Adventus IV: Als das römische Kaisertum aufstieg
Rorate, caeli desuper, et nubes
pluant iustum: aperiatur terra, et germinet salvatorem:
„Tauet,
ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, regnet den Gerechten: Es öffne sich die Erde
und sprosse den Heiland hervor.
(Jes
45,8)
1 Es war im
fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war
Statthalter von Judäa, Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus
Tetrarch von Ituräa und Trachonitis, Lysanias Tetrarch von Abilene;
2 Hohepriester waren
Hannas und Kajaphas. Da erging in der Wüste das Wort Gottes an Johannes, den
Sohn des Zacharias.
3 Und er zog in die
Gegend am Jordan und verkündigte dort überall Umkehr und Taufe zur Vergebung
der Sünden.2
4 (So erfüllte sich,)
was im Buch der Reden des Propheten Jesaja steht: Eine Stimme ruft in der
Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!
5 Jede Schlucht soll
aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade
werden, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.
Da unten auf der Erde formierte
sich der Bruch mit der römischen Konsuln-Republik, das an sich
verfassungsfeindliche Prinzipat,
hatte doch Rom einstmals, wie Livius berichtet (Ab urbe condita 2,1), die
Monarchie von sich geworfen, weil man ein halbes Jahrtausend zuvor erkannt
hatte, dass sie allzu leicht zur Despotie, zur Tyrannis pervertiert. Der
Vorteil der Republik war, dass die Autorität des Gesetzes über der Autorität
irgendeines schwachen Menschen stand, aber der Drang nach persönlicher Macht
ließ sich schwerlich unterdrücken. Wo der Mensch wirkt, finden Machtkämpfe statt
und einzelne reißen die Macht an sich und vielewollen einen "Höheren" verehren, an den sie nicht nur die Befriedung ihrer Interessen delegieren.
Kaiser Augustus, unter dessen „erhabenem“
und erstmalig global angelegtem Kaisertum Jesus geboren wurde (Lk 2), fand in
Tiberius einen zunächst wackeligen Nachfolger. Noch gab es im römischen Reich keine
Institution des Kaisertums… Als dieser merkwürdige und düstere Mann also das
Prinzipat fortsetzte oder fortsetzen sollte, der tristissimus hominum, der „traurigste aller Menschen“, der grausam,
judenfeindlich und pädophil gewesen sein soll, berief Gott Johannes den Täufer,
als Bußprediger aufzutreten, um dem kommenden Messias den Weg zu bereiten. Pontius
Pilatus war unter seiner Herrschaft Statthalter in Judäa, und Pilatus’ Frau Claudia
soll der Legende nach Tochter des Tiberius gewesen sein.
Die Heilsereignisse spielten sich
nicht im spirituellen Nirgendwo und nicht am St. Nimmerleinstag, sondern an der
Schnittstelle zu einer erneuten Despotie in Rom ab, zu einem bestialischen
Kaisertum, dessen Inhaber posthum divinisiert wurden und für Jahrhunderte die Kirche verfolgen sollten.
Jesus wurde geboren, als das
römische Kaisertum aus seinem Stammvater Augustus, der sich „der Erhabene“
nannte, geboren wurde.
Unter diesem Kaisertum wurde er nackt und bloß geboren, er, der doch Gott war. Und unter diesem Kaisertum kam der Sohn
Gottes zu Tode. Dieses aufsteigende römische Kaisertum stand seinem Königtum diametral entgegen.
