Dienstag, 5. April 2016

Die Frauenkrise (II) - Raub der Brautkrone



Raub der Brautkrone – die Erzählungen in Genesis 2 und 3


a. Weibliche Selbst-Ignoranz und Fehlimpulse zum Mann hin

Das ist es (was im vorigen Post beschrieben wurde), was sich bis heute in den Hochzeitsriten aller Völker nicht verlieren lassen konnte, gleich welche Hölle man der Frau anschließend bereitet. Die Brautkrone raubt man der Frau mit der Heirat nämlich – sie trägt sie stets an ihrem Hochzeitstage zum letzten mal. Darin liegt eine niederschmetternde Botschaft.
Diese niederschmetternde Botschaft offenbart sich in den Wendungen von Genesis 2 und 3 verborgen und kann von dort aus teilweise entschlüsselt werden.
Die Frauen, so wird immer wieder mit einiger Plausibilität festgestellt[1], wissen nicht (mehr), wer sie sind, und diese Ignoranz ist Kern aller weiblichen Tragik. Ihr Verhältnis zur Welt ist vielleicht weniger elementar verwundet als das des Mannes, um dessentwillen der „Ackerboden verflucht ist“ (Gen. 3) und ihm mit „Dornen und Disteln“ widersteht, aber sie hat kein Verhältnis mehr zu sich selbst. Diese Blindheit für die eigene Würde ist Erklärung für das schwankende und widersprüchliche Verhalten der Frau. Der Mann, so sehr er sich nach der ursprünglichen Frau sehnt, tut andererseits alles, in ihr auch von seiner Seite aus das Bewusstsein ihrer souveränen Würde zu löschen oder zu ersticken, wenn es aufkeimt, weil er der Herrscher sein und den Kniefall nicht nur vor Gott, sondern auch die Ehrerbietung vor ihr verweigert. Seine Tragik ist eine andere Schizophrenie, die der Hybris und dem Zorn über den Verlust der Harmonie mit der Schöpfung entspringt. Gegenüber der Tatsache, dass die Frau das Schöpfungswerk Gottes ursprünglich krönt, hält er ihr erbittert entgegen, zuerst geschaffen worden zu sein und darum auch der „Erste“ im Sinne des „Größten“, „Weiseren“, „Höherstehenden“, des „Gebieters“ und des „Herrschers“ sein zu müssen. Er vermischt das, was Gott ursprünglich geschaffen hat mit dem, was der Mensch sich als Sündenfolge eingehandelt hat. Der Mann tut das, was in Gen. 3, 16 der Frau als Folge ihrer Sünde angekündigt wird: er wird die Frau beherrschen. Aber diesem Sinnen und Trachten zum Herrschen geht ein „Fehlimpuls“ durch die Frau voraus oder spielt ihm zu, die sich selbst beraubt oder bereitwillig berauben lässt, indem sie um den Mann und seine Aufmerksamkeit buhlt, sich selbst kindisch herabsetzt und – wie  ich noch von den älteren Generationen in meiner Kindheit und Jugend stets hören konnte – „zu einem Mann aufschauen können soll“ oder einem künftigen Mann „auf keinen Fall überlegen sein darf“.
Noch in meiner Altersgruppe gab es junge Frauen, die, derart instruiert und zu einer merkwürdig „selbstbewussten Einschüchterung“ erzogen, etwa auf den Besuch des Gymnasiums verzichteten oder sich anderweitig kleinmachten oder kleinmachen ließen oder dem Mann in gezielt mädchenhaft-unreifer Art entgegenkamen, obwohl sie talentiert waren und sachliche Interessen gehabt hätten. Nicht selten waren und sind es die Mütter, die die Töchter in dieser Weise niedrig zu halten versuchten, während sie die Söhne bei geringerer Begabung und deutlichem sozialem Fehlverhalten förmlich zu „Machos“ aufbauten, und sich in ihnen spiegelten. Das Motiv für die Lähmung der Frauen lautete volkstümlich, sie „heirateten ja doch“, als ob eine Ehe keinerlei intellektuellen Anspruch hätte, bedürften also weder besonderer Bildung noch geistiger Eigenständigkeit und sollten schon im Vorfeld alles tun, um nur ja nicht etwa über den künftigen, unbekannten Mann „hinauszuragen“.


Welch eine absurde Performance: die Frau, die offenbar so sehr überlegen ist, dass sie gedrosselt werden muss, um nur ja dem Mann nicht das Gefühl zu geben, unterlegen zu sein und ihn in seinem Wahn zu bestärken, der „Bessere“, „Vernünftigere“ und „Größere“ zu sein, die auf Bildung verzichtet, um den Mann nicht zu überrunden, der damit im Grunde als minderbegabt und der „Blödere“ entlarvt wird… Man impft ihr ein, weniger vernünftig als der Mann zu sein und richtet den Appell an sie, dies gefälligst zu befolgen… Es ist als wollte man der Nachtigall sagen: Du kannst nicht singen, halt den Mund, nicht dass der Kuckuck, der doch in allem viel besser ist als du, durch deinen Gesang beschämt wird…

