Montag, 17. Dezember 2018

Trinitätslehre auf dem Prüfstand: Brief X an Unitarier und Trinitarier — Wann, von wem und in welchem Sinne wurde der Christus gezeugt?




Trinitätslehre auf dem Prüfstand: Brief X an Unitarier und Trinitarier — Wann, von wem und in welchem Sinne wurde der Christus gezeugt?


32 So verkünden wir euch das Evangelium: Gott hat die Verheißung, die an die Väter ergangen ist,
33 an uns, ihren Kindern, erfüllt, indem er Jesus auferweckt hat, wie es im zweiten Psalm heißt: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt.
34 Dass er ihn aber von den Toten auferweckt hat, um ihn nicht mehr zur Verwesung zurückkehren zu lassen, hat er so ausgedrückt: Ich will euch die Heilsgaben gewähren, die ich David fest zugesagt habe. (Apg 13)

____________________________

Ein Leser hat mir folgendes geschrieben bzw entgegengehalten hinsichtlich dieser Schriftstelle in Apg 13, 32f und zitierte noch einmal meinen Gedanken im Brief IX an Unitarier und Trinitarier:

 "Es kommt nicht von Ungefähr, wenn die Apg (s.o.) die „Zeugung“ Jesu, also die Geburt aus dem Geist (!), mit der Auferweckung von den Toten ansetzt. Demnach ist die Auferstehung der Moment der Geburt, auf den hin der Christus ausgereift ist."

Obwohl im Griechischen m.W. dasselbe Wort verwendet wird, sind doch m.E. unterschiedliche Dinge damit gemeint. Elberfelder unterscheidet durch "erweckte" und "auferweckte". Ersteres dürfte das Zeugen, Aufstehen, Bevollmächtigen meinen, letzteres die Auferweckung aus den Toten.“

____________________________

Zuerst einmal danke ich für diesen interessanten Einwand, und ich werde ihn gerne ein wenig von allen Seiten betrachten:

1. Der Begriff „anastasis“ (Auferweckung/Auferstehung)

Es stimmt: beide Male ist es das Wort anistemi („auferwecken“ oder „auferstehen“ sowohl transitiv als auch intransitiv möglich). Und das Wort hat natürlich ein Bedeutungsspektrum, das in aller Regel „auferstehen (vom Tod)“ oder „wieder erwecken“ meint, in einer schwachen Bedeutung auch „berufen“ oder iS von „sich erheben/hervortreten“ oder „erwecken“ (etwa ein Prophet in einem Volk), oder negativ iS von „sich erheben (gegen)“.

Man kann zunächst festhalten, dass die Bedeutung von „auferstehen/wiedererwecken“ derjenigen von „ins Leben rufen/erwecken“ sehr nah verwandt ist. Damit wird auch eine sinnhafte Verbindung zum „Zeugen/Gebären“ hergestellt. Ein engstes Zusammenwirken von Gott und Mensch wird erahnbar.
Ein unklarer Wortgebrauch kann aber sehr schnell in ein gedankliches Chaos führen, und eine sorgfältige begriffliche Differenzierung ist dringend geboten.

2. Literarische Überlegungen

Doch sehen wir erst einmal nach, wie man diese Stelle in der spätantiken lateinischen Welt verstand und übersetzte, die noch näher am altgriechischen Duktus war. Hieronymus übertrug es so:

33 quoniam hanc (id est : repromissio) Deus adimplevit filiis nostris resuscitans Jesum, sicut et in Psalmo secundo scriptum est : Filius meus es tu, ego hodie genui te.
34 Quod autem suscitavit eum a mortuis, amplius jam non reversurum in corruptionem, ita dixit : Quia dabo vobis sancta David fidelia.

Deutsch — wenn man aus dem Lateinischen übersetzt:

33 denn sie (d.i. die Verheißung) hat Gott an uns, den Kindern (der Väter), erfüllt, indem er Jesus wiedererweckte, wie es im zweiten Psalm geschrieben ist: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt (oder geboren)
34 Dass er ihn aber von den Toten auferweckt hat, ihn nicht dem Zerfall überlassen wollte, hat er so gesagt: Ich werde euch die heiligen Glaubensgüter Davids geben.

Hieronymus betont also hier in seiner Übersetzung durch die Verstärkung von „suscitare“ (auferwecken) zu „re-suscitare“ (wieder auferwecken) unmissverständlich, dass es beide Male um die Auferstehung geht.

In selber Weise verfährt viel später auch die KJV:

33 God hath fulfilled the same unto us their children, in that he hath raised up Jesus again; as it is also written in the second psalm, Thou art my Son, this day have I begotten thee.
34 And as concerning that he raised him up from the dead, now no more to return to corruption, he said on this wise, I will give you the sure mercies of David.” …

Nicht anders Luther 1545:

33Das dieselbige Gott / vns / jren Kindern erfüllet hat / Jn dem das er Jhesum aufferwecket hat. Wie denn im ersten Psalm geschrieben stehet / Du bist mein Son /Heute habe ich dich gezeuget. 34Das er jn aber hat von den Todten aufferweckt / das er fort nicht mehr sol verwesen / spricht er also / Jch wil euch die gnade Dauid verheissen / trewlich halten.“

Sowohl Hieronymus, Luther als auch die KJV übertragen korrekt die Anschlussformel („hoti de…“ = „dass/weil aber“) des zweiten Verses an den ersten:

„…dass er ihn aber von den Toten auferweckt hat…“ = „…quod autem…“ = „As concerning that“

Es ist dies ganz eindeutig eine klassische, logische Argumentationsformel:

„Es gibt offenkundig ein X. Dass X hier aber existiert, beweist (neben dem Offenkundigen) auch Y…“


Der Vorschlag, der sich auf die ELB stützt, versteht diese Stelle dagegen „prozesshaft“: Es gibt die erste Erweckung, nämlich die im Fleisch, die mit der „Heute habe ich dich gezeugt“-Stelle bewiesen werden soll. Gott hätte demnach im Fleisch gezeugt, und Maria hätte im Fleisch gezeugt und geboren — vermutlich mit Gott, denn das würde aus der Konstellation unweigerlich folgen. Und darauf folgt dann die zweite Erweckung, nämlich die von den Toten, wofür die Stelle mit den „Glaubensgütern Davids“ Beleg sein soll.

