchten, tags und nachts
auf eine je eigene Weise.
Wer dem
widersprechen will, möge es gerne unter Angabe der entsprechenden, eindeutigen
Schriftstellen tun — ich bin gespannt!
Es ist
angesichts des so eindeutigen biblischen Textbefundes vollkommen
unverständlich, warum Fundamentalisten heftig gegen die Evolutionstheorie
kämpfen, sich aber lustig machen über diejenigen, die fragen, wie man dann
zugleich den Heliozentrismus verteidigen könne.
Ihnen ist entweder
nicht bewusst, wie eindeutig sich die Schrift zum Thema Kosmologie auch dann
äußerst, wenn sie keine ausführliche Rechenschaft dazu ablegt oder sie lügen
bewusst und entlarven ihren eigenen, behaupteten „Gehorsam“ gegenüber „Gottes
Wort“ als Willkür, Hochmut und Verblendung.
Ich sage dies
so hart, weil die Art und Weise, wie der ohnehin legitime Zweifel am
Heliozentrismus, der weder wissenschaftlich unfehlbar noch gar „biblisch“ ist,
vonseiten dieser Christen mit härtesten Bandagen niedergemacht wird und
Glaubensgeschwister bzw eine mögliche Meinung zu einer Sachfrage förmlich dämonisiert und so bestürzend unsachlich und aggressiv ist.
Es fiel sogar
in einem evangelikalen Blättchen, das mir jemand vorlas, die fast exorzierende
Aussage, die Zweifel der Flacherdler seien vom Satan inspiriert und säten so
Durcheinander in der „Gemeinde“ (was immer das eigentlich sein soll).
Das ist starker
Tobak, der einen bedenklich stimmen muss: wann hat man zuletzt Menschen
unterstellt, ihre Ideen und Fragen seien „satanisch“, und was tat man mit
diesen Menschen, sobald man es konnte?
Was ist eigentlich mit solchen Christen los, muss man umgekehrt fragen, die wegen einer Frage, die wohl kaum heilsentscheidend erscheint, derart einprügeln auf diejenigen, die fragen, ob nicht doch die ältere Kosmologie, die immerhin Jahrtausende von allen angenommen wurde, richtiger war?
Man kann durchaus den Verdacht bekommen, dass die Frage vielleicht doch wesentlicher ist als es scheint bei dieser Tarantel-Reaktion: Mit dem Heliozentrismus hat man die Menschen offenbar mental derart im Griff, dass man nun um Macht fürchten muss über die Seelen und Gehirne, wenn Menschen dieses Weltbild immer weniger glauben.
Die alte Tragik, dass uns Christentum offiziell stets von korrupten und machtbewussten Charakteren "vermittelt" wird, spätestens seit Konstantin im knallharten Verbund mit irdischer staatlicher Macht, offenbart wieder einmal ihre Fratze und sollte uns hellhörig machen. Der Herr Liebi hat damit unfreiwillig kundgetan, dass hier etwas gar nicht mehr stimmt. Niemand sollte mehr auf diese selbsternannten "Lehrer" hören und sich bewusst machen, dass Jesus ohnehin untersagt hatte, dass irgendeiner sich "Rabbi" oder "Lehrer" nennen lassen soll (Mt 23,8) - eine Tatsache, die sie allesamt mit Füßen treten: Rom, Konstantinopel, Moskau und die ganze evangelikale Blase. Ihre "Schrifttreue" hört an den Schnittstellen zum "Königreich Gottes" immer und regelmäßig auf, man kann die Uhr danach stellen. Wir haben nur einen Lehrer, sagte Jesus an derselben Stelle, das ist er selbst, er und der Heilige Geist, den er senden würde. Wir aber seien alle Brüder. Wo realisiert sich das? Wenn man nicht einmal Zweifel an einem Weltbild haben darf, das sowieso nicht aus dem biblischen Horizont stammt? Es ist traurig.
Was ist eigentlich mit solchen Christen los, muss man umgekehrt fragen, die wegen einer Frage, die wohl kaum heilsentscheidend erscheint, derart einprügeln auf diejenigen, die fragen, ob nicht doch die ältere Kosmologie, die immerhin Jahrtausende von allen angenommen wurde, richtiger war?
Man kann durchaus den Verdacht bekommen, dass die Frage vielleicht doch wesentlicher ist als es scheint bei dieser Tarantel-Reaktion: Mit dem Heliozentrismus hat man die Menschen offenbar mental derart im Griff, dass man nun um Macht fürchten muss über die Seelen und Gehirne, wenn Menschen dieses Weltbild immer weniger glauben.
Die alte Tragik, dass uns Christentum offiziell stets von korrupten und machtbewussten Charakteren "vermittelt" wird, spätestens seit Konstantin im knallharten Verbund mit irdischer staatlicher Macht, offenbart wieder einmal ihre Fratze und sollte uns hellhörig machen. Der Herr Liebi hat damit unfreiwillig kundgetan, dass hier etwas gar nicht mehr stimmt. Niemand sollte mehr auf diese selbsternannten "Lehrer" hören und sich bewusst machen, dass Jesus ohnehin untersagt hatte, dass irgendeiner sich "Rabbi" oder "Lehrer" nennen lassen soll (Mt 23,8) - eine Tatsache, die sie allesamt mit Füßen treten: Rom, Konstantinopel, Moskau und die ganze evangelikale Blase. Ihre "Schrifttreue" hört an den Schnittstellen zum "Königreich Gottes" immer und regelmäßig auf, man kann die Uhr danach stellen. Wir haben nur einen Lehrer, sagte Jesus an derselben Stelle, das ist er selbst, er und der Heilige Geist, den er senden würde. Wir aber seien alle Brüder. Wo realisiert sich das? Wenn man nicht einmal Zweifel an einem Weltbild haben darf, das sowieso nicht aus dem biblischen Horizont stammt? Es ist traurig.