Ich habe mehr als eine solcher Frauen erlebt, deren Ehe genau an diesem selbstauferlegten Defizit scheiterte, entweder weil der Mann sie aufgrund seiner Bevorzugung, die sie ihm ungesund spiegelte, ohnehin missachtete oder weil sie selbst mit zunehmender Reife schmerzlich diese Lebenslüge und freiwillige Selbstverstümmelung zu bedauern gelernt hatte und spätestens in der Lebensmitte dem nagenden Zweifel erlag, etwas verpasst zu haben, um etwas betrogen worden zu sein.
Die Verstümmelung und Unterdrückung weiblicher Fähigkeiten als eine Art Luxus-Verzicht, als ob die Menschheit die Gaben der Frauen brachliegenlassen könnte, als ob Gott sie zum Wegwerfen begabt hätte, nicht aus fehlenden finanziellen Mitteln zur Ausbildung, sondern alleine um des männlichen Überlegenheitsanspruchs willen, ist nach Gen. 3, 16 in jedem Fall Folge der Sünde und nicht „Schöpfungsordnung“.
Das natürliche Recht verbietet die gezielte und grundsätzlich intendierte Behinderung, Verkümmerung, die despotische Lenkung und Beraubung eines Menschen bzw. bestimmter Menschengruppen um Talente und Gaben. Wenn schon im Alten Testament beklagt wird, dass die Witwen faktisch lebensunfähig werden, dann liegt dies daran, dass man die Frau in fast jeder Hinsicht entmündigt und daran gehindert hat, prinzipiell und für den Notfall auf eigenen Füßen zu stehen. Die Unterdrückung der Witwen, die ohne eine umfangreiche Diskriminierung, harten Bildungsausschluss und die soziale Schwächung der Frau nicht beklagt worden wäre, ist ein „Dauerbrenner“ im Alten Testament und selbst noch im Neuen Testament und ein Ausdruck des tiefsten Abfalls von Gott.

b. Von der „Hilfe“ abwärts zur „Gehilfin“: Gute Schöpfungsordnung versus Sünden-Unordnung

Man fragt sich, wie es sein kann, dass die Frau, obwohl sie zweifellos hochbegabt ist, weltweit in einem so viel elenderen Zustand als der Mann ist. Eine Antwort gibt die Erzählung in Genesis 3. Das Strafgericht Gottes über die Schlange und den gefallenen Menschen in Genesis 3 verlangt eine genauere Betrachtung:

Es heißt in Vers 16, dass die Frau nach ihrem Mann verlangen bzw. von ihm dominiert würde und er sie im Gegenzug beherrschen werde. Weithin schrieb sich der Mann in Israel und im Abendland diese Aussage stolz auf seine Fahnen: wenn das so ist, muss er ja der Bessere und Größere und Unschuldigere sein!
Der Mann dürfte sich, wenn er so denkt, gewaltig verrannt haben.

Obwohl im Hebräischen und Lateinischen die gesamten Strafverse grammatisch im Futur stehen, wurden sie fast durchweg als „Soll-“Aussagen übersetzt oder aufgefasst. Wo im Original steht: „Du wirst unter seiner Gewalt stehen, und er wird über dich herrschen“ (eindeutige Futurformen in älteren Vulgata-Übersetzungen bzw. der Nova Vulgata: „… sub viri potestate eris, et ipse dominabitur tui“/“ad virum tuum erit appetitus tuus, ipse autem dominabitur tui“) übersetzten viele, etwa Martin Luther, „Er soll über dich herrschen“.
Ein Soll, das man zur Not aus dem hebräischen Grundtext herauslesen könnte, aber selbst die hellenistisch geprägte und ganz und gar nicht frauenfreundlich ausgerichtete Septuaginta doch als Futur und nicht als Sollsatz übersetzt hatte, wurde in der Spätantike grammatisch nicht als Soll aufgefasst, sondern als ein einfaches Futur und dementsprechend übertragen. Ein Soll würde man im Lateinischen stets durch einen Konjunktiv ausdrücken. Solche Soll-Konjunktive finden sich übrigens mehrfach im selben Genesis-Kapitel (s.u.)!
Die dadurch entstehende Suggestion, es handle sich durch das „Soll“ um eine Art Gesetzesvorgabe bzw. um so etwas wie den „zweiten Teil der Schöpfungsordnung“ wurde heillos Gottes gute Ordnung mit der durch die Sünde entstandenen Unordnung zu einem schizophrenen „Soll“ vermischt.

Aus der ursprünglich als „adiutorium“ oder „adiutor“ (hebr. „eser“/„Hilfe“) für den Mann geschaffenen Frau wurde plötzlich eine unterworfene „Gehilfin“ im Sinne der lateinischen „famula, „ancilla“ oder gar „serva“. Davon ist aber im Schrifttext keine Rede. Das „adiutorium“ (Gen. 2, 18) bzw. der „adiutor“ (Gen. 2, 20), das oder der die Frau nach der Schöpfungsordnung dem Mann ist, ist kein „Gehilfe“ oder „Faktotum“, er ist auch nicht nur ein „Partner“ (gleichberechtigter Teilhaber) im modernen Sinne, sondern ein eigenständiger Fürsprecher, Anwalt, Beistand und Helfer. Wenn moderne Theologen mit Stolz die Aufwertung der Frau an der Unordnung nach dem Sündenfall hochrechnen und die Unterwerfung und Erniedrigung bei einer „Gleichstellung“ als dem höchsten der Gefühle enden lassen, dann ist das, gemessen an der guten Schöpfungsordnung, wohl immer noch viel zu gering:

Die Begriffe, die der Frau zugeordnet werden, weisen auf Gott selbst. Gott selbst lässt sich in der Schrift vielfach als „adiutorium“ ansprechen, etwa in Hebräer 13, 6: „Dominus mihi adjutor : non timebo.“ („Der Herr ist mein Helfer: ich werde mich nicht fürchten.“) oder in Psalm 7, 11: „Justum adjutorium meum a Domino, qui salvos facit rectos corde.“ („Meine gerechte Hilfe ist beim Herrn, der diejenigen rettet, die aufrechten Herzens sind.“). Und in Psalm 27, 7 die berühmten Worte: „Dominus adjutor meus et protector meus ; in ipso speravit cor meum, et adjutus sum.“ („Der Herr ist mein Helfer und mein Beschützer; auf ihn hat mein Herz gehofft, und mir ist geholfen.“). Der Satz „Adiutus sum!“ schwingt auch in Adams Freude über das „Fleisch von seinem Fleisch und das Bein von seinem Bein“ in Genesis 2, 23 mit: „Hoc nunc os ex ossibus meis, et caro de carne mea…“ („Das ist nun endlich Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch…“). Anklingt in der Stellung als „adiutor“ auch der „neue Adam“, Jesus Christus, der aus der Frau geboren „Bein von unserem Bein und Fleisch von unserem Fleisch“ wurde, aber auch der geheimnisvolle „alius paracletus“ (Joh. 14, 16), den Jesus als den anderen „Beistand“, „Fürsprecher“, „Tröster“ und „Helfer“ und wenige Verse später (V. 26) als „Paraclitus autem Spiritus Sanctus“ („Der Paraclitus ist der Heilige Geist“) ankündigt. Die Anspielung „alius“ („anderer“/“weiterer“/“zweiter“) in Joh. 14, 16 legt nahe, dass Jesus sich selbst als den ersten „paraclitus“ und den Heiligen Geist als den zweiten, den anderen „paraclitus“ für die Gläubigen ansieht. Das Wort steht im Neuen Testament literarisch einzigartig.
Der göttliche „adiutor“, das „adiutorium“ des Herrn deckt sich jedenfalls sinngemäß mit dem „Parcaclitus“.