In Apg 13 geht es ab V30 um die Auferstehung von den Toten, und dass Jesus vielen erschienen ist nach der Auferstehung. Eine prozesshafte Deutung erscheint auf den ersten Blick schlüssig, v.a. dann, wenn schon tendenziös in diesem Sinne übersetzt wird wie in der ELB, aber auch weil Paulus zwei verschiedene Schriftstellen angibt, die für eine spätere „anastasis“ sprechen, wovon die eine die „Zeugung/Geburt“ anspricht, die zweite die „Glaubensgüter Davids“ (also nicht direkt Bezug auf eine „Auferweckung“ nimmt).

Das ist allerdings aus mS auf einen zweiten (literarischen) Blick nicht schlüssig:

Es ergibt literarisch keinen Sinn, dasselbe Wort in unmittelbarem Zusammenhang und auch noch durch „hoti de“ verbunden je verschieden zu meinen. Man verfährt schreibend so eigentlich nicht. Wortverdoppelungen vermeidet man ohnehin aus stilistischen Gründen und Sinnverwechslungen vermeidet man, um klar zu bleiben und nicht etwa Verwirrung beim Leser hervorzurufen.

Wenn man aber Begriffe verdoppelt, dann immer unter Bekräftigung desselben Sinnes. Eine Verschiebung des Sinnes würde eben eine Unklarheit oder Verwirrung hinterlassen. Der Leser kann nun heraussuchen, was ihm genehm erscheint — vom identischen Sinn bis hin zur maximal möglichen Sinnverschiebung… Das sollte man von Paulus bzw  Lukas nicht annehmen.

Wenn es also im ersten Satz tatsächlich um eine „Zeugung/Geburt“ im buchstäblichen kreatürlichen Sinne gegangen wäre, hätte Paulus bzw Lukas das sicher auch mit einem entsprechend präzisen Wort genauso und klar verständlich geschrieben, zumal er ja gleich darauf aus dem Psalm auch mit dem Wort „gennao“ („zeugen/gebären“) zitiert.


3. Exkurs: Die Verwirrung der Begriffe  „(im Fleisch) zeugen“ und „erwecken“ im Deutschen

Ich habe wahrgenommen, dass einige sehr extreme Protestanten infolge eines fragwürdigen NT-Sprachgebrauches „erwecken“ anstelle von „zeugen“ (iS von „X erweckte den Y“) einsetzen, wenn sie meinen, ein Mann habe einen Nachkommen gezeugt, was aber die griechische Bedeutung von „anestemi“ kaum erfüllt — es müsste dann wenigstens noch ein „ex“-Präfix dabeistehen. Vielmehr steckt in einer solchen Übergriffigkeit eine gewaltige „anastasis“ (iS der Erhebung oder lutherisch poetisch „Hoffahrt“) einiger irdischer Herren gegen den, der alleine „erwecken“ kann: kein Mensch kann andere „erwecken“, indem er oder sie „zeugt“! Das ist aus meiner Sicht eine fixe männliche Idee, die von einer gefährlichen Selbsterhebung zeugt.

Wir zeugen und gebären sowohl als Mann und als Frau stets passiv, auch wenn wir dabei natürlich in Aktion sind, aber ins Leben zu „erwecken“ vermag alleine Gott.
Das gesamte AT kennt eine Idee, dass Menschen andere Menschen ins Leben „erwecken“ nicht. Doch woher kommt diese Wahnidee dann, und warum hält sie sich so hartnäckig und taucht immer wieder auf?

Sie ist der Herkunft nach eng verknüpft mit der Philosophie Griechenlands und vor allem dem Hellenismus: man verstieg sich zu der Behauptung, der Mann erzeuge „aktiv“ Leben, die Frau dagegen nur „passiv“, er sei der „Schöpferische“ und „Gebende“, sie die „Empfangende“ — man muss aber klar erkennen, dass das kein Denken ist, das wir im Alten Testament antreffen. Das Hebräische geht davon aus, dass die Frau auch einen Samen hat und aktiv zeugt. Nirgends werden im AT Frauen „passiv“ geschildert. Sie werden als Frauen und aktiv gezeichnet, wenn es ums Zeugen geht. Männer werden als Männer und ebenfalls aktiv geschildert, wenn es ums Zeugen geht. Sie sind aktiv im Rahmen der menschlichen Aufgabe, die aber fein säuberlich von der göttlichen Wirksamkeit zu unterscheiden ist, die sich mithilfe des Menschen, aber nicht ursächlich durch den Menschen vollzieht.
Die aktive Rolle der Menschen in der Sexualität bedeutet nämlich nicht, dass Menschen Menschen „erwecken“. Es heißt, dass Gott alleine uns Nachkommen erweckt! Menschen können alles mögliche erwecken bzw ins Leben rufen, viele große und kleine Werke — aber Menschen können die Menschen nicht erwecken, obwohl sie durch sie gezeugt und geboren werden!

Wenn die Sadduzäer dies begrifflich einführen, ein Mann „erwecke“ Nachkommen, etwa in Lk 20,28, dann verzerren sie entweder die tatsächliche Formulierung in Deut 25,5f, wo lediglich steht, dass ein Schwager die Witwe ehelichen und sich zu ihr legen soll — anschließend ist nur die Rede von Kindern, die die Witwe gebiert. Oder sie parallelisieren die Rede, die sonst von Gott gilt: so wie alleine Gott Abraham Nachkommen erweckt (aus den Steinen etwa), so soll ein Mann dem verstorbenen Bruder noch Nachkommen erwecken… aber dennoch ist das nicht die AT-Formulierung: Von „Erwecken“ seitens des Schwagers ist keine Rede… es sind interessanterweise die Leugner der Auferstehung (Sadduzäer), die hier — vermutlich ganz philosophisch verstellt — dem Mann etwas zumessen, was ihm nicht zukommt: Gott erweckt dem Mann Nachkommen, der Mann selbst ist dabei hinsichtlich dieser Erweckung ins Leben passives Werkzeug — nicht anders als die Frau.

Hier wurde also ausgerechnet bei den Protestanten im Gefolge sadduzäischer, hellenistischer und später gnostischer Verirrungen eine gehörige Begriffsverwirrung erzeugt, die letztendlich aber auch die Trinitätslehre unterstützt, die ja ganz maßgeblich diese Doktrin von der „Zeugung in Maria“ benötigt, um sich zu rechtfertigen.
Bloß werden plötzlich die Ebenen gewechselt: wo vorher Gott durch zeugende Menschen Leben „erweckte“, erweckt er nun selbst im Fleisch als im Fleisch Zeugender, als schlüpfe er in die Rolle eines Mannes im Fleisch… Das ist ziemlich chaotisch… Sie können mir entgegenhalten: Aber Gott kann doch in Maria Leben erwecken, wenn auch ohne Mann, dann stimmt das zwar, kann aber keine „Zeugung durch Gott“ meinen. Hier müssen einige grundsätzliche Differenzierungen vorgenommen werden:

a. Im Fleisch zeugt immer nur der Mensch.
b. Im Geist zeugt alleine Gott.
c. Leben erwecken kann immer nur Gott alleine.

Das heißt:

Ad a. Gott zeugt nicht im Fleisch.
Ad b. Der Mensch zeugt nicht im Geist.
Ad c. Der Mensch erweckt kein Leben im Fleisch.

Und:

„Zeugen“ und „Erwecken“ wirken zwar im Fleisch auf engste und wunderbare Weise zusammen, sind aber zwei unterschiedliche Aktionen — die erste vollziehen Mann und Frau, die zweite Gott.

In dem Zusammenhang ist auch interessant, dass in den Apokryphen des Johannes (Nag Hammadi) berichtet wird, der aufsässige, gefallene erste Archon Jaldabaoth habe seine Engel angestiftet, aus Menschentöchtern Nachkommen zu „erwecken“ (Bezugnahme auf Gen 6, wo allerdings von „Erwecken“ keine Rede ist). Es geht hier — bei aller Distanz zu diesem gnostischen Text — tatsächlich um eine schöpferische Konkurrenz zu Gott, auch wenn sie vordergündig zum Mann auftritt (die bösen Geister täuschen die Frauen und treten als deren Gatten auf). Die Obsession, dass ein Mann oder ein Engel — wie Gott — Leben erwecken kann und dies mit sexueller Lust verbindet, tritt jedenfalls deutlich zutage und ist nach meiner Erkenntnis eine der tragischen Verirrungen des Denkens in der Christenheit. Diese Akzentverschiebung beim Zeugen/Gebären steht dem gesamten Denken im AT diametral entgegen und verwischt die Distanz, die zwischen göttlicher Zeugung im Geist, der schöpferischen Tat Gottes, wenn er durch menschliche Zeugung Leben erweckt und der geistgewirkten Neugeburt, die den Tod überwindet und alleine von Gott geleistet wird, aus mS besteht.

Man kann aber vielleicht von dieser Problematik aus erahnen, warum das Verhältnis der Menschheit zur Sexualität dermaßen gestört ist, wie wir es seit Jahrtausenden erleiden: Hier wollte sich der Mensch, mit dem Hellenismus dann insbesondere der Mann, tatsächlich an die Stelle Gottes setzen, indem er sich einbildete, er könne Leben erwecken. Dass er sich damit über die Frau stellte, „aus der er“ sich einbildete, Leben zu „erwecken“, wobei „sie ihm“ folglich dann auch „den X oder die Y gebar“, ist eine Perversion der geschöpflichen Konstellation, die das gesamte sexuelle Klima zwischen Mann und Frau, aber noch schlimmer zwischen Gott und Mensch vergiftet hat.


4. Die „Glaubensgüter Davids“ bedeuten die „Auferstehung von den Toten“ und die ist die „Zeugung heute“

Man hätte aber — um zurückzukommen auf die Apg-Stelle — eher erwartet, dass wenn es um einen Prozess des „Erweckens“ gehen sollte, nach dem Zeugungszitat aus Ps 2 ein punktgenaues Auferstehungszitat aus dem AT folgen sollte (deren es ja einige gibt!).
Genau das kommt aber nicht!
Stattdessen diese merkwürdige und schwer zuzuordnende Aussage von den „Glaubensgütern Davids“ als „Beweis“ für die Auferstehung von den Toten.

Nun steht da genau genommen aber etwas anderes:
Es geht ja nicht um einen Prozess, sondern ab V30 schon um die Tatsache der Wiedererweckung Jesu, die auch viele, die den Auferstandenen gesehen haben, bezeugen konnten — Paulus will hier darauf hinaus, dass diese Wiedererweckung im AT angekündigt und nun erfüllt ist.
Gott hat zahllose Menschen erweckt (mithilfe der Zeugungstätigkeit ihrer Eltern) und Propheten insbesondere auch, aber niemals hat er einen von ihnen bleibend aus dem Tode zurückgeholt und auferstehen lassen. DAS erscheint hier doch als die spektakuläre Aussage — daher das Abheben darauf, dass er den Erweckten nicht der Verwesung überlässt bzw präzise der „corruptio“, also dem Zerfall.

Es ist tatsächlich nicht die Tatsache einer „Erweckung“ iS des Geborenwerdens, wie Menschen eben geboren werden und die IMMER von Gott kommt, sondern die Tatsache, dass hier einer „wiedererweckt“ wird, nachdem er gestorben ist, dies aber auf einer anderen Ebene als zuvor im Fleisch.
Daher Hieronymus mit seinem „re-suscitans“ oder die KJV mit dem „raised him up again — wie gesagt: jeder Mensch wird im Fleisch mithilfe der Eltern oder wie immer „erweckt“. Das ist nicht weiter spektakulär.

