Donnerstag, 19. Oktober 2017

Fake Heavens IV - "Bestand aus Wasser und durch Wasser": Die Urflut in der Heiligen Schrift



Fake Heavens IV -  "Bestand aus Wasser und durch Wasser": Die Urflut in der Heiligen Schrift

Einer Sicht, wie sie heute üblich ist, aber ihre Vorbilder und Initiatoren in der außerbiblischen kirchlichen Tradition hat, die sich an diesem Punkt bewusst der biblischen Überlieferung verweigerte, möchte ich mich aus Achtung vor der Schriftüberlieferung nicht anschließen.
Zur allgemeinen Skepsis gegenüber einer spekulativen, niemals „fertigen“ Wissenschaft kommt, dass eben diese moderne Astrophysik eine ganze Reihe von Annahmen macht, die mir nicht plausibel, tautologisch und darum auch nicht gerechtfertigt erscheinen. Ich schließe mich an dieser Stelle der Haltung von Laktanz aus dem frühen 4. Jh an (s.u.). Wenn man schon mit Augustinus meint, die Schrift sage uns zu wenig Gewisses über die Gestalt des Himmels, dann sollte man auch zugestehen, dass die griechisch-römischen Kosmologien, auch wenn sie viele spekulative Worte machten, noch viel mehr ohne irgendeinen empirischen Anhaltspunkt auskamen.
Einem generellen Vorbehalt gegenüber dem Denken und Wissen der Vorzeit möchte ich entgegenhalten, dass manche Überreste der vorzeitlichen Kulturen uns Fertigkeiten und Kenntnisse offenbaren, die den antiken, mittelalterlichen und heutigen offensichtlich weit überlegen und ein Rätsel sind. Es gehört ein gerüttelt Maß an Selbstüberschätzung dazu, diese Kulturen so herabzustufen und nicht für voll zu nehmen, wie dies in den neueren kosmologischen Annahmen verborgen liegt.
Ich wähle den Weg, das, was da überliefert wird, ganz ernst zu nehmen und im Hinblick auf mein Thema zunächst hinsichtlich der Rekonstruktion des biblisch überlieferten Sachverhaltes zu befragen.

Die gewichtigste Aussage macht naturgemäß der erste Schöpfungsbericht. Wir alle kennen die berühmten Anfangsworte des Alten Testaments (zitiert nach der EÜ) in Genesis 1:

1 Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde;
2 die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.
3 Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.
4 Gott sah, dass das Licht gut war. Gott schied das Licht von der Finsternis
5 und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag.
6 Dann sprach Gott: Ein Gewölbe entstehe mitten im Wasser und scheide Wasser von Wasser.
7 Gott machte also das Gewölbe und schied das Wasser unterhalb des Gewölbes vom Wasser oberhalb des Gewölbes. So geschah es
8 und Gott nannte das Gewölbe Himmel. Es wurde Abend und es wurde Morgen: zweiter Tag.
9 Dann sprach Gott: Das Wasser unterhalb des Himmels sammle sich an einem Ort, damit das Trockene sichtbar werde. So geschah es.
10 Das Trockene nannte Gott Land und das angesammelte Wasser nannte er Meer. Gott sah, dass es gut war.
11 Dann sprach Gott: Das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem Samen darin. So geschah es.
12 Das Land brachte junges Grün hervor, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, alle Arten von Bäumen, die Früchte bringen mit ihrem Samen darin. Gott sah, dass es gut war.
13 Es wurde Abend und es wurde Morgen: dritter Tag.
14 Dann sprach Gott: Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen Zeichen sein und zur Bestimmung von Festzeiten, von Tagen und Jahren dienen;
15 sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten. So geschah es.
16 Gott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht, auch die Sterne.
17 Gott setzte die Lichter an das Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde hin leuchten,
18 über Tag und Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es gut war.
19 Es wurde Abend und es wurde Morgen: vierter Tag.

In dieser Schöpfungserzählung hat die Erde Bestand aus und im Wasser. So bestätigt es auch der heilige Petrus, „dass es einst einen Himmel gab und eine Erde, die durch das Wort Gottes aus Wasser entstand und durch das Wasser Bestand hatte.“ (2. Petr 3, 5). Im Lateinischen klingt es etwas anders: „… quod cæli erant prius, et terra de aqua, et per aquam consistens Dei verbo.“ — „… dass vorher die Himmel waren, und die Erde aus Wasser und durch das Wasser Bestand erhielt durch das Wort Gottes…“. Das Wort „prius“ meint hier nicht, dass diese Schöpfung nicht mehr ist, sondern im weiteren Zusammenhang „vor“ der Sintflut lag.
Aus einem wirren Vorzustand der Urfluten, über denen Gottes Geist schwebte, schuf Gott „die“ Himmel („caeli“ bzw hebr. „schamajim“) und die Erde. Spontan fragt man, ob diese Himmel dieselben sind, in denen Gott mit seinen Heerscharen und Gewaltigen wohnt und ob der Ort Gottes vorher einfach der war, über diesen Urfluten zu „schweben“, oder ob es noch einen anderen göttlichen Ort gab, den der Mensch sich nicht vorstellen kann.
Wir finden in diesen Anfangssätzen der Genesis und im weiteren Verlauf der Kapitel 1 und 2 einige „Doppel- oder sogar Dreifachbedeutungen“ von Dingen:

1. „Licht“
Am ersten Tag spricht Gott, der doch selbst Licht ist, wie Johannes sagt, „Fiat lux!“ — „Es werde Licht!“, aber am vierten Tag erschafft er erst die Leuchten am Himmel, die uns sichtbares Licht spenden. Und bevor die Gestirne da sind, lässt er aus der Erde bereits das Gras sprießen. Der erste Tag ist ein Tag, an dem etwas getrennt wird: das neu erschaffene Licht von der vorhandenen Finsternis. Drei Arten von „Licht“ stehen im Raum: Gott selbst, der das Licht in Person ist, das Licht des ersten Tages und die Leuchten des vierten Tages, die erst den Tag und die Nacht „regieren“. Im Epheserbrief lesen wir, dass alles, was dem Licht Gottes in Christus standhält und sich zeigt, selbst Licht ist: „Omne enim, quod manifestatur, lumen est.“ — „Alles Erleuchtete aber ist Licht.“ (Eph 5, 13b)

2. „Himmel“
Die nächste Doppelbedeutung ist die des Begriffes „Himmel“. Am ersten Tag schafft Gott „die“ Himmel, aber wo war er bis dahin gewesen? Am zweiten Tag schafft Gott das „firmamentum“, ein festes Gewölbe über der Erde, das die Wasser über und unter der Erde begrenzt und einen Luftraum ausspart über dem Erdboden, den er von den Wassern unterhalb des Firmamentes trennt. So ist auch der zweite Tag ein Tag, an dem etwas getrennt wird: „Wasser von Wasser“ und „Wasser und Trockenes“. Und obwohl es vom ersten Tag heißt, Gott habe an ihm „die“ Himmel geschaffen, heißt es am Ende des zweiten Tages, Gott habe das neu geschaffene Firmament ebenfalls „Himmel“ genannt. Vielleicht kann man aber auch den Schluss ziehen, dass „die“ Himmel die Sphäre Gottes sind, seine Gefilde, die über dem „firmamentum“ oder „oben“ sind. Die Himmelsfeste ist dem Menschen Sinnbild und Wegweiser zu den Gefilden Gottes. Wie sie beschaffen sind, wurde visionär von einigen Propheten des AT und NT und vom Diakon Stephanus geschaut. Der Apostel Paulus wurde einmal bis in den „dritten Himmel“ entrückt, in dem er „unaussprechliche Worte“ hörte (2. Kor 12, 1 ff). Und der sterbende Stephanus sah den Himmel plötzlich offen und Jesus Christus zur Rechten Gottes stehen (Apg  7, 56) Diese begnadeten Menschen sahen und hörten etwas, das normalerweise in der Begrenztheit der Sinne nicht wahrgenommen werden kann, für einige Momente. Ein Schleier wurde vor ihren Augen gelüftet. Das spricht dafür, dass das menschliche Bewusstsein für weit mehr ausgelegt wäre als wir ahnen.