Der Begriff „Rolle“ ist hier zwar untauglicher als tauglich, ein besserer fehlt mir an der Stelle, und ich hoffe, dass wenigstens ahnungsweise aufscheint, was gemeint ist:
Die „Rolle“ der Frau hängt innig und geheimnisvoll mit den „Rollen“ Jesu und des Heiligen Geistes für den Menschen als Beistand, Hilfe und Advokatus zusammen.
Es wird schon hier deutlich, dass all diese Titel der Gottesmutter als Frau nach so langer Beraubung vollständig wieder zurückgegeben sind. Unsere „Fürsprecherin“, unsere „Hilfe“, unsere „Mutter“ und „Mittlerin“ – all das sind die restaurierten Titel der Frau…
Es werden im Alten Testament zahlreiche Frauengestalten vorgestellt, die früh auf diese ureigene Rolle der Frau, auf Maria, hinweisen. Trotz der Unordnung unter Sünde und trotz der Herabwürdigung der Frau in der Torah, der Mischna und im späteren Talmud kennt Israel die Frau und nennt zahlreiche ihrer Namen.


Es blieb einigen besonders verehrten Kirchenvätern im Gefolge hellenistischer Verblendungen vorbehalten, aus diesem Gotteszeichen ein bloßes Gebär-Instrument für den Mann zu machen, das nicht einmal mehr als vollgültiger Mensch und Ebenbild Gottes anerkannt wurde, wie ich zeigen werde. Ein früh angelegter Todeskeim in der Kirche, eine blasphemische Schande, die sich jahrhundertelang entfalten konnte und gerade unter „Glaubenstreuen“ kritiklos hofiert wurde und wird.

Nach der Schöpfungsordnung ist die Frau also eigenständiger Beistand, Hilfe, Mittlerin zu Gott und zur Welt in einem spezifischen Sinne und Anwältin des Mannes (und der Kinder). In genau jenen Rollen erscheinen die alttestamentlichen Frauengestalten. Die Verwundung der weiblichen Integrität durch die Sünde hat ihr die Rolle als Fürsprecherin nicht völlig genommen, aber verdunkelt und verzerrt.
Wir ahnen, warum Frauen nach dem Fall schwanken zwischen forcierter, dem Mann nicht selten auch noch eingeblasener Selbstverstümmelung und Auflehnung gegen die Unterjochung: sie haben eine Ahnung von der ursprünglichen Rolle, vermögen sie aber nicht mehr in Harmonie und Stimmigkeit zu erfüllen. Auf versteckten Pfaden erliegen sie der Vermischung der auseinanderstrebenden Rollen des notwendig unabhängigen, also freienadiutors“ und der abhängigen, also dem Mann sklavischen „famula“ oder „serva“. Die ursprüngliche Rolle gelingt unter Sünde nicht mehr und die Rolle unter Sünde ist doch zutiefst unpassend und elend. Zugleich spiegelt sich in der Seele der Frau ungeschminkter und trostloser der Verlust des übernatürlichen Gewandes, dem der Mann mit ihr gemeinsam unterliegt.

c. Das erste Strafgericht Gottes

Das Strafgericht Gottes über Schlange, Frau und Mann in Genesis 3 weist eine eigenartige Abfolge auf.
Gott spricht zwei Verfluchungen aus. Sie treffen beide Male die Kreatur und nicht den Menschen, haben aber weitreichende Folgen für Mann und Frau:

Die erste Verfluchung betrifft die Schlange: „Maledictus es inter omnia animantia, et bestias terræ : super pectus tuum gradieris, et terram comedes cunctis diebus vitæ tuæ.“ (V. 14) („Du bist verflucht unter allen Lebewesen und Erdtieren: auf deiner Brust wirst du kriechen, und Erde wirst du fressen alle Tage deines Lebens.“) Die Schlange, von der es zuvor hieß, sie sei unter allen Tieren das schlaueste (V. 1), stellt eine merkwürdige Gestalt dar: sie oszilliert zwischen dem geschaffenen und beseelten, natürlichen Lebewesen und dem Satan als Geistwesen, der aus ihr sprach oder sich ihre Gestalt geliehen hat. Da die Schlange auch als natürliches Lebewesen verflucht ist, wird ihr, wie es scheint, Schuld und Verantwortung für dieses Sich-Hergeben an die satanische Ambition zugewiesen.