Spektakulär ist, dass dieser Mann wiedererweckt wurde, und das ist als Zeugung und Geburt durch Gott auf einer geistigen, nicht mehr fleischlichen (kreatürlichen) Ebene zu verstehen.
Dass dies geschehen würde, weist Paulus aus dem AT nach: Gott hat lange vorher angekündigt, dass es den Tag („hajom“ — das „Heute“) gibt, an dem der Mensch auf einer anderen Ebene — nicht im Fleisch, aber dennoch in einem Auferstehungsleib! — wiedererweckt und neugeboren wird. David schaut dabei prophetisch „meinen Herrn“ („adoni“), der wiederum von seinem Herrn dies angesagt bekommt. Die Bezugnahme auf die „Glaubensgüter Davids“ meint also genau dasselbe wie das Psalmzitat selbst: dass Gott dies erfüllen wird, diese Neugeburt auf einer geistigen Ebene, und dass sie natürlich mit diesem „meinem Herrn“ Davids beginnen wird.
Literarisch könnte Paulus damit dem Hendiadyoin folgen, der typischen hebräischen Verdoppelung eines Sachverhaltes, um ihn zu bekräftigen.


5. Conclusio

Die Tatsache, dass im gesamten NT vermieden wird, von einer Zeugung zu sprechen, wo es um Jesus und Maria geht, sollte uns zurückhaltend machen:

Natürlich hat Gott auch Jesus im Fleisch „erweckt“, so wie er das bei allen Menschen tut.
Aber hier geschieht keine gemeinschaftliche Zeugung im Fleisch nach dem „Willen des Fleisches“ oder gar „dem Willen des Mannes“ (Johannesprolog), sondern eine Frau erhält soviel „dynamis“, dass sie ohne Mann fähig wird, einen Nachkommen hervorzubringen. Der Wille des Fleisches zur Fortpflanzung ist hier ganz ausgeschaltet. Marias „Fiat“ kann damit nicht einfach gleichgesetzt werden. Sie wird gefragt und stimmt zu, eine außerordentliche Sache zu vollbringen, die ihr übermenschliche Kräfte verleiht und doch den „Willen des Fleisches“ übergehen. Welch ein Wunder! Man kann, wenn man sich vertieft in diese Tatsachen, immer besser verstehen, warum sie in ihrem Lobgesang dichtet, aber auch sie spricht nicht annähernd von einer „Zeugung im Fleisch“!

46 Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn,
47 und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes;
48 denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder.
49 Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist.
50 Und seine Barmherzigkeit währet für und für bei denen, die ihn fürchten.
51 Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
52 Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen.
53 Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.
54 Er gedenkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf,
55 wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit. (Lk 1)

In einem gewissen Sinn weist schon diese überaus krafterfüllte Frau auf die Wiederherstellung, die Wiedererweckung des Menschen, wie er von Gott her eigentlich gedacht und gewollt ist, hin.

Die Wiedererweckung in dem Sinn, der das gewöhnliche Bild sprengt, ist eben die Erweckung von den Toten und die Wiederherstellung aus der „corruptio“, dem Zerfall, dem auch Jesus nicht entgangen wäre, wenn Gott ihn nicht auferweckt hätte. Wie in einem Vorausschein erzählt uns Joh 11 die Geschichte von Lazarus, der bereits verwest, also in den Fängen der endgültigen „corruptio“ des Fleisches ist und von Jesus zurückgerufen wird. Jesus kommt erst, als es wirklich dem Fleisch nach zu spät ist, und erweckt ihn auf, wenn auch noch nicht zur endgültigen Auferstehung. So soll schon der Glanz der kommenden Erfüllung der Hoffnung angezeigt werden.

Da die geistige Neuzeugung der Geschwister Jesu auch an anderer Stelle im NT immer damit ansetzt, dass sie dem Tod als der Folge der Schwäche (Sünde) entrissen werden, ist es logisch, auch bei Jesus die Auferweckung als den Initialmoment der endgültigen und echten geistigen Neuzeugung anzunehmen. Viele haben sich gewundert, warum er rufen konnte, „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“, wo er als Gott doch hätte wissen müssen, dass er nicht verlassen ist etc. — erklärbar wird dies, wenn man sich klarmacht, dass auch seine Auferstehung im Geist noch bevorstand, obgleich er uns unendlich weit voraus war aufgrund der Sündlosigkeit und Vollmacht, die er auch vorher schon innehatte.
Stellen in den Evangelien wie etwa die, die uns das angstvolle Gebet Jesu zum Vater im Garten Gethsemane vorführen, bei dem er in einem Willensakt, in einer klaren Entscheidung, seinen Willen dem des Vaters unterstellt, zeigen uns, dass die Erlösungstat tatsächlich erst erfüllt werden musste, bevor sie als eingelöst und „gewiss“ galt. Sie war als erfüllte und vollzogene Tat Voraussetzung für die folgende Auferstehung, die schließlich allen anderen Menschen eine Neugeburt möglich mach sollte. Dafür spricht insbesondere die Darlegung Pauli in 1. Kor 15, 14+17+20: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und sinnlos. (…) Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos und ihr seid immer noch in euren Sünden. (…) Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen.“
Es ist ganz ohne Zweifel diese Auferweckung nach vollendeter Tat, die uns diese Neuzeugung/Neugeburt ermöglicht.

Ich habe einmal in einem Weihnachtsstück mit dem Titel „Was wäre, wenn Maria nein gesagt hätte“ mitgespielt. Damals kam von ein paar sehr frommen Menschen der Einwand, Maria hätte nicht nein sagen können, weil ja Gottes Plan schon festgestanden hätte. Genauso Jesus: er hätte einfach nicht nein sagen können, wo er doch schließlich Gott war.

Ich halte das für fatale Fehlschlüsse: die Erlösungstat musste sowohl bei Marias „Vorarbeit“ als „Christusgebärerin“ („christothokos“) als erst recht bei Jesus als dem Messias, der ans Kreuz ging, der der Versuchung zur Macht nicht erlag, mit bewusstem Willen und entgegen einer anderen Entscheidungsmöglichkeit vollzogen werden.

Ohne den freien Willen beider und letztendlich unser aller, die glauben, wäre die Erlösung nicht wirksam geworden, wie ich meine zu erkennen.

Wenn das aber so ist, ist es nicht schlüssig, die „Heute habe ich dich gezeugt“-Stelle vor der Auferweckung anzusetzen.