Im 15. Jahr des Kaisers Tiberius
trat Johannes öffentlich auf und rief zur Buße. Ein wahres Kontrastprogramm zu
dem, was sich in Rom abspielte. Es werden auch die beiden Hohenpriester
erwähnt, Hannas und Kajaphas. Man fragt sich, warum Johannes zur Buße ruft,
und warum nicht sie, die doch die formell berufenen Hüter Israels sind. Doch alle Welt war erfasst von diesem Strudel der im Kern von Anfang an antichristlichen Perversion des Prinzipats. Überall stiegen kleine principes auf und bildeten als Vasallen das Prinzipat in Rom ab. Tiberius brach neben vielen Verfasstheiten der römischen Repubik auch mit deren kurzem Rotationsprinzip für hohe Ämter: er beließ die unter ihm wirkenden Machthaber nun ohne zeitliche Grenze. So hatte Galiläa, woher Jesus stammte, einen eigenen kleinen römischen König, einen "König der Juden", Herodes, den das Volk nicht liebte und nicht anerkennen wollte, und der den Juden deshalb den letzten großen Tempel baute, den "herodianischen Tempel", der 21 v. Chr. errichtet und 70 n. Chr. doch von den Römern zerstört wurde.
Ein bemerkenswertes Schauspiel –
während sich in Rom und in Israel eine Selbstermächtigung des Menschen zuspitzt, bereitet Johannes
dem Allerhöchsten den Weg, dem Allerhöchsten, der gerade jetzt am wenigsten
gefragt ist, wo Menschen sich anschicken, sich selbst zu Allerhöchsten zu erheben.
Der Allerhöchste, noch bevor er dem jüdischen Gesetz unterworfen wird, muss sich als
Fötus zu einer Steuerschätzung des ersten, neu-römischen princeps einfinden. Seine Mutter muss
ihn auf der Reise und in ihrem Stammort Bethlehem gebären, weil der Kaiser sie
dorthin zitiert hat, um sie als Steuerpflichtige zu erfassen.
Die Konfrontation ist eigentlich
überdeutlich. Und ich verstehe nicht, warum man sie in der Kirche nie erkannt
hat. Nein, Jesus wird nicht geboren mit dem natürlichen Anrecht auf den
römischen Kaisertitel, den die Kirche später sowohl im Papst- als auch im Kaisertum
um jeden Preis fortsetzen wollte, sondern fernab dieses Kaisertums und dessen
Zugriff unterworfen und ihm doch - für viele in Israel und unter den Heiden wie in einem Wunder ganz leicht erkennbar - überlegen.
Sein kurzes Leben endet später mit der Anklage, er sei ein Aufrührer gegen den Kaiser. Ohne diese Beschuldigung hätte er niemals hingerichtet werden können. Jüdisches Religionsgezänk hätte das Todesurteil des Pilatus nicht begründen können. Folgerichtig bekennt die Kirche von alters her auch an erster Stelle, dass er unter Pontius Pilatus gelitten habe und nicht unter dem Sanhedrin. Dafür spricht auch die Aufschrift des Pilatus am Kreuz: IESUS NAZARENUS REX IUDORUM. Der erste römische princeps, Kaiser Augustus, hatte ein „Majestätsgesetz“ erlassen, demgemäß jeder eigenmächtige Anspruch auf Königstitel im römischen Reich als Majestätsbeleidigung zu ahnden war. Unter Kaiser Tiberius stand darauf die Todesstrafe durch Kreuzigung. Jesus starb also tatsächlich den Tod eines Mannes, der gegen den Majestätsanspruch des römischen Kaisers angetreten war und gegen ihn verstoßen hatte. Die Juden meinten, ihn wegen Gotteslästerung verurteilen zu sollen, aber auch sie wendeten ihre Anklage um in eine Majestätsbeleidigung gegen den römischen Kaiser, zu dem sie sich schließlich ausdrücklich bekannten: "Wir haben keinen König außer dem Kaiser!" (Joh 19, 15)