Während sowohl bei der Schlange als auch beim Mann deren Vergehen jeweils in einem Schuldspruch benannt und mit einer Folge belegt wird, entfällt dies bei der Frau. Dieses Detail ist auffallend.
Der Schuldspruch Gottes an den Mann und an die Schlange beinhaltet jeweils einen Fluch und wird eingeleitet mit den Worten: „Quia fecisti hoc… maledictus es“ (an die Schlange in V. 14) bzw. „Quia audisti vocem uxoris tuæ… maledicta terra in opere tuo“. „Weil du XY getan hast… bist du/ist verflucht deinem Werk die Erde“. Die Frau steht zwischen diesen beiden Schuldigen als Täterin mit offenbar gemilderter Verantwortung. Auf die Frage Gottes, warum sie von dem Baum gegessen und dem Mann davon abgegeben habe, antwortet die Frau: „Serpens decepit me, et comedi.“ (V. 13) („Die Schlange hat mich getäuscht, und ich hab gegessen.“), und Gott widerspricht ihrer Darstellung nicht. Er macht ihr keinerlei Vorwurf und spricht kein Urteil über sie. Mich erinnert dies an den Satz Jesu an die Ehebrecherin: „Mulier, ubi sunt qui te accusabant ? nemo te condemnavit ? Quæ dixit : Nemo, Domine. Dixit autem Jesus : Nec ego te condemnabo : vade, et jam amplius noli peccare. » (Joh. 8, 10+11)  („Frau, wo sind die, die dich verklagten? Hat keiner dich verurteilt? Sie sagte: Keiner, Herr. Sagte aber Jesus: Dann verurteile ich dich auch nicht: Geh, und sündige ab jetzt nicht mehr.“) Die unendlich milde Umgangsweise Jesu mit Frauen, die nach dem Gesetz, anders als der Mann, aufs Härteste verurteilt wurden, ist wie ein Reflex auf das fehlende Urteil Gottes über die Frau in Genesis 3.
Vielmehr gibt Gott ihr gegenüber dem Satan eine Front-Kampfrolle. Es ist offenkundig, dass die Frau tatsächlich im Disput mit der Schlange getäuscht wurde und der Mann ihr nicht geholfen hat, obwohl er nach den Worten der Schrift „nicht verführt“ wurde (1. Tim. 2, 14), aber „bei ihr“ war (Gen. 3, 6: „viro suo secum“). Das „secum“ („bei ihr“) findet sich interessanterweise erst in der revidierten Nova Vulgata, nicht aber in den älteren Vulgata-Übersetzungen. In der Septuaginta steht „met autes“ („bei ihr“), eine Formulierung, die auch in Johannes 11, 31 vorkommt, wo gesagt wird, es seien Juden „bei ihr“ (Maria von Bethanien) gewesen, um mit ihr um Lazarus zu trauern.[2] Auch der hebräische Schrifttext weist, aufgrund des sehr sicheren unvokalisierten Bestandes an dieser Stelle, hier also ganz unabhängig von der Diskussion um die öfter behauptete Unzuverlässigkeit des masoretischen Textes, ebenfalls ein „mit ihr“ des Mannes aus:  es heißt in Vers 6, die Frau habe „le-isch imma“ von der Frucht gegeben, „dem Mann, der bei ihr war“. Das hebräische Wort „im“ heißt „mit“, „bei“ oder „gemeinsam mit“. Es steckt auch im arabischen Wort „Umma“ für die islamische Gemeinschaft, das wir inzwischen alle kennen, auf Hebräisch aber genauso heißt.
Es mutet tendenziös an, dass im Vulgata-Text jahrhundertelang ohne irgendeinen ersichtlichen Grund dieses Detail des Schrifttextes unterschlagen blieb. Man kennt aber die Ausrede der Männer, Eva habe Adam womöglich noch mittels Sexualität dazu „verführt“, von etwas zu essen, das er gar nicht begriffen habe, weil die Schlange Eva angeblich in Abwesenheit Adams angesprochen haben soll.
Diese den Mann fast vollkommen entlastende Sicht ist auf der Basis des Schriftbefundes in verschiedener Hinsicht unhaltbar. Sie ist nicht nur durch das kleine, aber feine Wort „secum“ ausgeschlossen, sondern auch durch den Schuldspruch Gottes an Adam, der ihm ausdrücklich vorwirft, er habe auf die Stimme der Frau gehört, anstatt auf das Gebot Gottes. Gott hat das Gebot an Adam gegeben, bevor Eva war, und hier fordert Gott folgerichtig die Einhaltung einseitig von Adam ein. Das wäre nicht geschehen, wenn Adam nicht bei vollem Bewusstsein von der verbotenen Frucht gegessen hätte: „Quia audisti vocem uxoris tuæ, et comedisti de ligno, ex quo præceperam tibi ne comederes…“ (V. 17). „Weil du gehört hast auf die Stimme deiner Frau und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir (zuvor) vorgeschrieben hatte, dass du nicht davon essen sollst…“ – hier übrigens in der Form „ne comerderes“ („dass du nicht essen sollst/mögest“) ein schönes Beispiel dafür, wie es klingt, wenn ein echtes Soll im Konjunktiv ausgesprochen wird. Gott hält Adam vor Augen, dass er ganz genau wusste, dass es sich um die verbotene Frucht handelte, und dass Gott selbst „zuvor“ (steckt im Verb „prae-cipere“, das „vorschreiben“, aber auch „zuvor festlegen“ heißen kann) gesagt hatte, davon nicht zu essen.