12 Kommentare:

  1. Holger Jahndel hat geschrieben (Kürzung):

    Obwohl die Bibel den Heiligen Geist deutlich von Gott-Vater unterscheidet, sagt sie, dass er von Gott ausgeht und ihn erforscht (Johannes 15,26; 1. Korinther 2,10). Eine von Gott geschaffene Kraft kann ihn nicht selbst erforschen, weil der Schöpfer über dem Geschaffenen steht und weil eine Kraft keine intellektuellen Fähigkeiten besitzt. Darüber hinaus kann man gegen den Heiligen Geist – und damit gegen Gott – sündigen (Lukas 12,10; Apostelgeschichte 5,3.4).

    In Römer 15,13 spricht Paulus von der Kraft des Heiligen Geistes. Der Geist Gottes ist also keine Kraft, sondern er hat Kraft. Laut Johannes 16,13 redet er nicht aus sich selber, sondern hört auf Gott-Vater. Und in Lukas 3,22 erscheint er in körperlicher Gestalt. Hier findet sich außerdem eine deutliche Dreiteilung: Gott, der Vater, spricht vom Himmel, der Heilige Geist kommt herab, und Jesus befindet sich auf der Erde. Der Heilige Geist kann also nicht mit dem Vater oder mit Christus identisch sein.

    Der Heilige Geist ist demnach keine unpersönliche, von Gott geschaffene Kraft. In seinen Offenbarungen zeigt er vielmehr Kennzeichen einer Persönlichkeit. Er kennt die Tiefen Gottes und geht von ihm aus. Deswegen wird der Gläubige auch im Namen (!) des Heiligen Geistes getauft (Matthäus 28,19).

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Im Artikel oben geht es übrigens nicht um den Hl. Geist. Bitte ordnen Sie doch Kommentare wenigstens dem entsprechenden Artikel zu.

      Ich habe Ihr Posting gekürzt - und die zig Kommentare, die Sie gestern wieder abgesetzt haben, kann ich leider nicht veröffentlichen.

      Wer hat gesagt, dass der Heilige Geist eine von Gott geschaffene Kraft ist?
      Ich wies darauf hin, dass er in der Ansprache des Engels Gabriel an Maria in Form eines Hendiadyoins als "pneuma hagion epeleusetai epi se...dynamis hypistou epikiasei soi..." ("Heiliger Geist wird über dich kommen...das Vermögen/die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten...") dargestellt wird. Der "Heilige Geist" ist hier diese "Kraft des Allerhöchsten".

      Hier wird eine Intimität zwischen Gott und Mensch hergestellt, die diesem Menschen Anteil an Gottes Kraft gibt. Aufgrund dieses göttlichen Vermögens kann Maria schwanger werden ohne Mann.
      Eine äußerste Verbindung geschieht im Geist zwischen Gott uns Maria - ähnlich wie bei allen Propheten, wenn es heißt, "Der Geist des Herrn war über ihm..." (zB 1. Sam 16,13)
      Die Formulierung "Geist Gottes" macht klar, dass es eine geistige Verbindung zwischen Gott und Mensch ist.
      Weil es "ruach" (Geist) ist, weil es "pneuma" ist, wird deutlich, welcher Natur diese Verbindung zwischen Gott und Mensch ist.
      Nun ist aber der Geist Gottes eine unermessliche Kraft (dynamis), die Menschen zu den kühnsten Dingen bevollmächtigen kann.
      Ihre Rhetorik schießt ins Leere, denn ich habe ja nicht behauptet, der HG müsse dann folglich "geschaffen sein".

      Löschen
    2. Es ist einfacher: Gott teilt seine Kraft Menschen zu, wie er will und wann er will. So wie Propheten weissagen konnten, kann Maria den Messias hervorbringen unter Ausschluss eines Mannes. Und dem Messias ist damit alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben... (dennoch werden weder die Propheten noch Maria noch der Messias damit automatisch zu DEM "Gott")

      Diese Konstellationen zeigen sehr deutlich, dass ein Mensch natürlicherweise aber diese Vollmacht durch den Geist Gottes nicht hat. Es ist ein "Einschnitt", eine "Zäsur" in der gefallenen Natur, wenn er in dieser Weise eintritt.

      Der Geist erscheint nicht in körperlicher Gestalt! Er kommt herab "wie eine Taube" nicht "als Taube", er wirkt "somatiko eidei" ("leibhaftig wahrnehmbar"/der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich (gemacht)") und dann "hosei peristeran" (wie eine Taube) - ein eingehender literarkritischer Diskurs dazu hier: http://www.ibiblio.org/bgreek/archives/greek-3/msg00041.html
      Dass hier also der HG herabkam, wird metaphorisch "somatisch" beschrieben, weil dieses Herabkommen irgendwie wahrgenommen werden konnte als etwas vom Himmel Herabschwebendes, das sich an einem Zielort niederlässt.
      Daraus folgt aber wieder nicht, dass dies eine eigenständige Person ist. Aber der Geist gehört zu einer "Person", wenn man es so sagen will - zu Gott.

      Über die Konstellation des Geistes, der den ergründet, zu dem er gehört, habe ich bereits wahrhaftig genug geschrieben. Setzen Sie damit bitte auseinander und schreiben Sie doch nicht wie eine Gebetsmühle immer dieselben Bauteile zusammen, ohne das zu reflektieren, was ich vorgetragen habe. Ich habe keine Lust, Pappkamerad sturer Geister zu sein.
      Paulus schreibt AUCH, dass nur der Geist des Menschen den Menschen ergründen kann - und Ihr Geist ist auch keine eigene Person.
      Halten wir also den Ball flach.
      Solche Schlüsse sind absurd, die Sie im Gefolge abendländischer Ideologien daraus ziehen.
      Natürlich ist der HG keine "unpersönliche, von Gott geschaffene Kraft" - Sie argumentieren gegen einen Gegner, der nirgends in Sicht ist. Der HG ist persönlich (so wie Ihr Geist auch Ihr persönlicher Geist ist!!!) und eine Kraft (so wie Ihr Geist Ausdruck Ihrer Kraft ist).
      Doch darum ist er keine "Persönlichkeit", sondern gehört zu einer Persönlichkeit - so wie Ihr Geist zu Ihrer Persönlichkeit gehört, ohne selbst noch einmal eine eigene Persönlichkeit zu sein.

