Die postmoderne weibliche
Irritation in der Kirche ist nicht Ursache der Kirchenkrise, sondern deren langfristige
Folge. Die wahre Hoch- und Wertschätzung, Gerechtigkeit und Liebe der Frau
gegenüber ist einer der Seismographen der Rechtgläubigkeit. Wer dem Herrn
nachfolgen will, muss ihn in seiner Haltung der Frau gegenüber nachahmen, oder
er folgt dem Widersacher nach.
Wer die Frau „untergeordnet“ sehen
will, hasst die Kirche und will sie beherrschen. Dieser Impuls, über die Kirche
zu herrschen, kennzeichnet aber sowohl gewisse Staatsgewalten als auch das
Papsttum und die Hierarchie selbst: beide wollen sie die Seelen (die „Braut
Christi“) dominieren und die Hierarchie des 19. und frühen 20. Jh forderte nach
jesuitischer und teilweise franziskanischer „Kadaver“-Ideologie absoluten und
blinden Gehorsam der Gläubigen – gegenüber der Hierarchie! Die Hierarchie hat
sich selbst und insbesondere das Papsttum als „gottgleich“ dargestellt und den
Gläubigen eingeimpft, wenn sie dem Papst blind gehorchten, gehorchten sie Gott.
Es ist mir unbegreiflich, dass so weite Teile der konservativen Katholiken den
hellen Wahnsinn, der in diesem Anspruch steckt, nicht begreifen: das ist nicht
die Freiheit Christi, die hier propagiert wird, sondern ein katholischer Islam
oder ein faschistisches Führerprinzip.
In Rom sitzt seit dem Vaticanum I
spätestens ein römischer Augustus, der sich selbst vergötzt hat. Sätze wie „La traditione sono io!“ („Die
Tradition, das bin ich!“)[1]
von Pius IX. oder das Eintrichtern der absoluten Papstliebe als Synonym für
„Gottesliebe“ bei Pius X. in folgendem Satz: „Wie muss man den Papst lieben? Wer liebt, der gehorcht. Wer den Papst
liebt, diskutiert nicht. Der Papst ist das Haupt, von dem niemand sich
tyrannisiert zu fühlen braucht, denn er repräsentiert Gott, er ist der Vater
par excellence, der in sich alles vereint, was liebenswert, heilig und göttlich
ist“[2]
klingen einem gesunden katholischen Empfinden als maßlos und übertrieben.
Nicht die Frau hat sich irgendetwas
angemaßt, wie Traditionalisten gerne behaupten (Wo denn? Und wann denn? Etwa
weil sie nun gleiche Bürgerrechte haben? Oder wählen gehen dürfen?!), sondern
der Mann setzt sich generell und insbesondere der Frau gegenüber mit Gott
gleich. Die Frau ist die Projektionsfläche maskuliner Selbstherrlichkeit. Am
Verhalten zu ihr offenbart sich, wes Geistes Kind ein Mann ist.
Diese Haltung, dieser Anspruch,
diese maskuline Selbstvergötzung ist der Auslöser der Kirchenkrise.
Man kann es einmal zugespitzt
sagen: Frauen, die sich als Zeichen ihrer geistlichen Minderwertigkeit und
Unterordnung unter … den Mann ...
verschleiern, drücken damit aus, dass der Mann das „velamen“ ist, das sie sich vor die Augen hängen, um Jesus nicht
mehr sehen zu müssen. Mein Herr hat nicht gesagt: Folgt dem Petrus, er ist der „Vater par excellence“, sondern er
mahnte Petrus: „Du folge mir nach!“
(Joh 21,22) und „Und ihr sollt niemanden
unter euch Vater nennen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel
ist.“ (Mt. 23, 9) Es erschreckt mich, wenn ich an die Wehe-Worte Jesu an
die Schriftgelehrten und Pharisäer denke. Das ganze 23. Kapitel des
Matthäus-Evangeliums erinnert an die römische Hierarchie, durch die Papstvergötzung aber vor allem an dies:
„Weh
euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich
zuschließt vor den Menschen! Ihr geht nicht hinein und die hineinwollen, lasst
ihr nicht hineingehen.“ (Mt 23, 13)
Es ist eine hauchdünne Linie
zwischen berechtigter Verwerfung der Lüge und der Verketzerung der Wahrheit.
Die einfache Gleichung: „Wahr und göttlich ist alles, was der Papst sagt“, die
sich Päpste wie Pius IX. oder Pius X. angemaßt haben, ist selbst häretisch. Ein
kurzer – redlicher - Blick in die Kirchengeschichte offenbart Abgründe von
schweren Sünden, Fehlentscheidungen und sogar regelrechten Irrtümern durch
Päpste. Wie konnte man also so leichtfertig den Papst zu einem magischen
Fetisch aufbauen?