Den bekannten Schuldspruch, den Adam schon damals gleich nach dem Sündenfall gegen die Frau vorbrachte, verbunden mit einem Vorwurf an den Schöpfer selbst, der ihm die Frau als „socia“ („Gefährtin“) zugesellt hätte (V. 12), weist der Herr hart zurück und formuliert stattdessen einen Schuldspruch an Adam alleine.
Interessant auch hier, dass die ältere Vulgata entgegen der LXX und der hebräischen Schrift ein Detail weglässt: „Mulier, quam dedisti mihi sociam, dedit mihi de ligno, et comedi.“ (V. 12) („Die Frau, die du mir als Gefährtin gegeben hast, hat mir vom Baum gegeben, und ich habe gegessen.“) Die Nova Vulgata übersetzt korrekter die stärkere Formulierung Adams: „Mulier, quam dedisti sociam mihi, ipsa dedit mihi de ligno, et comedi”. In der Septuaginta wird ebenfalls durch das Wort „aute“ an der Stelle betont, im Hebräischen das ostentative „hi“ („sie“), wie durch das „ipsa“, dass sie es war, sie, die Frau, die schuld ist, sinngemäß also: „Die Frau…., die du…., sie war es, die…“. In Adams Reaktion offenbart sich eine erschreckende Selbstgerechtigkeit, Dreistigkeit und Härte. Die im Abendland, parallel zur neutestamentlich hauptsächlich Adam zugewiesene Verantwortung, tradierte Haltung, die Frau sei an allem schuld und müsse darum unterdrückt und dominiert werden, ist gemessen am Schrifttext ausgesprochen riskant und hochgradig spekulativ, wenn nicht sogar fahrlässig.
Um des Mannes selbst willen jedenfalls ist ihm (und mit ihm allen Nachkommen) der Erdboden fortan ein Fluch und wird ihm Dornen und Disteln entgegenstrecken (V. 18) und alles Fleisch muss seinetwegen sterben (V. 19).
Eigentümlich ist die Ankündigung Gottes an Adam, ab jetzt „comedes herbam terrae“. Hier findet sich eine Parallele im Schuldspruch an die Schlange, die in Zukunft nicht einmal mehr die „herbae“, sondern nur noch „terram comedes“ (V. 14). Die Nahrung der Schlange wird maximal herabgesetzt, ist das, was der Tod gebiert (V. 19), nämlich alles Lebendige, das wieder Staub wird, fressen soll, quasi eine Endlos-Todesschleife, eine echte Verdammnis. Die Nahrung des Mannes ist ebenfalls herabgewürdigt: Er soll „herba“, Kraut, Stengel, in gewissem Sinne sogar Un-Kraut essen, das, was direkt an oder in der Erde sprosst, nicht mehr die Früchte an den hochwachsenden edlen Bäumen in erster Linie, die ihm ursprünglich zugedacht waren: „Ex omni ligno paradisi comede“ (Gen. 2, 16). („Von allen Bäumen/Hölzern des Paradieses iss.“). Es ist in der Genesis bereits so, wie es im Neuen Testament geschrieben steht: In Adam haben alle gesündigt (1. Kor. 15, 22), und durch die Sünde eines einzigen Menschen wurde die ganze Schöpfung dem Tod überantwortet.

Über die Frau spricht Gott tatsächlich keinen Schuldspruch.
Wie kann das sein, da sie doch gefallen ist? Es liegt in keinem Fall daran, dass Gott sie nicht ebenso zur Verantwortung gezogen hätte wie den Mann. Er fragt sie genauso danach, warum sie getan hat, was sie getan hat, wie er den Mann fragt. Sie antwortet mit einem Satz, der alles sagt (s.o.): Sie hat sich täuschen lassen von der Aussicht, ihre Erkenntnisse zu vertiefen und erlag wohl aufgrund der boshaft durch die Schlange erzeugten Suggestion, sie werde andernfalls um etwas Wichtiges gebracht (V. 4ff). Die Frau kannte das Verbot genau und hat es sogar noch über-präzisiert. Während Gott nur den Genuss der Baumfrucht verboten hatte (Genesis 2, 17) und warnte, dass der Mensch andernfalls morte („zum Tod“) sterben werde, sagt die Frau zur Schlange, sie dürften von dem Baum weder essen noch ihn berühren: in den älteren Vulgata-Versionen finden wir „…præcepit nobis Deus ne comederemus, et ne tangeremus illud, ne forte moriamur…“ (V. 3) („Gott hat uns vorgeschrieben, dass wir nicht (davon) essen sollen (hier wieder sehr schön das konjunktive Soll!), und dass wir ihn nicht berühren sollen, damit wir nicht womöglich sterben.“) Das Wort „forte“ („etwa“/“vielleicht“/“womöglich“) ist in der Nova Vulgata weggelassen, denn es steht nicht in der Septuaginta.
Der poetische Reim-Anklang zwischen „morte“ in Kap. 2, 17 und „forte“ an dieser Stelle baut eine Suggestion auf: Der mahnende Satz, „morte morieris“, „zum Tod wirst du sterben“, der durch die Verdoppelung eine Verstärkung der Warnung enthält, wird bereits relativiert, wenn die älteren Vulgata-Übersetzungen der Frau in den Mund legen, sie habe gesagt „ne forte moriamur“, „damit wir nicht womöglich sterben“. Das ist eine krasse Textveränderung! Das lateinische „ne“ („damit nicht“) muss vollauf genügen, um den Sinn in der Septuaginta und im hebräischen Text zu treffen. Eine Verstärkung durch das mehr ins Vage belegte „forte“ nach „ne“ („ne forte…“ meint „damit nicht vielleicht“!), gibt der Aussage einen anderen Sinn.
Eine solche innere Tendenz zur Auflösung des Gebotes weist Evas Rede an dieser Stelle aber nicht auf. Im Gegenteil. Hinzu kommt, dass in der Septuaginta und im hebräischen Text die Frau an dieser Stelle Gottes Gebot nicht in indirekter Rede, wie die Vulgata in allen Versionen, auch der Nova Vulgata, übersetzt, darlegt, sondern in direkter Rede. Eine „ne forte“-Relativierung ergäbe in der direkten Rede Gottes sowieso gar  keinen Sinn…
Die grammatisch und inhaltlich stark verzerrende ältere Vulgata-Übersetzung intendiert beim Leser den Eindruck, die Frau hätte sich schon von sich aus von Gottes Gebot distanziert, bevor die Schlange sie zum Bruch des Gebotes aufforderte. Damit wird die Aktion der Frau dramatisiert und wesentlich verstärkt, wohingegen die anderen Textveränderungen, die ich schon benannt habe, die Aktionen des Mannes abgemildern oder gar annullieren.
Das Detail des Nicht-Berührendürfens hat Gott an der überlieferten Stelle in Kap. 2, 17 nicht gesagt. Worauf die Frau diese Aussage stützt, etwa auf eine nur mündlich überlieferte Aussage Gottes, lässt sich sachlich nicht weiter rekonstruieren oder erklären. Eines aber sagt uns der Zusatz: die Frau verstärkt damit sinngemäß das Verbot Gottes, ist also gerade nicht dabei, die Unbedingtheit aufzugeben, sondern will sie eifrig festhalten. Warum es ihr nicht gelang, wird uns andeutungsweise berichtet:
Ab Vers 6 lässt sie sich dazu überreden, von der Frucht zu kosten, weil sie ebenso köstlich schmecken würde, wie die der anderen Bäume (Kap. 2, 9), die Gott zunächst dem Mann zur Augenlust und Gaumenfreude geschaffen hat, und vor allem weise machen würde. Zuvor versucht sie zu widerstehen.
Das Geständnis der Frau, sie habe sich täuschen lassen und darum gegessen, ist keine Ausrede. Dass sie offenbar in der Täuschung auch ihrem Mann davon abgab, wird später im Schuldspruch an Adam noch einmal kundgegeben, allerdings nicht als Rechtfertigung für den Mann. Sein Versäumnis ist und bleibt, dass er, ohne getäuscht worden zu sein, davon nicht nur mitaß, sondern auch nicht einschritt. Offenbar befand er sich im Einverständnis mit allem, was von der Schlange über Eva auf ihn kam und leistete – im Gegensatz zur Frau bis zum Moment des Erliegens - keinerlei Widerstand. Seine Motive für den bewussten Abfall werden im Strafgericht zwar nicht geklärt, bleiben aber doch nicht ganz im Dunkeln (s.u./ Ausführungen zu Vers 22).

d. Die Frau im Zentrum der Feindschaften

Gott reagiert auf die Täuschung der Frau auf zweierlei Weise: Er kündigt der Verursacherin, der Schlange, an, dass er selbst Feindschaft zwischen den Satan und die Frau setze, und dass die Frau die Vorrangstellung im Kampf und im Sieg gegen den Satan haben und eines Tages (den) Retter gebären würde (V. 15). Der „Same der Frau“ (griech. „spermatos“/ hebräisch: „sera“) wird den des Bösen überwinden. In den älteren Vulgata-Versionen hieß es: „Inimicitias ponam inter te et mulierem, et semen tuum et semen illius : ipsa conteret caput tuum, et tu insidiaberis calcaneo ejus.“ („Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau, und deinen Samen und ihren Samen: sie wird dein Haupt zertreten und du wirst sie in die Ferse stechen.“). Bekannt ist hier die Diskussion um das „ipsa“, das eine Fehlübersetzung ist. Sowohl im Hebräischen als auch im Griechischen steht hier nicht „sie“, sondern eindeutig „er“ – der Same. Das folgende „eius“ kann sowohl „ihn“ als auch „sie“ heißen. Eine offene Frage bleibt, wie Hieronymus und andere frühe Übersetzer, die ja, wie wir sahen, nicht frauenfreundlich übersetzten, eine so einfache Stelle „falsch“ übersetzen konnten. Sie waren sprachkundiger als wir, und ein Rest Unsicherheit über den „Fehler“ oder das „Missverständnis“ bleibt bestehen.
Daneben aber sagt Gott der Frau, er selbst schwäche sie in ihrer Aufgabe als Mutter leiblich so massiv, dass sie sich der Dominanz des Mannes überantworten und von ihm beherrscht werde (V. 16).
Diese beiden „Mutterrollen“ streben auseinander, lassen die Schizophrenie der Frauenrolle wieder deutlich zutage treten: Das, was der Frau massiv beschnitten und geschwächt wird, wird der Ort sein, an dem der Herr mit ihrer Hilfe und durch sie siegen wird.
Einen Schuldspruch aber verhängt Gott über die Frau immer noch nicht. Ebenso spricht er im Bezug auf ihre Täuschung keinen Fluch aus. Diese Reaktion des Herrn auf den Abfall der Frau weicht auffallend ab von der in mancher Hinsicht parallelen Reaktion auf die Schlange und den Mann.
Dennoch setzt er selbst sie, als Folge ihres Falles, der größten menschlichen, leiblichen und geistigen Zerreißprobe aus, für die jede Geburt, die eine Frau fast zerreißt und sie und das Kind objektiv in größte Todesnähe bringt, wie ein Kreuzes-Symbol im Raum steht.