      Löschen
    3. Die "Bibel in gerechter Sprache" übersetzt auf ihre eigene Weise logisch...ich empfehle auch das Buch "Gottes Dreiheit - des Menschen Freiheit" dazu und die christliche Personal-Theologie und den Personen-Begriff als personale Theologie des Apostels Paulus und im Neuen Testament der Bibel (der westliche Personen-Begriff entstand ja eben gerade durch die Verschwisterung der jüdisch-christlichen Theologie mit der griechischen Philosophie usw.) und die mystische theologische "Sophiologie" der russisch-orthodoxen Kirche Russlands und den 1. Clemensbrief, welcher sowohl zum Bibel-Kanon des Neuen Testamentes der russisch-orthodoxen Kirche Russlands als auch zur Bibel der syrischen Kirche bzw. deren Neuen Testament gehört und somit kanonisch für sie ist, die syrische Kirche steht auch in einer Kirchenunion mit Teilen der Thomas-Christen und Thomas-Kirchen Indiens nach dem Apostel Thomas. Siehe auch Justin den Märtyrer als Kirchenlehrer und Kirchenvater zur Logos-Theologie und den Heiligen Irenaeus von Lyon, der diese von ihm übernahm und auch noch den 1. Clemensbrief und den Hirtenbrief des Hermas zum Bibel-Kanon des Neuen Testamentes zählte.

      https://www.bibel-in-gerechter-sprache.de/wp-content/uploads/logossarx.pdf

      Löschen
    4. Das Wort „Trinität“ kommt in der Bibel zwar nicht vor, doch findet sich eine ganze Reihe von Aussagen, die in diese Richtung weisen. So schließt beispielsweise Paulus den zweiten Korintherbrief mit folgendem Segensspruch: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ (2 Korinther 13,13; vgl. Matthäus 28,19; 1 Korinther 12,4-6; Epheser 4,4-6; 2 Thessalonicher 2,13f.; 1 Petrus 1,2) „Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist“? – das ist mehr als die Verbindung mit einer göttlichen Kraft oder Energie. Es ist die direkte Beziehung zum persönlichen Stellvertreter von Jesus Christus auf Erden, in dem sich Gottes Gegenwart verbirgt und zugleich enthüllt (Johannes 14,16.26; 15,26; 16,7-15).

      Wie die Taufe Jesu zeigt, sind Vater, Sohn und Geist deutlich zu unterscheiden, doch sie können und dürfen nicht voneinander getrennt werden. Was von Gott, dem Vater, zu sagen ist, gilt deshalb auch vom Sohn und vom Geist. Die Wesenseigenschaften Gottes – Ewigkeit, Unsterblichkeit, Unendlichkeit, Schöpfermacht, Allwissenheit, Allgegenwart etc. – lassen sich nicht auf den himmlischen Vater begrenzen, sondern sie gelten ebenso für den Sohn und den Heiligen Geist. Von diesem dreieinigen Gott bezeugen Adventisten mit unzähligen anderen Christen aus Vergangenheit und Gegenwart.

      https://www.adventisten.de/ueber-uns/unsere-glaubensueberzeugungen/2-die-dreieinigkeit/

      Löschen
    5. Göttliche Person – persönlicher Gott



      Die Fülle der biblischen Aussagen über den Geist Gottes – der hebräische Begriff "ruach" wird 136 Mal auf Gott bezogen, auch das griechische pneuma wird häufig auf ihn angewandt – lässt sich so auf den Punkt bringen:
      Der Heilige Geist ist der unsichtbar und doch spürbar in der Welt wirkende Gott, er ist Gottes universale und zugleich personale Gegenwart (Psalm 139,7). Wo immer Gott in diese Welt und in das Leben von Menschen eingreift, begegnet er uns als der Geist. Ob als himmlischer Vater oder als erhöhter Christus – wenn Gott zu uns kommt, dann kommt er in der Form des Geistes zu uns (Johannes 4,24; 2 Korinther 3,17f.)

      https://www.adventisten.de/ueber-uns/unsere-glaubensueberzeugungen/5-der-heilige-geist/

      In diesem Sinne hatte Jesus das Kommen des „Parakleten“ (Beistand) als sein eigenes Kommen zu den Jüngern angekündigt (Johannes 14,16-19). Indem der Heilige Geist bei uns ist, ist Gott selbst bei uns. Die Frage: „Ist der Heilige Geist eine Person oder eine Kraft?“ erweist sich somit als eine falsche und irreführende Alternative. Versteht man den Geist nämlich nur als göttlichen Einfluss und geheimnisvolle Wirkkraft, dann geht das Bewusstsein dafür verloren, dass uns der ewige Gott persönlich begegnet und anspricht. Deshalb wundert es nicht, dass dem Heiligen Geist Verstand (Lukas 12,12; 1 Korinther 2,10f.), Gefühl (Epheser 4,30), Wille (Apostelgeschichte 16,6f.; 1 Korinther 12,11), Tat (Apostelgeschichte 20,28; 2 Petrus 1,21) und Rede (Apostelgeschichte 10,19; 11,12; 13,2) zugeschrieben werden – Fähigkeiten, die nur eine Person hat.
      Dass im Grundtext bei Johannes 16,13.14 das sächliche pneuma (griech.: das Geist) mit dem männlichen Fürwort „jener“ verbunden ist („Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit kommen wird …“) zeigt, dass Johannes dem Geist eine eigene Persönlichkeit zuerkannte.

      Ist der Heilige Geist aber ein göttliches „Du“ (und nicht nur ein unpersönliches „Es“), dann hat das weitreichende Folgen für unser Verhältnis zu ihm. Denn dann geht es nicht mehr darum, sich dieser göttlichen Wunderkraft zu bedienen und sie für uns nutzbar – oder gar gefügig – zu machen. Vielmehr ist das Denken auf den personalen Gott selbst ausgerichtet, der uns als Heiliger Geist begegnen und prägen will.