Sein kurzes Leben endet später mit der Anklage, er sei ein Aufrührer gegen den Kaiser. Ohne diese Beschuldigung hätte er niemals hingerichtet werden können. Jüdisches Religionsgezänk hätte das Todesurteil des Pilatus nicht begründen können. Folgerichtig bekennt die Kirche von alters her auch an erster Stelle, dass er unter Pontius Pilatus gelitten habe und nicht unter dem Sanhedrin. Dafür spricht auch die Aufschrift des Pilatus am Kreuz: IESUS NAZARENUS REX IUDORUM. Der erste römische princeps, Kaiser Augustus, hatte ein „Majestätsgesetz“ erlassen, demgemäß jeder eigenmächtige Anspruch auf Königstitel im römischen Reich als Majestätsbeleidigung zu ahnden war. Unter Kaiser Tiberius stand darauf die Todesstrafe durch Kreuzigung. Jesus starb also tatsächlich den Tod eines Mannes, der gegen den Majestätsanspruch des römischen Kaisers angetreten war und gegen ihn verstoßen hatte. Die Juden meinten, ihn wegen Gotteslästerung verurteilen zu sollen, aber auch sie wendeten ihre Anklage um in eine Majestätsbeleidigung gegen den römischen Kaiser, zu dem sie sich schließlich ausdrücklich bekannten: "Wir haben keinen König außer dem Kaiser!" (Joh 19, 15)
Dieses Faktum, dass es tatsächlich das entgegenstehende Königtum Christi ist, weswegen er hingerichtet wurde, geht aus den wenigen
Worten zwischen Jesus und Pilatus hervor. Pilatus will von ihm wissen, ob er ein
König sei. Matthäus, Markus und Lukas überliefern, Jesus habe auf die Frage des
Statthalters, ob er „König der Juden“ sei, geantwortet: „Du sagst es.“ (Mt 27,
Mk 15, Lk 23) Jesus gibt ihm die bekannten und geheimnisvollen Worte zurück,
das „sein Reich nicht von dieser Welt“ sei. Und Pilatus ruft aus: „Also bist du
doch ein König!“ (Joh 18). Und Jesus bestätigt ihm diese Frage: Ja, er ist ein
König. Dem Sanhedrin hatte er bestätigt, dass er der „Sohn Gottes“ (Lk 22) sei,
eine Aussage, die bis heute sogar von vielen christlichen Theologen geleugnet
wird, als stünde sie nirgends in den Evangelien.
Auch wenn er in einem konkreten
politisch-revolutionären Sinn mit Sicherheit kein Aufrührer war, ist seine "Widersetzlichkeit" gegen den Kaiser
dennoch spürbar, denn er definiert in der berühmten Szene mit der römischen Münze (Mt 22, 21) einen Bereich „der Gottes ist“, auf den der Kaiser
keinerlei Anspruch hat und je haben darf. Die Kennzeichnung seines Reiches als „nicht
von dieser Welt“ musste provozieren und wirkte womöglich ein wenig unheimlich,
unfassbar und abgründig. Er regierte ein Reich, das keine Münzen kannte, auf denen sein Kopf abgebildet werden könnte. Er prägte sich nicht auf Geld ein, sondern in die Herzen, war unverkäuflich und als Zahlungsmittel nicht geeignet.
Diesem also sollte Johannes den Weg
bereiten, diesem König, der alles Kaisertum, alles Königtum dieser Welt
befremden sollte.
Das Wort erging daher auch nicht an
einen Mann, der in einem Palast wohnte und teilhatte an dieser Welt der Macht,
sondern an einen, der „in der Wüste“
lebte, an ein Nichts in den Augen dieser Welt. Die Wüste ist aber auch eine Kennzeichnung dieser aufgeblasenen, babylonisch-machtbesessenen römischen Welt: all diese selbstgebaute Größe ist leer.
Der aber, der kommen sollte, würde
alle Unterschiede zwischen Hoch und Niedrig einebnen. Vor ihm sollte all das,
was sich in der Welt zur Macht aufgeworfen hatte, „begradigt“ und gebeugt
werden, während das Erniedrigte und Tiefe erhoben werden würde. Maria singt davon im Magnificat: "Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhebt die Niedrigen." Niemand sollte die Brisanz dieser Botschaft unterschätzen. Niemand sollte meinen, dass der römische Geist diese Konfrontation nicht genau erkannt hätte!
