3.3. "Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider" - Exkurs über die „Mantilla“
Man schwärmt in
Traditionalistenkreisen anhand der angeblich traditionell und für das Heil der
Welt notwendigen und weitgehenden Unsicht- und Hörbarmachung der Frau im
öffentlichen Raum, vor allem in Führungspositionen, die Frau verkörpere so
etwas wie ein Geheimnis und müsse unter einem „Schleier des Geheimnisses“ verborgen
sein. Damit redet man bei Licht besehen aber nur die wirklichen Motive des
Schleierzwangs schön.
Der Schleier war nie etwas anderes
als ein Symbol der Verneinung der Ebenbildlichkeit der Frau zu Gott, ihrer
„Gefährlichkeit“ oder ihrer totalen Unterwerfung. Es wurde vor allem der
verheirateten Frau aufgezwungen als „Markierung“, dass sie einen „Eigentümer“
hat. Nur wenige Regionen in der christlichen Welt markieren auch den Mann durch
ein Zeichen am Kopf, wenn er verheiratet ist. Ich habe in Südtirol einmal
gesehen, dass der verheiratete Mann ein andersfarbiges Hutband trägt als ein
Lediger. Solche Bräuche sind aber Ausnahmen. Darüber kann das Argument, diverse
Kopfputze verheirateter Frauen seien aber doch hübsch, nicht hinwegtäuschen.
Wer freiwillig einen solchen Kopfputz trägt, mag es hübsch finden. Das Problem
daran ist aber, dass dieser Kopfputz nicht dem freien Ermessen anheim gestellt,
sondern erzwungen getragen wurde und neuerdings wieder wird.
Dabei muss folgender Zusammenhang
mitbedacht werden:
Assoziativ wird die Frau als
Verschleierte in Verbindung mit der „verblendeten Synagoge“ gebracht, die ja
ebenfalls eine „Decke“ vor den Augen bzw. über dem ganzen Kopf, über dem Herzen
der Israeliten, ja: über dem gesamten Alten Bund habe (2. Kor. 3). In Jesus
Christus aber, so der Völkerapostel, werde auch dem verstockten Israel diese
Decke, das „velamen“, abgenommen. Es
ist geradezu atemberaubend, seine Worte weiterzulesen, und sie offenbaren, wie anmaßend
und antichristlich die ideologische Verschleierung der Frau in der Kirche in
Wahrheit ist:
„Sobald
sich aber einer dem Herrn zuwendet, wird die Hülle entfernt.
Der
Herr aber ist der Geist, und wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit.
Wir
alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und
werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit,
durch den Geist des Herrn.“ (2. Kor. 3, 16 – 18)
Übereinstimmend bezeugen alle
Apostel, dass auch die Frau Erbin des Reiches Gottes ist, und nie hat die
Kirche gewagt, der Frau den Leib des Herrn oder auch nur eines der
heilsnotwendigen Sakramente zu verweigern! Zweifelsfrei wird auch sie durch die
gläubige Annahme der Sakramente in das Bild Christi verwandelt: „Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht
die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt…“
Dass dies für die Frau ebenso unmittelbar gilt wie für den Mann, ergibt sich
daraus, dass sie sich selbst bekehren muss, dass sie für sich selbst getauft
werden muss, dass sie jedes Sakrament, das Laien empfangen können, nicht von
des Mannes Gnaden oder durch ihn vertreten, sondern vollkommen eigenständig
empfängt, sogar empfangen muss, um selig zu werden. Im Fall der Ehe spendet sie
nicht anders als der Mann das Sakrament dem Gemahl. Die Enthüllung des
Angesichtes, von der der Apostel spricht, um den Herrn widerzuspiegeln, gilt
doch offenkundig dem Mann wie der Frau. Eine erneute Versklavung und Verhüllung
der Frau mit der Intention, sie erneut unter dem Gesetz der Sünde sehen zu
wollen, wäre so betrachtet nicht nur antichristlich, sondern regelrecht blasphemisch.
Selbst der heilige Augustinus gibt
zu, dass die Verhüllung der Frau suggeriert, dass sie gar nicht erlöst worden
ist. Da eine solche Denkweise im Widerspruch zur Schrift steht, versucht er den
Schleier dennoch um jeden Preis, heidnische und abergläubische Argumente zu
Hilfe nehmend, zu rechtfertigen:
„Warum
braucht also deshalb der Mann sein Haupt nicht zu verhüllen, weil er das Abbild
und der Abglanz Gottes ist, die Frau aber muß es verhüllen, weil sie der
Abglanz des Mannes ist, gleich als ob die Frau nicht im Sinne ihres Geistes
erneuert würde, der zur Erkenntnis Gottes erneuert wird nach dem Bilde dessen,
der ihn schuf? Weil sie aber durch die geschlechtliche Eigenart ihres Leibes
vom Mann verschieden ist, konnte ordnungsgemäß durch ihre körperliche
Verschleierung jener Teil des Verstandes versinnbildet werden, der zur Leitung
des Zeitlichen abgleitet, so daß das Bild Gottes nur in jenem Teil des Geistes
bleibt, in dem er der Beschauung und Erwägung der ewigen Wesensgründe anhängt —
diesen Teil haben indes offenkundig nicht nur die Männer, sondern auch die
Frauen.“[1]
Nicht umsonst übersetzt die Vulgata
die unklar-verworrene Stelle im 1. Korintherbrief 11, 10 mit „Ideo debet mulier potestatem habere supra
caput propter angelos“, so, dass der Frau eine „Macht im Nacken sitzen
müsse“. Die Wendung „supra caput habere“
heißt „im Nacken (sitzen) haben“ und nicht, wie stets beschönigend übersetzt
wird, „eine Macht auf dem Kopf haben“.[2]
Wenn der Lateiner hätte sagen wollen, dass die Frau eine „postestas“ neutral „auf“ dem Kopf haben müsse, hätte er die
Präposition „in“ verwendet. Das „supra“ ist eindeutig ein Hinweis auf
ein übergeordnetes, die „Hand in den Nacken setzendes“ Dominieren. Die
Formulierung alleine schon ist martialisch und weist auf eine dämonische
Vorstellung hin, so als müsse die Frau, die schon „natürlicherweise“ als
untergeordnet angenommen wird, aber empirisch in ihren Fähigkeiten offensichtlich
nicht untergeordnet ist, gebändigt werden wie ein Dämon, der eine „animalische“
Schlagseite hätte, die sie und die ganze Welt „nach unten“ ziehe, wenn sie
nicht durch den Mann „dominiert“ werde.