3. „Wasser“
Mehrdeutig ist auch das „Wasser“: Es gibt „t’hom“, die „abyssos“, die große Tiefe, die „Urflut“, und „Wasser“ („hamajim“, „aqua“), das Gott im befriedeten Erdkreis „Meer“ nennt. Vom ungenießbaren, stehenden Meerwasser wird lebendiges, frisches, fließendes Wasser unterschieden.
Die Erde war zunächst „Tohuwabuhu“ (wüst und wirr) und von „den“ Wassern bedeckt, der „Urflut“ (hebr „t’hom“), die mit „Finsternis“ verbunden ist. Der Geist Gottes (hebr. „ruach elohim“) „schwebte“ über „den“ Wassern (hebr. „hamajim“).
Aus dieser Urflut, diesen enormen Wassermassen, schuf Gott die Erde. Die Himmel scheinen zuerst gewesen zu sein. Die Beschreibung aus der Genesis, die ich zitiert habe, lässt folgenden Sachverhalt entstehen:
Gott erschafft eine Art „Luftblase“ in den Wassern. Es ist ein Gewölbe mit einem Grund, der zunächst aus überfluteter Erde besteht, oder einem Wasserschlamm, und einem Firmament, also einer Himmelsfeste, die die Wasser davon abhält, in diese „Luftblase“ hineinzufließen. Dieses Firmament trennt uns nicht nur von der Urflut oberhalb der Erde, sondern auch von „den“ Himmeln, in denen Gott, späteren Texten des AT gemäß,  seinen Regierungssitz hat. Gott gebietet dem Wasser, das den Grund der Blase noch bedeckt, sich von dem festen Erdigen zurückzuziehen, damit die Erde als „Trockenes“ Bestand haben kann. Der Grund der Erde besteht aus Land und Urfluten-Wasser, das Gott „Meer“ nennt. Unter dem Erdboden sind ebenfalls Wasser. Aus ihnen speisen sich die Flüsse als „geklärtes“ Wasser und zugleich das wilde, ungeläuterte Meer.
Aus den trockenen Bestandteilen der Urflut, die Gott als „Land“ oder „Erde“ (hebr. „adama“) bezeichnete, schuf er am Schluss Adam und aus dessen bereits geformter Substanz schuf er Eva.
Vom Garten Eden ging ursprünglich ein Hauptstrom aus, um die Erde mit „gutem“, „geläutertem“, „lebendigem“ Wasser zu bewässern, und teilte sich in vier große Flüsse, deren Geografie uns in Gen 2, 10 ff genau beschrieben wird. Dass wir sie dem, was wir heute kennen, nicht mehr genau zuordnen können, liegt daran, dass die Erde, das Land nach der Sintflut zur Zeit des Urururenkels Noachs „geteilt“ (Gen 10, 25), vermutlich als die eine Landmasse auseinandergerissen und im ungeläuterten Meer verteilt wurde.
Die Erzählung von der Sintflut in Gen 7 erklärt den Vorgang dieses Weltuntergangs aus der Beschreibung der Schöpfung in Gen 1:
„11 (b) An diesem Tag brachen alle Quellen der gewaltigen Urflut auf und die Schleusen des Himmels öffneten sich.
12 Der Regen ergoss sich vierzig Tage und vierzig Nächte lang auf die Erde.“
„T’hom“ , die „Urflut“, die „Abyssi“ brachen also auf und entließen ungeheure Wassermassen nach oben auf den Erdboden und füllten die Erde wie eine Wanne „fünfzehn Ellen über die Berge hinaus“ (V 15). Von oben regneten die Wassermassen über dem Firmament in die Erde hinein, und von unten brach die Urflut für 40 Tage ungebremst nach oben. Insgesamt also ein Szenario, das auf einer „Erdkugel mit Atmosphäre und umgebendem Hochvakuum“ schwer vorstellbar sein dürfte. Das ging so lange, bis Gott die „Schleusen“ wieder verschloss:
„2 Die Quellen der Urflut und die Schleusen des Himmels schlossen sich; der Regen vom Himmel ließ nach
3 und das Wasser verlief sich allmählich von der Erde.“ (Gen 8)

Im AT wird 36mal Bezug genommen auf die Urflut, etwa in der Erzählung vom Auszug aus Ägypten, als die Rosse und Streitwagen des Pharaos im Schilfmeer versanken, während die Hebräer trockenen Fußes durch das Rote Meer wandern konnten, das ihnen eine Gasse freigab auf Geheiß Gottes. Die Kraft des Schöpfers, Trockenes und Feuchtes zu scheiden, scheint hier auf. In V 5 taucht die „Urflut“ wieder auf:
 „4 Pharaos Wagen und seine Streitmacht warf er ins Meer. Seine besten Kämpfer versanken im Schilfmeer.
Fluten deckten sie zu, sie sanken in die Tiefe wie Steine.
6 Deine Rechte, Herr, ist herrlich an Stärke; deine Rechte, Herr, zerschmettert den Feind.
7 In deiner erhabenen Größe wirfst du die Gegner zu Boden. Du sendest deinen Zorn; er frisst sie wie Stoppeln.
8 Du schnaubtest vor Zorn, da türmte sich Wasser, da standen Wogen als Wall, Fluten erstarrten im Herzen des Meeres. (Ex 15, 8)

Berühmt auch die Geschichte von Jona, dem Propheten, der nicht prophezeien, und über das Meer vor seinem Auftrag fliehen wollte, und am Ende von seinen Schiffsgenossen, die im Toben der Fluten ein Gericht Gottes über einen der Reisenden erkannten, ins Meer geworfen wurde, um dessen Aufruhr zu beruhigen (Jon 2):
„3 In meiner Not rief ich zum Herrn und er erhörte mich. Aus der Tiefe der Unterwelt schrie ich um Hilfe und du hörtest mein Rufen.
4 Du hast mich in die Tiefe geworfen, in das Herz der Meere; mich umschlossen die Fluten, all deine Wellen und Wogen schlugen über mir zusammen.
5 Ich dachte: Ich bin aus deiner Nähe verstoßen. Wie kann ich deinen heiligen Tempel wieder erblicken?
6 Das Wasser reichte mir bis an die Kehle, die Urflut umschloss mich; Schilfgras umschlang meinen Kopf.
7 Bis zu den Wurzeln der Berge, tief in die Erde kam ich hinab; ihre Riegel schlossen mich ein für immer. Doch du holtest mich lebendig aus dem Grab herauf, Herr, mein Gott.“

In einem Gebet des Propheten Habakuk wird ebenfalls Bezug genommen auf diese Beschaffenheit der Erde und vermutlich den Vorgang der Sintflut (Hab 3):
 „9 (b) Du spaltest die Erde und es brechen Ströme hervor.
10 dich sehen die Berge und zittern, tosender Regen prasselt nieder; die Urflut brüllt auf und reckt ihre Hände empor.“

Und der Psalmist (Ps 77) erinnert sich der Großtaten Gottes, indem er ihn  preist als den Herrn der Urflut, der die Sintflut über alles Fleisch kommen ließ:
„17 Die Wasser sahen dich, Gott, die Wasser sahen dich und bebten. Die Tiefen des Meeres tobten.
18 Die Wolken gossen ihr Wasser aus, das Gewölk ließ die Stimme dröhnen, auch deine Pfeile flogen dahin.
19 Dröhnend rollte dein Donner, Blitze erhellten den Erdkreis, die Erde bebte und wankte.
20 Durch das Meer ging dein Weg, dein Pfad durch gewaltige Wasser, doch niemand sah deine Spuren.“

Gott fragt den klagenden Job herausfordernd (Job 38):
„16 Bist du zu den Quellen des Meeres gekommen, hast du des Urgrunds Tiefe durchwandert?(…)
 30 Wie Stein erstarren die Wasser und wird fest die Fläche der Flut.