„Tauet, ihr Himmel“, rief der
Prophet des Alten Bundes. Die Erde solle sich öffnen und den Heiland hevorsprossen. Es waren
alles Personen „nicht von dieser Welt“, die dieses Werk taten: allen voran
Maria, die der Welt und ihrem Fürsten, dem Satan, als Frau sowieso nichts galt,
als Mutter des Herrn aber die größte Provokation darstellte, und Johannes, der alles aufgegeben hatte und sich in die Wüste zurückgezogen
hatte, um dem Herrn den Weg zu ebnen. Seine Bußpredigt ist eine erste
schwerwiegende Einebnung von Hoch und Tief, denn seine Bußtaufe vereinte alle
Menschen im Sündenbekenntnis und ... unter Wasser, zeichenhaft im Grab.
Die Reiche der Welt, die Jesus bald
danach vom Satan – Jesus fastete in der Wüste – gezeigt bekam, die dem römischen
Kaiser gehörten und ihm, dem Kaiser, offenkundig von des Bösen Gnaden, schlug er aus. Sein Reich ist
nicht von dieser Welt. Er übernimmt kein Reich vom Satan! Er ist der Herr! Er richtet sein eigenes Reich auf! Aber diese Herrschaft, wie die Welt sie kennt, ist ihm nicht gemäß. Er regiert, er führt und leitet wie ein guter Hirte, der sein Leben lässt für die Schafe, er beherrscht nicht Untertanen wie ein irdischer Monarch, der die Menschen im Zweifelsfall für sich opfert... Warum hat die Kirche, warum hat das Abendland das mehrheitlich nicht verstanden?
Wie konnte es also kommen, dass in
der Kirche genau dieser Schnittpunkt der Welt- und Heilsgeschichte am Ende in sein
glattes Gegenteil umgedeutet wurde?
Es wäre uns dringend nötig, heute,
in unseren Tagen darüber nachzudenken. Nein, Jesus hat keine Monarchie
propagiert, wie die Welt sie kennt! Ich weiß, dass viele katholische Traditionalisten sich in dieser Irrlehre derzeit (erneut) verfangen. Sie seien gewarnt: denn der diese Hoffnung erfüllt, wird nicht Christus sein, sondern dessen größter Gegner. Der diese Hoffnung erfüllt, ist der Antichrist.
Jesus aber ist der, der Hoch und Tief dieser Welt einebnen wird.
Jesus aber ist der, der Hoch und Tief dieser Welt einebnen wird.
Und obwohl die Kirche dies
dogmatisch überliefert hat, hat sie es doch faktisch im eigenen Tun missachtet,
wie es nicht tragischer denkbar wäre, und ein Ende ist noch nicht erreicht.
Adventlich gesprochen müsste man
sagen: Möge es bald erreicht sein, dieses Ende in der faktischen Missachtung,
damit er wiederkommt und ein Ende bereitet, wie nur er es bereiten kann und
kein Mensch auf Erden.
"Jesus wurde geboren, als das römische Kaisertum aus seinem Stammvater Augustus, der sich „der Erhabene“ nannte, geboren wurde.
AntwortenLöschenUnter diesem Kaisertum wurde >>er nackt und bloß geboren, er, der doch Gott war<<. Und unter diesem Kaisertum kam der Sohn Gottes zu Tode. Dieses aufsteigende römische Kaisertum stand seinem Königtum >>diametral<< entgegen."
und
"Maria singt davon im Magnificat: "Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhebt die Niedrigen." Niemand sollte die Brisanz dieser Botschaft unterschätzen. >>Niemand sollte meinen, dass der römische Geist diese Konfrontation nicht genau erkannt hätte!<<"...
wie auch
"Sie seien gewarnt: denn der diese Hoffnung erfüllt, wird nicht Christus sein, sondern dessen größter Gegner. Der diese Hoffnung erfüllt, ist der Antichrist.
Jesus aber ist der, der Hoch und Tief dieser Welt einebnen wird.
Und obwohl die Kirche dies dogmatisch überliefert hat, hat sie es doch faktisch im eigenen Tun missachtet, wie es nicht tragischer denkbar wäre, und ein Ende ist noch nicht erreicht."
bringen den Status Quo und die Ohnmacht der Braut Christi heut zu Tage deutlich s! t zum Ausdruck.