3. Ein paar
grundsätzliche Bemerkungen zum hebräischen Begriff „chug“
Insbesondere der
erwähnte Roger Liebi lässt die Gelegenheiten nicht verstreichen, anhand der
Flache-Erde-Bewegung seine Schäfchen mit Bannworten beim Heliozentrismus zu
halten. Er gibt sich immer wieder als Anti-Flacherdler-Aktivist. Jüngst tauchte
auf Youtube eine Vorlesung über das Matthäus-Evangelium auf, innerhalb derer er
erneut auf das Thema „Flache Erde“ einging.[4]
Ein Kanal namens „logos“ hat die besagten Minuten ausgeschnitten und gesondert
unter dem Titel „Dr. theol. Roger Liebi
über den IRRTUM, eine FLACHE ERDE sei näher an der biblischen Wahrheit (2020)“
ebenfalls mit freundlicher Genehmigung des Roger Liebi veröffentlicht.[5]
Die gut 16 min zum Thema sind, aufgehängt an der Formulierung „Enden der Erde“ — ich nehme es vorweg —
ein Schande für sauberes Argumentieren und extrem manipulativ.
Liebi führt
das Thema damit ein, dass er seinen Zuhörern erklärt, es gebe da ja diese
Flacherdler, deren „Zahl wächst, weil das
Internet ein Sumpf ist“. Dass er selbst seine Ergüsse in diesen „Sumpf“ zur gesegneten Weiterverbreitung
stellt, war ihm wohl in diesem Moment nicht bewusst. Und dass nach dieser
„sachlichen und freundlichen“ Einführung Flacherdler natürlich nicht gut
wegkommen würden, hatte er auf diese Weise gleich rhetorisch geklärt. Liebi
bedauert, dass auch immer mehr Christen auf die Flacherdler „hereinfallen“, und fühlt sich offenbar
dazu berufen, die Herde vor dieser Idee zu warnen. Allerdings trumpft er in
dieser Weise auf, ohne auch nur im mindesten deren Argumente sauber
darzustellen oder sich selbst und die Zuhörer seiner Vorträge gar mit den
wirklichen biblischen Befunden zu konfrontieren.
Man vernimmt vielmehr
als Hebräischkenner fassungslos, wie er gezielt Wörter fälscht und
fehlübersetzt und dies seinen ahnungslosen Zuhörern unterjubelt, die sich
anschließend vermutlich von dem Herrn Doktor gut belehrt glauben und es ja auch
nicht besser wissen können.
Es ist eine
Schande und dürfte einem promovierten Geisteswissenschaftler nicht passieren
und auch nicht einfach so zugelassen werden — daher mein eindringlicher
Einspruch dagegen und die Mahnung an Liebi, in sich zu gehen und sich der
Wahrheit zu stellen, anstatt die Unwahrheit zu verbreiten! Liebi verfällt hier
nicht einfach irrtümlich einer Sicht, die unhaltbar ist, sondern er schafft
bewusst und — wie man annehmen muss —
wider besseres Wissen überhaupt erst diese falsche Sicht. Er hat, um es
ebenfalls vorwegzunehmen, nahezu keine Sachargumente und füllt auch diese 16
min mehr oder weniger mit leeren Worten und Wiederholungen der wenigen falschen
Behauptungen. Er behauptet mit süffisantem Grinsen, die Flacherdler seien „verdreht“ und „brächten“ die anderen Christen „durcheinander“,
und überhaupt seien auch nicht alle Flacherdler Christen, was rhetorisch wohl
die satanische Herkunft der Zweifel am Heliozentrismus unterstützen soll.
Er hängt sich
an der immer gleichen Sache auf:
Es stehe doch
schon eindeutig im Alten Testament, dass die Erde eine „Kugel“ sei.
Er fordert
jemanden auf, Jesaja 40,22 zu lesen. Der liest vor aus der ELB, und das passt
Liebi natürlich gar nicht, weil die ELB —
wie jeder weiß — meistens sehr präzise und redlich übersetzt. Da heißt es:
„Er ist es, der da thront über dem Kreis
der Erde…“
Liebi
unterbricht den Vorleser etwas herablassend mit der Bemerkung „Du liest die ELB“
— aber es gebe jetzt eine ganz neue spanische Übersetzung, die habe „korrekt übersetzt mit ‚el globo de la tierra’“.
Er lässt den „globo“ genüsslich auf
der Zunge vergehen, den endlich nach Tausenden des falschen Verstehens von
Jahren Korrekten. Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man darüber lachen.
Welch eine Show!
Liebi
suggeriert so rhetorisch, ELB habe nicht korrekt übersetzt, und korrekt sei
anstelle von „Kreis der Erde“ der „Erdglobus“.
Nun ist dies
eine unglaubliche Dreistigkeit und Gewalttat am Buch Jesaja. Und Liebi weiß das
auch ganz genau! In wessen Dienst steht dieser Mann? Er verfälscht ohne
irgendeine Hemmung Schriftwort und tut dies mit allen Finessen der Propaganda
und Rhetorik.
