Samstag, 23. April 2016

Die Frauenkrise (IV): Antifeminismus als Funktion der Übersteigerung des Papsttums ab dem späten 19. Jh



3.2. Katholischer Antifeminismus als Funktion eines fiktiven Kampfes zwischen Monarchismus und Freimaurerei und der Übersteigerung des Papsttums ab dem späten 19. Jh

Der katholische, antifeministische Reflex dient in aller Regel einer plumpen Demokratiefeindlichkeit, wobei man unter „Demokratie“ all das versteht, was keine mehr oder weniger absolutistische Herrschaftsstruktur und laizistische Elemente aufweist und die Emanzipation von Gruppen garantiert, die bislang durch gesetzliche Zurücksetzung diskriminiert worden waren.
Diese generelle Feindseligkeit gegen eine „emanzipierte“ Gesellschaft wurde und wird immer wieder mit einem unklaren Monarchismus verknüpft, der aber gerne aufgegeben wird, wenn man nur irgendwie eine rigide pseudo-monarchische Unterordnungskette verwirklicht glaubt. Symptom für diese Haltung war die reaktionäre katholische Neigung zu diversen Faschismen, die den illusionären Traum von den Restauration der alten Monarchien träumten und dabei erwarteten, dass die Monarchen sich ebenfalls reaktionär und despotisch positionieren müssten. Keiner der faschistischen Führer und Generäle war aber je bereit, sich einem Monarchen unterzuordnen…

Integralistisch-katholisches Narrativ, vor allem durch das Wirken des Jesuitenordens im 19. Jh erzeugt, war dabei die Meinung, im Abendland gäbe es einen Antagonismus zwischen der angeblich durchweg freimaurerisch forcierten und Jahrhunderte minutiös „vorausgeplanten“, „revolutionären“ Demokratiebewegung und den alten Königshäusern und dem Kaiser von Gottes Gnaden.[1] Die Freimaurerei und alle geistig verwandten Gruppierungen wurden als „Sekte“ direkt unter der väterlichen Leitung des Satans behauptet, mithilfe derer der Teufel ein eigenes „Reich“ neben dem der Kirche aufgebaut habe. Um es anders zu beschreiben: die Kirche, das Papsttum war bei einem kruden Manichäismus, bei einer abstrus-häretischen „Zwei-Reiche-Lehre“ der besonderen Art angekommen… [2] Diese Lehre ist rein spekulativ und kommt ohne den geringsten Beweis aus.
Eine genauere Untersuchung der monarchischen Selbstverständnisse und Rechtsverfassungen unterlassen solche katholischen Theoretiker bis heute. Sie bewegen sich in einem Reich politischer Fiktionen. Diese Träume waren und sind, wenn man historisch forscht, unhaltbar. Sie entsprechen methodisch und strukturell einer plumpen ideologischen Geschichtsschreibung, etwa der marxistischen, die die ganze Weltgeschichte als eine Abfolge von apokalyptischen „Klassenkämpfen“ deutet.
Zunächst kann man sich fragen, welche Antagonismen in der abendländischen Geschichte eigentlich gewaltiger waren – die zwischen Kaiser und Reichsfürsten, die zwischen Kaiser und Papst, die zwischen der Societas Jesu und dem Stuhl Petri, die zwischen Schismatikern, Häretikern und dem Papsttum, oder die zwischen Islam und Christentum? Ein christlich dramatisierter Antagonismus zwischen Judentum und Christentum, der ebenfalls ein Lieblingsthema vieler Traditionalisten ist, bestand möglicherweise in den ersten drei Jahrhunderten nach Christus, danach mit Sicherheit nie wieder. Man unterstellt, dass das Judentum der Ausgangspunkt der Freimaurerei sei, aber bewiesen hat das bis heute niemand. Es ist wie so vieles im katholischen Anti-Freimaurerwahn eine Unterstellung, und die Leichtfertigkeit, mit der man unbewiesenen Unterstellungen folgt, ist bestürzend. Jedem missliebigen Prälaten wird eine verschleierte jüdische Herkunft, die selbst über Generationen nach der Konversion zur Kirche weg noch satanische Auswirkungen habe, oder eine heimliche Freimaurertätigkeit angedichtet. Hinter allen „Kirchenfeinden“ sieht man die Freimaurer als „Drahtzieher“ am Werk, wobei nicht geklärt wird, wen man alles als „Kirchenfeind“ ansieht. Leo der XIII. zeichnete dieses Schreckensbild – was bei ihm ausdrücklich positiv zu verzeichnen ist: ohne den entsprechenden antisemitischen Ursachenwahn - in „Annum ingressi sumus“ von 1902.[3] Es stelle sich immer klarer heraus, dass die Freimaurer hinter jeglicher revolutionären Bewegung stünden, behauptet er ohne einen einzigen Beweis oder Literaturhinweis.
Man muss an dieser Stelle einen Rückblick einschieben, um die befremdliche Unaufrichtigkeit seiner Worte zu ermessen:

Wenige Jahre zuvor war Leo XIII. samt weiten Kreisen in der Hierarchie auf den Schwindel des Léo Taxil hereingefallen, der in zwölf Jahren ein satirisch-geniales Enthüllungsspektakel inszeniert hatte, das ganz Europa in Atem hielt.
Nach dem Auffliegen des Schwindels, unterdrückte Leo XIII. jede weitere Beschäftigung mit dem kirchlichen Desaster.
Diese Umstände berühren den aufmerksamen Forscher ungut, weil unweigerlich die Frage aufsteigt, ob es nicht sein kann, dass die Kirche das „satanistische“ Freimaurertum dankbar erfinden ließ, um davon abzulenken, dass sie selbst – ohne jede Hilfe von außen ! - sich an ein Ende gebracht hat? In dem Schreiben von 1902 wird ein Lamento nachgesetzt, das den Spieß umdreht: „Man missdeutet seine (Anm. HJ: des Priestertums) Handlungen, verdächtigt und beschuldigt es in gemeinster Weise…[4] Genau das tut er aber doch selbst, wie viele seiner katholischen Vordenker, gegenüber den „Freimaurern“, die exakt nach dem Vorbild der „Hexen“ in der frühen Neuzeit gezeichnet sind.
Das Ärgernis bei den Freimaurern kann aus einer redlichen katholischen Sicht objektiv nur eines sein: dass sie ein Geheimbund sind und einen Teil dessen, was sie tun und beabsichtigen, nicht öffentlich machen oder nicht öffentlich zu machen vorgeben. Und dass sie jedes Dogma ablehnen…
Nachvollziehen kann man bei den Freimaurern aufgrund dessen, was sie öffentlich äußern, unpräzise aufklärerische Ideale, einen weitgesteckten Deismus, keinen Atheismus, und den Traum, man könne alle Differenzen unter den Menschen glätten und zu einer Harmonie und Einheit bringen. Ob der Wunsch vorgeschoben ist oder nicht, kann niemand sagen. Was man legitim kann, ist, einen gravierenden Zweifel an der Realisierungsmöglichkeit und der Rechtgläubigkeit dieses Traums zu haben, soweit man ihn konkret kennt – aber das ist sachlich etwas anderes als die dramatisierenden Unterstellungen, die in Umlauf sind.
Die Kirche hat den römischen Grundsatz „In dubio pro reo“ weitertradiert, aber er gilt im reaktionären Lager seit Jahrhunderten nichts mehr… Nach allen Erkenntnissen, die man objektiv erreichen kann, entstammt die Freimaurerei dem Christentum und hat Juden und andere Nichtchristen bis weit ins 20. Jh in verschiedensten Logen ausdrücklich nicht aufgenommen. Juden haben dagegen im Zuge der politischen Emanzipation im Jahr 1843 durch 12 deutsche Auswanderer in New York eine eigene jüdische Loge gegründet: die „Bnai  Brit“. Das rein christliche Freimaurertum entstand 1717 und hat seine eigenen Ambitionen verfolgt, und dies von Anfang an und zum wachsenden Ärger der Päpste und einiger Prälaten im Schulterschluss mit kirchlichen Würdenträgern. Zahlreiche päpstliche Schreiben verurteilten seit 1738 die Freimaurerei und verboten Katholiken grundsätzlich den Beitritt. Ab 1758 hatte ein Zuwiderhandelnder mit der Exkommunikation zu rechnen. An dieser Haltung der Kirche hat sich offiziell bis heute nichts geändert. Dennoch unterstellt man im traditionalistischen Spektrum allen Päpsten nach dem Konzil Beziehungen zu oder Mitgliedschaft in den Logen.[5]

Freimaurer seien es auch, die gezielt die Frauen ins Zentrum der Welt rücken wollten, um damit die „Schöpfungsordnung“ zu verkehren und auf dem Weg alles zu  Fall zu bringen:
Damit nimmt die Revolution auf Erden ihren Anfang. Ihr Ursprung aber ist luziferianisch. Der Feminismus ist luziferianisch. Er geht auf Satan zurück.“[6]

Der kirchliche Antifreimaurerkampf gleicht wegen der mangelnden objektiven Kenntnisse einem groß angelegten Schattenboxen, vielleicht auch einer gezielten Inszenierung, die selbst bei Lichte betrachtet satanische Züge trägt, einer kultisch überhöhten Fiktion, sie sich im Reich des Aberglaubens, der Magie und der Gerüchte abspielt. Der Freimaurerwahn, der außer der katholischen Kirche auch andere politische Kreise erfasst hat, wie wir noch sehen werden[7], entspricht in vielen Motiven der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung.[8]

Die grundsätzliche Schwierigkeit im Umgang mit dem Phänomen „Freimaurerei“ ist und bleibt, dass man nicht weiß, was Dichtung und was Wahrheit ist. Es liegt im Wesen des Geheimbundes, dass niemand außerhalb der Verschworenen genau weiß, was hinter den höchsten Kulissen vor sich geht. Immer wieder aufgetauchte Schriftstücke und „Enthüllungen“, auf die sich Katholiken bis heute prompt wie hungrige Wölfe stürzen, waren und sind bewusste Erfindungen.[9] Ebenso kann niemand beurteilen, ob die Informationen der „Aussteiger“ echt oder nicht vielmehr bewusst gestreut sind. Im 19. Jh schrieb ein kritischer Zeitgenosse über das große Interesse integralistischer Katholiken an Berichten über die geheime „Freimaurer“-Herrschaft durch den Enthüllungsschwindler Léo Taxil, ein scharfsinniges und gut recherchiertes Buch, auf das ich mich im Folgenden beziehen will:

Taxil hatte jahrelang als Mentor einer gewissen „Diana Vaughan“ deren vorgebliche Aussteiger-Bücher als Ex-Freimaurerin veröffentlicht, damit sehr viel Geld verdient, den Vatikan und die ultramontane katholische Laienschaft in helle Aufregung versetzt und dann, nachdem ihm ein Journalist auf die Spur gekommen war und seinen Schwindel entlarvt hatte, 1897 in einer öffentlichen Schluss-Enthüllug in Paris zugegeben, er habe den Satanskult der weiblich geprägten „Palladisten“ frei erfunden:

„Am 19. April 1897 deckte Taxil dann selbst statt eines Lichtbild-Vortrages über Diana Vaughan und den Palladismus-Kult im Saal der Geographischen Gesellschaft auf, dass seine spektakulären Enthüllungen über die Freimaurerei fiktiv seien, erklärte zynisch, dass Diana Vaughan nie existiert habe, und dankte der Geistlichkeit für ihre Unterstützung durch ihre Werbung für seine wilden Behauptungen.“[10]

Die Abwehr ultramontaner Kreise gegen die moderne Wissenschaft in Kombination mit der erhöhten Bereitschaft, jeden Aberglauben für bare Münze zu nehmen, wurde von Zeitgenossen als verrückt wahrgenommen und kritisiert:

„Ich gehe wohl nicht fehl mit der Annahme, daß die Kreise katholischer Laien, in denen man voll Begierde den angeblichen Enthüllungen der Palladistin[11] lauschte, vielfach mit denjenigen sich deckten, in welchen man gelegentlich recht geringschätzig von der modern Wissenschaft zu reden pflegt, die da glaube, alles erweisen zu können und alles beweisen zu müssen.“[12]

Taxil sagte seinen konsternierten katholischen Zuhörern, darunter vielen Würdenträgern, in Paris ins Gesicht:

„Meine Damen und Herren, höret das Geständnis meines Verbrechens. Ich habe einen Kindsmord begangen. Der Palladismus ist jetzt mausetot. Sein Vater hat ihn umgebracht.“[13]

Die peinlichen Aktionen des Vatikans und weiter integralistischer Kreise anhand der Veröffentlichungen Taxils, die anhand der „Enthüllungen“ Taxils sogar bis zu einem großen „Antifreimaurer-Kongress“ mit über 500 Teilnehmern in Trient 1896 geführt hatten, und das Auffliegen des Schwindels wurden von römischer Seite aus systematisch vertuscht. Rieks erwähnt einen „Pacelli“, der, anders als Leo XIII., als Antifreimaurer-Führer im Vatikan, die ganze „Manifestation“ schon vor der Entlarvung 1897 als „Humbug“ erklärt habe.[14] Eugenio, der spätere Pius XII., kann das noch nicht gewesen sein, aber möglicherweise sein Vater, der Rechtsanwalt für den heiligen Stuhl war.
Taxil hatte der „Vossischen Zeitung“ nach[15] ausgesagt, er habe den „Jesuitenorden und die ganze Kirche gründlich (hineinlegen wollen)“. Die Antifreimaurer-Hetze ging zu dieser Zeit hauptsächlich von den Jesuiten, und dort – im deutschen Sprachraum - von den Büchern Hermann Grubers SJ und Georg Michael Pachtlers SJ aus.
Eine Diana Vaughan gab es wirklich, aber sie war eine arme Maschinenschreiberin, die Taxils Machwerke für 150 Franken im Monat tippte. Ein weiterer Gehilfe, Dr. Hacks, genannt „Bataille“, war mit im Bunde der Hanswurstiade.
Obwohl Leo XIII. von hohen Prälaten in aller Welt aus sachlichen Gründen darauf aufmerksam gemacht worden war, dass regionale Ereignisse oder Plätze, die in Taxils Erfindungen eine Rolle spielten, wie zum Beispiel ein angebliches Höhlensystem unter dem Felsen von Gibraltar, in dem sich die Verschwörer zu satanistischen Kulthandlungen träfen, nicht existierten, ja, nicht einmal existieren könnten – jeder vernünftige Appell verhallte in Rom ungehört oder wurde autoritär abgewehrt. Die Münchener „Neuesten Nachrichten“ schrieben damals, „die Geistlichkeit habe teils aus Beschränktheit, teils aus Unehrlichkeit bei dem Schwindel mitgeholfen“. Taxil habe Beweise vorgetragen, die offenbarten, dass Leo XIII. wider besseres Wissen die „krassesten Verleumdungen der Freimaurer begünstigt und Diana dafür gesegnet habe.“ [16]
Der „Reichsbote“ berichtete, dass Taxil in Rom von Leo XIII. und Kardinal Rampolla äußerst freundlich in einer Audienz begrüßt worden sei. Der Papst habe alle seine Schriften in seine Bibliothek aufgenommen und Rampolla behauptete sogar, alles, was Taxil berichte, sei ihm bereits aus anderen Dokumenten bekannt gewesen. Taxils Schlusssatz war zu diesen Ausführungen offen bekundetes Unverständnis darüber, dass der Vatikan überhaupt dieses alberne Spiel so lange mitgemacht hatte: „Rom hätte den Schwindel eigentlich durchschauen müssen.[17]

Taxil war stolz darauf, große Gemeinschaften von einer frei erfundenen Geschichte zu überzeugen. Er habe als Jugendlicher die Stadt Marseille mit der Nachricht in Angst und Schrecken versetzt, im Hafen der Stadt Haifische gesehen zu haben. Er habe auch das Märchen erfunden, am Grunde des Genfer Sees sei eine versunkene Stadt, was ihm ein polnischer Archäologe bestätigt habe, der sogar konkrete Gebäude in der Tiefe gesehen haben wollte.[18]
Erschütternd wirkt die Aussage Taxils, er sei durch die Anti-Freimaurer-Enzyklika Leos XIII. vom 20. April 1884, „Humanum genus“ dazu angeregt worden, diese riesenhafte Täuschung ins Werk zu setzen und die Kirche bloßzustellen.[19]

Es gab verschiedenste zeitgenössische Reflexionen über das Gebahren der Kirche, auch aus Kreisen der Freimaurer selbst, die anklagten, dass man pseudowissenschaftlich auftrete, aber sich ein Freimaurerbild zurechtgebastelt habe, das wesentlich auf zwei Autoren beruhe:

Um die Richtigkeit dieser Anschauung zu beweisen, haben in neuerer Zeit ultramontane Schriftsteller aus freimaurerischen Schriften und Aeusserungen ehemaliger Freimaurer Beläge herangezogen. Sie stützen sich dabei hauptsächlich auf die Veröffentlichungen Findels und des Franzosen Leo Taxil.“[20]

Weder Findel noch Taxil könnten repräsentieren, was im Freimaurer-Orden allgemeine Richtschnur sei:

Findel ist durchaus nicht, wie die »Germania« von ihm behauptet, »der erste deutsche Geschichtsschreiber der Freimaurerei und einer der erfahrensten Kenner des Logenwesens überhaupt«. Unter den Freimaurern selbst stossen seine Ansichten auf sehr entschiedenen Widerspruch, und den von ihm veröffentlichten Schriften kann der Vorwurf der Oberflächlichkeit, Einseitigkeit und Parteilichkeit nicht erspart werden.“[21]

Die jesuitisch unterwanderte römische Hierarchie habe darauf gedrungen, diesen lächerlichen Kongress in Trient einzuberufen, auf dem Taxil den Vorsitz hatte:

„Ist es da ein Wunder, dass der sogenannte Antifreimaurercongress, der unter der Zustimmung und mit dem Segen des Papstes vom 26. bis 30. September 1896 in Trient abgehalten worden ist, die ultramontane Freimaurerhetze im schönsten Lichte gezeigt hat? Dieses »Ereigniss am Ende des 19. Jahrhunderts«, wie ein deutsches ultramontanes Blatt, der »Westfälische Merkur«, den Congress vor seinem Zusammentritte bezeichnet hatte, ist in seinem Verlaufe nichts Anderes gewesen als ein tödliches Fiasko für die Feinde der Freimaurerei.
Den Zusammentritt des Congresses hatte die am 20. September 1893 von den Jesuiten mit Genehmigung des Papstes in Rom gegründete Union antimaçonnique universelle, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, im Sinne der päpstlichen Anweisungen und besonders des Rundschreibens Leos XIII. von 1884 die Freimaurerei, die als »Feindin des Christenthums und der auf monarchischer von Gott eingesetzter Grundlage beruhenden Staatsform« erkannt wird, überall und in jeder Gestalt zu bekämpfen.“[22]

Man habe auf diesem Kongress nur die immer gleichen, alten Verleumdungen gegen die Freimaurer ohne Beweis vorgetragen und den Beschluss gefasst, einen Generaldirektionsrat der jesuitisch-kirchlichen, antimasonischen, universellen Union zu bilden, der künftig immer neue Antifreimaurerkongresse einberufen hätte sollen, also eine Art „negativen Konziliarismus“ entwickelt hatte. Schon kurz nach der Veröffentlichung der Enzyklika „Humanum genus“ 1884 hatte die Heilige Inquisition von den Bischöfen und Kardinälen „Antifreimaurerkongresse“ in jeder Kirchenprovinz gefordert, um den Kampf gegen die Loge zu bündeln und das Volk zu belehren über deren Machenschaften.[23]
Ein weiterer Kongress kam nie zustande – der Schwindel war unterdessen aufgeflogen und Rom ließ seine großangelegten Antifreimaurer-Aktionen stillschweigend im Sand verlaufen. Die ausführlichen Enzykliken der Päpste zum Thema kamen stets ohne eine einzige Fußnote mit einem etwaigen Nachweis über das, was sie da behaupteten, aus… Pius X. rief kurze Zeit später dann eine neue „Anti-Gestalt“ ins Leben, gegen die die Ultramontanen „kämpfen“ konnten, den „Modernismus“, der ähnlich schimärisch blieb wie die „Freimaurer“, kaum auf ein scharf umrissenes Phänomen bezogen werden konnte und zu einer ähnlichen Hysterie führte:

„Die Miss Vaughan sollte bekanntlich eine hervorragende Freimaurerin gewesen, dann aber, durch eine wunderbare Heilung in Lourdes bekehrt, über die Verbindungen der Freimaurer mit der Hölle die erstaunlichsten Mittheilungen gemacht haben. Das Schriftstück des Teufels Bitru über die am 29. September 1896 zu erwartende Geburt der Urgrossmutter des Teufels Antichrist ist als heiterstes Pröbchen dieser Vaughanschen »Enthüllungen«, die wie die Miss selbst eine Erfindung Leo Taxils waren, durch alle Blätter gegangen.
Wäre der Beschluss des Trienter »Internationalen« Congresses, in spätestens sechs Monaten in jedem Lande einen »Nationalen« Congress gegen die Freimaurer abzuhalten, ausgeführt worden, so hätte man jedenfalls noch recht interessante Dinge erleben können. Die Freimaurer selbst aber können nur wünschen, dass sich die Trienter Posse recht häufig wiederholt. Das fühlten auch die deutschen Ultramontanen sehr wohl heraus, und daher machten sie den Versuch, die Miss Vaughan und ihre Enthüllungen als eine Erfindung der Freimaurer hinzustellen. Durchaus zutreffend schrieb die »Kölnische Volkszeitung«:
»Man kann getrost behaupten: Hätten die Freimaurer es darauf ablegen wollen, möglichst wirksam und hinterlistig die katholische Kirche zu schädigen und zu discreditiren, so hätten sie es kaum besser thun können, als es thatsächlich durch Veranstaltung und Verbreitung des Vaughan'schen angeblich »antifreimaurerischen« Enthüllungsschwindels geschehen ist.«[24]

Auch der Schriftsteller Theodor Lessing, der Taxil persönlich aus Künstlerkreisen kannte, berichtet, wie er von Taxil einen Brief nach den Trienter Ereignissen erhalten habe:

„Er schickte mir bald nach den Tagen von Trient ein Gruppenlichtbild, welches ihn inmitten der höchsten Würdenträger der Kirche als Vorsitzenden des Kongresses zeigt. Dazu schrieb er: ‚Beachten Sie bitte, dass alle Personen auf dem Bild ein ernstes Gesicht machen, nur ich bin der einzige, welcher lacht.“[25]

Auf dem Kongress scheint es zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen sein, weil vor allem deutsche Prälaten längst begriffen hatten, dass es sich um eine Hanswurstiade handelte. Leider findet man aufseiten der kirchlichen Literatur über den Antifreimaurerkongress von Trient 1896 kaum Nachrichten. Auch wird er auf den einschlägigen katholischen Websites verschwiegen oder kurz abgetan. Etwa verschweigt der Lexikon-Eintrag auf dem konservativen, katholischen Internet-Lexikon „Kathpedia“ die Taxil-Affaire vollkommen und ebenso den Trienter Antifreimaurerkongress. Die Liste der kirchlichen Stellungnahmen gegen die Freimaurerei, die jedes noch so unbedeutende Unterkapitel in päpstlichen Schreiben aufzählt, lässt diesen Kongress ganz aus.[26]
Die Freimaurer führen auf ihren eigenen Websites folgende Worte auf:

„Taxil war der eigentliche Anreger des Kongresses gewesen. Zwei Richtungen standen sich in Trient schroff gegenüber: die deutschen Kleriker, die nach zehn Jahren doch langsam auf den Schwindel gekommen waren, und die große Masse der übrigen, die nach wie vor treu zu Taxil und der Miß Vaughan standen. Als der deutsche Monsignore Gratzfeld, der Vertreter des Erzbischofs von Köln, erklärte, die mysteriöse Diana Vaughan existiere gar nicht, es handle sich um einen großartigen Betrug, der mit einer Blamage enden müsse, traten ihm ein französischer und ein italienischer Geistlicher in sehr heftiger Weise entgegen.
Als dann in einer Sektionssitzung der französische Abbé de Bessonies (s. d.) für Miß Vaughan in die Schranken trat, suchten ein anderer deutscher Geistlicher, Dr. Baumgartner aus Rom und der Österreicher Koller dem entgegenzuwirken. Sehr konkrete Fragen, die Baumgartner stellte, wurden aber mit der linken Hand abgetan. Schließlich griff von donnerndem Applaus empfangen, Taxil selbst in die Debatte ein. Er wartete mit einem starken Trumpf auf, indem er eine "Photographie" der Miß Vaughan vorwies; dann erging er sich in starken Ausfällen gegen den Pater Hermann Gruber S. J., der, anfänglich selbst im Banne des Schwindels, dann viel zu dessen Aufklärung beitrug. Man beschloß, eine Kommission einzusetzen, um die Frage der Existenz der Miß Vaughan restlos zu klären. Diese Kommission fällte dann nach dem Kongreß ein salomonisches Urteil, indem sie erklärte, daß sie "bisher auf keinen durchschlagenden Beweisgrund, sei es für, sei es gegen die Existenz" gestoßen sei.“[27]

Was an der Taxil-Geschichte so aufschlussreich ist, ist die Frage nach den „Frauen in der Freimaurerei“. Taxil hatte 1891 ein Buch verfasst mit dem Titel „Les soeurs Maçonnes - Y a t’il des femmes dans la franc-maçonnerie?“ („Die Maurerschwestern – Gibt es Frauen in der Freimaurerei?“)  und den Palladismus als freimaurerischen androgynen „Frauen“kult, dessen Großmeisterin Sophie Walder heiße und Urgroßmutter des Antichristen sei, erfunden. Die Jesuiten hätten sich begeistert auf diese Informationen gestürzt. Erzbischof Meurin, der 1891 ebenfalls ein Buch mit dem reißerischen Titel „Die Freimaurerei – Synagoge des Satans“ geschrieben hatte, habe ihm „aus wissenschaftlicher Sicht“ das Vorhandensein einer Frauenverschwörung bestätigt. Hinter der Freimaurerei steckten u.a. die „Mopsschwestern“, eine Frauenloge, deren satanistische und obszöne Verschwörung er in dem Buch „Drei-Punkt-Brüder“ ausführlich und schamlos, wie er sagt „auf Befehl des heiligen Vaters“ - beschreibt.[28] Der katholische Verlag der Bonifatius-Druckerei in Paderborn veröffentlichte diese Fiktion bereitwillig.[29]

Den „Mops-Orden“ gab es indes wirklich einmal. Er war ein von römischen Katholiken gegründeter, freimaurerähnlicher Orden, der angeblich die Bannbulle In eminenti apostolatus specula (1738) von Papst Clemens XII. unterlaufen sollte. Vielmehr scheint er aber eine Persiflage auf den angeblichen, von Gregor IX. in einer Bulle im Jahr 1233 verurteilten „Satanskult“ der Stedinger in Oldenburg gewesen zu sein.[30] Sein Initiator und Gründer soll 1740 Herzog Clemens August von Bayern gewesen sein. Dieser katholische Mops-Orden ließ, anders als nicht-katholische Freimaurer, Frauen zu, sofern sie katholisch waren. Der Orden besetzte alle Ämter, bis auf das des Großmeisters, der ein Mann sein musste, doppelt, mit je einem Mann und einer Frau. Der Orden scheint auch eine Karikatur der echten Freimaurerorden gewesen zu sein und verbreitete sich im 18. Jh an den kleineren deutschen Fürstenhöfen rasant. Über den Mops-Orden gab es zeitgenössische Veröffentlichungen. Diese Vereinigung war ein überspannter Ulk und stand in Verbindung mit antifreimaurerischen Kreisen. Er fand wegen seiner Albernheit auch unter Studenten weite Verbreitung.[31]

Taxil nutzte also geschickt bereits vorhandene Fakten, insbesondere auch das Reizthema der „gleichberechtigten Frauen“, und vermischte sie gezielt mit der Ignoranz anti-masonischer katholischer Kreise am Ende des 19. Jh. Noch 1879 hatte selbst die weitverbreitete Zeitschrift „Gartenlaube“ einen Artikel über das „Curiosum“ der „Möpse“ und „Möpsinnen“ veröffentlicht, der dessen satirischen Charakter benannte.[32] Der aufgehetzte Klerus und der Papst scheinen das alles nicht gewusst zu haben? Am Rande sei vermerkt, dass im 20. Jh Loriot noch einmal das Motiv des „Mopses“ aufgegriffen und mit seinem Nonsens-Spruch „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos" einen Hauch der alten Mops-Persiflage aufgegriffen hat.

Von konservativer kirchlicher Seite wurde bestätigt, was Taxil ausgesagt hatte im Hinblick auf Leo XIII.: der Papst habe Prälaten, die den Schwindel von Anfang an durchschauten und an seine nüchterne Vernunft appellierten, Schweigen auferlegt.[33]
Daraus kann man nur den Schluss ziehen, dass der Papst bewusst im gläubigen Volk die Freimaurer-Hysterie geschürt sehen und eine Lüge um jeden Preis aufrecht erhalten wollte.
Welches Eigentor Leo XIII. dem Papsttum mit seiner abergläubischen Leichtgläubigkeit und Unaufrichtigkeit geschossen hatte, wurde von den Zeitgenossen sensibel erfasst:

„Es ist eine fürchterliche Lektion, die der große Pariser Gauner denjenigen erteilt hat, die sich nicht warnen lassen wollten. Möge sie helfen! In seiner Absicht liegt das gewiß nicht, aber auch Gifte können unter Umständen als Radikalmittel wirken. So muß schonungslos ein Ende gemacht werden mit jener duseligen ‚Religiosität’, die unbesehen alles annimmt, was Phantasten, verdrehte Köpfe, Titel- und Ordensjäger, heuchlerische Konvertiten und gewissenlose Lügner als ‚Enthüllungen, Geheimnisse, Offenbarungen, Weissagungen“ u.s.w. auszugeben belieben. Wir haben im Oktober v.J. auf die herandrängende ‚Flut des Aberglaubens’ hingewiesen. Wie hoch diese Flut schon gestiegen war, liegt jetzt auch für den Blinden klar zu Tage.“[34]

Die nachträgliche Schutz-Behauptung aufseiten der Ultramontanen, der Taxil-Schwindel sei von den Freimaurern inszeniert worden, um die Kirche bloßzustellen und die Öffentlichkeit über die Freimaurerei positiv zu täuschen, findet keinen objektiven Anhalt. Aufseiten unbelasteter Zeitzeugen, wie etwa des Schriftstellers Theodor Lessing, der nicht katholisch war, bestand die Überzeugung, dass Taxil Illusionserzeugung und Hochstapelei zur Lebensaufgabe gemacht hatte:

„Ich habe den Mann gekannt und einige Jahre mit ihm Verbindung unterhalten. Daher glaube ich zu wissen, daß weder Eitelkeit, Ruhmsucht, Geldgier noch auch ein Fanatismus für Aufklärung und Freigeisterei die Triebfeder seines Handelns war. Er gehörte, geborener Gascogner, zu den bewundernswert überlegenen Leuten, die an Spott und Spiel ein wahrhaft künstlerisches Vergnügen haben. Das ist ein Stück Dichtertum, frei von jedem Pathos, außer von einem gewissen Pathos des Witzes.“[35]

Bevor Taxil seinen Schwindel selbst aufdeckte, kam noch über das „Evangelische Sonntagsblatt“ in Stuttgart im Juni 1897 das Gerücht auf, Taxil sei ein „böhmischer Jude“ und heiße „Löb Dächsel“. Die katholische „Germania“ übernahm dies ungeprüft. Taxil war jedoch eindeutig und ohne jeden Zweifel katholischer Franzose, 1854 in Marseille geboren und in Jesuitenkollegs erzogen. Sein eigentlicher Name lautete Gabriel Jogand. Er ging mit 11 Jahren in Villefranche in der Nähe von Lyon, wo er im Internat war, zur Erstkommunion, ein Jahr später wurde ihm die hl. Firmung gespendet. Er geriet früh in schwere Glaubenszweifel, radikalisierte sich, schrieb atheistische Artikel und bekam Schwierigkeiten mit seinen Erziehern. Sein Vater schrieb vor Verzweiflung sogar einen Brief an Pius IX. mit einem Gesuch um Fürbitte. Der Brief ist erhalten, und der damalige Papst schrieb eine handschriftliche Fürbitte auf ihn. Taxil wurde Garibaldi-Anhänger, ging mit gefälschten Geburtspapieren mit einem Regiment nach Algerien, wurde nach Bekanntwerden der Fälschung hinausgeworfen und veröffentlichte daraufhin ab 1871 ein Witzblatt „La Marotte“. Schließlich wurde er wegen eines Artikels in seinem neuen Witzblatt „La Fronde“ zu acht Jahren Haft verurteilt, denen er sich durch Flucht nach Genf entzog. So zog sich sein Leben mit vielen Wirren und Irrungen hin. Irgendwann verlegte er sich auf Schmähschriften gegen den Klerus, gründete einen Verlag, um sie besser zu vertreiben. Es folgten Anzeigen, Prozesse, Verurteilungen zu Geldstrafen. Schließlich veröffentlichte er 1880 ein Enthüllungsbuch über die geheimen Liebschaften Pius IX: „Les amours Secrètes de Pie IX.“, gegen die der Neffe Pius IX. einen Prozess anstrengte. Am Ende wurde die Sache niedergeschlagen, bis Taxils Frau das Buch 1885 erneut veröffentlichte. Trotz Anzeigen kam es bezüglich des Pius IX.-Buches zu keiner bleibenden Verurteilung. Taxil trat 1881 dem Freimaurer-Orden als „Lehrling“ bei, zerstritt sich dort mit den Brüdern und schied nach einem Jahr wieder aus., kann also keine tieferen Einblicke erhalten haben. Er erzeugte immer neue Erfindungen und „Fakes“ mit verschiedensten Inhalten und hielt Kirche und Welt auch schon vor der großen Miss-Vaughan-Story auf Trab. Im Jahr 1885 vollzog er eine formelle Umkehr und wurde wieder katholisch. Diese Bekehrung schien echt zu sein und wurde von der antiklerikalen Liga erbittert kommentiert. Man unterstellte von freidenkerischer Seite, Taxil habe vom Vatikan hohe Summen erhalten für diese „Komödie“. Johannes Rieks wundert sich, dass die folgenden „frommen“ Erzeugnisse Taxils nicht sofort durchschaut wurden, weil sie getrieft hätten vor betonter Frömmelei und Ironie.[36]

„Die katholische Welt aber merkte das nicht vor lauter Protestanten- und Freimaurerhaß, welchen Taxil in berechnender Schlauheit schürte…[37]

Der hier angesprochene auffallende Hass der Ultramontanen machte sie vielen Zeitgenossen widerlich und lächerlich. Die Aggressivität und der Zynismus antifreimaurerisch aufgestellter Prälaten gegen Ende des 19. Jh darf nicht unterschätzt werden.
Wenn der schäumende Prälat Mäder (1875-1945), ein selbstmitleidiger und sich im Gefolge seines Vorbildes Donoso-Cortes selbst als „Reaktionär“ bezeichnender Integralist, der ganz besonders knarrend den Wahn formulierte, „das Weib“ sei Dreh- und Angelpunkt der satanischen Angriffe auf die Welt, „das Sündengift des Weibes“ (s.o.) bedrohe die ganze Welt und sei luziferischen Ursprungs und dabei auch gerne für die mittelalterlichen Scheiterhäufen im katholischen Kirchenblatt „Glocke“ am 3. März 1929 ein frenetisches Lob aussprach, dann ist er nur die Spitze eines innerkirchlichen Eisberges:

„Besser der frühere Scheiterhaufen, als der jetzige Weltbrand (…) Das Mittelalter hat mit seinen Scheiterhaufen und Galgen die damalige Welt vor dem Untergang bewahren wollen und auch vielfach bewahrt. An ihrer Stelle haben wir die schrankenlose, geradezu verbrecherische Presse- und Redefreiheit. Wenn es gelingen würde, alle freigeistigen und zweideutigen Universitätsprofessoren, Künstler, Schriftsteller, Redakteure, Kinobesitzer, Modemacher und Verführer aller Art in den Staatsgefängnissen - auch bei guter Verpflegung - zu internieren, wäre es noch möglich, die Menschheit zu retten." [38]

Solche Ausfälle sind nicht Mäders einsame Idee. Er hat sie zweifellos aus den katholischen Kreisen übernommen, denen er sich zurechnete. Im Jahr 1895 hatten die „Analecta ecclesiastica“ 1/1895, die von 21 vatikanischen Prälaten herausgegeben wurde, in ähnlich zynischer und schäumender Art wie ihr Nachfahre Mäder geschrieben:

„O, seid gesegnet ihr flammenden Scheiterhaufen, durch die einige wenige und dazu ganz verschmitzte Subjekte beseitigt, jedes Mal aber hundert und aberhundert Seelen aus den Schlünden der Irrlehre und vielleicht aus der ewigen Verdammnis gerettet worden sind, und auch die bürgerliche Gesellschaft, geschützt wider Zwietracht und Bürgerkrieg Jahrhunderte lang in Glück und Wohlstand erhalten blieb.[39]

Der Grad an geistlicher Verwirrung und blasphemischer Verblendung, der aus diesen Zeilen spricht, könnte nicht schlimmer sein – wie kann man die Hinrichtungsstätte von echten oder vermeintlichen Ketzern segnen! Wie konnte man solche Gedanken vertreten und aus Rom in die ganze katholische Welt pulvern?! Sie unterscheiden sich durch nichts von der Mentalität und den Gewalttaten der Islamisten! Und was das „Glück“ und den „Wohlstand“ und die gebannte „Zwietracht“ und den verhinderten „Bürgerkrieg“ der Scheiterhaufenzeiten betrifft, hätte ein wenig Quellenstudium sicher gut getan, um diesem Rausch zu entkommen… Man fragt sich, wer satanischere Ideen hatte – ein Gauner und Illusionskünstler wie Taxil oder solche Prälaten…

Diese schreckliche und dominante mentale Verfassung der Kirchenleitung spätestens seit Pius IX. und nach dem Vaticanum I muss als Kolorit zu allem, was danach in Kirche und Welt geschah, verstanden werden. Es konnte aufgrund solcher Hasstiraden, deren auch die Jesuiten-Zeitschrift „Civiltà Cattolica“ voll war, der Eindruck entstehen, in Rom sei mit dem Vaticanum I die Finsternis eingezogen. Niemals entspringt ein solcher Hass dem Geist Christi. Das ist unmöglich. Jeder, der schon einmal die Evangelien gelesen hat, erkennt sofort, dass dessen Geist durch den Klerus, der diesen Hass schürte, vollkommen pervertiert worden war.

Es ist jedoch dieses verfinsterte Umfeld, in dessen Nachfolge sich heutige Traditionalisten und viele Konservative unkritisch und ohne Kenntnisse über die komplexeren Zusammenhänge sehen. Man blendet sie mithilfe der „Alten Messe“… Ihre Abwehr starker Frauen fußt schlicht auf haarsträubendem Aberglauben, aber auch auf kirchlich zugelassenen, gewissermaßen „katholisch-subkulturell“ gehegten Irrlehren.
Zahlreiche und widersprüchliche Werke kamen in der Folge auf den Markt, und heute ist das Internet eine perfekte Plattform für die abseitigsten Verschwörungstheorien, die immer weiter genährt und ausgeschmückt werden und eine ratlose Herde von einem Wahn in den nächsten stürzen.

Neben der katholischen Kirche haben sich besonders die Nationalsozialisten und die Sowjet-Kommunisten in der Verteufelung und Verfolgung der Freimaurer hervorhoben. Für sie standen die Freimaurer jeweils als Verschwörer hinter dem politischen Feind: die Nazis sahen in den Freimaurern etwa die Drahtzieher der russischen Revolution und die russischen Kommunisten sahen hinter ihnen eine „Agententruppe des Imperialismus und Kapitalismus" und eine "Männervereinigung mit dem Ziel, die Herrschaft der bürgerlichen Klasse auf dem Wege der Gesellschaft zu sichern"[40]. Auch weite protestantische Kreise stimmen im Antifreimaurerwahn mit den Katholiken überein. Beide Seiten verdächtigen sich aber gegenseitig jeweils, mit dem Feind unter einer Decke zu stecken: Katholiken nehmen starke Seilschaften zwischen Freimaurern und Protestanten an und sehen in Luther einen der satanistischen Heiligen des Freimaurer-Ordens. Protestanten glauben, dass die Jesuiten und die Freimaurer im Grunde eine einzige Verschwörung darstellten.
Im katholischen und evangelikal-protestantischen Kontext sind Freimaurer die „gnostischen“ Ideengeber der Frauenemanzipation, einer synkretistischen „Eine-Welt-Religion“, der Demokratie und überhaupt jedes Glaubensabfalls und des Satanismus, was hinsichtlich der Frauenemanzipation vollkommen abwegig ist – denn in keiner Loge waren je Frauen zugelassen. Frauen dürfen eigene Unter-Logen führen, die aber keinerlei bindenden Einfluss haben und sich mit Wohltätigkeitsveranstaltungen begnügen sollen, und den männlichen, eigentlichen Logen, grundsätzlich unterworfen sind.…
Tatsächlich wurde zu Recht festgestellt, dass die, die die Freimaurerei besonders hart zu bekämpfen vorgaben, selbst in Geheimgesellschaften oder geheimen Apparaten organisiert waren und sind, etwa die Jesuiten.[41] Es wundert niemanden, dass der Verdacht aufkam, die Kirche verfahre nach der „Haltet-den-Dieb-Strategie“: sie selbst sei unterwandert von den Jesuiten, die bereits von dem Zeitgenossen des Ordensgründers Ignatius, dem großen Theologen Melchior Cano, für den „Antichristen“ gehalten wurden, und versuche alles wahrhaft Christliche zu zerstören und lenke durch ihr Antifreimaurergeschrei ab von den Machenschaften in den eigenen Reihen. Ein heilloses Chaos, in dem niemand mehr „durchblickt“. Kardinal Gasparri nannte das umfangreiche Spitzelsystem gegen „Modernisten“, das Pius X. etwas später angeregt und zugelassen hatte, ebenfalls „eine Art von Freimaurertum“.[42]

Auf der faktischen Ebene lehnen aber gerade die Freimaurer eine echte Gleich-Würdigung und Macht-Teilhabe der Frau ab. Sie ähneln darin strukturell der neuzeitlichen, jesuitisch geprägten Kirche und der Männerbündelei der Faschisten. Die Kommunisten haben nur in ihrer Anfangszeit Frauen in höheren Positionen zugelassen. In sämtlichen zentralen Machtapparaten des Sowjet-Imperiums spielten Frauen bald keine besondere Rolle mehr, und ihre „Emanzipation“ stellte zwar in mancherlei Hinsicht eine Gleichberechtigung her, etwa auf dem Bildungs- und Arbeitssektor, aber nicht, sobald es um den Aufstieg zur Macht ging. An dieser Tendenz hat sich bis heute auch im westlichen System trotz aller „feministischen“ Propaganda nichts geändert.

Es wäre naiv, nicht anzunehmen, dass es Machtkonzentrationen gibt, die aus der Verborgenheit heraus agieren. Es ist aber ein Wahn, wenn man glaubt, solche „Hintermänner“ könnten über Jahrhunderte hinweg genau vorausplanen, was zu passieren und wie es zu passieren hat und bewahrten darüber ungetrübte Einigkeit. Wer den Menschen kennt, weiß, dass dies unmöglich ist. Und es ist Wahnsinn zu glauben, es gäbe von solchen geheimen Machenschaften nur eine, nämlich eine krakenartig vernetzte „freimaurerische“. Von Wahnsinn zeugt nicht zuletzt die Flut an „Enthüllungsbüchern“, die das, was doch angeblich verborgen sei, in alle Welt posaunen, als läge es eben doch jedermann einsehbar und offen zutage…

Es gibt nun einmal kaum objektivierbare Daten und Informationen zu diesem emotional hochaufgeladenen Thema. Spekulationen, die Katholiken so gerne tätigen, könnten im Prinzip genauso „vorausgeplant“ sein: Während die frommen Dummköpfe sich in eine Richtung schicken lassen, agieren die „Drahtzieher“ längst in einer andere… Das sollte die Lehre aus der Taxil-Affaire sein, aber Katholiken und viele Evangelikale haben das immer noch nicht verstanden. Solche Gedanken führen zu nichts als zu Angst und Fehleinschätzungen, zu Hass, der Erkaltung der Liebe und einer Massenhysterie, wie wir sie, sobald wir uns im traditionalistischen Spektrum bewegen, sofort antreffen. Anstatt in denen, die den Herrn nicht kennen, arme und bedauernswerte verlorene Schafe zu sehen, die immer unser Gebet und unsere Liebe verdienten, lässt sich der besonders fromme, „glaubenstreue“ Katholik zu dem hinreißen, was ihm an erster Stelle untersagt wäre: Menschen zu hassen. Der Hass wird legitimiert durch eine vorherige Dämonisierung dieser Menschen. Ein teuflischeres Ränkespiel, dem all diese Frommen auf den Leim gehen, könnte man sich kaum denken.
Wer hat ein Interesse an solchen Ränkespielen?
Es geht heute in unserer Zeit in jedem Fall um die Kontrolle der Traditionalisten: wer in diesem Raum auch nur einmal diesem Aberglauben widerspricht, darf nicht erwarten, dass er noch mit Respekt, Fairness oder gar brüderlicher Liebe behandelt wird. Wer diese Ammenmärchen nicht glaubt, wird schnell identifiziert als „eingeschleuester“ Agent der Freimaurer oder noch besser: als dämonisch besessener Pseudokatholik. Und wenn man als ein solcher Zweifler und Kritiker auch noch weiblichen Geschlechtes ist, scheint der teilweise schauerlich aufgehetzten Meute der Fall sowieso klar: eine Frau, was soll man da auch sonst erwarten, denn das „Sündengift des Weibes“[43] lässt immer wieder grüßen!
Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man das alles für eine Realsatire halten.

Doch zurück zur Frage der Staatsformen:
Das depositum fidei hat niemals eine besondere Staatsform als alleine gut und „katholisch“ definiert – selbst Pius X. musste das zugeben.[44] Die katholische Lehre hing überhaupt keiner besonderen Staatsform an, sondern hielt daran fest, dass es Sache der Völker sei, sich Staatsformen, die zu ihnen passen, zu geben.[45] Wichtig war in diesem Argument einerseits die Legitimität der Staatsform und ihrer Exponenten, andererseits die kirchliche Aufforderung, dass jegliche Regierung den anerkennt, von dem sich ihre „potestas“ ableitet: Gott. Denn der heilige Paulus hatte geschrieben, jegliche (legitime) staatliche „potestas“ stamme von Gott und habe den Zweck, das Recht zu wahren (Röm. 13, 1-5). Der Staat kann nach katholischer Lehre kein Selbstzweck sein. Die vielfach im traditionalistischen katholischen Umfeld behauptete Illegitimität von Staatsformen, die säkular bzw. laizistisch konzipiert sind, eben weil sie sich nicht als Diener Gottes verstehen wollen, kann man mit der Stelle in Röm. 13 kaum rechtfertigen. Leo XIII. schrieb:

„Die Religion aber aus dem öffentlichen Leben gänzlich verbannen, und in der bürgerlichen Gesetzgebung und Regierung ganz von Gott absehen, gleichsam als gebe es keinen Gott, das ist ein selbst den Heiden unerhörter Frevel; denn diese hatten eine so tiefe und feste Überzeugung nicht bloß von den Göttern, sondern auch von der Notwendigkeit einer öffentlichen Religionsausübung, dass sie sich eher eine Stadt ohne Fundamente als ohne Gott vorstellen konnten.“[46]

Diese „synkretistische“ Argumentation Leos XIII. mutet absurd an. Meint er: „Hauptsache irgendwie religiös, egal wie, auch wenn die Götter Teufel sind“? Oder meint er, alle Religionen seien irgendwie wenigstens ein bisschen wahr? Klingt das nicht freimaurerisch?!
Es war doch in all den Kämpfen um die Religionsfreiheit keineswegs gleich, ob man dem wahren oder falschen Gott anhängt, oder ob dieser „Gott“ womöglich sogar ein als „Gott“ verehrter Mensch ist. Was die Kirche den Freimaurern vorwarf, nämlich eine Verehrung des Menschen als Gott und Gottlosigkeit, bewertete sie gegenteilig, wenn nur genügend Jahrhunderte oder Meilen zur aktuellen Krise vorlagen... Die römische Rechtsverfassung hatte einige Wandlungen durchlaufen im lauf der Jahrhunderte und war während der republikanischen Zeit zur „res publica“ geworden, die eben nicht mehr unter der Herrschaft der Priester („pontifices“) stand, sondern zunächst adliger Familien, dann der Konsuln und später der Prätoren. Der speziell im römischen Recht entwickelte starke Form-Charakter aller Rechtstakte, die genaue Kodifizierung und die öffentliche Darstellung erzeugt zwar so etwas wie einen „sakralen“ Charakter, aber eben ohne auf einen bestimmten Gott Bezug zu nehmen. Das Recht ruhte in sich selbst und sprach für sich selbst. Kaiser Justinian bezeichnete das Recht als „Tempel der Gerechtigkeit“.[47]

Der heilige Paulus spricht in Römer 13 von der römischen Staatsmacht, die sich selbstverständlich - in der Frühzeit eine heidnische Republik und in der Spätzeit den Kaiser vergötzendes „Imperium“ - nicht als Dienerin des wahren Gottes verstand. Genau diese Tatsache bewog die Juden, sich dieser Staatsmacht nicht beugen zu wollen und auf einen Messias zu hoffen, der einen Staat wieder herzustellen, der dem wahren Gott dient. Jesus selbst hatte diese Ideen brüskiert und verlangt, dass man dem römischen (also den Abgöttern huldigenden) Kaiser gebe, was ihm zukomme (Lk. 20, 25). Eine innere Anhänglichkeit an den Kaiser schloss er aber aus. Paulus legt hier ebenfalls eindeutig nicht Wert darauf, dass an der Spitze eine monarchische, „rechtgläubige“ Gestalt stehe, sondern auf die römische Rechtsverfassung und ihre … Gerechtigkeit (im Vielvölkerstaat mit verschiedenen Kulten):

„Principes non sunt timori boni operis, sed mali. Vis autem non timere potestatem ? Bonum fac : et habebis laudem ex illa : Dei enim minister est tibi in bonum. Si autem malum feceris, time : non enim sine causa gladium portat. Dei enim minister est : vindex in iram ei qui malum agit.“

(„Die Regierenden sind nicht wegen guter Werke zu fürchten, sondern wegen böser Taten. Was tun, um die Potestas nicht zu fürchten? Tu Gutes, und du wirst deren Lob erhalten: Sie ist dir Gottes Diener im Guten. Wenn du aber das Böse tust, führt sie nicht ohne Grund das Schwert. Sie ist nämlich Gottes Diener: Beschützer gegen den, der Böses tut.“)

Diese Aussage folgt sinngemäß der römischen Auffassung: das Recht selbst hat einen Eigenwert, und der, der es vertritt und einfordert, ist immer ein Diener Gottes, auch wenn er nicht glaubt.

Die Worte Jesu an Pilatus, der mit seiner Macht über Leben und Tod auftrumpft, bestätigen, dass die staatliche „potestas“ nicht nur dann legitim ist, wenn sie sich den religiösen Normen des wahren Gottes unterwirft. Jesus antwortet dem Pilatus, er hätte keine Macht, wenn sie ihm nicht „von oben“ gegeben worden wäre (Joh. 19, 11). Das heißt, dass Pilatus selbst die Hinrichtung des Gottmenschen prinzipiell legitim, wenn auch ungerecht und illegal, weil der Sohn Gottes unschuldig war, verfügt.
Man vermischt die Frage der Legitimität der staatlichen „potestas“ mit der Frage nach einer gerechten und legalen Ausübung der „potestas“.

Die Kirche hat sich an so strenge Maßstäbe ja selbst im Bedarfsfall nicht halten wollen. Bis heute wirft man ihr vor, durch das Reichskonkordat mit Hitlerdeutschland 1933 das „Reich des Führers“ als erster Staat der Welt anerkannt und damit als moralische Instanz legitimiert zu haben, obwohl sie wusste, wer Hitler ist. Pius XI. erklärt selbst in seiner vier Jahre später geschriebenen Enzyklika „Mit brennender Sorge“, warum er trotz schwerer Bedenken  diesen Schritt getan hat:

„Als Wir, Ehrwürdige Brüder, im Sommer 1933 die Uns von der Reichsregierung in Anknüpfung an einen jahrealten früheren Entwurf angetragenen Konkordatsverhandlungen aufnahmen und zu Euer aller Befriedigung mit einer feierlichen Vereinbarung abschließen ließen, leitete Uns die pflichtgemäße Sorge um die Freiheit der kirchlichen Heilsmission in Deutschland und um das Heil der ihr anvertrauten Seelen – zugleich aber auch der aufrichtige Wunsch, der friedlichen Weiterentwicklung und Wohlfahrt des deutschen Volkes einen wesentlichen Dienst zu leisten.
Trotz mancher schwerer Bedenken haben Wir daher Uns damals den Entschluß abgerungen, Unsere Zustimmung nicht zu versagen. Wir wollten Unsern treuen Söhnen und Töchtern in Deutschland im Rahmen des Menschenmöglichen die Spannungen und Leiden ersparen, die andernfalls unter den damaligen Verhältnissen mit Gewißheit zu erwarten gewesen wären. Wir wollten allen durch die Tat beweisen, daß Wir, einzig Christus suchend und das, was Christi ist, niemandem die Friedenshand der Mutterkirche verweigern, der sie nicht selbst zurückstößt. Wenn der von Uns in lauterer Absicht in die deutsche Erde gesenkte Friedensbaum nicht die Früchte gezeitigt hat, die Wir im Interesse Eures Volkes ersehnten, dann wird niemand in der weiten Welt, der Augen hat, zu sehen, und Ohren, zu hören, heute noch sagen können, die Schuld liege auf Seiten der Kirche und ihres Oberhauptes. Der Anschauungsunterricht der vergangenen Jahre klärt die Verantwortlichkeiten. Er enthüllt Machenschaften, die von Anfang an kein anderes Ziel kannten als den Vernichtungskampf.“[48]

Diese Worte geben zu, dass Pius XI. sehr wohl den Widerspruch zu dem sonstigen kirchlichen Anspruch empfand und glaubte, diesen folgenschweren Schritt im Nachhinein irgendwie rechtfertigen zu müssen… Sichtlich hatte er ein äußerst ungutes Gefühl, wenn nicht sogar ein schlechtes Gewissen, denn die Kirche hatte feilschen wollen, wo nichts zu holen war. Sie hatte einen Pakt geschlossen mit einem Teufel, weil sie geglaubt hatte, auf diese Weise etwas retten zu können, also genau das getan, wogegen sie mit Feuer und geistigem Schwert so lebhaft seit 200 Jahren vorgegangen war….

Wie abwegig und wirklichkeitsfern die genannten monarchistischen und teilweise faschistischen Träume katholischer Reaktionäre sind, kann man am Beispiel Spaniens ablesen: In der Diktatur Francos wurde das spanische Königshaus 1948 nach einem langen Ringen zwischen dem faschistischen Diktator und dem exilierten König wieder „vor-restauriert“: Juan Carlos sollte nach dem Willen Francos politisch ausgebildet werden, um nach dessen Tod die Monarchie als faschistischen Staat zu restaurieren. Wieso Franco die Macht nicht vorher abzugeben gedachte und an den legitimen Herrscher zurückgeben wollte, ist – gemessen am katholischen Royalismus - eine offene Frage… Der Monarch übernahm tatsächlich 1975 nach Francos Tod die Herrschaft, aber er neigt ganz und gar nicht den reaktionären Einstellungen zu, die man mit der Monarchie verband…[49]
An der Stelle erweist sich einmal mehr die Untauglichkeit des Weltdeutungsschlüssels vom genannten Antagonismus. Man will nicht sehen, dass Monarchen häufig selbst Freimaurer waren bzw. sind oder freimaurerähnlichen Vereinigungen angehör(t)en bzw. einem ähnlich liberalen Gedankengut anhängen, dass davon abgesehen ihre Herrschaftsstile oft alles andere als christlich und eher Tyranneien waren, dass aber umgekehrt auch Freimaurer reaktionären Monarchieidealen folgten und sie schleichend und aggressiv verfochten, wie etwa der berühmt-berüchtigte und bekennende Freimaurer Joseph-Marie de Maistre, der sogar einer der Vordenker der päpstlichen Unfehlbarkeit und des päpstlichen Zentralismus war. [50] Emile Cioran schrieb über de Maistre: „An den Verheißungen der (Anm. HJ: monarchischen) Utopie scheint alles bewundernswert und ist alles falsch; an den Feststellungen der Reaktionäre ist alles verabscheuenswert und scheint alles wahr“.[51]

Die Vorliebe der Reaktionäre für „die“ Monarchie entspringt ihrer Fetischisierung des Hierarchischen. Ein Monarch ist dem Wortsinn nach ein „Alleinherrscher“. Nun sind aber Monarchien nur selten echte „Alleinherrschaften“ gewesen und standen „demokratischen“ Regierungsformen nicht einmal sonderlich fern. Und wenn sie strenge „Alleinherrschaften“ waren, dann standen sie unter der Gefahr der größtmöglichen und denkbaren Perversion eines Staatswesens: der Tyrannis. Selbst Thomas von Aquin, auf dem man sich gerne beruft, hat davor ausdrücklich gewarnt.[52]
Im Klartext: Der reaktionäre katholische Traditionalismus in seinen vielen Spielarten spielt mit der politischen Polarisierung, er spielt mit dem Feuer, fast möchte man sagen: egal wie… er schreibt einer starren ständischen Hierarchisierung geradezu magische Kräfte zu.
Man mag laizistische Staatsverfassungen mit triftigen Gründen auf lange Sicht für unrealisierbar halten, aber man wird ihnen nicht unterstellen können, dass es nicht ihr Anliegen wäre, „Gerechtigkeit“ herzustellen. Sie treten nicht auf mit dem Anliegen, sich gegen Gott oder ein gerechtes Gesellschaftskonzept zu positionieren, sondern gegen ungerechte Rechtsverhältnisse in den Vorgängerstaaten.
Der Frage nach der Ungerechtigkeit in christlichen Monarchien wichen aber die lautstarken katholischen Kritiker der modernen Staatsformen aus und ließen sie bis heute unbeantwortet. Auch Leo XIII. fabuliert sich die christliche Geschichte einfach zurecht. Er schreibt etwa die Abschaffung der Sklaverei der Kirche auf die Fahnen:

„Sie war es ja, die durch ihre Lehre und ihr Wirken die Menschheit von dem Druck der Sklaverei befreite, indem sie das große Gesetz der Gleichheit und Brüderlichkeit unter den Menschen verkündete; sie trat zu allen Zeiten als Schirmerin der Schwachen und Unterdrückten gegen die Übergriffe der Mächtigen auf; sie bezahlte die Freiheit des christlichen Gewissens mit dem teuren Preis des Märtyrerblutes; sie gab dem Kinde und der Frau die naturgemäße Würde zurück, gesellschaftliche Gleichberechtigung und Achtung; sie hat mitgeholfen, die bürgerliche und staatliche Freiheit der Völker zu schaffen und aufrecht zu erhalten.“[53]

Dabei haben Christen schon früh Heiden, die sich nicht taufen lassen wollten, gejagt und als Sklaven in den Orient verkauft, ja sogar durch eine berüchtigte Bulle Nikolaus V. aus dem Jahr 1452 solches Treiben bestätigt![54] Erst 90 Jahre später verfügte ein anderer Papst, Paul III., nachdem eine weltliche Regierende, übrigens eine Frau (!), Königin Isabella von Spanien, diese Sklaverei verboten hatte, in der Bulle „Sublimis Deus“ jegliche Versklavung von Heiden in Kolonialgebieten. Dennoch hielt man den Sklavenstand weiterhin aufrecht: die Sklaverei wurde im Kirchenstaat erst 1838 als einem der letzten europäischen Staaten per Gesetz verboten. Hat Leo XIII. gute 60 Jahre später das wirklich nicht mehr gewusst?

Der Glaube an eine quasi „ontologisch“ begründete hierarchische Herrschaftsstruktur nach dem Muster extrem-monarchischer irdischer Gewalt, ohne die die Kirche zusammenbräche, dieser Glaube, der anderen so gerne versteckten „Gnostizismus“ unterstellt, trägt selbst deutlich dessen spätanike-augustäische oder hellenistisch-monarchistische Merkmale und ist grundsätzlich eine politisierte Spielart des Arianismus einerseits und der spätrömischen Menschenvergötzung anderseits.[55] Vom Arianismus übernimmt er die uneingestandene Hierarchisierung der trinitarischen Gottheit, indem er dessen Ebenbild, den als Ebenbild gleichwürdigen Menschen, so behandelt, als seien nur einige der Menschen, nämlich die „Führer“, wahre Gottebenbilder, alle anderen seien zwar Menschen, aber aufgrund der „natürlichen Ungleichheit“ nicht vollkommen und müssten „ontologisch“ unterworfen sein. Eine natürliche Verschiedenheit an Gaben schließt ja logisch keineswegs eine hierarchische Ungleichheit oder „Überlegenheit“ ein. Es wird dies aber stillschweigend vorausgesetzt und gelehrt.[56]
Spätantik-augustäisch insofern, als er der Vergötzung eines bloßen Menschen zuneigt und ihn als besonderes Abbild der Gottheit ansieht. Züge einer Augustus-ähnlichen Verehrung trägt das Papsttum seit dem späten 19. Jh infolge des Vaticanum I.

Dieser Glaube äußert sich in der Projektion auf den Klerus, die Monarchen und die Geschlechterbeziehung unter denen, die sich für Verfechter des wahren Glaubens halten, sachlich aber eigentlich nur Personen sind, die in den beiden großen Schützengräben des 19. Jh für die ultramontan-integralistische Seite plädieren. Immerhin brach die Kirche am Ende trotz, wahrscheinlich sogar wegen der immer rigideren und absolutistischeren Hierarchisierung zusammen, über die eine so gravierende Uneinigkeit bestand, wie sie nicht tiefgreifender hätte sein können. Der Stein des Anstoßes war dabei das, was das Neue Testament dazu überliefert: mit dieser Überlieferung geriet der klerikale Hierarchismus in schwerste Konflikte und wollte diese Tatsache um keinen Preis an sich heranlassen.
Die Rechtgläubigkeit der ultramontanen Ideologie steht nach wie vor nicht fest. Zu schwerwiegend sind die Argumente der zahlreichen, ganz verschieden denkenden Gegner gewesen, die aufgrund des Schriftbeweises und der Traditionen nicht mitziehen konnten und von Rom durch systematische Bespitzelung, Jagden, Indizierungsverfahren und Anzeigen vor dem Heiligen Offizium ausgelöscht, verfemt und unter den Teppich gekehrt worden sind. Nicht alle der damals Exkommunizierten und zum Schweigen Verurteilten waren „Häretiker“ oder „Modernisten“. Dieses düsterste Kapitel der neueren Geschichte wird eines Tages noch einmal überprüft werden müssen.
Niemand möge sich aber darüber hinwegtäuschen, dass das, was nach dem Vaticanum II geschah, nicht im mindesten die gravierenden theologischen Fragwürdigkeiten der Ultramontanen beseitigt hätte. Meine These ist, dass sie sie sogar noch verfestigt haben. Schon das Vaticanum I wurde von sehr vielen als Bruch empfunden. Ignaz Döllinger sprach davon, man habe im Eilverfahren eine „neue Kirche“ hergestellt.[57] Genau dieselben Argumente hören wir heute von Lefebvristen und Sedisvakantisten. Es ist mir unverständlich, dass diese Kreise nicht selbst merken, dass sich nach dem Vaticanum II fast derselbe innere Prozess vollzogen hatte, wie schon nach dem Vaticanum I, dort aber nur bei den Gebildeten und Intellektuellen, die sich mit der Sachlage auskannten. Das altkatholische Schisma vermengte ebenso wie der postmoderne Traditionalismus berechtigte Kritik mit zahlreichen Irrlehren. Diese Tragik zeichnete auch die die Reformation: berechtigte Kritik führte in der Ablösung von Rom zu einer neuen Irrlehre.
Ich glaube, dass der Gegensatz der beiden Konzile, den viele wahrzunehmen glauben, in Wahrheit nicht existiert. Ergebnis und einziges Ziel des Vaticanum I war die Machtkonzentration und Alleinstellung des Papstes in allen Entscheidungen (!). Man irrt sich, wenn man dieses Konzil für relevant in echten Glaubensfragen hält – es wurde, außer einem schwachen Ansatz zum Thema „Vernunft und Glaube“ nichts (!) Bedeutendes debattiert und nichts weiter abgeschlossen. Bewusst wurde alles andere draußen gelassen, was ursprünglich auf der Agenda stand. Und bewusst wurde das abgebrochene Konzil nicht wieder aufgenommen. Seine Mission war mit aller Wahrscheinlichkeit mit den beiden Papstdogmen erfüllt…
Die Wahrheit ist, wie es scheint, dass viele einfache fromme Leute nicht begriffen haben, was das Vaticanum I eingeleitet hat, nach wie vor einem vorvatikanischen Kirchenbild anhingen und erst nach dem Vaticanum II allmählich dämmern sahen, dass inzwischen etwas geschehen war, was sie intuitiv nicht mehr für katholisch hielten. Die vielgepriesene „Kollegialität der Bischöfe“ aber, die man dem Vaticanum II zugute hält, ist kein „Gegensatz“ zum Vaticanum I, sondern dessen logische Fortführung: seither hat der Bischof jede Freiheit und Unabhängigkeit endgültig verloren und muss in allem mit dem Kollektiv heulen, das von Rom  aus kontrolliert und manipuliert wird.

Mit der zugespitzten Zentralisierung der Macht, die mit dem Vaticanum I eingeleitet wurde, hat man sich endgültig entfernt von der Weisung Jesu:

„Scitis quia hi, qui videntur principari gentibus, dominantur eis : et principes eorum potestatem habent ipsorum.
Non ita est autem in vobis, sed quicumque voluerit fieri major, erit vester minister :
et quicumque voluerit in vobis primus esse, erit omnium servus.
Nam et Filius hominis non venit ut ministraretur ei, sed ut ministraret, et daret animam suam redemptionem pro multis. (Mk. 10, 42, ff)

(„Ihr wisst, dass sie durch die, die als Fürsten über die Völker angesehen werden, beherrscht werden: und ihre Fürsten haben die Macht über sie. So ist es bei euch nicht, sondern jeder, der ein Größerer werden will, wird euer Diener sein: und wer immer unter euch der Erste sein will, wird der Diener aller sein.
Denn der Menschensohn kommt nicht, damit ihm gedient werde, sondern dass er diene, und dass er sein Leben gebe zur Errettung für viele.“)

Dieser Satz Jesu ist so eindeutig und so antihierarchisch, dass niemand es leugnen kann, ohne sich selbst als Irrlehrer zu offenbaren!
Die merkwürdige Machtverdichtung, die das Vaticanum I definieren wollte, steht auch im Widerspruch zu den Worten des ersten Papstes:

„Seniores ergo, qui in vobis sunt, obsecro, consenior et testis Christi passionum : qui et ejus, quæ in futuro revelanda est, gloriæ communicator : pascite qui in vobis est gregem Dei, providentes non coacte, sed spontanee secundum Deum : neque turpis lucri gratia, sed voluntarie : neque ut dominantes in cleris, sed forma facti gregis ex animo.“ (1. Petr. 1, 1ff)

(„Deshalb beschwöre ich die Ältesten, die bei euch sind, als ein Mit-Ältester und Zeuge der Leiden Christi: der ich auch Teilhaber an dem Glanz bin, der in Zukunft offenbart werden soll: weidet die Herde Gottes, die euch anvertraut ist, als Vorausschauende nicht durch Zwang, sondern in freier Wahl, wie es Gott entspricht; weder für den perversen Dank des Gewinns, sondern aus freien Stücken: noch um die Gemeinden zu beherrschen, sondern seid von Herzen Vorbilder der Herde.“)

Wenn man diese Worte liest, bekommt man sie beim besten Willen nicht mit dem theologischen Macht- und Domaninzrausch des Papsttums zusammen, der im 19. Jh dogmatisch die Startrampe für den großen Glaubensabfall durch die Hierarchie selbst zementiert hat.

Und nota bene: An dieser Perversion hat nicht eine einzige Frau mitgewirkt!


[1] Etwa in dem Buch des Jesuiten Georg Michael Pachtler, anonym erschien: Der stille Krieg gegen Thron und Altar oder das Negative der Freimaurerei. Freiburg 1876. Ähnlich war das gesamte Wirken Hermann Grubers SJ dem Kampf gegen die Freimaurerei gewidmet. Dieser Kampf bestand darin, überhaupt erst ein bestimmtes Wahnbild von der Freimaurerei durch zahlreiche Publikationen zu erschaffen.
Der „Vater“ der jesuitischen Antiaufklärungs-Antiilluminaten- und Antifreimaurerhetze ist jedoch der Abbé Augustin Barruel (1741-1829), der in seinem Hauptwerk „Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus“ eine mehrschichtige Verschwörungstheorie präsentiert.
[2] „Das eine ist das Reich Gottes auf Erden, nämlich die wahre Kirche Christi; wer ihm wahrhaft und zu seinem Heile angehören will, der muss Gott und seinem Eingeborenen Sohne mit ganzer Seele und voller Hingebung seines Willens dienen. Das andere ist das Reich des Satans, dem alle jene botmäßig und zu eigen sind, welche dem verhängnisvollen Beispiele ihres Führers und unserer Stammeltern gefolgt sind, dem ewigen göttlichen Gesetze den Gehorsam verweigern und vieles mit Verachtung Gottes, ja vieles gegen Gott selbst unternehmen suchen.“ Vgl. Leo XIII.: Humanum genus, 1884 auf Deutsch hier: http://www.kathpedia.com/index.php?title=Humanum_genus_%28Wortlaut%29#Sie_unterw.C3.BChlt_den_Staat (21.4.2016)
[3] Darin finden wir folgende General-Unterstellung, die fast genauso von „Kirchenfeinden“ der Kirche zurückgegeben wird: „Diese Vereinigung die mit ihrem Riesennetz fast alle Nationen umspannt und sich mit anderen Geheimbünden vereint, die sie dann an verborgenen Fäden leitet, hat es dadurch, dass sie ihre Anhänger mit Vorteilen, die sie ihnen verschafft, anlockt und die Dirigenten bald durch Versprechungen, bald durch Drohungen nach ihren Absichten lenkt, dahin gebracht, dass sie in alle Gesellschaftsklassen eingedrungen ist und sozusagen einen unsichtbaren Staat ohne Verantwortungen im gesetzlichen Staat bildet. Beseelt vom Geiste des Satans, der sich, wie der Apostel sagt, bei Gelegenheit in einen Engel des Lichts (2 Kor 11, 14) zu verwandeln weiß, rühmt er sich seiner Humanitätsbestrebungen, beutet aber alles für den Zweck des Geheimbundes aus, und während er behauptet, keine politischen Ziele im Auge zu haben, entfaltet er eine weitgreifende Tätigkeit in der Gesetzgebung und Verwaltung des Staates; während er äußerlich die bestehende Obrigkeit und selbst die Religion respektiert, strebt er als höchstes Ziel (und seine eigenen Statuten bestätigen dies) die Vernichtung von Staat und Kirche an, die ihm als Feinde der Freiheit gelten.“ (29), deutsche Übersetzung auf http://www.kathpedia.com/index.php?title=Annum_ingressi_sumus_%28Wortlaut%29#DIE_FREIMAUREREI_ALS_HERD_DER_ANTIKIRCHLICHEN_MACHENSCHAFTEN (14.4,2016)
[4] A.a.O., Abschnitt 31
[6] Vgl. Anm. 11
[7] Friedrich Holtschmidt referiert ausführlich in seinem Werk „Der Stern von Bethlehem. Kundgebungen des Einheitsbundes deutscher Freimaurer“ von 1899, wie sehr Freimaurer schon seit dem späten 18. Jh auch außerhalb der Kirche für alle Missstände verantwortlich gemacht wurden.
[8] Diese geistige Linie zeigt anhand zahlreicher Beweise aus päpstlichen Bullen seit dem 13. Jh Johannes Rieks, vgl. nächste Anmerkung, ab S. 8 auf.
[9] Der „Taxil-Schwindel“ im späten 19. Jh, über den ein sehr sachhaltiges, zeitgenössisches Werk geschrieben wurde von Johannes Rieks: Leo XIII. und der Satanskult. Berlin 1897, ist nicht der einzige „Fake“. Die Freimaurerhysterie der Katholischen Kirche forderte solche Verulkungen geradezu heraus.
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Taxil-Schwindel#cite_ref-2 (14.4.2016). Nachzulesen ist der Auftritt Taxils in der Geographischen Gesellschaft, wie ihn „L’écho de Paris“ am 22.4.1897 dann ausführlich berichtete, bei Rieks, S. 219 ff
[11] Der Enthüllungsschwindler Taxil hatte das Pseudonym einer Dame, „Diana Vaughan“, gewählt, unter deren Namen er die Memoiren einer Ex-Palladistin unter dem Titel „Eucharistic Novena“ und eine Sammlung von Gebeten veröffentlichte, die Leo XIII. lobte. Die Palladisten werden in Taxils Fiktion als eine freimauererische kultische Gruppierung dargestellt.
[12] Johannes Rieks, a.a.O., VII
[13] Johannes Rieks, a.a.O., S. 221
[14] Johannes Rieks, a.a.O., S. 217
[15] Nachdruck des Artikels dort am 22. April 1897 im „Reichsboten“, ziert nach Johannes Rieks, a.a.O., S. 223
[16] Johannes Rieks, a.a.O., S. 224
[17] Johannes Rieks, a.a.O., S. 225
[18] Ebenda 
[19] Ebenda, S. 226
[20] Friedrich Holtschmidt: Der Stern von Bethlehem. Kundgebungen des Einheitsbundes deutscher Freimaurer. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn. 1899, zitiert aus Kap. 19, digitalisiert auf http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-stern-von-bethlehem-kundgebungen-des-einheitsbundes-deutscher-freimaurer-7407/19
[21] Holtschmidt, a.a.O.
[22] Holtschmidt, a.a.O.
[23] Rieks, a.a.O., S. 16
[24] Holtschmidt, a.a.O.
[25] Theodor Lessing: Einmal und nie wieder. Lebenserinnerungen. Posthum Prag 1935. zitiert nach Kap. 29 „Weltkinder“, digitalisiert hier http://gutenberg.spiegel.de/buch/einmal-und-nie-wieder-7848/28
[27] Eugen Lennhoff und Oskar Posner: Internationales Freimaurerlexikon, 1932, nachlesbar hier: http://freimaurer-wiki.de/index.php/Antifreimaurerkongress (17.4.2016)
[28] „Phantastisches erzählte Taxil auch von sexuell-orgiastischen Vorgängen in Frauenlogen und vom "Meuchelmord in der Freimaurerei", dem er ein ganzes Buch widmete. Die Mitteilungen über die Audienz beim Papst, die in der katholischen Presse in sensationeller Aufmachung erschienen, erhöhten den Glauben an die Richtigkeit der Enthüllungen, die immer toller wurden. 1891 kam das Buch "Les Soeurs Maçonnes" ("Gibt es Frauen in der Freimaurerei?") heraus, in dem der angebliche Teufelskult der Hochgradmaurerei noch eingehender ausgemalt wurde. In den "palladistischen Satanslogen" feierte man nach Taxil wahre Unzuchtsorgien. Luzifer würde auch hier als Prinzip des Guten verehrt, der Gott der Christen als Geist des Bösen geschmäht. "Hier beginnen der Kult und die direkte Anbetung des Teufels, die progressive Vertiefung durch die Schwarze Kunst, endlich die Ehrenbezeugung an den Satan in Gestalt einer Schlange... der Adept ruft Satan als seinen Gott an... er betet ihn an in Gestalt von Baphomet (s. d.), einem infamen Götzenbild mit Bocksfüßen, Frauenbrüsten und Fledermausflügeln". Taxil ließ auch eine von ihm erfundene Sophie Walder auftreten, die "Urgroßmutter des Antichrist" und palladistische Großmeisterin.
Noch ein zweites weibliches Wesen wurde ersonnen, die "Palladistin Diana Vaughan", angeblich 1874 als Tochter des Teufels Bitru geboren, im Alter von zehn Jahren in eine amerikanische Palladistenloge aufgenommen und dem Teufel Asmodeus angetraut. Diese gar nicht existierende Dame "schrieb" unter dem Titel "Mémoires d'une Expalladiste" scheußliche Enthüllungen, die weiteste Verbreitung fanden. Mit der Welt verkehrte Diana Vaughan ausschließlich durch Taxil. Sie publizierte durch ihn Artikel mit authentischen Teufelsdokumenten, z. B. der Unterschrift des Teufels Bitru. Als sie dem Kardinalvikar Parocchi eine Spende für einen geplanten antifreimaurerischen Kongreß zukommen ließ übermittelte ihr dieser im Auftrag des Papstes den Apostolischen Segen.“ (http://freimaurer-wiki.de/index.php/Leo_Taxil) am 23.4.2016