      Was Mose und Elia mit Gott erlebten, was Apostel und Propheten von ihm sahen und hörten, ist in gewissem Maße auch heute erfahrbar. Der unsichtbare, unerreichbare und unnahbare Gott will, „dass die Menschen ihn suchen, damit sie ihn vielleicht ertasten und finden könnten. Denn er ist ja jedem von uns ganz nahe.“ (Apostelgeschichte 17,27 GNB)

      Im Heiligen Geist – das hebräische Wort "ruach" bedeutet Wind, Hauch, Atem – kommt uns Gott so nahe, dass man so etwas wie seinen „Hauch“ spüren kann.

      Löschen
  2. Holger Jahndel gibt einen Link zu einem Artikel: https://www.geolitico.de/2018/01/10/der-verlust-des-weltenlogos/

    Dort wird behauptet, Johannes habe, als er vom "logos" sprach, ganz im Sinne anderer Autoren die damit verbundene Begrifflichkeit gemeint und bestätigt:

    "Der hochgebildete Johannes stand in der Tradition einer tiefen philosophischen Anschauung, der Logos-Lehre, die von dem Griechen Heraklit (ca. 520-460 v.Chr.) ihren Ausgang genommen hatte, in der stoischen Philosophie weiter ausgebaut wurde und bei den Juden sowie den Römern weite Verbreitung fand." (s. Link oben)

    Tatsache ist, dass in dem Evangelium, das wir Johannes zuschreiben, im Prolog der "logos" Gottes vorkommt.

    Als Philosoph und Literaturwissenschaftler, der sein Handwerk versteht, stellt man nun erst mal Fragen, bevor man vorschnell etwas behauptet:

    1. Was meint "logos" hier in diesem Text selbst und wie kann man den Text zunächst aus sich selbst heraus, dem Wortlaut nach, verstehen?

    2. Bleibt an dem Text, wenn man ihn erst einmal selbst als Zeugnis nimmt etwas offen, unverständlich, unklar?

    3. Kommt der Begriff "logos" sonst in der griechischen Schrift vor? Und wenn ja, welcher Befund lässt sich hier stellen? Wie wird er anderswo verwendet (einschl. der alltäglichen und häufigsten Bedeutung!)?

    4. Weist der Prolog literarische Anklänge an andere Texte auf (etwa "Bereschit")?

    Haben wir all diese Fragen einigermaßen beantwortet kommt nun die Frage, die weder Sie noch die Autoren, denen Sie folgen, stellen:

    6. Welche Anhalspunkte haben wir zur Interpretation dieses Proplogs im Gesamtbefund der antiken Quellen?

    Und hier ist nu wirklich sehr vieles denkbar - alles von "Johannes ist hochgebildet und plappert dem Philo alles nach" bis hin zu Johannes war ganz unbedarft und schrieb das aus einem eigenständigen Horizont heraus.
    Da letzteres möglich aber nicht sehr wahrscheinlich ist, kann man auf der Sklala etwas nach oben gehen und auch in Erwägung ziehen, dass Johannes etwa eine korrigierende oder sogar polemische Antwort auf bestehende Logos-Philosophien gibt.
    Das alles ist in Fachkreisen umstritten, was selbst die parteiische Wikipedia zugibt:

    "Die Rekonstruktion der geistesgeschichtlichen Einflüsse auf den Johannesprolog ist bis heute nicht völlig geklärt. Wichtig sind in diesem Zusammenhang unter anderem mögliche Einflüsse des hellenistischen Judentums wie auch der Stoa. Bereits Justin der Märtyrer stellt indirekt heraus, dass der christliche Logosbegriff pagane Vorgänger hat, und nennt dabei unter anderem Sokrates, Heraklit, Mercurius und Platons Weltseele.[4] Zugleich aber steht der Johannesprolog im Zusammenhang mit der hebräischen Bibel: Die Formulierung „Gott sprach“ aus Genesis 1, die Weisheit (Weish 9,1–2) und das „Wort Gottes“ an die Propheten (z. B. in Jes 1,10 EU: „Hört das Wort Gottes“) verdeutlichen dies.

    Der Johannesprolog stellt eine wichtige Grundlage für die systematische Christologie und – gemäß der Übersetzungsvariante der Einheitsübersetzung – für die dogmatische Interpretation in der Trinitätslehre dar." (https://de.wikipedia.org/wiki/Logos)

    Es wird also sogar aus den Wiki-Zitaten deutlich, dass die Übersetzung hier viel ausmacht und man mithilfe der Übersetzung eine bestimmte Lehre unterstützen will.
    Frage ist nur, was an Lehre herauskommt, wenn man nicht so voreingenommen an den text herangeht und ihn nicht als Projektionsfläche von Dingen missbraucht, die man vorher schon festgelegt hat.

    Über die wissenschaftliche Diskussion zur frühjüdischen/hellenistischen Philosophie kann man sehr gut lesen: Peter Schäfer: Zwei Götter im Himmel. Gottesvorstellungen in der jüdischen Antike. 2007

    Das wird dieses undifferenziert-esoterisch-fundamentalistische Geschwurbel sachlich etwas geraderücken, sofern noch lernoffen und aufrichtig.

    Ansonsten folge jeder dem Weg, von dem er glaubt, er sei der richtige.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. @Zeitschnur:

      Die vollständige Regensburger Vorlesung von Benedikt XVI. Was der Papst wirklich gesagt hat und wo man was selbst hören und lesen kann.

      https://opusdei.org/de-de/article/die-vollstandige-regensburger-vorlesung-von-benedikt-xvi/

      Zur Verschwisterung der christlichen Theologie mit der griechischen Philosophie - Im Gegensatz zum Islam, wo der griechische Logos-Begriff im Koran vollständig fehlt - und damit die von ihm abgeleitete LOGIK als natürliche Vernunft und Ratio-nalität und auch die von ihm abgeleitete ETHIK als natürliche verünftige Moral und das natürliche Sittengesetz , welches der Apostel Paulus auch den gerechten und vernünftigen unter den Heiden zubilligte. Welche gemäß dem Logos als "Weltseele" und "Weltvernunft" handeln...dem universellen Weltgesetz nach, welches in der griechischen und römischen Philosophie etwa der Philosophenschule der Stoiker mit ihrer Lehre der Stoa die göttliche Schöpfungsordnung des Kosmos war usw.