Das fragliche
hebräische Wort „chug“, das an dieser
Stelle steht und eher selten ist, wurde noch niemals iS eines Balls oder einer
Kugel aufgefasst. In aller Regel steht auf Hebräisch, wenn es um den Erdkreis
geht, das Wort „tewel“, das iS der bewohnten Welt gemeint ist und dem lateinischen "orbis terrarum" entspricht. Dass hier vom "chug" die Rede ist, weist tatsächlich auf die grundlegende Anlage der geschaffenen Erde hin und nicht einfach auf das, was wir von der bewohnten Welt wissen.
Alle Übersetzer haben „chug“ von alters her korrekt als „Ring“, „Kreis“, „Scheibe“ oder „Zirkel“ übersetzt, alle, alle, ob in der LXX, wo es für Jes 40,22 heißt, der „katechon“ kontrolliere den „gyron tes ges“ (den ringförmigen Rand der Erde), oder in der Vulgata, wo es heißt „qui sedet super gyrum terrae“, wobei ein „gyrus“ auf Lateinisch stets ein Kreis oder eine Kreislinie ist, übertragen auch eine „Gehirnwindung“, aber NIEmals eine Kugel! Auch Luther wäre niemals auf die Idee gekommen, dies anders als „Erdkreis“ zu übertragen. Die King James übertrug sachlich zutreffend mit "circle of the earth". Und die verschmähte, von Liebi in Verdacht gebrachte ELB überträgt selbstverständlich ebenfalls korrekt. Sollte man nun also, nur damit es in Liebis verbissene, heliozentrische Ambition passt, jahrhunderte—, ja jahrtausendelang falsch übersetzt haben?! Haben alle dies ganze Zeitalter lang falsch verstanden, bis der Herr Liebi kam? Martin Buber übrigens, dessen Schriftübertragung aus dem 20. Jh stammt, und der ganz gewiss des Hebräischen kundig war wie keiner von uns allen, überträgt gar mit „Der auf der Scheibe der Erde sitzt“!
Alle Übersetzer haben „chug“ von alters her korrekt als „Ring“, „Kreis“, „Scheibe“ oder „Zirkel“ übersetzt, alle, alle, ob in der LXX, wo es für Jes 40,22 heißt, der „katechon“ kontrolliere den „gyron tes ges“ (den ringförmigen Rand der Erde), oder in der Vulgata, wo es heißt „qui sedet super gyrum terrae“, wobei ein „gyrus“ auf Lateinisch stets ein Kreis oder eine Kreislinie ist, übertragen auch eine „Gehirnwindung“, aber NIEmals eine Kugel! Auch Luther wäre niemals auf die Idee gekommen, dies anders als „Erdkreis“ zu übertragen. Die King James übertrug sachlich zutreffend mit "circle of the earth". Und die verschmähte, von Liebi in Verdacht gebrachte ELB überträgt selbstverständlich ebenfalls korrekt. Sollte man nun also, nur damit es in Liebis verbissene, heliozentrische Ambition passt, jahrhunderte—, ja jahrtausendelang falsch übersetzt haben?! Haben alle dies ganze Zeitalter lang falsch verstanden, bis der Herr Liebi kam? Martin Buber übrigens, dessen Schriftübertragung aus dem 20. Jh stammt, und der ganz gewiss des Hebräischen kundig war wie keiner von uns allen, überträgt gar mit „Der auf der Scheibe der Erde sitzt“!
Woher nimmt
Liebi also seine Behauptungen?
Seine einzige
Referenz ist ein Wörterbuch aus dem 19. Jh von Benjamin Davidson, das
„Analytical Hebrew Chaldee Lexicon“, dort stehe, „chug“ heiße „sphere“ (also „Kugel“). Nun unterschlägt Liebi geradezu unverfroren, dass auch in diesem Lexikon unter „chug“ zuallererst und als Hauptbedeutung steht: „circle“, und der Wortstamm grundsätzlich
einen Zirkel bzw Ring meine, „to draw a
circle“ im Falle eines Verbs oder „to
circumscribe“. Nun sollte das eigentlich eindeutig sein. Woher dann ganz am
Schluss noch dieses Wörtchen „sphere“
kommt, das sich sonst in Hebräischlexika nicht findet, muss man sich fragen.
Da ich sowohl
althebräisch qualifiziert wurde (Hebraicum) als auch neuhebräisch, ist es mir
vollkommen schleierhaft, wie man darauf kommt, dass „chug“ Kugel heißen soll. Es gibt dafür jedenfalls keinen Beleg im biblischen Hebräisch. Mir scheint eher, da hat jemand bewusst,
vielleicht aber auch unbewusst und bereits umnachtet vom Heliozentrismus,
einfach mal kurz heliozentrisch „nachgebessert“, etwa nach dem Motto: wenn die
Erde eine Kugel ist, muss „chug“ ja
dann auch Kugel bedeuten…
Im modernen Standardwerk des Langenscheidt-Achiasaf heißt „chug“
genau das, was es schon immer hieß, nämlich — ich zitiere wörtlich — „Kreis“, „Zirkel“, „gesellschaftlicher
Kreis“, „Wendekreis“. Von „Kugel“ weit und breit keine Spur… „Chug“ ist die exakte Übersetzung des
altgriechischen „gyros“. Wir kennen
es sogar auf Neugriechisch alle aus dem Alltag: „Gyros mit Zaziki“ meint eine
Portion Fleisch, das von einem gedrehten Grillspieß abgeschnitten wurde, auf
dem lauter Fleischscheiben aufgetürmt wurden, beim Türken heißt es „Döner“.
Also auch hier nur Kreise und Ringe, aber ganz sicher keine Kugeln!
Alles, was man
aus dem Wortstamm im Sinne eines Kreises machen kann, geht von einer flachen
Scheibe aus, etwa die „chuga“, im
modernen Iwrith die Wählscheibe eines Telefons, oder „chugan“ ist eine Messuhr (iS eines Zifferblattes und Zeigers). „Chug“ kann althebräisch auch etwas wie
einen „Kompass“ oder eine Art „Windrose“ meinen. Eine andere Verwendung des Wortstammes ist mir weder bekannt noch irgendwo auffindbar. Der Stamm „ch-g“ steckt auch
im Wort „chag“. Das mag uns noch von
einer anderen Seite her den Zusammenhang verdeutlichen: „Chag“ bedeutet „Fest“, „Feier“. Hier wird ebenfalls ein „Kreis“
vorgestellt, ein Kreis der Feiernden.
Das alles macht uns klar, dass es niemals um eine Kugel gehen kann, zumal es dafür ein eigenes Wort gibt: „dur“ oder „kaddur“ bedeutet „Kugel“, findet sich übrigens auch so im Davidson.
Das alles macht uns klar, dass es niemals um eine Kugel gehen kann, zumal es dafür ein eigenes Wort gibt: „dur“ oder „kaddur“ bedeutet „Kugel“, findet sich übrigens auch so im Davidson.
Liebis falsche
Behauptungen werden vollends dadurch entlarvt, dass das Neuhebräische,
das ja viele moderne Wörter neu bilden musste und muss, dabei aber, — wie wir
an „chuga“ und „chugan“ etc. gesehen haben —, wenn es bereits althebräische Wörter
gibt, auf jene zurückgreift. Für „Weltkugel“, einen Begriff, den es im Altertum
selbstverständlich nicht gab, wird im modernen Iwrith entweder den lateinischen Begriff „globus“
verwendet oder eben — man halte sich fest — „kaddur
haaretz“. "Kaddur" - nicht "chug"! Wenn „chug haaretz“ in
Jesaja 40 bereits dasselbe gemeint hätte, hätten die Sprachkundigen in Israel
es ganz sicher einfach übernommen. Aber wie gesagt, selbst Martin Buber kam auf
keine andere Idee, als den „chug haaretz“
mit „Scheibe der Erde“ der übersetzen, wogegen das „Kreis der Erde“ in der ELB
ja noch geradezu aufgeklärt klingt.
Aber Liebi
schließt seine Behauptungen ganz locker damit, es heiße in Jes 40,22 „korrekt: der da thront über der Kugel der
Erde“. Nun denn, vor meinem inneren Auge sehe ich den lieben Gott auf einem
Gymnastikball thronen. Wie er da, wie es der Vers nämlich weiter sagt, auf alle Menschen wie auf Heuschrecken herabsehen können will, müsste der Herr Liebi dann
doch noch erklären, v.a. im Bezug auf die Heuschrecken down-under. Wie man auf
einer Kugel „den Himmel wie einen
Schleier ausbreiten“ kann, wie es dann in dem Vers ebenfalls noch heißt,
und dies so, dass man drin „wie in einem
Zelt wohnen kann“, wird wohl auch Liebis ewiges Geheimnis bleiben. Auf
einem Globus ergibt das keinerlei Sinn, auf einer ausgebreiteten Erde unter
einer „Kuppel“ dagegen schon.
Die zweite
angebliche Referenzstelle für eine biblische Erdkugel sei Job 26,7. Liebi
behauptet hier einfach mal eben so, es stehe da, die Erde hänge „über dem Nichts und sie ist eine Kugel“.
Diese Rhetorik ist erstaunlich, wie wir anhand des wahren Wortlautes der Stelle
gleich sehen werden. Dort steht nämlich sage und schreibe nichts dergleichen:
„Noteh tzafon al tohu toleh eretz al
bli mah“
Man muss diese
sehr poetische und auch mythische Stelle wörtlich übersetzen, um nicht der
Gefahr eines Missbrauches zu erliegen:
„Den Norden neigt er über das Tohu
(Wirrnis), das Land hängt er über das Nicht-Etwas.“
Es sollte
sofort klar sein, dass hier nicht einmal entfernt von einer Erdkugel die Rede
ist. Vielmehr steigt dem unvoreingenommenen Hörer des Wortes doch unweigerlich
der Norden als Mittelpunkt des Himmels auf mit dem Polarstern. Er ist der
höchste Punkt des „Zeltes“, mitten ins Chaos(wasser) (das „tohu“ ist dem Stamm nach mit dem „tehom“ verwandt) geneigt. Und unten am Boden hängt Gott einfach
das Land ins „bli mah“, in das „Nicht-Etwas“ bzw "Ohne-Was".
Der Ausdruck ist hier sehr eigentümlich und heißt im Kontext nicht einfach nur
„Nichts“ in einem philosophischen Sinn düsterer Pariser Existenzphilsophen. Die
mittelalterliche Wortbildung von der „quidditas“,
der „Washeit“ trifft viel eher das, wovon hier gesprochen wird. Deren Gegenteil
ist nicht das Nichts oder „nihil“, sondern
die „non-quidditas“. Buber überträgt
es mit „Ohnwesen“. Er tut dies, weil
das „nicht-etwas“ oder "ohne-was" im Sinne des Ungeformten gemeint sein dürfte, es ist noch
kein „Etwas“ aus dem „tehom“ oder „tohu“ geworden, einer vollständig
chaotischen Urmaterie. Von der Abwesenheit jeglichen Seins ist nicht die Rede. Es
ist auch keine Rede von einem Hochvakuum und darin herumtaumelnden Kugeln. Das
kann alleine deswegen nicht gemeint sein, weil dieses neuzeitlich gedachte, heliozentrische „All“ la nicht „bli mah“ ist, sondern
mit einer Formung vorgestellt wird und eine Ordnung hat. Heliozentriker glaube ja nicht, dass da draußen im Universum Chaos der Urmaterie herrsche, sondern eine galaktische Ordnung.
Vollends aber
gegen die Vereinnahmung dieser Stelle für eine „Erdkugel“ ist der gesamte
Zusammenhang des Kapitel 26 bei Job. Hören wir es doch einfach an und fragen
wir uns aufrichtig, wie in diesen Worten das heliozentrische Weltmodell Platz
haben soll:
5 Vor Gott beben die Schatten
unter dem Wasser und seinen Bewohnern.
6 Nackt liegt der Scheol (Totenreich)
vor ihm, und keine Hülle hat der Abgrund („Abbadon“).
7 Er spannt den Norden aus über
der Leere, hängt die Erde auf über dem Nichts.
8 In seine Wolken bindet er das
Wasser ein, dass unter ihm das Gewölk nicht reißt.
9 Er versperrt den Anblick seines
Thrones, indem er sein Gewölk darüber ausbreitet.
10 Eine Schranke hat er als
Kreis über der Fläche des Wassers gezogen bis zum äußersten Ende von Licht und
Finsternis.
11 Die Säulen des Himmels wanken
und erstarren vor seinem Drohen.
12 Durch seine Kraft hat er das
Meer erregt und durch seine Einsicht Rahab (ein mythisches Ungeheuer wie der
Leviatan) zerschmettert.
13 Durch seinen Hauch wird der
Himmel heiter, seine Hand hat die schnelle Schlange durchbohrt.
14 Siehe, das sind die Säume
seiner Wege; und wie wenig hören wir von ihm! Doch den Donner seiner
Machttaten, wer versteht ihn?
Wer mir also
erklären will, wie der heliozentrische Himmel auf „Säulen“ steht (V 11) und was
unter dem „Kreis“ zu verstehen ist, der das Wasser auf der Erde eingrenzt, der
möge sich wacker melden.
Dieser Vers 10
ist ohnehin noch einen genaueren Blick wert. Dort steht nämlich hebräisch:
„Chok chag al
pnei majim od takhlith or im choschekh.”
„Eine Grenze
zirkelt er (Wortstamm hier ebenfalls „ch-g“) über dem Angesicht der Meere bis
zur Vollendung des Lichts mit der Finsternis.“
Der Herr Liebi
sollte sich lieber mit dem Gedanken anfreunden, dass diese Beschreibung sogar
erschreckend nah an der Vorstellung der Flacherdler entlangpaddelt, dass die
Wasser durch die Schranke der Antarktis rundum abgegrenzt worden sind.
Dass es mit
der Antarktis etwas auf sich haben könnte, legt auch folgender Vers aus Job 38,18f
nah:
„18 Hast du auf die Breiten der
Erde geachtet? Teile es mir mit, wenn du das alles erkannt hast!
19 Wo ist denn der Weg dahin, wo
das Licht wohnt? Und die Finsternis - wo ist denn ihre Stätte,
20 so dass du sie in ihr Gebiet
bringen könntest und dass dir die Pfade zu ihrem Haus bekannt wären?“
Ja, die
„Breiten der Erde“? Was soll das auf einer „Kugel“ sein? Liebi spielt das wie ein mittelalterlicher Jahrmarktsgaukler durch: Der "Osten" hört nie auf, man kann immer nach Osten gehen, oder nach Westen, rundherum, endlos sich im Kreis drehen, bis in alle Ewigkeit, Himmelsrichtungen hält er "biblisch" für relative Orientierungsgrößen, die gerade mal rund um mich herum einen Sinn erfüllen, im Großen oder gar wörtlich verstanden aber nicht. Breite ist bei Gott keine Breite, wenn man Liebi hört. Wo bitte, finden wir das so in der Schrift?Hebräisch heißt die "Breite der Erde" „rachavei eretz“. Und es meint eine
echte „Breite“ oder „Weite“ und nichts anderes, falls einer nun sonst was in
dieses Wort hineinprojizieren will. Es meint nicht, dass das eigentlich keine Breite ist, sondern angeblich eine optische Täuschung, weil man sich immer nur im Kreise dreht und nur denkt, man lege eine lange Strecke zurück. Es hat nicht den Anschein, als hätte Gott dem Job nur ein paar Trickfragen gestellt, die sich als Gauklerfakes entlarven lassen.
Nach der Aussage Gottes aus dem Wettersturm bei Job hat die Erde eine Ausdehnung in unermessliche Weite, von der der Mensch nicht den Hauch einer Ahnung haben kann. Am Ende dieser Ausdehnung finden sich Licht und Finsternis. Licht und Finsternis haben offenbar so etwas wie "Depots". Die „Enden der Erde“, an denen sich Liebi aufhängen wollte, um gegen die Flacherdler zu treten, mag man in seinem Sinn als Enden der Landmassen ansehen. Diese Frage hat aber mit der Frage nach der Gestalt der Welt im Ganzen nichts zu tun. Und selbst dann, wenn man die "Enden der Erde" mit dem "tewel", der bewohnten und bekannten Welt identifiziert, ist damit nichts über die Gestalt der gesamten Erde gesagt.
Nach der Aussage Gottes aus dem Wettersturm bei Job hat die Erde eine Ausdehnung in unermessliche Weite, von der der Mensch nicht den Hauch einer Ahnung haben kann. Am Ende dieser Ausdehnung finden sich Licht und Finsternis. Licht und Finsternis haben offenbar so etwas wie "Depots". Die „Enden der Erde“, an denen sich Liebi aufhängen wollte, um gegen die Flacherdler zu treten, mag man in seinem Sinn als Enden der Landmassen ansehen. Diese Frage hat aber mit der Frage nach der Gestalt der Welt im Ganzen nichts zu tun. Und selbst dann, wenn man die "Enden der Erde" mit dem "tewel", der bewohnten und bekannten Welt identifiziert, ist damit nichts über die Gestalt der gesamten Erde gesagt.
All das
Geplänkel, dass Liebi dann noch folgen lässt, wo er sich hämisch auslässt über
die Flacherdler, die nicht glauben wollten, dass die Sonne irgendwo aufgehe und
untergehe, wie man das einst tat und annahm, dass sie unter der Erdfläche kreiste und wieder auftauchte am nächsten Tag, sondern nun glaubten, dass sie über der flachen Erde kreiste, um dann
nachzusetzen, dass auch Heliozentriker das ja nur metaphorisch meinten, wenn sie
von Aufgang und Untergang sprächen — all diese widersprüchliche und sachlich unzureichende Geschwätzigkeit lassen wir beiseite, denn alleine die letzten Zitate aus Job 38 lassen uns
ahnen, dass es vielleicht mit der Sonne und ihrem Auf- und Untergang noch ganz,
ganz anders sein könnte. Das Altertum hatte dazu ja Modelle vorgelegt, sehr bekannt ist das äthiopische Henochbuch mit seiner ausführlichen Erklärung. Die Rätselfragen, die Gott dem Job aus dem Wettersturm
stellt, sind allesamt bis heute nicht gelöst, wieso sollten wir der Hybris
erliegen zu glauben, wir wüssten wenigstens die Frage nach der „rochav“, der Breite oder Weite der
Erde, zu beantworten?
Aus Liebis
Haltung tritt diese unkritische und überhebliche Meinung
zutage, wir wüssten heute etwas, das man früher nicht wusste. Wenn er ruft "Das ist Naturwissenschaft!", als ob das das zweite Evangelium wäre, dann frage ich zurück: "Was genau weiß denn die Naturwissenschaft?!" Er müsste
sich klar machen, dass niemand, auch nicht der Herr Kopernikus, wusste, wie die
Erde aussieht. Dessen Behauptung, sie müsse eine Kugel und ein Gestirn sein wie
andere Gestirne, gründete sich auf eine philosophische Spekulation über ideale geometrische "Formen", die er im
übrigen im Auftrag des damaligen Papstes, der eine geeignete Grundlage für eine
Kalenderreform brauchte, anfertigte und auch dem Papst widmete. Wes Geistes
Kind seine Nachfolger waren — Galilei, Kepler, Newton, Bruno? Ihre Gedankenwelten entstammten hermetischen Schriften, okkulten Lehren, waren insbesondere bei Bruno pantheistisch angelegt, der Jesus Christus auf lästerliche Weise schmähte. Er stellte den Sohn Gottes als Esel dar, der mit einem Sack voller Barmherzigkeit auf die Welt gesandt worden sei, dort strauchelte, der Sack sei aufgeplatzt und nun laufe die wertvolle Barmherzigkeit in den Dreck aus... Newton andererseits war ein machtbewusster Strippenzieher, der sich seine kosmologische Welt erfand und politisch durchzusetzen wusste. "Wissen" tat er gar nichts, sondern er spekulierte, dachte sich etwas aus, bewegte sich wie seine Kollegen in einem hermetischen mathematischen System, dessen Bezug zu einer empirischen Realität nur partiell nachvollziehbar war und ist, wenn überhaupt. Kepler war ebenfalls befasst mit Wahrsagerei und einer Verknüpfung von okkulten Lehren und Astronomie. Herr Liebi möge
sich damit in Ruhe befassen, bevor er meint, weiter gegen wachsame Mitchristen und aufmerksame nichtchristliche Zeitgenossen polemisieren zu sollen. Man kann nicht zweien Herren dienen.
Herr Liebi
möge im übrigen - man muss ihm seine dreiste Polemik zurückgeben - einen Nord-Süd-Umrundungsflug buchen und uns alles genau filmen
und hernach berichten, wie es so war, die „Kugel“ mal auf diese Weise umrundet
zu haben. Bevor er damit nicht herausrücken kann, sollte er sich lieber
zurückhalten und in sich gehen, anstatt über andere Christen oder sonstige
kritische Mitmenschen so herablassend und denunziatorisch zu reden, wie er es tut, und diese Dinge samt seinen bestürzenden Verfälschungen biblischer Befunde dann nicht weiter mit diesem Sendungsbewusstsein in den „Sumpf“ stellen, wie er das Netz nennt.
Ob es ihm nun
zusagt oder nicht:
Es sind viele
Fragen offen!
[1] Etwa
in dieser Vortragsreihe geht er gegen die Evolutionstheorie an: https://www.youtube.com/watch?v=T2-s_AIdtGw
Eine kleine Ergänzung: Auch in Spr 8,27 kann "chug" nur "Kreis" bedeuten.
AntwortenLöschenbahakhino shamajim sham ani b'chuqo chug al-p'ne t'hom
"Als er die Himmel feststellte (war) ich dort, als er zog einen Kreis über dem Angesicht des Tehom"
Oder nach Buber:
"Als er den Himmel bereitete, war ich dabei, als er den Umkreis schränkte über dem Wirbel."
Die altäthiopische Übersetzung von Jes 40,22 lautet so:
AntwortenLöschenzayāṣan‛ ‛aṣnāfa mǝdr
„der befestigt(?) die Grenzen/Enden der Erde“
Das hier im Plural stehende Wort "ṣǝnf" kann u. a. limbus, margo, labrum, extremitas, finis und terminus bedeuten (siehe August Dillmann, Lexicon Linguae Aethiopicae, Lipsiae 1865, col. 1294), niemals aber "Kugel".
Somit ist die äthiopische Übersetzung ein weiterer alter Zeuge gegen die Ansicht, in Jes 40,22 finde sich die Vorstellung von der Kugelform der Erde ausgedrückt.
Danke für die wertvollen Hinweise!
LöschenEs gibt auch noch ein Interview mit mir zu dem Thema:
https://www.youtube.com/watch?v=-7_RkSuPMO4&t=4s
Ebenfalls zu dem Thema hat sich knapp, aber auch kompetent Juliane Bekou geäußert:
https://www.youtube.com/watch?v=uk-7WTD_b5E&list=PLyPgb9OsSG-dBY5gMKTK6nW0MA4JToEAW
Es ist völlig unerheblich, ob die Bibel irgendeine Aussage zur Gestalt der Erde macht und wenn ja, welche Aussage das ist. Denn sie ist kein wissenschaftliches Buch. Roger Liebi ist ja beileibe keine theologische Koryphäe. Wer etwas über die Gestalt der Erde wissen möchte, kann sich recht schnell einen Überblick verschaffen und erkennen, dass die kugelähnliche Gestalt der Erde ein Faktum ist. Welche Fragen hierzu angeblich noch offen sein sollen, erschließt sich daher nicht.
AntwortenLöschenDieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenOkay - aber dann würde "chug" "Firmament" heißen, und das erscheint mir eher unwahrscheinlich. Denn "Firmament" heißt eindeutig "rakia". Und "chug" heißt immer etwas Zirkel- oder Kreisförmiges.
LöschenIch denke aber, die Spur von der "Begrenzung" trifft unspezifisch die Sache eher, denn "chug" ist als solches eine Grenze, jedenfalls eine ringförmige.
Der "Katechon" ist im Hebräischen der "Joschev", also der arabische "tabit".
Ich kann leider kein Arabisch, aber mich würde interessieren, wie die Verbindung zwischen "hijab" und "chug" hergestellt werden kann. Im Netz habe ich immer nur die Bedeutung "Kopfschleier" gefunden. Wenn man nämlich umgekehrt fragt, was denn "Schleier" iS eines Kopftuches auf Hebräisch heißt, findet man da nur "sudar". Und das ist verwandt mit "ordnen", hat aber mit dem "chug" nichts zu tun.
Das ist eigentümlich. Saadia war ja ein Sprachgelehrter, aber ich kann nicht sehen, wie er darauf gekommen ist, vielleicht bedeutet hijab ja aber auch doch so etwas wie "Kreis" oder "Zirkel", vielleicht auf "Hülle", aber irgendwie passt das nicht so richtig. Eigentümlich.
Liebe Frau Jüngling,
Löschenhaben Sie bitte noch etwas Geduld hinsichtlich meiner Beantwortung Ihrer Frage zum Zusammenhang zwischen „ḥiǧab“ und „chug“. Damit ich keinen Unsinn rede, möchte ich die Sache noch etwas weiter erforschen und durchdenken. Für’s Erste nur soviel: Es handelt sich grundlegend um die gleiche Wortwurzel!
Einstweilen habe ich mir noch einmal den hebräischen Text von Jes 40,22 sowie fünf alte Übersetzungen angesehen und glaube einen Unterschied zwischen MT und LXX entdeckt zu haben, der womöglich einen Einfluss auf die Beantwortung der Frage hat, was in Jes 40,22 mit dem „Kreis der Erde“ gemeint ist. Ich bringe im Folgenden die Texte im Original und in Übersetzung und schließe daran einige Überlegungen an.