Der Papst mag väterliche
Eigenschaften haben und den Vater im Himmel als seinen Herrn unbedingt achten
und alles tun, um dessen Reich kommen zu lassen, aber der „Vater par excellence“ kann er niemals sein, denn gerade das „par excellence“ kommt eben nur dem
Vater im Himmel zu. Das wahre christliche Vaterbild hat der heilige Josef
gelebt: er verschwand vollkommen, wurde unsichtbar, gerade das, was der Mann so
kategorisch von sich weist und der Frau abpressen will – das wäre echte
väterliche Autorität. Man kann ohne zu zögern sagen, dass es zahllose Priester
mit einer solchen Haltung gab und auch noch gibt: sie haben sich weggeschenkt
an Jesus, um ihn „im Fleisch sichtbar bleiben zu lassen, bis er kommt“. Von
Päpsten kann man das erheblich seltener sagen… Ein Papst, von dem man nichts
sieht, wenn man auf ihn schaut, der den Menschen den Weg freigibt, förmlich
„aus dem Weg geht“, damit sie Christus finden, der als Wegzeichen am Wegrand
fungiert, der wie der gute Hirte nicht voran-, sondern hinter den Schafen geht
– das wäre das „echte“ Papstamt. Der „Fels Petrus“ ist nicht der „Grundstein“
und nicht das Fundament der Kirche, denn das kann nur Christus selbst sein,
sondern der „Schlussstein“ des Torbogens aus vielen lebendigen Steinen in den
Himmel hinein. Dieser Schlussstein ist in jedem Rundbogen unerlässlich und
wichtig, aber er ist nicht der Stein, auf den das Gebäude gegründet wäre. Der
„Eckstein“ ist nach dem mannigfachen Zeugnis der Schrift Jesus selbst! Ein
„Eckstein“ ist ein Stein, der größer und schwerer ist als die anderen Steine.
Er wird in die Ecke eines Natursteinmauerwerks eingebaut. Auf ihm ruht der
Zusammenhalt und die Stabilität des ganzen Gebäudes. Ein Eckstein thront nicht
über allem, sondern stützt von unten her. Die Kirche besteht aus lebendigen
Steinen. Es ist der erste Papst, der davon spricht: Petrus. Er schreibt nicht
davon, dass er der Chef und der Fels “par excellence“ sei und alle zu ihm
schauen müssten, sondern er sagt etwas anderes:
„Ad
quem accedentes lapidem vivum, ab hominibus quidem reprobatum, a Deo autem
electum, et honorificatum :
et ipsi tamquam lapides vivi
superædificamini, domus spiritualis, sacerdotium sanctum, offerre spirituales
hostias, acceptabiles Deo per Jesum Christum.
Propter quod continet Scriptura : Ecce
pono in Sion lapidem summum angularem, electum, pretiosum : et qui crediderit
in eum, non confundetur.“
(1. Petrus 2, 4 f)
(„Zu diesem lebendigen Stein eilt
hin, von den Menschen ist er verworfen, bei Gott aber erwählt und geehrt: und
zu ebensolchen lebendigen Steinen baut euch auf, zu einem geistlichen Haus, zu
einem heiligen Priestertum, um geistliche Opfer zu bringen, die Gott gefallen
durch Jesus Christus. Deswegen heißt es in der Schrift: Seht, ich lege in Zion
einen höchsten, auserwählten, wertvollsten Eckstein: und wer an ihn glauben
wird, der wird nicht durcheinander gebracht werden.“)
Es ist wichtig, dass wir uns immer
wieder durch das Schriftwort den Blick für das schärfen lassen, was der Glaube
bedeutet: er bedeutet keine Papolatrie und keine Hoffnung auf den Papst,
sondern alleine auf Jesus Christus. Der Papst hat ein Amt, und es besteht
darin, die Herde zu weiden, Menschen zu fischen und vor allem: Jesus radikal nachzufolgen.
Und ob er das tut – das zu beurteilen hätte man niemals in dieser totalitären
Weise tabuisieren dürfen. Die Folge dieser Tabuisierung ist der große und
institutionell erzwungene Glaubensabfall.
Wenn die Priesterbruderschaft St.
Pius X., die sich auf ein solches Imperatoren-Idol beruft, sich über die Päpste
seit Johannes XXIII. beschwert, dann muss man sich fragen, welche Schizophrenie
ihre Köpfe besetzt hält: Wollten sie ihrem Idol Pius X. folgen, müssten sie alles
„fressen“, was aus Rom kommt, alles – von Liturgiereformen über
Lehrveränderungen bis hin zu regelrechten Umkehrungen. Warum dann bitteschön so
„widerständig“?!