Und im Weisheitslied wird gesungen (Job 28):
„12 Die Weisheit aber, wo ist sie zu finden und wo ist der Ort der Einsicht?
13 Kein Mensch kennt die Schicht, in der sie liegt; sie findet sich nicht in der Lebenden Land.
14 Die Urflut sagt: Bei mir ist sie nicht. Der Ozean sagt: Bei mir weilt sie nicht.“

In den Weherufen über Tyrus (Ez 26) heißt es:
„19 Denn so spricht Gott, der Herr: Ich mache dich zur verwüsteten Stadt; dann wirst du wie die Städte sein, die nicht mehr bewohnt sind. Die Urflut lasse ich steigen, sodass gewaltige Wassermassen dich zudecken.“

Traditionell sind die „Städte, die nicht mehr bewohnt sind“, Sodom und Gomorrha. Wo sie einst waren, lag das „Tal Siddim, das heute Salzmeer heißt“ (Gen 14, 3). Dieses Tal war „voller Erdpechgruben“ (Gen 14, 10), in die die bösartigen Könige von Sodom und Gomorrha hineinfielen.
Es gibt sie noch als versunkene Orte. Wo sie einst waren, befindet sich das „Tote Meer“. Sein Wasserspiegel liegt ca. 400m unter dem normalen Meeresspiegel. In seinen Tiefen haben viele schon versteinerte Bäume, Gebäude und Ruinen gesehen und bezeugt.[1] Das „mare mortuum“ („Totes Meer“) oder hebr. „Jam hamelach“ („Salzmeer“) kann man als ein Mahnmal und abgesenktes Tor der lebensfeindlichen Urfluten ansehen. In der Antike nannte man dieses Meer auch „Asphalt-Meer“. Der Salzgehalt liegt teilweise bei 33%, während er bei den Ozeanen nur bei 3% liegt. Alles Meeres-Salzwasser ist für den Menschen ungenießbar. Das Tote Meer verdeutlicht diese Tatsache durch ein Extrem. Es ist kein lebendiges Wasser, dessen Genuss Leib und Seele zu beleben vermag. Das Tote Meer ist eine Pforte des „t’hom“.

In den Weherufen über Ägypten spricht Gott (Ez 31) auch einen Fluch aus, der den totalen Wasserentzug und das Vertrocknen und Verwüsten bedeutet. Aus dem „t’hom“ generiert Gott geläuterte und lebendige Wasser, die durch die Sünde aber versiegen können:
„15 So spricht Gott, der Herr: Wenn die Zeder in die Unterwelt stürzt, dann lasse ich die Flut in der Tiefe versiegen, ich decke sie zu; ich halte ihre Ströme zurück, sodass der Reichtum an Wasser versiegt.“

Dieser Befund ist zunächst, was den Bestand der Erde aus und im Wasser betrifft, eindeutig. Himmel und Erde sind insgesamt umgeben von den Urfluten. Aber die Urflut schwappt auch hinein oder hinauf auf die Erde. Und alles, was auf der Erde ist, wurde aus Bestandteilen dieser Urflut geschaffen. Gott hat schon begonnen, aus ihr segensreiches, lebendiges Wasser zu generieren. Aber das Wasser kann immer wieder zurückfallen in eine negative, chaotische Programmierung oder besser „De-Programmierung“ in diesem Äon. Gott hat aus der Nicht-Ordnung, dem „t’hom“ heraus Ordnungen geschaffen. Im „t’hom“ ist keine Weisheit, heißt es im Buch Job (s.o.). Es bleibt im Geheimnis, warum das so ist und was es uns andeutet. Das Ziel aber wird sein, dass dieses „t’hom“ „nicht mehr sein wird“ (s.u.). Man kann daraus den Eindruck gewinnen, Gott habe den Menschen von Anfang an in einen Erlösungsplan gestellt, der eine weit größere Dimension hat als nur den Sündenfall des Menschen selbst.
Das heißt hinsichtlich der Kosmologie:
Um uns herum ist kein „Vakuum“, in dem andere Gestirne Lichtjahre entfernt herumkreisen, sondern um unsere Schöpfung herum ist die Urflut. Die Gestirne sind, wie ich es aus Gen 1 zitiert habe, von Gott ans Firmament  gesetzt und „Lichter“ oder „Leuchten“. Hebräisch heißen sie „me’orot“. Das bedeutet „Leuchtkörper“. Sie leuchten demnach alle selbst und keiner ist, wie man es so oft behauptet, „Reflektor“ eines anderen. Der hebräische Begriff schließt förmlich aus, dass es sich um Reflektoren handeln könnte. Die oft für einen einzigen Leuchtkörper verwendete Pluralform weist darauf hin, dass es sich um einen Körper handelt, der in sich mehrfältig leuchtet. Wie genau sie leuchten, nach welcher „Technik“, wird uns aber hier nicht weiter ausgeführt.
Diese Ordnung wollten die Menschen vor der Sintflut auch nicht glauben. Sie verlachten Noach und anschließend nützte ihnen der kollektive Spott nichts — alle gingen sie unter und vergingen, als das Wasser, das sie nicht für möglich gehalten hatten, von unten und oben über sie kam. Die Überlieferung, die viele Christen kennen, nach der Sintflut hätten sich Meere vertieft und Berge erhoben, kann man auch in Bezug setzen dazu, dass diese Schlammflut wesentlich mehr „trockene Partikel“ aus dem Schlamm in die Erde hineingespült hat, aber zugleich nach unten in die Tiefen hinein weggebrochen sein könnte.
Nach der großen Flut sagte Gott nach dem Bericht der Genesis (9, 11 ff):

„11 Ich habe meinen Bund mit euch geschlossen: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.
12 Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen:
13 Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde.
14 Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken,
15 dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch vernichtet.“

Gott verspricht allen Wesen, die durch Wasser vergehen können, dass er nicht noch einmal durch eine solche Entfesselung der Urfluten alles Leben vernichten will. Das Bundeszeichen, der Regenbogen, steht nach wie vor in den Wolken — es hat sich demnach die Beschaffenheit von Himmel und Erde grundsätzlich und die Urflut nicht geändert, andernfalls könnte Gott den Regenbogen ja nun weglassen.

Die Gründe für die Sintflut lagen in einer Vermischung der Engel mit dem Menschen, die ungeheure Sünde und Gewalt nach sich zog, um deretwillen der Bestand der Menschheit sowohl genetisch als auch im Sinne eines Lebens in Frieden gefährdet war. Auch die Beziehung zwischen Tier und Mensch müssen von Grausamkeit geprägt gewesen sein. Gott droht den Tieren nach der Sintflut an, dass sie in Schrecken vor dem Menschen leben müssten, für jeden Mord an einem Menschen ebenfalls geradestehen müssen im Gericht und vom Menschen gegessen werden dürfen mit Ausnahme des Blutes. Den Blutgenuss hat Gott ausdrücklich für die gesamte Menschheit nach der Sintflut verboten (Gen 9). Dieses Urgebot hat die frühe Kirche ausdrücklich auf dem ersten Apostelkonzil noch einmal auch für alle Heidenchristen bestätigt (Apg 15, 20). Die mittelalterliche Kirche meinte, die habe das Recht, dieses Urgebot aufzuheben, obwohl es von den Kirchenvätern (Justin der Märtyrer, Clemens von Alexandrien, Tertullian, Cyrill von Jerusalem, Cassian, um nur einige zu nennen) als allgemeines und absolutes Gottesgebot angesehen worden (selbst noch Papst Calixtus II. wiederholte den Verbot des Blutgenusses 1120 für die ganze Kirche!) und bis zum Beginn der Scholastik in der weströmischen Kirche auch auf mehreren Konzilien bestätigt worden war. Die orthodoxen Kirchen halten daran bis heute fest und einige evangelikale Gruppen.[2] Im Blut, so lehrt das AT, sei „das Leben“. Das Leben gehört nur Gott allein. Wer das Leben eines anderen Wesens aus Fleisch säuft, vergeht sich an Gott selbst. Das Blut gemahnt an die Urflut und die Beschaffenheit der Fleischwesen aus Wasser und trockenen Bestandteilen, die Gott lebendig gemacht hat. Das Urverbot des Blutgenusses hat einen tiefen Sinn und Zusammenhang mit der Urflut, dem Odem Gottes und der Schöpfung des Fleisches aus dem Wasser.