MT: hajjoschev ‛al chug haaretz
LXX: katechon ton gyron tes ges
Aethiops: zayāṣan‛ ‛aṣnāfa mǝdr
Vulgata: qui sedet super gyrum terrae
Saadja: al-ṯabitu ʿalay ḥiǧabi-lʾarḍi
Peschitta: d-jothev ‛al chugthoh d’ar‛o
MT: der Sitzende/Wohnende/Thronende über dem Kreis der Erde
LXX: der (Zurück-?)haltende den Kreis der Erde
Aethiops: der befestigt/hält die Enden/Grenzen der Erde
Vulgata: der sitzt über dem Kreis der Erde
Saadja: der Bleibende über dem Hindernden/der Hülle(?) der Erde
Peschitta: der Sitzende/Wohnende/Thronende über ihrem Kreis, dem der Erde (= über dem Kreis der Erde)
Es fällt auf, dass Vulgata, Peschitta und Saadja genau das hebräische Original nachformen, also nach dem Partizip (das in der Vulgata aufgelöst ist) einen Präpositionalausdruck („über“) bringen, während die LXX und in ihrem Gefolge der Aethiops die Präposition ignorieren und somit einen anderen Bezug herstellen, der vielleicht auch zu einer anderen Auffassung des „chug“ führt. Meiner Meinung nach hindert nichts daran anzunehmen, dass im hebräischen Text das „Firmament“ gemeint sein kann. „Chug“ wäre dann einfach als poetisches Synonym zu „raqi‛a“ anzusehen und viele Kommentatoren fassen es tatsächlich in diesem Sinne auf und übersetzen „chug“ z. B. mit „Wölbung“ (Rabbi David Kimchi kommentiert in seinem „Buch der Wurzeln“ den Ausdruck „chug“ in Jes 40,22 mit „galgal schovev haaretz“, also „die die Erde umgebende Sphäre“; inwieweit hier bereits die aristotelische Kosmologie mit hineinspielt kann ich nicht beurteilen). Wenn wir in Jes 40,22 weiterlesen heißt es ja zudem, dass die Bewohner der Erde wie (d. h. klein wie) Heuschrecken sind, nämlich von Gott aus betrachtet „der sitzt über dem Kreis der Erde“. Wäre mit dem „chug haaretz“ der „orbis terrarum“ gemeint, was könnte dann das „Sitzen“ Gottes über diesem bedeuten?
Die LXX freilich, wo mit „katechon“ ein transitives Verb gewählt und somit „ton gyron tes ges“ Akkusativobjekt ist, dürfte die Auffassung „chug“ = „ raqi‛a“ schwerlich zulassen. Aber was genau meint „katechon“? Hieronymus hat in seinem Jesaja-Kommentar den LXX-Text schlichtweg mit „qui tenet gyrum terrae“ übersetzt, also „der hält“ statt „der zurückhält/hindert“. Ich frage mich also ob nicht der LXX-Text einfach besagt, dass Gott die „Umrandung“ der kreisförmig gedachten Erde „hält“ im Sinne von „stabilisiert“ oder „dauernden Bestand verleiht“. Die äthiopische Übersetzung stützt diese Auffassung.
Wenn meine Überlegungen nicht völlig abwegig sind, dann hätten wir also einen nicht unbedeutenden Unterschied zwischen MT und LXX bezüglich des „Kreises der Erde“, wobei natürlich auch die Interpretation des „chug“ als Synonym zu „raqi‛a“ die Kreisform der Erde voraussetzt. Denn was sollte eine „Wölbung“ oder ein „Firmament“ über einer „Kugel“ sein?
Aber egal wie man zu diesen textlichen Problemen steht, für Roger Liebis Auffassung, dass die Bibel von der Kugelform der Erde spricht, geben weder der MT noch die alten Übersetzungen auch nur das Geringste her.
(hier nochmal mein Kommentar in korrigierter Form...)
AntwortenLöschenIch habe mir die Mühe gemacht, die im 10. Jahrhundert entstandene arabische Jesaja-Übersetzung des Rabbi Saadja ben Joseph hinsichtlich Jes 40,22 zu konsultieren. Dies ist die erste Übersetzung aus dem masoretischen Text (Winzigkeiten natürlich abgerechnet) und zeigt, wie ein arabischsprechender Jude des späten ersten Jahrtausends unserer Zeitrechnung den Propheten Jesaja verstanden hat.
In leicht vereinfachter Umschrift lautet Jes 40,22 bei Saadja:
al-ṯabitu ʿalay ḥiǧabi-lʾarḍi
Auf Deutsch:
Der Bleibende (oder: Andauernde, Beständige etc.) über dem Hindernden (oder: Abhaltenden, Zurückhaltenden etc.) der Erde
Zunächst fällt auf, dass Saadja seine arabische Übersetzung dem hebräischen Original formal vollkommen gleichgestaltet hat: Bestimmter Artikel – Partizip – Präposition – Substantiv (status constructus) – bestimmter Artikel – Substantiv. Aber auch inhaltlich herrscht meines Erachtens vollkommene Übereinstimmung. Das arabische Verb „ṯabata“ überschneidet sich semantisch in vielerlei Hinsicht mit dem hebräischen „yašab“ und drückt grundsätzlich ein Beständigsein aus. Ein „ḥiǧab(un)“ (dieses Wort kennen wir in der Umschrift „Hidschab“ als Bezeichnung bestimmter verschleiernder Kleidungsstücke muslimischer Frauen!) ist grundsätzlich etwas, das hindert, zurück-/abhält, trennt etc. Es wurde und wird daher im Arabischen auch als Bezeichnung für das Firmament verwendet. Womit wir wieder beim „katechon“ der Septuaginta wären!
O, das hat sich überschnitten, meine Antwort steht drüber...
Löschen