Donnerstag, 21. April 2016

Die Frauenkrise (III) - Kopfbandagen statt Brautkrone



(Die Leseproben zum Thema "Frauenkrise" sind immer nur Ausschnitte aus einem umfangreicheren Text!)

3. Kopfbandagen statt Brautkorne

Die, die aufgrund der göttlichen Verfügung an der Front im Kampf gegen den Satan steht, soll um nahezu jeden Preis von diesem Kampf abgehalten werden. In welche Systeme immer man die Frau hineinreißt, sie dienen allesamt diesem einen Zweck: die Feindschaft der Frau zum Bösen umzudeuten zu einer besonderen und numinosen, „wesenhaften“ Nähe zum Dämonischen und Bösen. In diesem Trachten sind sich die Propagandisten von rechts und links mehr oder weniger einig. Alles ist erlaubt, nur nicht diese eigenständige Fürsprecher- und Mittlerrolle der Frau. Sie soll vom Mann dominiert werden, egal wie, und eine Emanzipation, die darauf abzielt, die Frau der Gestalt des Mannes genau anzugleichen, schenkt der Frau sicher viele Freiräume und hält sie vor allem nicht grundsätzlich für einen Mindermenschen, verlangt aber dennoch eben die Angleichung an den Mann und dessen Dominanzgehabe, das sie nun kopieren soll. Man kann solche Emanzipation aus diesem Grund als eine besonders subtile Spielart maskuliner Dominanz ansehen. Der moderne, im Grunde utopische Genderismus basiert auf Vorüberlegungen Herbert Marcuses und glaubt, dieses letzte Hindernis einer unechten „Emanzipation“ der Frau beseitigen zu können. Der Mann trägt der Frau auf, eine weibliche Revolution zu beginnen… Und wieder ist er es, der die Richtlinien vorgibt, als wäre er Gott und müsste die Welt neu erschaffen und neue Aufträge erteilen – diesmal an eine Frau, die sich gefälligst in seinem Sinn zu befreien hat.

Gehen wir solchen Spielarten dieser maskulinen, subtilen Dominanz im (kirchen-)historischen und kulturellen Prozess doch ein wenig nach:

3.1. Die Frau als Fetisch männlicher Ehre

Die „Ehrbegriffe“ der meisten Kulturen kranken daran, dass die Frau eben gerade keine eigene Ehre hat, sondern als „Ehrfunktion“, ja als Fetisch, als eine neurotische Projektionsgestalt maskuliner Moraldefizite missbraucht und erpresst wird. Sie ist ein leerer Spiegel, ein Objekt ohne eigene Würde, eine Art Barbie-Puppe, die von der Familie zwanghaft an- und ausgezogen, auf verschiedene Weisen verschleiert und unsichtbar gemacht wird. Sie wird vielerorts legal geschlagen, mit tausend Tabus belegt, in Tüchern förmlich mumifiziert und bandagiert, vor allem und bezeichnenderweise ihr Kopf, an der freien Körperbewegung gehindert, im Haus eingesperrt, in weiten Teilen der Erde an den Genitalien beschnitten und rechtlich wie ein Mündel behandelt, sprich: zurückgesetzt, abhängig gemacht und sozial gelähmt. Archaische Skulpturen („Venusfigurinen“[1]) von weiblichen Gestalten haben oft keinen Kopf bzw. kein Gesicht, keine Hände und keine Füße, sind nur Leib-Maschine, und ihr Modell erinnert an die aristotelischen Lehren, auf die Thomas von Aquin zurückgreift, aber auch das so sektiererisch erzwungene Kopftuch der Frau im Islam und leider auch bei vielen Juden, den Orthodoxen und zunehmend unter traditionalistischen Katholiken. Wenn so oft in frommen Texten wohlmeinend darauf abgehoben wurde, der Mann sei das „Haupt“, die Frau das „Herz“, dann verlegt auch diese Rede das Frausein unbewusst in den Rumpf und ist viel zu simpel, um das auszusagen, was sie ist oder sein soll.
Um jeden Preis will man eine „Arbeits- und Rollenverteilung“ definieren, die angeblich „Schöpfungsordnung“ sei, bringt dabei aber nur Klischees zustande. Der Schöpfer hat nun einmal auch der Frau nicht nur einen Rumpf mit Herz und Unterleib, sondern einen Kopf, Arme und Beine wie dem Mann gegeben! Und: der Schöpfer sprich auch beim Mann stets das Herz an, das er ihm genauso eingepflanzt hat!
Die Kopfbandage der Frau ist Symbol für die Verneinung ihrer Eigenständigkeit. Das normative Verständnis der neutestamentlichen Aussage, der Mann sei „Haupt der Frau“, so, als hätten Frauen vom Schöpfer keinen oder nur einen minderwertigen oder überflüssigen Kopf erschaffen bekommen, führt zur Verneinung des Kopfes der Frau, der dennoch objektiv auch ein Haupt ist und genauso konstruiert ist wie der Kopf des Mannes.
Es ist auffallend, dass von frühen Kirchenschriftstellern an bis hin zu modernen Interpreten der Schöpfungsbericht und die Sündefallerzählung unter Zuhilfenahme zahlreicher Annahmen gedeutet werden, die sich im Schrifttext nicht finden. Man bedient sich zur Interpretation entweder antiker Philosophen oder antiker Mythologie und hat aus dem, was die Genesis berichtet, ein monströses Gebilde gemacht, das für die Frau ausschließlich negativ, für den Mann aber konsolidierend ist.
Evas Schuld wird geradezu dämonisch aufgeblasen, teilweise sogar unter Zuhilfenahme der ungeheuerlichen Behauptung, sie habe einen „Pakt“ mit dem Satan geschlossen, um die Herrschaft des Mannes (!) zu stürzen, oder sei mit dem Bösen sogar identisch. Die Schuld Adams legt man, so wie er es bereits im Garten Eden Gott entgegenhalten wollte, der Frau zur Last. Er ist das arme Opfer, die Frau die böse Täterin: „Cherchez la femme!“
Jeder nüchterne Blick ins Weltgeschehen kann den vernünftig denkenden Menschen angesichts solcher Unterstellungen nur den Kopf schütteln lassen über soviel Ignoranz und Perfidie.
Viele heutige Katholiken aus den verschiedenen konservativen Lagern reflektieren die Überlieferungen, auf die sie da zurückgreifen, nicht nüchtern, sie forschen nicht, sondern deuten schwärmerisch, und es ist eine weitere Tatsache, dass ein großer Teil unter ihnen nicht erst heute, sondern offensichtlich von Anbeginn an einerseits ungeordneten antifeministischen bzw. frauenkritischen Reflexen folgt oder sich dem ebenfalls ungeordneten Herrschaftsanspruch des selbstmitleidigen, unbußfertigen Mannes an die Fersen hängt. Das dienende Vorbild Christi gerade für den Mann ist erneut an der „duritia cordis“ (Mt. 19, 8) des Herzens des Mannes abgeprallt. Kritik an einem falschen Feminismus müsste daher tiefschürfend, vernünftig und vor allem gerecht erfolgen.
In den Augen dieser durch die Narrative der integralistischen und „antimodernistischen“ Bewegung des 19. und frühen 20. Jh geprägten Kreise hängt das ganze Glück der Welt und des Himmels daran, dass es irdische Hierarchien gibt, dass es ein Oben und ein Unten gibt und prinzipiell eine unkritisch für „natürlich“ gehaltene Machtfülle des Mannes wie ein Heiligtum gehätschelt wird, weil andernfalls die Welt untergeht. Solcher Traditionalismus weist Eva eine initiale und aktive Schwerst-Sünde zu. Adams Sündenfall ist in der Lesart solcher Geister eine passive, mindere und nur abgeleitete Schuld: das numinose „Weib“ hat sich mit dem Satan verbündet und reißt den harmlosen und überrumpelten Mann mit in die Sünde. Hören wir uns doch einmal eine solche abscheuliche Tirade aus Klerikermund an, denn ich rechne damit, dass man meine Feststellungen für „übertrieben“ halten wird. Das Zitat ist trotz seiner Länge nur ein kleiner Teil der Tiraden des Autors, dessen Werke stets mit einem „Imprimatur“ versehen wurden:

„Der Baum der Menschheit sollte durch das revolutionäre Sündengift des Weibes derart widergöttlich durchseucht werden, daß er unfähig würde, die Edelfrucht des Christkönigs zu tragen. (…) Satan appelliert an die Eitelkeit des Weibes: Du wirst gleich einer Göttin! Eine Angebetete! Die Erste statt der Zweiten! Das schmeichelt der Frau. Die Frau ist nach göttlicher Weltordnung Gehilfin des Mannes. Die Zweite. Ihre Größe soll darin bestehen, das zu sein, was Gott will, daß sie sei. Die Mitwirkende, nicht die Führende. Das verlangt Demut. (…) Die Sünde Luzifers bestand darin, daß er nicht der Zweite sein will neben Christus dem Ersten. Diese Gesinnung, mit welcher die Revolution im Himmel ihren Anfang genommen, soll nun durch die Schlange auch in die Frau hineingetragen werden. Die Frau soll im Paradies das erste Wort führen. Die Frau soll auf Erden der Mittelpunkt werden, um den sich alles dreht. Die Erste statt der Zweiten! Damit nimmt die Revolution auf Erden ihren Anfang. Ihr Ursprung aber ist luziferianisch. Der Feminismus ist luziferianisch. Er geht auf Satan zurück. (…)Wenn man die Menschheit unfehlbar in den Abgrund treiben will, dann muß man nur nach luziferinischem Vorbild das Weib versinnlichen und vergöttern durch schamlose Mode und radikale Frauenrechtlerei. Umgekehrt, wenn man die Menschheit retten will, muß man die Frau retten, das heißt demütig und rein, marianisch machen. Die Rettung der Frau das große Christkönigsproblem!“ [2]


[1] Vgl. Bilder hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Venusfigurinen (16.4.2016)
[2] Dieser Text stammt von dem bei Traditionalisten sehr beliebten radikalen Integralisten und Prälaten Robert Mäder (1875-1945) in „Maria siegt!“ von 1935: http://immaculata.ch/verlag/maeder/maria_siegt_001.htm (13.4.2016)

1 Kommentar:

  1. Was gefällt Ihnen an dem Mäderschen Text eigentlich nicht? Er beschreibt doch ganz anschaulich unsere heutige Situation: überall da, wo Frauen inzwischen in Verwaltung und Regierung/Politik angekommen sind, bricht das reinste Chaos aus. Gefühl statt Sachverstand, Beleidigtsein anstatt mit sachlicher Kritik umgehen.

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