[30] Vgl. Johannes Rieks, a.a.O. S. 8 ff
[31] Abbé Perau: Der verrathene Orden der Freymäurer, Und das offenbarte Geheimniß der Mopsgesellschaft. Frankfurth und Leipzig 1745/ Maurerische Ansichten. Herausgegeben vom Hofrath von Schütz in Zerbst. Leipzig bei Wilhelm Lauffer 1825/“Frankfurter Ephemeriden für deutsche Weltbürger, Band 1, Frankfurt a.d. Oder 1793 enthält eine Darstellung der albernen Rituale und Regeln des Mops-Ordens
[32] Gustav Raatz: Der Mops-Orden. Leipzig 1879. In: „Die Gartenlaube“, Heft 20, S. 236 ff:
„Die Freimaurerei, dieses stete Gespenst der katholischen Kirche, hatte dem heiligen Vater in Rom, Papst Clemens dem Zwölften, viele schlaflose Nächte bereitet, und die Jesuiten hatten den in ihm nun einmal erwachten Haß derartig genährt, daß er endlich über diesen „Teufelsorden“, diese „schwarze Bande“, den Stab brach und raschen Zuges die schon fertige Bannbulle unterzeichnete. Das war im Jahre 1736, also vor länger als einem Säculum. Ein jäher Schreck durchzitterte die Katholiken unter den Freimaurern; denn es handelte sich nicht nur um den Verlust kirchlicher, sondern auch bürgerlicher Rechte. Damals war es ja nicht wie heute, wo der Staat päpstlichen Uebergriffen in bürgerliche Verhältnisse durch seine Gesetzgebung Schranken zieht. So mußten sich denn die katholischen Freimaurer zum Austritt aus dem Bunde entschließen und zu Kreuze kriechen.
Allein die Sehnsucht nach der alten Verbindung mit ihren gesellschaftlichen Annehmlichkeiten war in vielen Herzen zurückgeblieben, und schließlich wurde der angeregte Gedanke, einen verwandten, aber auf einer andern Basis stehenden Orden zu gründen, zur That. Mit größter Vorsicht wurde bei Abfassung der Statuten alles vermieden und ausgeschlossen, was auch nur im Entferntesten dazu angethan war, den Papst gegen diese neue Vereinigung einzunehmen. So strich man vor Allem den Eid der Freimaurer, von dem man wußte, daß sich über denselben das Oberhaupt der Kirche am meisten geärgert hatte, und erklärte dafür das einfache Ehrenwort des Aufzunehmenden, nichts von den Geheimnissen verrathen zu wollen, für bindend genug; ferner sollten zur weiteren Beruhigung Roms dem Orden nur Katholiken beitreten dürfen (obgleich in der Folgezeit Ausnahmen nicht selten waren), und um diese Angelegenheit als eine ganz harmlose, ungefährliche hinzustellen, befürwortete man den Zutritt des weiblichen Geschlechts. Diese drei Bestimmungen beruhigten den Papst vollständig, und er ließ seine Kinder gewähren.
Der Orden that sich also auf, und die Aussichten für ihn waren nicht übel. Denn kaum geboren, fand er nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, England und Holland Aufnahme. Alles ging so glatt und vortrefflich von Statten, daß sich Jemand zu der Prophezeiung vermaß, daß der Orden bald über ganz Europa verbreitet und von ewigem Bestande sein würde.
Des guten Klanges und des besseren Fortganges wegen hatte man sich gleich anfangs um die Gunst und den Beitritt von gekrönten Häuptern, und auch nicht vergeblich beworben. Mehr Schwierigkeiten scheint indeß die Wahl eines zutreffenden Sinnbildes bereitet zu haben. Treue, Ergebenheit, Vertrauen, Bescheidenheit, Beständigkeit, Zärtlichkeit, Sanftmuth, Leutseligkeit, Liebe und Freundschaft – all diese Tugenden durch ein Merkmal auszudrücken war wahrlich keine zu unterschätzende Aufgabe. Man verzagte jedoch nicht, und bald hieß es denn auch in einer erleuchteten Stunde: nichts wäre geeigneter, passender und würdiger, das Sein und Bestreben des Ordens zu versinnbildlichen, als der – Mops! Was war natürlicher, als sich nach dem Symbol fortan Mops und den Orden Mopsorden zu nennen? Von dieser Stunde an rief man sich nicht mehr Obermeister, Obermeisterin, Bruder und Schwester, sondern Obermops, Obermöpsin, Mops und Möpsin an – Alles „mopste“ sich, und die liebe Gewohnheit gab den Gesichtern, aus denen sich anfangs ob solcher curiosen Anrede ein kaum zu unterdrückendes Lächeln abgespiegelt hatte, nach und nach ihre alte Verfassung wieder.
So ungefähr stellt eine alte Quelle, ein 1756 bei J. C. Klüter in Berlin erschienenes freimaurerisches Werk, den Ursprung einer der seltsamsten und abgeschmacktesten Erscheinungen auf dem Gebiete jener geheimen Gesellschaften dar, deren üppige Wucherung für das vorige Jahrhundert so charakteristisch ist. Dermaßen abgeschmackt ist diese Erscheinung, daß, als längere Zeit nach ihrem Verschwinden die Forschung ihre Spur wieder auffand, man die ganze Sache für eine Mystification, für ein satirisches Phantasie-Erzeugniß anzusehen geneigt war. Man wurde bestärkt darin durch den Umstand, daß über den Ursprungsort dieses „Mopsordens“ nichts zu ermitteln war, was übrigens bis heute noch der Fall ist; die Franzosen schieben ihn den Deutschen zu, und diese jenen; die Existenz des Ordens in Frankfurt am Main, in Köln, Nürnberg (von wo eine Denkmünze über Gründung einer Centralloge des Ordens in Nancy stammt), in Holland, Frankreich, England wurde quellenmäßig constatirt und wieder abgestritten. Aber daß der Orden existirt hat, steht außer allem Zweifel, seit man eine hannöverische Verordnung vom Jahre 1748 fand, nach welcher jener für die Universität Göttingen verboten wird, und so wird er wohl auch anderwärts ein, wenn auch kurzlebiges, Dasein geführt haben, wie beispielsweise noch am Schweriner Hofe, besonders aber in Köln unter dem Protectorate des galanten geistlichen Kirchenfürsten Clemens August, welcher an dem Orden die vom älteren Freimaurerthum ausgeschlossen Aufnahme von Damen sehr zu schätzen wußte.
Möpse und Möpsinnen genossen gleiche Rechte. Selbstverständlich standen demnach letzteren auch alle erdenklichen Ehrenstellen offen, und thatsächlich führte neben dem Obermopse die Obermöpsin das Schwert. Um nun alle Mißhelligkeiten zu vermeiden, die gar leicht aus einer solchen Doppelherrschaft erwachsen konnten, hatte man statutenmäßig das Uebereinkommen getroffen, alle halbe Jahre das Regiment zu wechseln, also daß in dem ersten der Obermops mit dem Aufseher, Redner, Secretär und Schatzmeister, und in dem folgenden die Obermöpsin mit der Aufseherin, Rednerin, Secretärin und Schatzmeisterin die Loge leitete. Natürlich durfte die Obermöpsin auch in Vereinsangelegenheiten mitreden.“

[33] Diese Aussage wird in den katholischen Organ „Historisch-politischen Blättern“ 1896 II. Band, S. 731 in einer Notiz bestätigt.
[34] Kommentar in der „Kölnischen Volkszeitung“ am 15. Juli 1897, zitiert nach Rieks, a.a.O., S. 228
[35] Lessing, a.a.O.
[36] Rieks, a.aO., S. 19 ff
[37] Rieks a.a.O., S. 31 f
[38] Zitiert nach „Das Dynamit des Herrn Mäder – Zeitgeschichte vor siebzig Jahren“ vom 28.9.2011 http://www.manfred-gebhard.de/M.111999.htm (14.4.2016)
[39] Zitiert nach Johannes Rieks, a.a.O., S. 234
[40] Zitat aus der „Prawda“  und aus einem DDR-Lexikon Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14321277.html (6.4.2016)
[41] Ein großer Erfolg war seinerzeit das Buch, das Erich und Mathilde Ludendorf  1929 veröffentlicht hatten: „Das Geheimnis der Jesuitenmacht und ihr Ende“. Dieses Buch ist digitalisiert und kann hier gelesen werden:  https://archive.org/stream/DasGeheimnisDerJesuitenmachtUndIhrEnde/ErichUndMathildeLudendorffDasGeheimnisDerJesuitenmachtUnd-ihrEnde#page/n3/mode/2up (18.4.2016)
[42] John Cornwell: Pius XII., München 1999. S. 59
[43] Mäder, a.a.O.
[44] Leo XIII.: Libertas Praestantissimum 1888: „Auch ist es keine Pflichtverletzung, lieber eine Staatsverfassung zu haben, welche durch eine Volksvertretung gemäßigt ist, solange dabei die katholische Lehre von dem Ursprung und der Anwendung der Staatsgewalt gewahrt bleibt. Die Kirche verwirft keine jener verschiedenen Staatsformen, solange sie aus sich geeignet sind, das Gemeinwohl zu besorgen; sie verlangt aber, dass die einzelnen Verfassungen, wie es ja auch die Natur verlangt, ohne Rechtsverletzung zustande kommen namentlich unter Wahrung der kirchlichen Rechte.“  Deutscher Wortlaut auf http://www.kathpedia.com/index.php?title=Libertas_praestantissimum_%28Wortlaut%29 
Pius X.: Notre charge apostolique, 1910: „„Wir brauchen nicht zu beweisen, dass die Heraufkunft der allgemeinen Demokratie keine Bedeutung für das Wirken der Kirche in dieser Welt hat; Wir haben bereits daran erinnert, dass die Kirche es immer den Nationen selbst überlassen hat, sich die Regierungsform zu geben, welche sie für ihre Interessen als die günstigste halten. Wir wollen nur noch einmal, wie Unser Vorgänger, bekräftigen, dass es ein Irrtum und eine Gefahr ist, den Katholizismus grundsätzlich völlig einer Regierungsform zu verschreiben: ein Irrtum und eine Gefahr, die umso größer sind, wenn man die Religion mit einer Art von Demokratie verbindet, deren Lehren falsch sind.“ Deutscher Wortlaut auf http://www.kathpedia.com/index.php?title=Notre_charge_apostolique_%28Wortlaut%29 (18.4.2016)
Pius XI.: Dilectissima nobis 1933: Allen ist ja bekannt, dass die katholische Kirche keine Staatsordnung gegenüber einer anderen besonders bevorzugt, sofern nur die Rechte Gottes und des christlichen Gewissens gewahrt und geschützt werden, und dass sie sich daher ohne Schwierigkeit mit jeder Staatsform ins Einvernehmen setzen kann, sei es ein Königreich oder eine Republik, eine Aristokratie oder eine Demokratie.“ Ein zusammenfassender Artikel zum Thema von Herbert Schambeck: Menschenrechte, katholisch gesehen (2), 2010, auf Zenit, org: https://de.zenit.org/articles/menschenrechte-katholisch-gesehen-2/ (18.4.2016)
[45] Pius X., a.a.O.
[46] Leo XIII.: Humanum genus. 1884. Abschnitt 24. Deutscher Wortlaut hier: http://www.kathpedia.com/index.php?title=Humanum_genus_%28Wortlaut%29 (21.4.2016)
[50] Joseph-Marie de Maistre (1753 – 1821)
[51] Vgl. Artikel über de Maistre https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Marie_de_Maistre (10.4.2016)
[52] Thomas von Aquin: Über die Herrschaft der Fürsten. Übers. v. Friedrich Schreyvogl. Nachwort v. Ulrich Matz. Reclam, Stuttgart 2008
[53] Leo XIII.: Annum ingressi sumus 1902, Abschnitt 27. Wortlaut auf Deutsch: http://www.kathpedia.com/index.php?title=Annum_ingressi_sumus_%28Wortlaut%29 (23.4.2016)
[54] Nikolaus V.: „Divino amore communiti“ von 1452, „aliaque dominia, terræ, loca, villæ, castra, possessiones, et bona hujusmodi fuerint invadendi, conquirendi, expugnandi et subjugandi, illorumque personas in perpetuam servitutem redigendi“, zu deutsch „die übrigen Länder, Felder, Orte, Häuser, Burgen, Besitzungen und Güter (der Ungläubigen) ebenso zu erobern, ihre Bewohner zu vertreiben, zu unterjochen und in die ewige Sklaverei zu zwingen“.
[55] Kurz vor der Geburt Christi hatte im römischen Reich eine gewaltige Umwälzung der staatlichen Strukturen und Machtkonzentrationen stattgefunden: „Der Ehrenname Augustus, „der Erhabene“, den der Senat Octavian am letzten Tag des Staatsakts vom Januar 27 v. Chr. verlieh, erinnerte an das augurium, eine Kulthandlung zur Deutung des Willens der Götter, die der Sage nach schon Romulus vorgenommen hatte. Der Name setzte seinen Träger also mit dem legendären Gründer der Stadt Rom gleich und verlieh der obersten politischen Gewalt im Staat eine sakrale Aura, wie sie die Konsuln zu Zeiten der Republik nie besessen hatten.“
[56] Etwa bei Leo XIII.: Humanum genus 1984, a.a.O. unterstellt in Abschnitt 26 ein abstruses Staatskonzept aufseiten der Freimaurer, das angeblich alles dem Gutdünken des einzelnen überlassen wolle, wo doch die Begabungsunterschiede dies verunmöglichten. Leo XIII. kommt hier wie auch sonst ohne Nachweis der Behauptung aus, dies sei das Konzept der Freimaurer, aber gravierender ist, dass nicht eine liberale Staatstheorie von der Begabungsgleichheit aller ausgeht. Sie will dagegen in „kommunikativen“ oder anderen Rahmenbedingungen der Teilhabe aller eine möglichst gerechte Teilhabe aller ermöglichen.
[57] Döllinger die Dogmenverkündung 1870 als einen Bruch mit der bisherigen Kirche, „durch die nach D.s schneidendem Wort beim Empfang der Münchner Fakultät durch den von Rom zurückkehrenden Münchener EB Scherr eine „neue Kirche“ an die Stelle der „alten“, das heißt der wahrhaft katholischen, apostolischen trat.“

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