Es liegt auf der Hand, dass solche
abergläubisch-esoterischen Vorstellungen nicht einmal im Alten Testament zu
finden sind und eindeutig ins Reich der Götzendiener gehören…
Die weiteren Ausführungen sind bei
Augustinus so interessant, wie sie für einen nüchternen Leser nur abstrus
wirken können. Es gibt seinen Ausführungen nach zwei Bereiche der natürlichen „ratio“, die den inneren Menschen vom
Tier abgrenzt, den der „ratio superior“,
der wesentlich die „contemplatio“
meint, und der „ratio inferior“, der
die „actio“ meint. Nur die „ratio superior“ sei gottebenbildlich,
übernatürlich und zöge den Inhaber gewissermaßen „nach oben“ zu den überzeitlichen
Dingen. Die „ratio inferior“ sei bloß
natürlich und nicht gottebenbildlich. Der Verstand der Frau sei demnach
„natürlicherweise“ damit beauftragt, die zeitlichen Dingen zu führen, also der „ratio inferior“ zugehörig, und nur zu
einem geringeren Teil der „ratio superor“,
wohingegen der des Mannes dazu beauftragt ist, die höheren, übernatürlichen
Dinge der „ratio superior“ zu führen. Um eben jene zeitlichen Dinge zu
verhüllen, müsse die Frau verschleiert werden:
„In
ihrem Geiste (also bei Mann und Frau) läßt sich also eine gemeinsame Natur
feststellen, in ihrem Leibe aber wird die Aufgabenverteilung eben des einen
Geistes versinnbildet. Wenn man daher in stufenweisen Beobachtungen den
Aufstieg nach innen durch die Schichten der Seele vollzieht, dann beginnt dort,
wo uns eine Wirklichkeit zu begegnen anfängt, die wir nicht mit den Tieren
gemeinsam haben, der Bereich des Verstandes, wo sich nunmehr der innere Mensch
feststellen läßt. Wenn dieser auch nur in jenem Verstandesteil, dem die
Verwaltung der zeitlichen Dinge übertragen ist, durch maßloses Weiterschreiten
allzusehr in das Äußere absinkt, indem ihm sein Haupt zustimmt, das heißt indem
ihn nicht anhält und zügelt jener Teil, der auf der Warte des Überlegens den
Vorsitz innehat, gleichsam die männliche Rolle spielend, so altert er ob seiner
Feinde, der auf seine Kraft neidischen Dämonen mitsamt
deren Fürsten, dem Teufel; und so wird jene Schau des Ewigen auch vom Haupte
selbst ebenso wie von der Gattin, welche die verbotene Frucht ißt, weggezogen,
so daß das Licht seiner Augen nicht mehr mit ihm ist, und so sind beide von jener Erleuchtung durch
die Wahrheit entblößt, und die Augen ihres Gewissens sind geöffnet, so daß sie
sehen, wie entehrt und häßlich sie wurden; und wie sie aus den Blättern der
süßen Früchte, aber ohne die Früchte selbst, ein Kleid weben, so drechseln sie
ohne die Frucht eines guten Werkes gute Worte, um so, schlecht lebend und gut
redend, ihre Schande zuzudecken.“ [3]
Es ist bezeichnend, dass der
heilige Augustinus die Erzählung von Maria und Martha als Gleichnis auf den Mann
(„Maria“), dessen Geist zur „contemplatio“
beauftragt sei, und auf die Frau („Martha“) deutet, deren Geist eher zur „actio“ beauftragt sei.[4]
Solche „Gender“-Deutungen der heiligen Schrift wären lächerlich, wenn sie nicht
so traurig wären. Es hatte in einer hellenistisch geprägten Geisteswelt einen
sicherlich tiefen Sinn, dass die Gestalten im 10. Kapitel des Lukas-Evangeliums
beide Frauen sind. Deutungen, die
die beiden Frauen einfach als Typen darstellen wollen, können doch die konkrete
Erzählebene nicht einfach ignorieren, die der Frau gerade den ihr
abgesprochenen Bereich des Geistes durch
den Herrn selbst als „das Bessere“
zuordnet, das sie „wählen“ und das
ihr „nicht genommen werden darf“
(vgl. Lk. 10, 42).