Dieselbe Frage müssen sich aber
auch die Sedisvakantisten gefallen lassen, die zwar hart mit der FSSPX ins
Gericht gehen, selbst aber einem noch ausgeprägteren Papstfetischismus folgen –
auch sie müssten erklären können, mit welchem Recht sie sich „anmaßen“, die
aktuellen Päpste als falsche Päpste zu definieren. Wollten sie ihrem Papstwahn
folgen, hätten auch sie alles zu schlucken, was aus Rom kommt, zu parieren und
ohne Diskussion zu gehorchen: das hat das Idol Pius X. angeordnet. Und es steht
in dieser Logik niemandem zu, darüber zu entscheiden, ob ein Papst ein „echter“
oder „unechter“ Papst ist. Um das zu entscheiden, müsste man gewisse
„modernistische“ oder „liberale“ Grundannahmen machen, die diese Personen doch
sonst scheuen wie der Teufel das Weihwasser…
Gerade Monsignore Umberto Benigni,
auf den sich Pius X. in seinem Machtanspruch stark abstützte, der Mann, der den
mehrdimensionalen, vatikanischen Spitzel- und Geheimdienst „sodalitium
pianum“ innerhalb des Staatssekretariats im Kampf gegen den „Modernismus“
aufbaute, wird von Zeitgenossen mehrfach als Menschenverächter, ja sogar als „Glaubensloser“
geschildert. Pius X. war ihm nicht nur totaler „Vater“, sondern es wird auch
berichtet, er habe den Sarto-Papst als „Mama“
bezeichnet[3],
denn der Papst stellt sowohl Gott als auch die ganze Kirche dar… Man beachte,
wie in der extrem-integralistischen Zuspitzung der Mann sich auch noch das
Muttersein selbst einverleibt…
Misanthropisch und getragen von
Hass ist etwa sein Satz:
„Guter
Freund, glaubt ausgerechnet Ihr daran, daß die Menschen zu etwas Gutem in der
Welt fähig sind. Die Geschichte ist ein andauernder und verzweifelter
Brechreiz, und für diese Menschheit taugt nur die Inquisition.“[4]
Benigni trat in Deutschland mit der
propagierten totalitären Gehorsamsforderung auf: Dem Papst müsse man in „allen“ Dingen gehorchen, und Pius X
habe gesagt, der Papst tue „immer das Rechte“,
weil er der „Vater“ sei.[5]
Bestürzend klingt folgende Aussage
über ihn:
„Ich
hörte von vertrauenswürdigen Personen, die ihn näher kennen, sie schildern ihn
als ‚glaubenslos’…“[6]
Gegen sein Lebensende hin wandte er
sich dem Faschismus zu und veröffentlichte ein umfangreiches Werk über die
angeblichen Ritualmorde der Juden. Benigni, der mit seiner extremen Haltung
nach dem Tode Pius X. nicht mehr so leicht durchkam, wandte sich später der
Politik zu:
„Benedikt
XV., der Nachfolger Pius X., war kein Freund Benignis. Ein Jahr darauf wurde
das Sodalitium von Gaetano De Lai allerdings wieder unter neuen Leitlinien
hergestellt. Es blieb dann bis 1921 aktiv, da dann dessen Tätigkeiten
öffentlich wurden und Benigni zur Auflösung seines Geheimdienstes gezwungen
wurde. Enttäuscht und verbittert wandte er sich Mussolini und dem Faschismus
zu. Gasparri und Benedikt XV. galten im (sic!) als Zerstörer der Kirche, die
alles ruinierten. Benigni gründete einen neuen, einen faschistischen
Geheimdienst und kämpfte nun vor allem gegen Demokratie und andere soziale wie
gesellschaftliche Liberalisierungen. Er starb 1934 in Rom. Keiner seiner
ehemaligen Priesterfreunde kam zu seiner Beerdigung.“[7]
Papolatrie, Führerzentrierung und
Maskulinismus – das sind die Früchte des Antimodernismus, und es sind faule
Früchte, die man mit dem Mann am Kreuz nicht zusammenbringt. Diese Früchte
erinnern an radikale islamische Haltungen.