Der Bestand der Urflut im kosmologischen Heilskontext wird an einem kultischen Detail im salomonischen Tempel sichtbar: Im Tempel wird ein „Meer“ als Kultgegenstand genutzt, ein Sinnbild der Urfluten. Im 2. Chronikbuch heißt es in Kapitel 4:

„2 Dann machte er das «Meer». Es wurde aus Bronze gegossen, maß zehn Ellen von einem Rand zum andern, war völlig rund und fünf Ellen hoch. Eine Schnur von dreißig Ellen konnte es rings umspannen.
3 Unterhalb seines Rands waren rundum Bilder von Rindern. In einem Band von dreißig Ellen Länge umsäumten sie das Meer ringsum in zwei Reihen. Sie wurden bei seinem Guss mitgegossen.
4 Das Meer stand auf zwölf Rindern. Von ihnen schauten drei nach Norden, drei nach Westen, drei nach Süden und drei nach Osten. Das Meer ruhte oben auf den Rindern. Ihre Hinterteile waren nach innen gekehrt.
5 Die Wand des Meeres war eine Handbreit dick. Sein Rand war wie der Rand eines Bechers geformt, einer Lilienblüte gleich. Es fasste dreitausend Bat.
6 Auch machte er zehn Kessel, von denen er fünf an die Südseite und fünf an die Nordseite brachte. Sie dienten für die Waschungen; was zum Brandopfer gehörte, sollte man in ihnen abspülen. Das Meer war für die Waschungen der Priester bestimmt. (…)
10 Das Meer stellte er an die Südseite des Hauses gegen Südosten. (…)“

Der Ort des „Meeres“ erhält später einen genaueren Sinn, ebenso auch seine Funktion für kultische Reinigungen der Opfergeräte und der Opferpriester (s.u.).
Die protestantische Theologin Michaela Bauks schreibt dazu:

„Das Urmeer spielt nicht nur beim Weltbeginn, sondern auch im Zuge des Nachdenkens über die Endzeit (…) eine wichtige Rolle. In der Jesaja-Apokalypse findet sich der mit dem ugaritischen Text KTU I 1.5 1ff. verwandte Text Jes 27,1. An einem von JHWH erwählten Tag treten Meer und Chaosdrachen als Feinde Gottes auf, die sich Gottes Herrschaft ergebnislos entgegen stellen, woraufhin eine neue Ära folgt (vgl. Dan 7,1-14; Apk 13,1), in der es das Urmeer in neutestamentlicher Vorstellung nach der erwarteten Neuschöpfung von Himmel und Erde nicht mehr geben wird (Apk 21,1). In Sach 14,6-9 ist die Chaosmotivik verkehrt, indem nämlich hoffnungsvoll davon die Rede ist, dass am Tag JHWHs lebendiges Wasser aus Jerusalem fließen wird (der segensstiftende Charakter der תְּהוֹם təhôm findet sich auch in Gen 49,25).“[3]

Die Wendung, dass aus dieser chaotischen Urflut, dem „t’hom“ auch Segen erwachsen soll, findet sich als Motiv im AT vom „lebendigen Wasser“ oder „frischen Wasser“, von entspringenden Quellen und Flüssen in Gärten und am Tempel Gottes, aber auch im „Gerettetwerden aus dem Wasser“ und im NT in der Taufe wieder. In der rabbinischen Interpretation steht die Urflut, wie sie im AT gezeichnet wird, für die Gottfeindlichkeit und das Chaos, im letzten Ende für das Böse. In den zitierten Schriftstellen in diesem Text steht das Urwasser oder Meer Gott entgegen und muss von ihm gebändigt werden. Es ist Nicht-Ordnung, Nicht-Schöpfung, wird von Gott begrenzt und von der Schöpfung zurückgehalten, versucht aber immer wieder in ihr dann aufzubegehren, wenn Menschen sich von den Ordnungen Gottes entfernen. Die Sünde des Menschen löst unmittelbar die Schöpfungsordnung auf bzw „zerstört die Natur“ (wie man heute sagen würde). Als ein heftiger Wind Jesus und die Jünger auf dem See in den Aufruhr der Wasser geraten ließ und ihr Boot bereits unter Wasser stand und Jesus immer noch schlief, als sei nichts geschehen, erhob sich Jesus zuletzt doch aus dem Schlaf und gebot dem Aufruhr, und die verstörten Jünger fragten: „Was ist das für ein Mensch, dass sogar die Winde und das Wasser seinem Befehl gehorchen?“ (Lk 8, 25) Eine Bevölkerung von Orten, die sich gegen die Ordnungen Gottes stellt, kann auch nach der Sintflut mit einer Flutung durch das „t’hom“ rechnen, wie uns der Untergang Sodoms und Gomorrhas und die Weherufe über Tyrus gezeigt haben. Der Zusammenhang scheint in der Vorzeit allen Menschen bekannt gewesen zu sein. Auch die heidnische Mythologie kennt Mythen von versunkenen Städten („Atlantis“). Das christliche Abendland kennt sogar Mythen von versunkenen Kathedralen.[4] Der buchstäbliche „Untergang“ von Städten und Kulturen gemahnt uns auch in der deutschen Sprache noch an die Sicht unserer Vorfahren auf das, was dabei geschieht: etwas versinkt im Meer, im Abgrund und wird nicht mehr gesehen.

In der jüdischen Tradition ist die Urflut Brackwasser, durchsetzt von lebensfeindlichen Partikeln, Schlammwasser, Salzwasser, ungenießbar und lebensfeindlich. Von größter symbolischer Bedeutung daher, dass die Israeliten durch ein solches Chaosmeer („Schilfmeer“) aufgrund des Befehls Gottes über den Fluten trockenen Fußes hindurch schreiten konnten, gleich danach aber erlebten, wie die Fluten ihre Macht zurückeroberten und die Ägypter verschlangen. Auf einem Schilfrohr reicht man dem sterbenden Jesus später ungenießbare Flüssigkeit, als ihn dürstet — welch eine tiefe Symbolik steckt in diesem einen Detail!
Die rabbinische Literatur stellt dem Brackwasser des „t’hom“ das „lebendige Wasser“ gegenüber, das den Durst der Lebendigen stillen kann und identisch mit dem „Wort Gottes“ ist.[5] Es gibt so etwas wie geläutertes oder geklärtes Wasser, geheiligtes Wasser. Symbolhaft scheint auch die Scheidung von sterblichen Blutpartikeln und Wasser aus der Seite Jesu am Kreuz auf, und der Gesang „Vidi aquam (egredientem de templo a latere dextro…)“ („Ich sah Wasser (hervortreten aus dem Tempel von der rechten Seite…)“), der in der Osterzeit gesungen wird und die Visionen in Ez 47 aufgreift, weist auf das lebendige Wasser hin, das aus der Urflut geläutert wird. Ezechiel sah unter der Tempelschwelle lebendiges Wasser hervorfließen, etwa da, wo im salomonischen Tempel das „Meer“ stand:

 „1 Dann führte er mich zum Eingang des Tempels zurück und ich sah, wie unter der Tempelschwelle Wasser hervorströmte und nach Osten floss; denn die vordere Seite des Tempels schaute nach Osten. Das Wasser floss unterhalb der rechten Seite des Tempels herab, südlich vom Altar.
2 Dann führte er mich durch das Nordtor hinaus und ließ mich außen herum zum äußeren Osttor gehen. Und ich sah das Wasser an der Südseite hervorrieseln.
3 Der Mann ging nach Osten hinaus, mit der Messschnur in der Hand, maß tausend Ellen ab und ließ mich durch das Wasser gehen; das Wasser reichte mir bis an die Knöchel.
4 Dann maß er wieder tausend Ellen ab und ließ mich durch das Wasser gehen; das Wasser reichte mir bis zu den Knien. Darauf maß er wieder tausend Ellen ab und ließ mich hindurchgehen; das Wasser ging mir bis an die Hüften.
5 Und er maß noch einmal tausend Ellen ab. Da war es ein Fluss, den ich nicht mehr durchschreiten konnte; denn das Wasser war tief, ein Wasser, durch das man schwimmen musste, ein Fluss, den man nicht mehr durchschreiten konnte.
6 Dann fragte er mich: Hast du es gesehen, Menschensohn? Darauf führte er mich zurück, am Ufer des Flusses entlang.
7 Als ich zurückging, sah ich an beiden Ufern des Flusses sehr viele Bäume.
8 Er sagte zu mir: Dieses Wasser fließt in den östlichen Bezirk, es strömt in die Araba hinab und läuft in das Meer, in das Meer mit dem salzigen Wasser. So wird das salzige Wasser gesund.
9 Wohin der Fluss gelangt, da werden alle Lebewesen, alles, was sich regt, leben können und sehr viele Fische wird es geben. Weil dieses Wasser dort hinkommt, werden (die Fluten) gesund; wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben.“

In Johannes 7 identifiziert Jesus das geläuterte Wasser mit dem Heiligen Geist. Jeder, der von seinem Wasser trinkt, wird selbst zu einer nie versiegenden Quelle lebendigen Wassers:
„37b Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke,
38 wer an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.
39 Damit meinte er den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben; denn der Geist war noch nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.“

In der Episode am Jakobsbrunnen sagt Jesus zu einer samaritanischen Frau die überaus berührenden und unsterblichen, mit der vorigen Stelle übereinstimmenden Sätze:
„10 Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
11 „Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser?
12 Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden?
13 Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen;
14 wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.
15 Spricht die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zu schöpfen!“ (Joh 4)

Gott rettet seine Getreuen aus dem Toben der Urfluten — ob Noach, den er aus der Sintflut rettet und zum neuen Stammvater aller Menschen macht, ob es Mose ist, den er aus dem Nil retten lässt (Ex 2, 3) mithilfe einer kleinen Mini-Arche, die seine Mutter Jochebed aus Schilfrohr flocht und am Ende verpichte und dabei Gott nachahmte, der einst selbst die große Arche hinter Noach zuschloss (Gen 7, 16), und dessen Name, den ihm die Tochter des Pharaos gibt, laut Schriftwort heißt „Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen“ (V 10), Mose also, der später auf dem Sinai das Gesetz empfangen würde, oder ob es Jona ist (s.o.), oder ob es Job ist, dem sein Freund Eliphas schlimme Sünden unterstellt und dem von trockenen Geschwüren geplagten Mann vor Augen hält:
„10 Deswegen liegen Fallstricke rings um dich her und jäher Schrecken ängstigt dich
11 oder Dunkel, worin du nicht siehst, und Wasserflut, die dich bedeckt. (Job 22)

In Ps 28 (29), 3 lobt David den Herrn folgendermaßen:
Vox Domini super aquas ; Deus majestatis intonuit ; Dominus super aquas multas. (…) Dominus diluvium inhabitare facit, et sedebit Dominus rex in æternum.“ — „Die Stimme des Herrn klingt über den Wassern ; der Gott der Herrlichkeit donnert; der Herr über gewaltige Wasser. (…) Der Herr wohnte über der Sintflut, und der Herr thront als König in Ewigkeit.“
Das „diluvium“, hebräisch „mabul“, bedeutet die „große Flut“, die Sintflut. „Mabul“ hängt etymologisch mit „b’lal“ zusammen, dem Verb für „vermischen/verwirren“. „Mabul“ knüpft auch an das „Tohuwabohu“ des Anfangs an, die „Wirrsal“ (wie Buber sie nennt). Die Wasser, das „t’hom“, bedeutet Verwirrung und Vermischung. Schöpfung aber bedeutete, wie wir bereits sahen: trennen, ordnen. Der Herr ist trotz allem König über das Verwirrte und Vermischte, über das Durcheinander und Chaos.

Zuletzt sehen wir Jesus über das Wasser gehen, und der ängstliche, kleingläubige Petrus, der es ihm nachmachen könnte, versinkt in den Fluten, eben weil er nicht glaubt (Mk 6, 45 ff).

Die Taufe knüpft an all diese Bedeutungen an: sie ist Rettung aus der Flut und zugleich Läuterung von dieser Flut, sie führt zum frischen Wasser Jesu und macht den Getauften zum Empfänger des Heiligen Geistes und infolgedessen zum Quell lebendigen Wassers. Er ist eine erneute Schöpfung aus dem durch den Heiligen Geist lebendig „programmierten“ Wasser.

Am Ende der Zeiten wird das „Tier“, der Antichrist, „aus dem Meer aufsteigen“ (Apk 13, 1). Wenn der Satan und die Seinen überwunden sind, wird es das Meer nicht mehr geben:
„Das Meer ist nicht mehr.“ (Apk 21, 1)
Im nächtlichen Dialog mit dem Pharisäer Nikodemus sagt Jesus den geheimnisvollen Satz:
„Amen, amen dico tibi, nisi quis renatus fuerit ex aqua, et Spiritu Sancto, non potest introire in regnum Dei.“ — „Wahrlich, ich sage dir : wenn einer nicht wiedergeboren wird aus Wasser und dem Heiligen Geist, kann er nicht ins Reich Gottes eintreten.“
Aus dem Wasser als Chaos-Element, das durch den Geist geordnet und zurückgewiesen wird, muss der Mensch, der wie die ganze Schöpfung aus dem Wasser geschaffen wurde, wiedergeboren werden.
Jede Taufe ist eine Neuprogrammierung der Urflut und Begrenzung ihrer chaotischen Macht.

Das Wasser spielt ganz eindeutig eine gewaltige kosmologische und heilsgeschichtliche Rolle. Mit dem derzeit gängigen und auch von der Kirche vertretenen Weltbild wird diese Rolle jedoch so sehr verfehlt, dass wir uns in extreme Verrenkungen versteigen müssen, um all jene Schriftstellen überhaupt noch irgendwie „einordnen“ zu können. Insbesondere die Taufe hat im Grunde ihren tiefen und existentiellen Sinn durch das falsche Weltbild in der Kirche verloren. Wie so vieles hat sie keinen handgreiflichen Sinn mehr und wer nicht oberflächlich ist, mag sich einem oberflächlichen Sinn nicht anschließen und lässt seine Kinder gleich gar nicht mehr taufen. Die Einengung des Verständnisses auf ein „Reinigungsbad“ in einem moralistischen Sinn, erscheint den meisten Menschen mit Recht unannehmbar.

Mit der „kopernikanischen Wende“ ist uns das Verständnis für das, was die Kirche glaubt, immer mehr weggebrochen, und der mittelalterliche, nachträglich zur „zweiten Heiligen Schrift“ aufgebaute Thomas von Aquin hat dafür das „grüne Licht“ gegeben. Versuche, das „moderne wissenschaftliche Weltbild“ mit der tradierten Kosmologie zu versöhnen, obwohl letztere in der katholischen Kirche seit mindestens 1000 Jahren bereits stark in Frage gestellt ist, haben zu grandiosen philosophischen Leistungen geführt, die in der Kirche zunächst misstrauisch beäugt, aber sehr schnell rehabilitiert worden sind. Zentrales Beispiel dafür ist das Werk Teilhard de Chardins SJ, das vor allem von Spezialisten eingehender rezipiert wird. Ob ein solcher Versuch mit seinem gewaltigen Verfremdungsstoff wirklich dem Glauben dient, kann man angesichts der Verwüstungen in der Kirche mit Recht bezweifeln. Es hat neben vielem ähnlichen dazu beigetragen, den Glauben zu demontieren, die Menschen zu überfordern und zu verwirren, konnte aber nichts Stabiles aufrichten.
Wer das Glaubensgut einer jeweiligen wissenschaftlichen Mode unterwirft, nur um die Zeitgenossen nicht zu provozieren oder sich selbst nicht dem Spott auszusetzen, der darf sich nicht wundern, wenn der Glaube verloren geht und quasi „in den Urfluten versinkt“. Hätte Noach so argumentiert wie Thomas von Aquin an dieser Stelle (vgl. Fake Heavens III), wäre er nicht in der Arche gerettet worden.


[1] Sodom und Gomorrha. Suche unter Wasser. In: Der Spiegel, Ausgabe vom 20.4.1960. Online hier: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43065475.html (30.9.2017)
[2] Darüber berichtet knapp Gen 6, 1ff. Ausführlicher finden wir dazu Berichte in den ersten Kapiteln des äthiopischen Henochbuchs. Zum Verbot des Blutgenusses eine Zusammenfassung hier: https://hausgemeinde.files.wordpress.com/2016/03/gilt-das-blutverbot-immer-noch.pdf
[3] Michaela Bauks: Urmeer. Erstellt 2010. Permalink: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/33915/
[4] Claude Debussys Klavierstück „La Cathédrale engloutie“ (Die versunkene Kathedrale) geht auf einen bretonischen Mythos von der versunkenen Stadt Ker Ys zurück, die bei Douarnenez gelegen haben soll und bei der ein christlicher König seine Tochter dem Aufruhr der Fluten geopfert haben soll — allerdings ohne dauerhaften Erfolg.
[5] Dazu eine lesenswerte Studie von Karl-Heinrich Ostmeyer: Taufe und Typos: Elemente und Theologien der Tauftypologien in 1. Korinther 10 und 1. Petrus 3. Tübingen 2000 , S. 72ff

10 Kommentare:

  1. Urflut und Chaosmaterie!
    Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde;
    die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut.
    Wie konnte das geschehen? Musste Gott erst üben? Wusste er noch nicht, wie man eine richtige Welt erschafft?
    Auf den Gedanken könnte man kommen, wenn man Gott als Verursacher des Chaos ansieht, was sich aber mit seiner unendlichen Vollkommenheit nicht verträgt. Also muss jemand anderes das Chaos angerichtet haben.
    Wie geoffenbart, hat Gott zuerst die Engelwelt erschaffen. Wir wissen zwar nicht, wie diese beschaffen war, allerdings wohl wesentlich gewaltiger als die Menschenwelt.
    Wie ich bereits in unserem letzten Diskurs sagte, ist geistigen Substanzen die Fähigkeit zur Materialisierung inhärent.
    Ich gehe davon aus, dass ein grosser Teil der Engel diese Fähigkeit missbraucht und kraft ihrer Materialisierung Unzucht getrieben hat.
    Dadurch haben sie das saubere klare Wasser (Sinnbild des Lebens und der Gnade) in schmutziges Brackwasser (Sinnbild der Sünde) verwandelt und die Materie in Chaosmaterie.
    Die Urflut kann man also als Sintflut der bösen Engel verstehen, von diesen durch ihre böse Gesinnung selbst ausgelöst. Weil sie die Materie über Gott gestellt und dadurch die Ordnung umgekehrt haben, sind sie jetzt für immer an die Materie gebunden, weswegen sie keine reinen, sondern unreine Geister sind.
    Der Schöpfungsbericht der Genesis setzt ein inmitten des Chaos, dass die bösen Engel angerichtet haben. Gott verwandelt nun das Böse in Gutes, was ein Grundprinzip des göttlichen Wirkens ist, während die Chaosmächte fortwährend das Gute in Böses verwandeln.

    Gott hat weder die Urflut, noch die Sintflut ausgelöst.

    Das moralische Gesetz ist integraler Bestandteil der Vernunft sowohl der Engel als auch der Menschen.
    Der Mensch ist Gesetzgeber der Natur und der Sitten. Indem ich sittlich handle, bin ich Gesetzgeber der Welt. Ich gebe einer sittenlosen und bösen Welt das moralische Gesetz, sagt Kant.
    Der Mensch ist auch Gesetzgeber der Natur. Er schreibt den Objekten der sinnlichen Wahrnehmung, die an sich selbst geistige Entitäten sind, die Gesetze vor, nach denen sie uns erscheinen müssen. In diesen Gesetzen sind auch die Naturgesetze enthalten.
    Das Sittengesetz steht über dem Naturgesetz. Hält der Mensch sich nicht an das Sittengesetz, hat er bösen Willen.
    Der böse Wille des Menschen überträgt sich sodann auf die Natur, weil der Mensch ja der Gesetzgeber der Natur ist. Die schöne Natur wird selber böse und verwandelt sich in Chaosmaterie.
    Ursache von Naturkatastrophen ist also der böse Wille des Menschen, wobei ich selbst körperliche Krankheiten zu den Naturkatastrophen rechnen würde.
    „Die Welt ist mein Wille“ sagt Schopenhauer. Hält der Mensch sich an das moralische Gesetz ist die Frucht seines guten Willens eine paradiesische Welt. Hält er sich nicht daran, übernimmt der Chaosdrache die Regie.

    Oder wie Kant es in seiner Religionsschrift ausdrückt: „ … aber die Beherrschung und Regierung der höchsten Weisheit über vernünftige Wesen verfährt mit ihnen nach dem Prinzip ihrer Freiheit, und was sie Gutes oder Böses treffen soll, das sollen sie sich allein selbst zuzuschreiben haben“.

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    1. Verzeihen Sie, dass ich erst jetzt auf Ihr Posting antworte. Danke für die interessanten Überlegungen.
      Ich hoffe, ich habe nicht den Eindruck erweckt, ich sei der Meinung, dass Gott das Chaos erzeugt habe - für mich geht das aus der Genesis nicht hervor. Ich wäre damit auch sehr vorsichtig, denn daran haben sich von Anfang Christen abgearbeitet. Manche, wie etwa Marcion, meinten, es müsse sich um zwei verschiedene Gottheiten handeln - den Demiurgen, der aus Chaos etwas schafft, dies aber böse, während der Gott, den Christus offenbart, ein anderer, über dem Demiurgen stehender sei. Viele Gnostiker haben dieses Grundmuster ebenfalls angenommen - allein: das kann ich nicht! Am Ende verwirren sich die Linien, und manche gehen soweit, in Christus selbst den Bösen zu sehen.

      Ich mache also bei solchen Gedanken einen Schnitt, denn sie verwirren am Ende und schließen Pole miteinander kurz, die sich abstoßen. Man sieht kein Land mehr, verrennt sich hoffnungslos.

      Ich finde Ihre Gedanken plausibel. Allerdings ist daran eines merkwürdig: wenn der Mensch durch seine Vorstruktur Gesetzgeber der Natur ist, dann ist das für meine Begriffe auch in sich widersprüchlich, denn er hat sich die Vorstruktur, die das Gesetz ja notwendig beinhaltet, nicht selbst gegeben. Ich kann den Gedanken aber insofern annehmen, als die ganze Schöpfung in einer gewissen analogen Weise "Ebenbild des Menschen" ist. Adam soll am Anfang die Dinge benennen, allerdings fehlt ihm in der Benennung das Gegenüber, eine notwendige Hilfe, und Gott geht soweit zu sagen, es sei "nicht gut", dass Adam alleine sei. Adam sah wohl, dass diese Schöpfung fruchtbar sein könnte, aber sie war nicht in gang gekommen, und er selbst war es auch nicht. Adam sollte Gott abbilden, gerade weil Gott zwar einer, aber mehrfältig, in Überfülle, und v.a. zeugungs- und gebärtätig (der Vater gebiert den Sohn aus sich) ist. Was die Natur tun sollte, sollte den Menschen abbilden, aber der Mensch war noch nicht abbildfähig zu Gott. Erst mit der Frau wurde er es. Deshalb bereichtet Gen 1 ebenso wie Gen 5, dass Gott den Menschen in der Zweiheit erst abbildlich gemacht hat - alleine "fehlte" dem Menschen die entscheidende Komponente der "imago", weil der Vater auch nicht ohne den Sohn gedacht werden kann. Es war aber notwendig, dass Adam dieses Abbildliche WOLLTE. Denn andernfalls wären die beiden Menschen kein Abbild, sondern nur Puppen gewesen.
      Der gute Wille des Menschen zur Abbildlichkeit überträgt sich dann auf die Natur, die ebenfalls fruchtbar wird - aufgrund des Geistes im Menschen, aber der wiederum stammt von Gott. Mit dem Sündenfall begann der Erdboden, Adam zu trotzen bzw dessen eigene Rebellion und Verweigerung und Böswilligkeit auszudrücken (Gottes Rede an den Mann: "Dornen und Disteln"). Und auch die abbildliche Fruchtbarkeit, deren Trägerin v.a. die Frau ist, wurde ihr von Gott selbst erschwert (Gott sagt: "Ich schaffe dir viel Mühsal...", eben weil die Frau sich ihm und damit sich selbst widersetzt hat).
      Man kann die Sündenfolge tatsächlich so beschreiben und erklären.

      Nur ein Gedanke fehlt mir: dass der Mensch ohne Christus zu dieser höchsten Weisheit nicht mehr vordringen KANN.

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  2. Danke für Ihre Antwort, mit der ich sehr zufrieden und voll einverstanden bin. Ich nähere mich den Dingen nur nicht in erster Linie theologisch, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass die meisten Menschen sofort abschalten, wenn man ihnen mit der Bibel kommt.
    Argumentiert man hingegen metaphysisch, erzielt man meistens gespannte Aufmerksamkeit.
    So ist es zum Beispiel kein Problem mit Hilfe von Kant die Evolutionstheorie zu widerlegen (transzendentale Idealität von Raum und Zeit!), die heute das grösste Hindernis für den Glauben darstellt. Hat man aber erst einmal die Evolutionstheorie als Produkt einer veralteten und überholten Metaphysik erwiesen, ist der Weg zu eigentlich theologisch relevanten Themen frei.

    Dass Sie die Welt als Ebenbild des Menschen bezeichnen ist eine sehr tiefe Einsicht und geradezu die Quintessenz des Neuplatonismus und deutschen Idealismus.
    Es ist doch so: Der Vater spricht das Wort und tritt in Objekt und Subjekt (Vater und Sohn) auseinander. Der heilige Geist ist das kommunikative Prinzip zwischen den beiden Personen.
    Das Auseinandertreten Gottes ist ein Vorgang von unbeschreiblicher Gewalt und Herrlichkeit, der durch keine menschlichen Begriffe aussagbar ist und sich ständig wiederholt.
    Meister Eckardt sagte auf die Frage, was der Vater denn den ganzen Tag mache:“Er zeugt seinen Sohn“.
    Das Auseinandertreten Gottes in Objekt und Subjekt ist notwendig, damit Gott sich selbst erkennen kann. Hier liegt der Urgrund der Objekt-Subjekt-Spaltung, die aber nur eine erscheinende Spaltung ist, da Objekt und Subjekt letztlich eins sind, genauso wie der Vater und der Sohn eins sind. Der Sohn ist das lebendige Spiegelbild des Vaters. Im Sohn ist die ganze Schöpfung enthalten, die der Sohn dem Vater fortwährend zeigt.
    Im Sohn sind wird alle mitgezeugt. Der Sohn ist das Ebenbild des Vaters. Die Seele ist das Abbild des Ebenbildes des Vaters, also des Sohnes, der damit das Urbild der Menschheit ist.
    Als Abbild (Kopie) des Urbildes muss die Seele also auch die Schöpfungsideen Gottes in sich enthalten. Dies sind die platonischen Ideen, die in der Einbildungskraft als Schemata der empirischen Begriffe bereitliegen.
    Wie hätte Adam auch sonst allen Tieren Namen geben können, wenn er sie nur aus der Erfahrung kannte und kein apriorisches Vorwissen hatte. Er hat sie erkannt, weil er sie schon vorher kannte, bevor er sie überhaupt zum ersten Mal gesehen hat. Erkennen ist also Wiedererkennen.
    Im Paradies war das noch ganz unproblematisch, weil der Mensch durch das innere oder geistige Auge die ganze Schöpfung in sich anschauen konnte und die ganze Welt als Aussenspiegelung seines Inneren erkannt hat. Nachdem der Mensch dem Bösen Zutritt zur Welt verschafft hat und die Welt dadurch böse geworden war, musste Gott dem Menschen das innere Auge schliessen, weil kein Mensch fortwährend eine böse Welt in sich anschauen kann. Seitdem kann die Seele sich nicht mehr selber erkennen. Ich erkenne nur mein empirisches Subjekt, also meinen inneren Gemütszustand. Das ist aber nicht die Seele selbst. sondern nur eine innere Erscheinung der Seele. Die Seele oder das transzendentale Subjekt kann sich nur im Spiegel des göttlichen Lichtes erkennen. Die Seele, die sich selbst erkennt, erkennt daher auch Gott.
    Aufgrund der Schliessung des inneren Auges erscheint es heute so, als ob die objektivistische Weltannahme zutreffend sei (hier bin ich, da ist die Welt, ich schaue die Welt an, sie existiert unabhängig von mir). Dies ist aber ein sündenbedingter Irrtum, eine psychologische Täuschung.
    Leider hat die Kirche im 13ten Jahrhundert durch die Aristotelesrezeption dieses falsche Weltbild übernommen und die vorerwähnte Täuschung zum metaphysischen Prinzip erhoben.
    Bis dahin war der platonische Idealismus die Philosophie der Kirche und er ist es heute immer noch in der Ostkirche. Die Ostkirche, die die Schriften des Aristoteles von Anfang an im Original besass, hat dessen Philosophie immer als materialistisch abgelehnt.
    Die Westkirche glaubt dagegen immer, sich vermeintlichen Realitäten anpassen zu müssen.

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    1. Ich habe den Eindruck, je länger ich über das alles, v.a. auch die von Ihnen erwähnten trinitätstheologsichen Aspekte, nachdenken, immer am Anfang zu stehen und erst mal noch gründlicher nachdenken zu müssen.

      Ihr Satz "Es ist doch so: Der Vater spricht das Wort und tritt in Objekt und Subjekt (Vater und Sohn) auseinander. Der heilige Geist ist das kommunikative Prinzip zwischen den beiden Personen" erinnert mich an eine theologische Lücke im weströmischen Denken. Man sagte ja immer, der Mensch werde "vergöttlicht" durch Christus und die Apostel sagen, man gewinne "Teilhabe" an der Gottheit. Zugleich sagt man aber auch, dass "niemand je Gott gesehen hat (außer dem Sohn)" (1. Joh 4). Nur im Sohn "sehen" wir Ihn.

      Die orthodoxe Theologie hat diese merkwürdige gedankliche Lücke versucht zu reflektieren. Denn es bleibt ja die Frage offen, wie beide Sätze zugleich wahr sein können: dass einerseits Gott unerkennbar ist und andererseits in Christus erkennbar.