Die Erklärung des heiligen
Augustinus für einen behaupteten Schleierzwang für die Frau lässt sich mit der
heiligen Schrift nicht rechtfertigen, denn er geht von der Vorstellung aus, die
Frau habe nur in einem oberen Teil ihres Geistes einen geringen Anteil am Geist
des Mannes, der offenbar im unerlösten wie erlösten Zustand den übernatürlichen
Dingen zugewandter sei, in einem anderen Teil, der an ihrem physischen
Geschlecht hängt, die erwähnte Neigung des Geistes, „zur Leitung des Zeitlichen abzugleiten“ und müsse darum verhüllt
werden, weil es quasi ein Mindergeist sei, der im Widerstreit mit der „ratio superior“ stehe. Es ist eine
verworrene Argumentation, zu behaupten, die „ratio“
sei beim Mann alleine schon im natürlichen Zustand „übernatürlicher“ als bei
der Frau.
Dem steht das Schriftwort entgegen:
„Animalis autem homo non percipit ea quæ
sunt Spiritus Dei : stultitia enim est illi, et non potest intelligere : quia
spiritualiter examinatur.“ (1. Kor. 2, 14)
(« Der natürlich beseelte
Mensch nimmt nicht wahr, was vom Geist Gottes stammt : Torheit ist es ihm,
und er kann es nicht erkennen : denn es muss geistlich erforscht werden.“)
Der Mann ist von solcher
Verblendung hier nicht ausgenommen – alle
Menschen sind im natürlichen Zustand nicht in der Lage, den Geist Gottes zu
vernehmen und zu erkennen!
Die „Erneuerung des Geistes“, die
dem Menschen wieder übernatürliches Erkenntnisvermögen zurückschenkt, ist bei
Paulus aber nicht Männern mehr zugeteilt als Frauen. Nirgendwo behauptet er
das.
Mit seiner Reflexion über das
Sündenfallgeschehen, das den Kopfschleier der Frau in Verbindung mit den
Feigenblättern bringt, mit denen Adam und Eva sich bedeckten, als die Menschen
sich „entblößt“ entdeckten, entblößt um das übernatürliche Gewand, bestätigt
Augustinus doch wieder, dass die Frau so behandelt werden soll, als sei sie
nicht erlöst und müsste sich nach wie vor schamhaft, des übernatürlichen
Gewandes beraubt, bedecken, der Mann aber nicht.
Er kommt zu keinem vernünftigen
Plädoyer für das Tuch, weil es ein Rückfall ins Gesetz und heidnische
Vorstellungen ist. Man muss sich fragen, wieso sich Christen überhaupt an einem
solchen äußerlichen Zeichen dermaßen abgearbeitet haben und heutzutage erneut
abarbeiten, wo doch der heilige Paulus an anderer Stelle solche Rückfälle ins
Gesetz sogar als regelrechten Glaubensabfall kennzeichnet:
„Evacuati estis a Christo, qui in lege
justificamini : a gratia excidistis. » (Gal. 5, 4)
(« Ihr seid von Christus
abgefallen, die ihr euch durch das Gesetz rechtfertigen wollt : aus der
Gnade seid ihr gefallen. »)
Und:
„Quomodo convertimini iterum ad infirma et
egena elementa, quibus denuo servire vultis? » (Gal. 4, 9)
(« Wie kommt es, dass ihr euch
wieder den schwachen und mangelhaften Elementen zuwendet, denen ihr aufs Neue
dienen wollt?“)
An dieser Stelle wehrt sich der
heilige Paulus gegen die Beschneidung: in Christus ist sie aufgehoben und nicht
notwendig! Warum aber soll dann in Christus die Frau durch ein Tuch
„beschnitten“ werden, obwohl ein solches nirgends im Gesetz gefordert wird? Muss
man die Frage nach den „schwachen und
mangelhaften Elementen“, als die das ehemalige Bundeszeichen, das Gott – im
Gegensatz zu einem rein menschlich-konventionellen Schleier für die Frau (!) –
immerhin einmal angeordnet hatte, fast „abfällig bezeichnet wird, nicht erst
recht auf diese merkwürdige Überzeichnung eines schwachen und unplausiblen,
vielleicht sogar häretischen Zeichens wie des Kopftuches beziehen? Was soll es
denn nüchtern und angesichts einer unvorstellbar-gewaltigen, geistigen Welt bedacht
helfen, ein solches Tuch zu tragen? Und was soll es verhindern? Haben wir es
mit lächerlichen magischen Utensilien zu tun oder mit geistigen Kräften, die
jedes Stoffstück ohnehin mit Leichtigkeit durchdringen würden?
Es fragt sich bei den Konzepten
Augustins, wieso bei einer „Erneuerung des Geistes“, von der im Epheserbrief
die Rede ist, die inferioren Teile des Verstandes offenbar Erneuerung mehr
nötig haben als die „höheren“ Teile, so, als sei vor allem der untere Teil des
Verstandes gefallen und der „höhere“ Teil nicht. Wenn Maria von Bethanien „das
Bessere“ erwählt, dann nicht, weil ein Teil des Geistes an sich weniger
Erneuerung bräuchte als ein anderer, sondern weil sie sich mit ihrem ganzen Sein „dem Besseren“ zuwendet,
das ihr in Christus überhaupt erst wieder gegeben wird. Wir erkennen aus den
Evangelien bei den Frauen, die Jesus folgten, eine wesentliche größere
Bereitschaft, dieses „Bessere“ zu „wählen“ als bei den Männern. Er berief
Männer, aber die Frauen scheinen insgesamt – gemäß dem Proto-Evangelium in Gen.
3 - Berufene zu sein. Er trat auf, und sie folgten ihm, sie erkannten ihn
sofort: er war und ist der wahre, wirkliche Gott und trat ihnen endlich als ein
wahrer Mann gegenüber. Das scheinen Frauen mit Selbstverständlichkeit sofort
erkannt zu haben – alleine dass Gott ihnen als einziger und wahrer Mann
entgegenkam, war schon Berufung genug für sie. Die Frau hat zweifelsohne eine
große geistliche Begabung als Frau,
und ich bin nicht die erste, die das feststellt – keine Geringere als die
heilige Teresa hat dies immer wieder thematisiert:
„Herr
meiner Seele! Als Du noch in dieser Welt wandeltest, hast Du den Frauen immer
Deine besondere Zuneigung bewiesen. Fandest Du doch in ihnen nicht weniger
Liebe und mehr Glauben als bei den Männern. Auch befand sich unter ihnen ja
Deine heilige Mutter, deren Verdienste uns zukommen (…) Die Welt irrt, wenn sie
von uns verlangt, daß wir nicht öffentlich für Dich wirken dürfen, noch
Wahrheiten aussprechen, um deretwillen wir im Geheimen weinen, und daß Du,
Herr, unsere gerechten Bitten nicht erhören würdest. Ich glaube das nicht, Herr,
denn ich kenne Deine Güte und Gerechtigkeit, der Du kein Richter bist wie die
Richter dieser Welt, die als Söhne Adams, kurz, als Männer jede gute Fähigkeit
bei einer Frau verdächtigen. Ich weiß, mein König, daß der Tag kommt, an dem
man einander erkennt. (…) Ich halte es in diesen Zeiten für unrecht, wenn man
starke und zum Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen
handelt.“ (CE 4,1)[5]
Eine Segmentierung von mehr oder
weniger gefallenen „Bereichen“ in einem Menschen überliefert weder das Alte
noch das Neue Testament. Riskant ist auch die Theorie, nur der Geist des
Menschen sei von Gott ebenbildlich geschaffen worden und innerhalb des Geistes
bestünden „superiore“ und „inferiore“ Anteile. Zwar ist die allgemeine Begründung
bestechend, dies müsse so sein, weil Gott selbst Geist ist. Aber bei Gott muss
grundsätzlich gar nichts so oder so sein, nur weil unser Verstand nicht
hinreicht zu begreifen, warum wir als ganze Menschen sein Ebenbild sind und
nicht nur als Geister. Der Schöpfungsbericht nimmt keine solche Trennung vor,
sondern kennzeichnet die komplette menschliche Natur als „imago Dei“, diese menschliche Natur als „Mann und Frau“ – dies ist
die einzige, eben nur leibliche Unterscheidung, die innerhalb der wesensgleichen
menschlichen Natur vorgenommen wird, aber beide völlig egalitär ohne irgendeinen
Abstrich als „imago Dei“ benennt. Die Argumentation, die wir bei Thomas
finden, Gott habe alleine dadurch, dass er die Frau aus dem Mann heraus schuf,
gezeigt, dass er den Mann als Ausgangsprinzip und Vorgesetzten der Frau wollte,
denn alle anderen Wesen habe er grundständig aus der Erde jeweils neu
erschaffen – das männliche und das weibliche Tier – stützt sich mehr auf
Aristoteles als auf den Schrifttext.[6]
„Darin
liegt eine gewisse Würde des ersten Menschen; daß er gemäß der Ähnlichkeit mit
Gott das Princip sei für seine ganze Gattung, wie Gott dies ist für das
gesammte All. Deshalb sagt auch Paulus (act. 17.): „Aus Einem machte Gott das
Geschlecht der Menschen.“[7]
Es folgt daraus aber nicht
zwingend, dass der zweite Mensch, mithilfe dessen alleine der erste Mensch die
Menschheit hervorbringen kann, nicht dieselbe Würde hat wie der erste. Die
Hervorbringung des Alls aus Gott ist ja nicht abgebildet in der Hervorbringung
des Menschen aus dem Menschen. Genau das nicht! Ebenbildlich ist kann hier doch
nur die Hervorbringung des Wesensgleichen und nicht des Wesensungleichen sein –
andernfalls hätte Gott die Frau nicht als „similis“
bezeichnet! Oder man müsste das All als zu Gott „similis“ nennen. Da aber wäre eine Häresie.
Es mutet merkwürdig
„beifallheischend“ an, wenn der Mann es sich als besondere „Würde“ verzeichnen
will, dass aus einem der Seinen alle geschaffen werden.
Man kann es auch nüchterner und mit
weniger Hochmut sehen: Mit einem wollte Gott einmal als „Initialzündung“ anfangen.
Diese Initialzündung benötigte zwingend und notwendig gleich den zweiten, weil
der Erste ohne den Zweiten das Werk nicht vollbringen hätte können. Damit ist
die angeblich ihm alleine zukommende „Würde“ des Ersten erheblich relativiert…
Alle danach aber, ob Mann ob Frau, haben ja diesen „Glanz“ der beiden Ersten
nicht, sondern sind die x-ten. Es ist nicht plausibel, dabei dem Mann nun eine
glanzvolle, ewige Rolle zuzuerkennen, auch wenn er der „Legionste“ des
Menschengeschlechtes ist, der Frau aber nicht.
Ich frage mich vielmehr: Was soll
dieses Gerangel darum, wer der „Erste“ ist?
Diese Argumentation ist auch in
anderer Hinsicht nicht schlüssig. Wenn Gott aus mir Kinder schafft, bin ich
deswegen diesen Kindern „ontologisch“ nicht übergeordnet. Vielmehr zeigt ihr
Hervorgehen aus mir, dass sie mir absolut ebenbürtig und gleichgestellt sind,
weil das, was aus meiner Substanz kommt, nicht über und nicht unter mir stehen
kann.
Vielmehr zeigt dieser Bericht in
der Genesis eines unzweifelhaft: Mann und Frau sind aus exakt derselben
Substanz und darum wesensgleich. Mehr kann man daraus nicht ohne weitere,
textferne Annahmen schließen.
Gott aber hat aus sich selbst den
Sohn hervorgebracht, und doch ist der Vater nicht der „Eine“, dem alle Würde
gebührt, sondern beiden gebührt dieselbe Würde, weil sie wesensgleich sind und
mit ihnen dem Heiligen Geist, der aus ihnen beiden hervorgeht. Der „Eine“ ist
nicht nur der Vater, sondern die Heilige Dreifaltigkeit. Auch hier haben wir
ein „Ausgangsprinzip“, aber es hat keine Subordination aus sich geboren,
sondern Gleichwürde. Aus Adam hat Gott nicht die Natur hervorgebracht, sondern
das „Simile“, das mit ihm viele „Simile“ zeugen kann: die Frau. Warum
sollte der „eine Mensch“ daher nicht auch diese Zweifaltigkeit sein?
Aber ein gravierender Unterschied
besteht doch zwischen Gott und seinem Ebenebild: Gott ist von Ewigkeit zu
Ewigkeit, ohne Anfang, und er hat aus sich selbst den Sohn geboren, und beide
lassen aus sich selbst den Heiligen Geist hervorgehen. Der Mann wurde geschaffen
und die Frau wurde nicht vom Mann, sondern von Gott erschaffen. Und alles, was
wir zeugen, schafft doch Gott als der Lebendige und nicht wir.
In der Heiligen Schrift ist der
Mensch insgesamt gefallen und insgesamt durch die Sünde verwundet. Das physische
Sterbenmüssen umfasst prinzipiell auch die Seele, die dem ewigen Tod verfallen
müsste, wenn Jesus Christus uns nicht errettet hätte. Unser „Geist“, das
übernatürliche Gewand, ist uns mit der Sünde insgesamt und generell abhanden
gekommen. Daraus kann man nicht schließen, dass der Leib außerhalb der
Gottebenbildlichkeit stünde. Der Mensch als ein „in der Sünde Toter“ bedarf
insgesamt, auch mit all seiner natürlichen Seele und seinem Leib, der Wiederbelebung
durch den Heiligen Geist. Ohne diese Wiederbelebung und ohne die Bereitschaft,
alles, was man in diesem unerlösten Zustand ist, dem Tod in der Taufe zu
überlassen, ohne diese Bereitschaft, kann man nicht gerettet werden.
Die Rede des heiligen Augustinus
wirft daher Frage auf: wir alle sind dem Tod verfallen, und nichts an uns, auch
keine „oberen“ Partien des Geistes, sind davon ausgenommen. Der „neue Mensch“
ist überhaupt erst der wahre „Geist“… Die Erneuerung schafft der Glaube, den
man förmlich „anzieht“, und nicht wird der Glaube durch Betonung einer
bestimmten natürlichen „ratio“ eher
erzeugt als durch die Betonung einer anderen Seelentätigkeit. Nach Epheser 4,
17 ff ist der Heide im Geist, also in der gesamten „ratio“ gänzlich „verfinstert“ und erhält erst durch das Anlegen des
geschenkten Gnadengewandes wieder die Möglichkeit, Gottes Ebenbild zu werden.
Der bekannte Satz aus dem apokryphen „Evangelium nach Maria (Magdalena)“ aus
dem 2. Jh, „Weint nicht! Seid nicht
traurig und nicht verzagt! Denn die Gnade des Erlösers wird euch alle begleiten
und euch beschützen. Wir wollen vielmehr seine Größe preisen, denn er hat uns
geschaffen und zu Menschen gemacht“[8],
erinnert an die Worte im Mess-Ordo, „Deus,
qui humanae substantiae dignitatem mirabiliter condidisti, et mirabilius
reformasti…“ („Gott, der Du die Würde des menschlichen Wesens auf
wunderbarste Weise geschaffen hast, und noch wunderbarer wiederhergestellt
hast…“) und weist uns darauf hin, dass das Wiederbeleben der „Potenz“ zum
Menschsein doch der Gegenstand der Erlösung ist. Die heilige Schrift kennt keine Lehre über eine gottähnlichere
Potenz des Mannes vor der Frau – das ist eitle Philosophe, lächerliches
Menschenwerk, machtversessene Hinzudichtung und eine peinliche Selbsterhebung
des Mannes.
Was den Lehren des Augustinus und
Thomas in diesen Fragen prinzipiell entgegensteht ist die Tatsache, dass Jesus
Mensch wurde, dass er leiblich starb, im Leibe wieder auferstanden ist und als
Gottmensch – also mit einem verklärten Leib – zur Rechten Gottes ist. Der Leib,
der verklärte Auferstehungsleib, gehört also sehr wohl zur Ebenbildlichkeit
hinzu und ist sogar seit der Himmelfahrt Christi inkludiert in die Gottheit.
Wir kommen vielleicht einem
Geheimnis näher, wenn wir uns das vor Augen halten: Der Sohn Gottes ist als
Mann gestorben und nicht als Frau – auch das hat mit Sicherheit einen tiefen
Sinn. Dem Mann wurde nicht als „Führer der Frau“, der seinen Kopf für deren
Schuld hinhalten muss, sondern für seinen eigenen Ungehorsam gegen Gott der Tod
als Strafe verkündet, in den er
alles mit hineingerissen hat. Dass man angesichts einer solchen Bilanz
aufseiten des Mannes noch die beschriebene Hybris an den Tag legt, wirkt nicht
nur abstoßend, sondern auch unheimlich: wer von uns allen will hier auf Erden
dem anderen vor Gott etwas vorwerfen, ohne sich der Finsternis zu verschreiben?
Alles, was um der Schuld Adams
willen von Gott ausgesprochen wird, trifft die Frau gleichermaßen: auch ihr
steht die Erde entgegen, auch sie muss im Schweiß ihres Angesichtes ihr Brot
essen und auch sie muss sterben. Für ihre Täuschung muss sie noch eine eigene
Hypothek tragen – die in Gen. 3, 16, die die leibliche Schwächung durch das
Gebären und die Überhebung des Mannes über die Frau umfasst.
Eine maskuline, theologische
Haltung, die Eva bis heute nicht vergibt, dass sie sich täuschen ließ, den
eigenen Ungehorsam aber mithilfe ihrer Dämonisierung reinwäscht, ist nicht
katholisch und schließt vom Heil aus. Da nützt es auch wenig, wenn man die
Gottesmutter in den höchsten Himmel hebt und anschließend den Rest der Frauen,
die doch in ihr geadelt sind, umso heftiger gegen sie herabsetzt! Der wachsende
Überhang solcher Männer in der Hierarchie dürfte ein weiterer Schlüssel zum
Verständnis des heutigen Glaubensabfalls sein. Das Markenzeichen dieses
verblendeten Mannes ist, dass er niemals für nötig befunden hat, seinen eigenen
Sündenfall zu reflektieren – ihm genügte die Reflexion über „das“ Weib, das an
allem schuld und viel schlimmer als er sei…
Besonders bitter wird diese
Situation mit Sicherheit von all jenen verborgenen Männern erlebt werden, die
sich mit diesem Ungeist nie gemein machen wollten oder konnten.
Schande aber über alle Frauen, die
nicht aufgestanden sind, als der Herr vor ihnen stand und lieber weiterhin den
Mann in seinem Anspruch, ihr Gott zu sein, anerkannten – weibliche Abwehr gegen
den wahren Herrn geht mit einer Fetischisierung der Beziehung zum und einer
Vergottung vom Mann einher, als ob die Frau ihren Stand erst von ihm herleiten
und erbitten oder ertrotzen müsste, gerade so, wie er es als Adamssohn beansprucht
und wie es selbst Männer wie der heilige Augustinus oder der heilige Thomas nicht
überwinden konnten!
Den Ausführungen Augustinus’ und
Thomas’ mangelt es hinsichtlich der Geschlechterfrage an Plausibilität, an konsequenter
Schriftfundierung und vor allem an empirischer Evidenz. Gerade solchen Theorien
zum Trotz standen stets die Frauen an der Spitze der echten christlichen
Mystik…
Um an der Dominanz des Mannes
festzuhalten, behalten sich die Kirchenlehrer, die vom Lehramt am meisten
rezipiert wurden, letztendlich vor, was sie Gott zur Erneuerung übergeben wollen
und was nicht. Damit wurde die Kirche auf alle irdischen Zeiten schwer
belastet.
Schleier-Enthusiasten begreifen
nicht, dass ein Geheimnis, wenn es nur um ein „Geheimnis“ in der Frau ginge, das
man verschleiern muss, damit es Geheimnis bleibt, kein Geheimnis ist, sondern …
Götzendienst!
Auch die negative Vergötzung des
Frauenleibes kann nicht katholisch sein, wenn sie denn wirklich einmal
intendiert gewesen sein sollte, sondern ist nichts als Aberglaube.
Das Schleier- und Kopftuchthema hat
im Abendland von Anfang an keine Plausibilität gehabt, wovon so plastisch die
merkwürdige Stelle in 1. Kor. 11 zeugt. Wenn es „offiziell“ praktiziert wird,
wie etwa ein Schleier für Frauen bei Papstaudienzen, kann niemand dessen
Bedeutung präzise erfassen und allenfalls Spekulatives dazu äußern. Es ist
unverständliches, rein äußerliches Symbol. Dem heutigen Abendländer ist jede
esoterische oder soziale Vorstellung, die damit verbunden wird, fremd. Die im
islamischen, aber inzwischen auch im traditionalistischen Kontext erneut vorgebrachte
Dämonisierung der natürlichen Erscheinung der Frau, die verhüllt werden müsse,
einerseits, damit die Frau sich nicht wegen ihrer Schönheit, die durch das Haar
symbolisiert werde, nach einem automatischen Strickmuster in den Mittelpunkt
stelle, andererseits, um nicht in einem als schwaches und albernes Triebwesen
aufgefassten Mann sexuelle Erregung zu provozieren, sind an sich selbst
beschämende und beleidigende Argumente für Mann und Frau und für den Schöpfer –
gerade in einer Heiligen Messe, in der doch die Erlösten sich mit ihrem Erlöser
vereinigen und gehalten sind, nicht nach rechts und links zu sehen.
Zahllose, mühsam positiv
aufgeladene, esoterisch angehauchte und zwanghafte Mythen ranken sich nun seit
dem Aufstieg der Priesterbruderschaft St. Pius X., die die südeuropäische „Mantilla“
für Katholikinnen in aller Welt propagiert hat, um das ideologisch verordnete
Tuch. Dessen menschenverachtende Brisanz führt uns der Alltagsislam auf unseren
Straßen und dessen Re-Diskriminierung der Frau allezeit vor Augen. Heute setzt
sich immer mehr die Forschungsmeinung, dass der Islam ein Ausfluss aus der
frühchristlichen Häresie war und ist: eine dermaßen überspannte Betonung eines
Zwangskopftuches kennt sonst keine andere Kultur, und darum entspricht es auch
nicht dem natürlichen Empfinden der Menschen! Das Vorkommen einer solchen
Kopfbandage im ultraorthodoxen Judentum gibt weitere Hinweise darauf, dass man
die Frau nicht als Erlöste, sondern als ewig Gefallene und ein Numinosum zu
betrachten beliebt, das sowohl Mann als auch Frau leider eben nicht nur im
Islam und Judentum, sondern auch erneut in der Kirche offenbar brauchen, um
weiterhin in der Sünde und ihren Reizen steckenbleiben zu können. Sobald
jedenfalls keine Kopfbedeckungen mehr verlangt werden, kann nach kürzester Zeit
kein Mensch mehr nachvollziehen, wozu sie eigentlich dienen sollten…
Die einseitige Mumifizierung des
weiblichen Kopfes, ja des gesamten Leibes (wie etwa im extrem konservativen Islam)
ist und bleibt spätantik-heidnische Sitte und entspricht dem Verfall weiblicher
Würde, ist Markierung dafür, dass sie ein Mündel ist, dem Selbststand, Reife
und Erwachsenheit abgesprochen, und das als (dämonisches) Begehrobjekt
aufgefasst wird, das es zu bändigen gilt. Dieses Motiv wurde von den älteren
Kirchenrechtlern offen zugegeben, etwa im Decretum Gratiani, und wie ich
andernorts bereits dargelegt hatte, schreckten sie nicht davor zurück, im
Wortlaut völlig unstrittige Schriftstellen massiv zu verändern, um die
Entrechtung der Frauen pseudo-religiös und auf der Basis einer faktisch
arianischen Argumentation zu begründen.[9]
Die Kopfbandage der Frau drückte
sich in zahlreichen Beschränkungen weiblichen Denkens und Handelns im
Alltagsleben aus. Die „Wesenszüge“ und niedrigeren Verstandestätigkeiten, die
man in ihr typischerweise wahrzunehmen glaubte, wurden durch ständige
Einschränkung und soziale Überformung überhaupt erst erzeugt:
Sie hatte in der Antike nicht das
Recht, sich selbst zu vertreten, weil sie weniger Subjekt als Objekt und Besitz
war. Ihr wurden und werden fachliche Fähigkeiten nicht nur abgesprochen,
sondern deren Ausübung verboten, was eine enorme Verkümmerung von Talenten in
der Menschheit zur Folge hatte und hat. Man gab jeder weiblichen
professionellen öffentlichen Tätigkeit die Färbung der Hurerei. Man verbot und
verbietet ihr aufs Neue – mitten unter uns! - , das Haus zu verlassen und wenn,
dann nur maximal bandagiert und mumifiziert. Sie wurde missbraucht, als bloße
Gebärfunktion betrachtet, sexuell auf der Basis fast schrankenloser
legitimierter Willkür des Mannes betrogen und ökonomisch ausgebeutet. Es ist
dabei nach einer Erholung weltweit eine Verschlimmerung der Situation der
Frauen feststellbar.
In der Geschichte der Kirche muss
man mit Erstaunen feststellen, dass die Frau die größte intellektuelle oder
geistlich-geistige Achtung und die weitesten, teilweise sogar rechtlichen
Freiräume eher im frühen und hohen Mittelalter als im Spätmittelalter und der (beginnenden)
Neuzeit hatte. Wenn ein Kaiser im 10. Jahrhundert ohne Bedenken eine Nonne
beauftragte, ihm ein Geschichtswerk zu schreiben[10],
so wäre das einige Jahrhunderte später nicht mehr denkbar gewesen. Eine Häufung
eigenständiger weiblicher Kirchenschriftsteller und echter Mystiker, wie sie
das gesamte Mittelalter und auch noch die frühe Neuzeit mit Theresia von Avila
aufweist, die die wachsende Diskriminierung der Frau in der Kirche ihrer Zeit am
häufigsten von allen offen anklagt, war danach in einer solchen Blüte für
Jahrhunderte verunmöglicht. Frauen wie Mary Ward, die Gründerin der „Englischen
Fräulein“ im frühen 17. Jh, wurden
massiv unterdrückt, kriminalisiert, verketzert und schikaniert.
Die Neuzeit kennt das Phänomen
selbstquälerischer, irrationaler und intellektuell verwahrloster „Seherinnen“
und weiblicher „Sühneseelen“, die in fragwürdiger Prophetie dem Mann das, was
er, der selbst auf einen tiefen Stand herabgesunken ist, gerne hören will, und
den in heidnisch oder esoterisch angehauchten
Mystizismus erniedrigten Frauen allerhand frommen Hokuspokus und nicht
selten häretisch-okkulte Wahrsagerei mit erwünschten Inhalten am laufenden
Meter präsen(t)ieren. Dieses Treiben zeichnete ausschließlich ultramontane
katholische Kreise und hat das alte Bild kluger, weiser und nüchterner Frauen
in der Kirche total verzeichnet. Bis heute gesteht man ihnen allenfalls in den
Themenfeldern, die sie selbst und die Familie betreffen, Kompetenz zu. Intellektuell
und geistlich potente Frauen sind solchen Katholiken zum Greuel geworden. Sie
verehren nicht selten die Gottesmutter als Sitz der Weisheit („sedes sapientiae“) und hassen doch
jede kluge und eigenständige Frau in der Kirche. Auch das ist zutiefst
schizophren.
Fast könnte man denken, für die
Männer der Kirche musste Jesus mit Verstreichen der Zeit nach seiner
Himmelfahrt immer weniger gestorben sein. Sein männliches Vorbild verblasste
immer mehr und der alte Adam gewann sein sündhaftes Terrain zurück und weist
der Frau, als sei der Herr niemals gekommen, wieder ihren alten Platz unter
seinem Diktat zu.
[1]
Augustinus: De Trinitate 12, 7 in: https://www.unifr.ch/bkv/kapitel2678-6.htm#2
(10.4.2016)
[2] Ich
muss zugeben, dass ich selbst das früher, irregführt durch die euphemistischen
Übersetzungen, wie etwa in der Einheits-Übersetzung, nicht im wirklichen
Wortsinn verstanden habe.
[3]
Augustinus: De Trinitate, 12, 8
[4]
Typenhafte Deutung bei Augustinus in den Sermones, 20, Über Maria und Marta,
deutsche Version hier: http://augustinisch-unterwegs.de/Predigtreihe/Maria-und-Marta
(3.5.2016) - aus dieser typenhaften Deutung folgt, dass er die „zeitlichen
Dinge“, von denen er in unserem Zusammenhang spricht, die „vielen Dinge“ der
Marta, mit der Frau und ihrem Aufgabenbereich identifiziert, das „Eine“ der
Maria mit der „ratio superior“ des
Mannes. „In der
Tat, nicht aus den vielen Dingen entstammt das Eine, sondern aus dem Einen
kommt das Viele.“ Die Zuordnung der
Vielheiten aus dem Einen zur Frau in ihrer leiblichen Erscheinung setzt sie
herab: sie beschäftigt sich mit etwas Gutem, aber nicht mit dem Besseren. Hier
liegt eine versteckte Emanationslehre zugrunde, die die Frau als herabgestuften
Ausfluss aus dem Mann ansieht. Eine solche Sichtweise legt uns allerdings der
Schrifttext in gar keiner Weise nah. Zu fragen wäre hier, wie der Mensch als
Ebenbild Gottes in sich selbst ein abgestuftes Emanationsprinzip darstellen
kann, wenn man sich die Heilige Dreifaltigkeit nicht auch als eine
innertrinitarische Emanation in Herabstufungen vorstellt? Anders: wenn etwa der
Sohn nicht eine subordinierte
Emanation aus dem Vater ist, sondern eine absolut wesensgleiche „Geburt“ aus
dem Vater (was unbedingte Lehre der Kirche ist!), wieso sollte dann sein
Ebenbild, der Mensch, ein solch subordinierendes Modell aufweisen?
[5]
Teresa von Avila: „Ich bin ein Weib und obendrein kein Gutes. Freiburg 2012, S.
34
[6]
Thomas von Aquin: s.th. I, q.92 a.2 deutsch zitiert nach http://www.unifr.ch/bkv/summa/kapitel93-2.htm
(3.5.2016)
[7]
A.a.O.: I, q.92 a. 2 co
[8] Das
Neue Testament und frühchristliche Schriften. Vollständige Sammlung aller
ältesten Schriften des Urchristentums. Übersetzt von Klaus Berger und
Christiane Nord. Frankfurt 2005. S. 1347
[9] Vgl.
Hanna Jüngling: Der Mantilla-Wahn – Ist die Frau kein Ebenbild Gottes? vom
26.1.2015 , veröffentlicht auf www.zeitschnur.blogspot.de
[10]
Kaiser Otto der Große beauftragte Roswitha von Gandersheim, ihm die „Gesta
Ottonis“ zu schreiben, ein Werk über seine Herrschaftszeit. Einen kleinen
Einblick in dieses Geschichtswerk erlaubt folgende Website: http://www.infacto.de/koenigin-editha/Otto/Gesta_Oddonis/Gesta_Editha/gesta_editha.html
(20.3.2016)
Von Herzen: Alles Gute zum Muttertag!
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