Die Feindschaft der Schlange zur Frau, und die Herrschaft des Mannes über die Frau korrelieren eigentümlich. Der, der die Frau unter Sünde beherrschen wird, gerät allzu leicht in dieselbe Feindschaft gegen sie, die der Satan zur Frau gesetzt bekommen hat. Auch dies ist ein Hinweis auf den Hintergrund der schizophrenen Situation der Frau, die dem Mann doch andererseits nach wie vor eigenständige „Hilfe“, ja: ein Gotteszeichen sein soll, nicht zuletzt nun auch deswegen, weil sich an ihr der Sieg Gottes über die Schlange anzeigen wird, andererseits die Frau aber die Feindschaft des Satans über das Verhältnis zum Mann besonders hart erfahren wird.
Man kann in frommen Betrachtungen der Jahrhunderte über Genesis 3 immer wieder die Meinung vernehmen, der Vers 16 bedeute, dass die Frau als angeblich „Verführbarere“ ab sofort von Gott unter den „Schutz“ des Mannes gestellt worden sei.
Diese Ansicht ist aus zweierlei Gründen aufgrund des Schrifttextes abwegig und unhaltbar:
Zunächst ist nicht die Rede von „custodire“ (schützen, bewachen), sondern von „dominari“ („beherrschen“/“den Herrn spielen“/“gebieten“). Man sollte also genau am Text und an den Worten bleiben und sie nicht eigenmächtig umdeuten.
Der Mann, der nicht aufgrund der Täuschung, sondern willentlich und bewusst ungehorsam wurde, ist zum zweiten sicher nicht derjenige, der die Kompetenz hätte, die Frau auf einer geistigen Ebene zu „schützen“. Immerhin hat er beim Sündenfall geradezu ein Kardinalversagen bewiesen… Er, der die Hauptverantwortung für den Abfall trägt, ist selbst im natürlichen Zustand aufs höchste gefährdet. Das wäre etwa so einsichtig, als wolle man den Blinden durch einen Blinden führen lassen.
Hinzukommt, dass nirgendwo ein Segen oder Auftrag an den Mann formuliert wird, der diese Dominanz positiv rechtfertigen könnte.
Die Todverfallenheit des Menschen bedeutet für die Frau rein logisch, da sie doch das Leben gebiert und später von Adam „mater cunctorum viventium“ (V. 20) („Mutter aller Lebenden“) genannt wird, dass sie diese ureigenste und größte Gabe der Mutterschaft nicht mehr so ausführen kann wie im sündlosen Zustand und sich eine Todesgrenze eingehandelt hat, die sich in der leiblichen Schwächung beim Gebären und in der Dominanz des Mannes gegenüber der Frau wegen dieser Schwäche und beim Zeugen und Gebären ausdrücken wird. Welche lebensfeindlichen Blüten diese männliche Dominanz getrieben hat, werde ich später ausführlich nachweisen.

e. Adams versteckte Motive zum Sündenfall

Gottes ironischer Satz „Ecce Adam quasi unus ex nobis factus est, sciens bonum et malum… » (V. 22) (« Seht, Adam ist gewissermaßen einer von uns geworden und weiß, was gut und böse ist … ») deutet an, dass sich Adam sehr wohl Evas Verlangen, weise zu werden, selbst zu eigen gemacht haben muss.
Dieser Vers ist aber nun in der Nova Vulgata um ein Wort verändert worden: Da, wo in den älteren Versionen, der Septuaginta und dem hebräischen Text „Adam“ steht, hat man „Adam“ gestrichen und durch „homo“ („Mensch“) ersetzt.
Dafür gibt es nun gar keine Veranlassung, weil sowohl im Hebräischen als auch in der Septuaginta im Kap. 3 der Genesis „Adam“ sogar ausgesprochen häufig genannt und immer als Eigenname des Mannes benutzt wird und die Frau immer als „seine Frau“ bzw. hebräisch „Isscha“ („Männin“), lateinisch „mulier“ („Frau“) oder „uxor“ („Gattin“) oder griechisch „gynaika“ („Frau“) mit einem extra Wort benannt wird. Im Kapitel 2 nennt die Vulgata die Frau „virago“ und ahmt damit das hebräische Wortspiel „Isch-Ischa“ („Mann-Männin“) durch „vir-virago“ nach. Ironie ist dabei, dass die lateinische „virago“ in der klassischen Literatur keineswegs ein schwächliches, dummes „Weibchen“ war, sondern durchweg eine Heldin oder Göttin. Das wusste auch der heilige Hieronymus. Simone Paganini hat darauf hingewiesen, dass das Wort „Isscha“ etymologisch nicht von „Isch“ abgeleitet werden kann, sondern nur frei neben „Isch“ aufgrund der Homophonie gesetzt wird. Das Wort „Isscha“ habe eine andere semitische Wurzel als das Wort „Isch“:

„Und so lässt Gott am Ende seiner Schöpfung einen Tiefschlaf über den ersten Menschen, der das Wort אָדָם ’ādām mittlerweile als Eigenname trägt, fallen und baut aus einer seiner Rippen eine Frau (…). Zunächst wird sie aber als אִשָּׁה ’îššāh „Frau“ bezeichnet und der Begriff wird als Femininform von אִישׁ ’îš „Mann“ verstanden (Gen 2,22-23). Dem entspricht die deutsche Übersetzung „Männin“, doch handelt es sich, da den beiden Begriffen zwei verschiedene semitische Wurzeln zugrunde liegen, um eine philologisch nicht korrekte Volksetymologie. Auffälligerweise fällt der Begriff אִשָּׁה ’îššāh dabei, bevor erstmals von einem אִישׁ ’îš „Mann“ die Rede ist. Der erste Mensch (אָדָם ’ādām) wird damit – obgleich er vor der Frau gewesen ist – erst nach bzw. durch die Erschaffung der Frau (אִשָּׁה ’îššāh) als deren Gegenüber zum Mann (אִישׁ ’îš).“[3]

Die Wurzel von „Isscha“ müsste aufgrund des fehlenden Buchstabens „Jod“ und des doppelten „Schin“ vom Stamm „Essch“ („Feuer“, „Glut“, „Glanz“) kommen. Die Wurzel vom „Isch“ dagegen heißt als Stamm „Mann“, „jemand“ oder „einer“. Subtil gedeutet heißt das, dass selbst die sprachliche Ableitung der Frau aus dem Mann in Wahrheit nur eine spielerische und scheinbare ist.
Am Ende von Kapitel 3 erhält sie dann den Namen „Heva“ („Mutter aller Lebendigen“). Wenn es in Vers 8 etwa heißt, „Adam et uxor ejus“ („Adam und seine Frau“), dann ist doch ganz klar, dass Adam nur den Mann meint!
Aus gar keiner Stelle des ganzen Kapitels geht hervor, dass mit „Adam“ im Kontext der Erzählung Mann und Frau gemeint sein könnten!
Dieser Vers ist ein Beispiel dafür, wie man auch heute das Textstellen-Verständnis manipulieren will und selbst in den Grund- bzw. Urtexten einfach Worte austauscht. Die Nova Vulgata verwischt damit bei allen positiven Korrekturen, dass das Weise-Sein-Wollen tatsächlich auch Adams Anreiz war und nicht nur derjenige Evas. Traditionalistische Erklärungsstereotypen von der angeblichen „Sinnlichkeit“ und „Eitelkeit“ des „Weibes“[4] sind damit gegenstandslos geworden.
Adam wollte weise sein und mit Gott wetteifern – das geht aus Vers 22 deutlich hervor!

f. Nachtrag zum Raub der Brautkrone

Wir kennen Bruchstücke aus der ursprünglichen Stellung der Frau nur noch wie ferne Erinnerungen, die wir lieben und pflegen und, sobald sie zu lebendig werden, ersäufen wie einen Wurf überzähliger Jungtiere….

Im Umfeld der Brautwerbung kennen wir wie selbstverständlich Redewendungen wie „Er betet sie an“ oder „Er kniet vor ihr nieder und warb um ihre Hand“. Die Frauen, in der Unschuld und Blauäugigkeit einen Mann, der sie „auf Händen trägt“ ersehnend, sind sehr oft bald ernüchtert, wenn sie die Ehe eingegangen sind, denn nun trägt sie niemand mehr auf Händen… bald sind sie „mutterseelenallein“… Erst recht machen sie diese Erfahrung, wenn sie sich außerhalb einer Ehe auf Männer einlassen oder gar missbraucht werden. Viele leiden still, ob bewusst oder unbewusst, weiß man oft nicht so recht, andere reden sich die Lage schön und geben der Frau die gesamte Schuld an der Situation und reagieren all ihre eigenen unguten Machtwünsche an anderen Frauen ab und tabuisieren die Problematik des Mannes. Viele hätscheln, wie bereits gesagt, ihre Söhne und treten ihre Töchter. In vielen Fällen sehen sie dem Missbrauch ihrer Töchter in der Familie zu und verteidigen bis zur letzten Konsequenz das kriminelle männliche Versagen. Es sind Frauen, die der Frau noch den endgültigen Fußtritt in Zwang und Sklaverei geben.
Allerdings – und das darf bei aller kritischen Reflexion niemals unterschlagen werden - viele finden dennoch einen guten Mann. In aller Verwundung der Verhältnisse gibt es, der Gefallenheit zum Trotz, dieses Gnadengeschenk in natürlichen und sakramentalen Ehen.
Es gibt viele gute Männer, aber sie sind eher „verborgen“ wie der hl. Joseph, und Reinhold Schneider stellte zu Recht fest, dass es gerade Frauen sind, die diese guten Männer nicht als das erkennen, was sie sind und zielsicher all das am Mann hofieren, was ihnen das Leben schwermachen wird. (Ein umgekehrtes Phänomen wird ebenfalls beklagt.)

Eine erläuternde Bemerkung sei mir noch gestattet:
Man möge meine Ausführungen nicht als Kriegserklärung an den Mann verstehen. Sie sind Analyse und Kontemplation über Schriftworte und empirische Erfahrungen, über tradierte Rechtsverhältnisse in der wirklichen Geschichte der Menschheit, auch der im Abendland und in der Kirche. Im Abendland hat sich vieles verbessert am Los der Frau und des Kindes, aber nicht alles, und in vielem fiel man gerade in der Kirche hinter längst Geheiltes wieder zurück. Der Himmel wird auf Erden nicht erreicht, und in der Kirche geht neben der guten auch eine böse Saat auf, wie uns zahlreiche Textstellen im Neuen Testament, zur Wachsamkeit mahnend, vor Augen halten. Dass sich diese Bosheit als „Mysterium“ (worauf ich im Kapitel II ausführlicher zu sprechen komme) bis zur Heraufkunft des Antichristen mit einem massiven Unkraut-Fruchtstand auf demselben Acker ausbreiten wird, auf den der gute Same gesät wurde, lehrt uns der Herr selbst. Die ungerechte Situation liegt auch rein menschlich betrachtet objektiv vor und darf aus Harmoniesucht nicht ignoriert werden. Diese Ungerechtigkeit hat chaotische Züge. Es wäre ganz falsch, sie anhand weniger Merkmale dingfest machen zu wollen. Das Chaos besteht in der Dekonstruktion der Ordnungen. Diese Dekonstruktion nimmt alle Mittel zur Hand, auch gerechte Mittel am ungerechten Platz – oder ungerechte Mittel, um ein gerechtes bzw. für gerecht gehaltenes Ziel zu erreichen. Man ahnt, wie leicht man, gerade wenn man sich dazu berufen glaubt, „Ordnungen wieder herzustellen“, in Wahrheit dem Chaos dient. Man kann hier nur durch das Charisma der „Unterscheidung der Geister“ (discretio spirituum) vor dem Absturz in die Bosheit bewahrt bleiben. Und darum sei auch mein Gebet dies: Hanc discretionem spirituum da mihi, Domine!


Der Raub der Brautkrone, der sich milliardenfach in der Weltgeschichte an Frauen vollzog, ist Symbol für die versuchte Totalberaubung und Entblößung der Braut Christi. Je mehr sie dem Bräutigam entgegengeht, desto mehr wurde ihr ein geistliches Insignium nach dem anderen genommen und durch irdische Affen- und Spottgewänder ersetzt. Sie hat keine Krone mehr, sie hat das Königsgewand abgeworfen und soll, wie die heilige Agnes, prostitutiert werden.
Ihr wird eine Decke aus goldenen Haaren wachsen, so wie der tapferen Agnes.
Und wenn man sie tötet, wird sie auferstehen.

[1] So sorgte erst vor wenigen Jahren ein Buch mit entsprechenden Thesen aus dem links-grünen Spektrum für Aufmerksamkeit:
Bascha Mika: Die Feigheit der Frauen. Rollenfallen und Geiselmentalität. Eine Streitschrift wider den Selbstbetrug. Bertelsmann, München 2011; Goldmann, München 2012
[4] Robert Mäder: Maria siegt!

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