      Die Orthodoxie nimmt hier die Lehre von den ungeschaffenen Energien (Gottes) zuhilfe: "„Wenn wir sagen, dass das göttliche Wesen nicht in sich selbst, sondern in seiner Energie teilhaftig ist“, erklärte der hl. Gregor Palamas, „bleiben wir in den Grenzen der Frömmigkeit“. Das heißt also, der Unterschied zwischen dem Wesen und den Energien Gottes begründet die Möglichkeit der Teilhabe an der Natur Gottes und eröffnet die Perspektive der gnadenvollen Vergöttlichung des Menschen." http://orthpedia.de/index.php/Energien Insofern wird es auch leichter zu verstehen, inwiefern der Mensch, der nicht wesensgleich mit Gott ist, dennoch sein Ebenbild sein kann. Er ist es tatsächlich im Paradies "unbewusst" gewesen, offenbar im Einklang und reiner Spiegelung. Die merkwürdige Versuchung der Schlange, das Böse erkennen zu wollen, also das, was Gott nicht zukommt, weil es ihn auflöst, wurde von Eva daher ja auch gar nicht erfasst: ganz offenkundig meinte Eva, es gäbe da noch etwas "Zusätzliches" über Gott zu wissen, das ihnen vorenthalten wurde. Sie begriff nicht, dass es um die Aufhebung des reinen Denkens in der vollkommenen Bewusstseinsverfassung ging!
      Die Orthodoxie versteht prinzipiell die islamische und jüdische Skepsis gegenüber diesen Gedanken, weil Gott eben als "Einer" keinerleich Teilhabe zulässt und auch die Erkennbarkeit durch das, was nicht Er ist, ausschließt. Aber die Beschreibung Gottes als eines Wesens in mehreren Personen (was das Judentum immerhin ahnt, der Islam dagegen kategorisch und unter Flüchen leugnet) löst diese Problematik. Im "subjektiven" Prinzip des Sohnes macht sich Gott des Menschen teilhaftig und ermöglicht ihm so eine volle Teilhabe, die dennoch eine Bemächtigung seitens des Menschen ausschließt. Deshalb heißt es auch, durch den Sohn seien alle Dinge geschaffen, "alle Dinge" als subjektive Gestalten aus der Überfülle der Objektivität des Vaters.

      Prinzipiell müsste das auch für die Engelwelt gelten.
      Was ist beim Abfall der Engel geschehen? Mein halbwüchsiger Sohn fragte mich, wieso denn der Satan so bescheuert sein konnte, das völlig aussichtslose Unternehemn, Gott zu stürzen, zu wagen. Er hätte doch wissen müssen, dass das nicht klappt. Auf diese Frage wusste ich keine Antwort bisher.
      Das ist jetzt keine direkte Antwort auf Ihre Gedanken, aber eine Reflexion auf diesen zitierten Satz.
      Ich komme auf das andere vielleicht demnächst auch zurück, muss aber erst nachdenken.

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  3. das hört sich schon schlüssig an und würde auch den alten Streit erklären, ob der Mensch erkennt was vorher schon gekannt hat, oder ob durch das Erkennen die Tabula Rasa des Menschlichen Geistes beschrieben wird.

    Der Mensch erkennt eigentlich nur das was er schon vorher gekannt hat, aber durch den Sündenfall erkennt er genau das nicht mehr.

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  4. Grüß Gott!

    Wie ich las, vertreten Sie die Flache-Erde-Theorie. Dazu habe ich mich noch nicht durchringen können, da mir dazu deutliche Hinweise in der Bibel fehlen. Ich kenne in Übersetzungen nur die Bezeichnung "Erdkreis", wobei hier das hebr. Wort "chug" gemäß anderen Bibelübersetzungen auch "Rund", "Kugel" bedeuten soll, wobei ich aber gelesen habe, dass diese Übersetzungen falsch sein sollen.

    Kennen Sie Bibelstellen, die deutlich auf eine falsche Erde hinweisen. Mir fallen keine ein!

    Freundliche Grüße!
    Stefan

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  5. Ich möchte korrigieren: Ich "vertrete" nicht "die" Flache-Erde-Theorie, sondern ich vertrete die Meinung, dass sie plausibler ist als die, die sich derzeit etabliert hat. Das ist was anderes.
    "Chug" heißt eigentlich nicht Kugel - das wird von allen Kugeltheorie-Vertretern aus apologetischen Gründen behauptet, stimmt aber nicht. Und selbst wenn das ein bedeutsamer Sinn des Wortes wäre, stünden die Hauptbedeutungen von "Scheibe" dem entgegen. Alle abgeleiteten Wörter in Iwrith wie Chuga (Wählscheibe) oder Chugan (Messuhr) zeigen das.
    Im großen Llangesncheidt-Achiasaf finden Sie bei Chug die Kugel mit keinem Wort.
    Für Chug steht dort:
    Kreis, Zirkel, gesellschaftlicher Kreis, Wendekreis.

    Ich lasse noch weitere Texte folgen - die nächste Thematik sind die Himmelskörper in der Hl. Schrift.

    Man kann sagen, dass in der Schrift keine geschlossene Theorie vorgestellt wird über die Gestalt der Erde. Aber das, was gesagt wird, lässt in gar keiner Weise die Vorstellung einer Kugelgestalt der Erde zu.
    Man liest oft auch von den "vier Enden der Erde", die auch eher auch eine flächig angelegte Erdgestalt hinweisen. Insgesamt scheint dies angedeutet zu werden. Der Himmel wird aber eindeutig als ein Gewölbe, auch "Zelt" über dem Erdboden beschrieben, was auch ein Hinweis auf eine eher flächige Anlage wäre.

    Lassen Sie sich überraschen von dem, was ich noch alles entdecke - ich stelle es dann auf den Blog hier, bin aber nicht so schnell - es will ja alles sorgsam durchdacht und geprüft werden.

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    1. Das ist doch eigentlich deutlich genug, finde ich. Gleich nach der Bezeichnung "Erdkreis" in Jes. 40,22 wird auch gleich das "Zelt", das Gewölbe, genannt.

      Wenn ich mich an den biblischen Aussagen orientiere, so bricht mein gesamtes "Weltbild" zusammen, das ich in Schule und Fernsehen lernte. Deshalb ist es für mich auch äußerst schwierig nachzuvollziehen, dass über dem Gewölbe, dem Himmel, dem Universum, Wasser wäre, das ursprünglich noch Teil der Erde war. Das Gewölbe muss, wenn wir vom Umfang des Erdkreises ausgehen, ganz gewaltig in die Höhe "schießen", da es "unendlich" groß ist, und es fragt sich, was in allen Richtungen dann neben dem Erdkreis und unterhalb der Erde wäre.

      Da komm ich verständnismäßig erstmal nicht klar!

      Ich freue mich daher schon auf Ihre nächsten Texte!

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    2. Ich habe jetzt mal etwas recherchiert. Das hebr. Wort "chug" bedeutet in der Tat nicht "Kugel", sondern "Kreis". Dass im Jüdischen dieses Wort zur Bezeichnung flacher Gegenstände verwendet wird, verwundert daher nicht. Das hebr. Wort für Kugel ist "Kadur", das Bibelschreiber, z.B. Jesaja, doch wohl verwendet hätten, wenn sie eine kugelförmige Erde im Sinn gehabt hätten, und nicht "Chug".

      Und weiter lässt sich die Theorie von einer Erdkugel in der Tat nicht mit einem Universum vereinbaren, welches die Bibel ausdrücklich als gewölbenförmiges Zelt beschreibt. Denn legen wir eine kugelförmige Erde zugrunde und denken wir uns dann dieses "Zelt" über ihr und von ihr ausgehend, dann hätte die untere Halbkugel ein solches "Zelt" nicht; das Universum, wie es die Bibel beschreibt, wäre dann nur über der oberen Halbkugel. Die untere Halbkugel käme nur dann unter das Himmelszelt, wenn sich die hypothetisch angenommene Erdkugel von oben nach unten bzw. von unten nach oben drehen würde. Das gewölbenförmige Zelt passt daher nur zu einer flachen Erde, über der sich das Himmelszelt befindet, so, wie es in der Bibel steht.

      Da für mich die Bibel Gottes Wort ist, so bleibt mir folglich nichts anderes übrig, als ihr zu glauben.

      Sehr gute wissenschaftliche Erkenntnisse über die "flache Erde" findet man auf dieser Seite: http://euronia.com/de/flache-erde-blog

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    3. Richtig - "Kugel" heißt "Kadur"! Das Wort Kadur wird auch dann verwendet, wenn man einen "Ball" meint. Das Iwrith-Wort für "Erdkugel" ist demnach übrigens auch "Globus" (also als Lehnwort).
      Sie sagen es: die biblischen Andeutungen über die Gestalt der Erde lassen eine Kugelform absolut nicht zu - und zwar durchweg.

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