      Löschen
  3. Die "Bibel in gerechter Sprache" übersetzt auf ihre Weise

    https://www.bibel-in-gerechter-sprache.de/wp-content/uploads/logossarx.pdf

    AntwortenLöschen
  4. Wie die Kirche Geschichte umschrieb
    Maria Magdalena, die erste Päpstin?

    Ein uralter Papyrus deutet darauf hin, dass die Christenheit heute anders aussehen könnte. Denn danach war Maria Magdalena wichtiger als die Apostel, doch der Text wurde von der Kirche aussortiert und blieb lange geheim. Von Dietmar Pieper mehr...

    http://www.spiegel.de/plus/maria-magdalena-war-die-gefaehrtin-von-jesus-die-erste-paepstin-a-00000000-0002-0001-0000-000161498557

    AntwortenLöschen
  5. Beim Lesen Ihrer Antwort in Ihrem Blog dachte ich, dass unsere Vorstellungen nicht wirklich weit auseinander liegen, denn Sie betonen, dass Maria nicht von sich aus zeugen konnte, sondern des Geistes / der Kraft Gottes bedurfte. Das bezeugte sie selbst in ihrem Lobgesang: "Denn Großes hat der Mächtige an mir getan". So können Mann und Frau kein Leben erwecken, das ist Gottes Sache, wie Sie ja betont mehrfach haben.
    Aber genau das spricht zum Einen für die Sichtweise, dass in Apg 13 mit dem "hat erweckt" (nach ELB) die Zeugung und Geburt sowie die Sendung (Bevollmächtigung) Jesu gemeint ist, und erst mit dem "auferweckt aus den Toten" eben die Auferweckung aus den Toten beschrieben wird. Unterstützt wird dies mE durch das Zeugnis Gottes an und über Jesus: "Du bist / dies ist mein geliebter Sohn." Das geschah lange vor der Auferweckung aus den Toten.
    Weitere Belege dafür sind zB Apg 3,22, wo das selbe "anistemi" (StrNr. g450) verwendet wird in der Aussage: "Mose hat schon gesagt: "Einen Propheten wird euch der Herr, euer Gott, aus euren Brüdern erwecken, gleich mir. Auf ihn sollt ihr hören in allem, was er zu euch reden wird!"
    Es gibt noch ein anderes griechisches Wort, welches scheinbar synonym verwendet wird: egeiro (StrNr. g1453). Es beschreibt sowohl die "Erweckung" Davids zum König (Apg 13,22) als auch die "Auferweckung" Jesu aus den Toten (Eph 1,20).
    Es gibt für beide Worte und beide Varianten noch mehr Beispiele in der Bibel, sodass ich dabei bleibe möchte, in Apg 13 sowohl erstens vom erwecken zum Leben und Dienst; und zweitens vom auferwecken aus den Toten auszugehen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das Wort "anistemi" (auferwecken, auferstehen, sich erheben) hat ein weites Bedeutungsspektrum, und daraus kann man natürlich "nackt" (vom bloßen Wort her gesehen) beide Lesarten begründen.
      Um hier zu begründen, warum man zu welcher Auffassung neigt, muss man - das war mein Ansatz - dann "kontextuell" argumentieren. Sie argumentieren weniger (aber nicht gar nicht) kontextuell als mit einer Art Suche danach, wo das Wort noch vorkommt im Schriftbestand, und wie es da verwendet wird. Das wiederum tue ich zwar nicht gar nicht, aber weniger.
      Ihr Argument ist zunächst gewissermaßen "invers", etwa so: Wenn Gott immer derjenige ist, der das Leben eines Menschen erweckt, dann passt das doch auch hier in Apg 13, denn Jesus musste ja auch irgendwan einmal erweckt werden, um zur Welt zu kommen.
      Ja schon - nur ist es ja gerade fraglich, ob hier von dieser gottgewirkten "Erweckung" durch die bevollmächtigte Maria die Rede ist. Das folgt ja nicht aus der bloßen Tatsache, dass Jesus wie alle Menschen gottgewollt durch die Mutter "erweckt" wurde.
      Sie argumentieren weiter, dass bei der Taufe ja schon davon die Rede ist, dass Jesus "mein Sohn" sei, wie Gott aus dem Himmel spricht, eine geistige Erweckung also ebenfalls lange vor der Auferweckung aus dem Tod stattgefunden haben muss.
      Damit haben Sie natürlich auf einer bestimmten Ebene recht, aber ich merke gerade, dass hier ein viel tieferes gedankliches Problem begraben liegt: die vollständige Sohnschaft erhielt eine Vollendung und Gewissheit mit der Auferstehung in den zukünftigen Leib. Zuvor hätte immer noch "etwas schief gehen können", etwa wenn Jesus doch noch "nein" gesagt hätte... Und doch wird diese Sohnschaft erst vorausgesagt (Gabriel, Simeon), dann allmählich konkretisiert.
      Es ist eine Frage: liegt ein prozessuales Sohnsein vor, oder wie muss man sich das denken?
      DASS hier eine Entwicklung beschrieben wird, scheint klar zu sein, ob sie in der Apg 13-Stelle ausgedrückt wird, weiß ich nicht - in jedem Fall ist keine "Zeugung in Maria" ausgedrückt - denn zwischen der (gottgewirkten) "Erweckung" Jesu durch die bevollmächtigte Maria und der Taufe liegt ja ebenfalls noch einmal eine prozessuale Wegstrecke, wofür auch die Bemerkung spricht, dass der 12jährige Jesus erstaunlich begabt war, aber dennoch DANACH an "Weisheit zunahm" und "Gefallen fand bei Gott und den Menschen" (Lk 2). Das Lukas-Evangelium gibt uns hier gerade im Kap 2 eine Art Prozesskompass, inklusive der Visionen über dem Kind, angefangen beim Engel, der von Zukünftigem spricht (NICHT von Gegenwärtigem), zB durch Sätze wie "wird Sohn des Allerhöchsten genannt werden" - das kommt erst noch..., ebenso die Visionen Simeons und Hannas, die auf Zukünftiges verweisen, das naturgemäß noch nicht ist.
      Darüber können wir beide noch nachdenken - über diese Frage nach einer Prozessualität und Erfüllung, die vom Wort "anistemi" getragen würde.

      Löschen