Schon sitzen in unseren
Fernsehtalkshows vollverschleierte muslimische Konvertitinnen, sehen mit Mühe
durch ihre vergitterten Augenschlitze in die Runde und wollen der Welt
erklären, dass die Polygamie und damit die Übermacht des Mannes natürlich und
daher zu erlauben und gesund für jede Ehe und überhaupt das gesellschaftliche Leben
sei… und nicht selten stimmen katholische Traditionalisten dieser grundsätzlichen
maskulinistischen Tendenz (wenn auch nicht hinsichtlich einer formell erlaubten
Polygamie) islamischer Einstellungen zu. Man kämpft ausdrücklich auf
propagandistische, hetzerische und unsachliche Art für die Restauration
maskuliner Übermacht und glaubt, damit ein Werk Gottes zu tun („Verzicht auf
neutralen Standpunkt“).[8]
In den letzten Monaten wurde das
Leben des des Paters Pedro Poveda verfilmt. P. Poveda (1874 – 1936) war ein
spanischer Priester, der besonders die Bildung und Gleichstelung von Frauen
förderte. Er wurde 1936 ermordet. Liest man die Einträge auf Wikipedia[9]
oder im Heiligenlexikon[10]
über ihn, wird offenbar bewusst verschleiert, wer ihn ermordet hat: Nein, es
waren nicht die Kommunisten, wie es suggestiv erscheint! Es waren die
Faschisten Francos, denen er mit seiner Haltung nicht genehm war. Und er war
offenbar nicht der einzige Priester und Katholik, der von den Franco-Truppen ermordet
wurde, weil er sich dem faschistischen Glaubensabfall widersetzte.[11]
Wir sind wieder da angekommen, wo
wir vor der Christianisierung aufgehört hatten… und noch schlimmer…[12]
[1]
Bekannter Ausspruch Pius IX., hier zitiert nach Georg Denzler: „Die Tradition
bin ich“. Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt 35/2000, kann online gelesen
werden: http://www.georgdenzler.de/Die_Tradition_bin_ich.html
(4.5.2016)
[2]
Ansprache Pius X. vom 19. 11. 1912, zitiert nach Otto Weiß: Der Modernismus in
Deutschland. Regensburg 1995. S. 52
[3] Josef
Jung: Das Werk Gottes oder Kirchen-Stasi? – Das „Sodalitium Pianum“
(1911-1921), vom 19.10.2014 in der katholischen Wochenzeitung „hinsehen.net“,
online lesbar: https://hinsehen.net/2014/10/19/werk-gottes-oder-kirchenstasi/
(4.5.2016)
[4]
Benigni an Buonaiuti, zitiert nach Otto Weiß, Modernismus, a.a.O. S. 120
[5] Vgl.
Otto Weiß, a.a.O.; S. 120
[6] Vgl.
Weiß, a.a.O., S. 137, Anm. 10
[7] Josef
Jung a.a.O.
[8] Im
Internet gibt es ein stark bei katholischen Traditionalisten und
Sedisvakantisten beliebtes Portal namens „WikiMANNia“, mit einem Istanbuler
Impressum (!), das in seinem Programm folgende offenkundig ressentimentgeleitete
und sprachideologisch eingefärbte Selbstbeschreibung voranstellt:
„Dieses Wiki ist eine Wissens-Datenbank über Benachteiligungen von
Jungen und Männern, sowie Bevorzugungen von Maiden und Frauen. Die Belege
hierfür sind im ganzen Internet teilweise sehr unübersichtlich verteilt und
werden hier übersichtlich strukturiert, konzentriert und untereinander
verknüpft angesammelt. WikiMANNia verzichtet auf einen neutralen Standpunkt
und bietet eine feminismusfreie Ergänzung zum Informationsangebot des
Internets. WikiMANNia ist die Antithese zur feministischen Opfer-
und Hassideologie.
Keine Angst vor dem Feminismus, nieder mit der Schweigespirale.
Seit Januar 2009 sind 2.949 Artikel entstanden. Über unser Kontaktformular können Sie
uns mit Informationen unterstützen und auch Wünsche, Vorschläge und Anregungen
mitteilen. Für eine Mitarbeit in diesem Wiki ist eine einfache Registrierung ausreichend.
Frauen sind nicht das unterdrückte Geschlecht.
Frauen sind das subventionierte Geschlecht.“
Frauen sind das subventionierte Geschlecht.“
Vgl. http://de.wikimannia.org/Hauptseite
(11.6.2016)
[11] Vgl. http://www.pedropoveda.org/ , auch
Bericht auf Deutsch hier: https://charismatismus.wordpress.com/?s=poveda
(11.6.2016)
[12]
Erschütternd die Schweizerin Nora Illi, die mit einem Schweizer Konvertiten
verheiratet ist und solche Ansichten zum besten gibt. Etwa bei Sandra
Maischberger ind er ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ http://www.focus.de/kultur/kino_tv/schleierhafter-auftritt-bei-sandra-maischberger-sex-ansichten-der-burka-traegerin-nora-illi-verwirren-alle_aid_836112.html
(7.4.2016)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen