Fake Heavens IV - "Bestand aus Wasser und durch Wasser": Die Urflut in der Heiligen Schrift
Einer Sicht, wie sie heute üblich
ist, aber ihre Vorbilder und Initiatoren in der außerbiblischen kirchlichen
Tradition hat, die sich an diesem Punkt bewusst der biblischen Überlieferung
verweigerte, möchte ich mich aus Achtung vor der Schriftüberlieferung nicht
anschließen.
Zur allgemeinen Skepsis gegenüber
einer spekulativen, niemals „fertigen“ Wissenschaft kommt, dass eben diese
moderne Astrophysik eine ganze Reihe von Annahmen macht, die mir nicht
plausibel, tautologisch und darum auch nicht gerechtfertigt erscheinen. Ich
schließe mich an dieser Stelle der Haltung von Laktanz aus dem frühen 4. Jh an
(s.u.). Wenn man schon mit Augustinus meint, die Schrift sage uns zu wenig
Gewisses über die Gestalt des Himmels, dann sollte man auch zugestehen, dass
die griechisch-römischen Kosmologien, auch wenn sie viele spekulative Worte
machten, noch viel mehr ohne irgendeinen empirischen Anhaltspunkt auskamen.
Einem generellen Vorbehalt
gegenüber dem Denken und Wissen der Vorzeit möchte ich entgegenhalten, dass
manche Überreste der vorzeitlichen Kulturen uns Fertigkeiten und Kenntnisse offenbaren,
die den antiken, mittelalterlichen und heutigen offensichtlich weit überlegen
und ein Rätsel sind. Es gehört ein gerüttelt Maß an Selbstüberschätzung dazu,
diese Kulturen so herabzustufen und nicht für voll zu nehmen, wie dies in den
neueren kosmologischen Annahmen verborgen liegt.
Ich wähle den Weg, das, was da
überliefert wird, ganz ernst zu nehmen und im Hinblick auf mein Thema zunächst
hinsichtlich der Rekonstruktion des biblisch überlieferten Sachverhaltes zu
befragen.
Die gewichtigste Aussage macht
naturgemäß der erste Schöpfungsbericht. Wir alle kennen die berühmten
Anfangsworte des Alten Testaments (zitiert nach der EÜ) in Genesis 1:
1 Im Anfang schuf
Gott Himmel und Erde;
2 die Erde aber
war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte
über dem Wasser.
3 Gott sprach: Es
werde Licht. Und es wurde Licht.
4 Gott sah, dass
das Licht gut war. Gott schied das Licht von der Finsternis
5 und Gott nannte
das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde
Morgen: erster Tag.
6 Dann sprach Gott:
Ein Gewölbe entstehe mitten im Wasser und scheide Wasser von Wasser.
7 Gott machte
also das Gewölbe und schied das Wasser unterhalb des Gewölbes vom Wasser
oberhalb des Gewölbes. So geschah es
8 und Gott nannte
das Gewölbe Himmel. Es wurde Abend und es wurde Morgen: zweiter Tag.
9 Dann sprach
Gott: Das Wasser unterhalb des Himmels sammle sich an einem Ort, damit das
Trockene sichtbar werde. So geschah es.
10 Das Trockene
nannte Gott Land und das angesammelte Wasser nannte er Meer. Gott sah, dass es gut
war.
11 Dann sprach
Gott: Das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen
tragen, und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem Samen darin.
So geschah es.
12 Das Land
brachte junges Grün hervor, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, alle
Arten von Bäumen, die Früchte bringen mit ihrem Samen darin. Gott sah, dass es
gut war.
13 Es wurde Abend
und es wurde Morgen: dritter Tag.
14 Dann sprach
Gott: Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie
sollen Zeichen sein und zur Bestimmung von Festzeiten, von Tagen und Jahren
dienen;
15 sie sollen
Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten. So geschah es.
16 Gott machte
die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das
kleinere, das über die Nacht herrscht, auch die Sterne.
17 Gott setzte
die Lichter an das Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde hin leuchten,
18 über Tag und
Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es
gut war.
19 Es wurde Abend
und es wurde Morgen: vierter Tag.
In dieser Schöpfungserzählung hat
die Erde Bestand aus und im Wasser. So bestätigt es auch der heilige Petrus, „dass es einst einen Himmel gab und eine
Erde, die durch das Wort Gottes aus Wasser entstand und durch das Wasser
Bestand hatte.“ (2. Petr 3, 5). Im Lateinischen klingt es etwas anders: „… quod cæli erant prius, et terra de
aqua, et per aquam consistens Dei verbo.“ — „… dass vorher die Himmel
waren, und die Erde aus Wasser und durch das Wasser Bestand erhielt durch das
Wort Gottes…“. Das Wort „prius“ meint
hier nicht, dass diese Schöpfung nicht mehr ist, sondern im weiteren
Zusammenhang „vor“ der Sintflut lag.
Aus einem wirren Vorzustand der
Urfluten, über denen Gottes Geist schwebte, schuf Gott „die“ Himmel („caeli“ bzw hebr. „schamajim“) und die Erde. Spontan fragt man, ob diese Himmel
dieselben sind, in denen Gott mit seinen Heerscharen und Gewaltigen wohnt und
ob der Ort Gottes vorher einfach der war, über diesen Urfluten zu „schweben“,
oder ob es noch einen anderen göttlichen Ort gab, den der Mensch sich nicht
vorstellen kann.
Wir finden in diesen Anfangssätzen
der Genesis und im weiteren Verlauf der Kapitel 1 und 2 einige „Doppel- oder
sogar Dreifachbedeutungen“ von Dingen:
1. „Licht“
Am ersten Tag spricht Gott, der
doch selbst Licht ist, wie Johannes sagt, „Fiat
lux!“ — „Es werde Licht!“, aber am vierten Tag erschafft er erst die
Leuchten am Himmel, die uns sichtbares Licht spenden. Und bevor die Gestirne da
sind, lässt er aus der Erde bereits das Gras sprießen. Der erste Tag ist ein
Tag, an dem etwas getrennt wird: das neu erschaffene Licht von der vorhandenen
Finsternis. Drei Arten von „Licht“ stehen im Raum: Gott selbst, der das Licht
in Person ist, das Licht des ersten Tages und die Leuchten des vierten Tages,
die erst den Tag und die Nacht „regieren“. Im Epheserbrief lesen wir, dass
alles, was dem Licht Gottes in Christus standhält und sich zeigt, selbst Licht ist: „Omne
enim, quod manifestatur, lumen est.“ — „Alles Erleuchtete aber ist Licht.“
(Eph 5, 13b)
2. „Himmel“
Die nächste Doppelbedeutung ist die
des Begriffes „Himmel“. Am ersten Tag schafft Gott „die“ Himmel, aber wo war er
bis dahin gewesen? Am zweiten Tag schafft Gott das „firmamentum“, ein festes Gewölbe über der Erde, das die Wasser über
und unter der Erde begrenzt und einen Luftraum ausspart über dem Erdboden, den
er von den Wassern unterhalb des Firmamentes trennt. So ist auch der zweite Tag
ein Tag, an dem etwas getrennt wird: „Wasser von Wasser“ und „Wasser und
Trockenes“. Und obwohl es vom ersten Tag heißt, Gott habe an ihm „die“ Himmel
geschaffen, heißt es am Ende des zweiten Tages, Gott habe das neu geschaffene
Firmament ebenfalls „Himmel“ genannt. Vielleicht kann man aber auch den Schluss
ziehen, dass „die“ Himmel die Sphäre Gottes sind, seine Gefilde, die über dem „firmamentum“ oder „oben“ sind. Die
Himmelsfeste ist dem Menschen Sinnbild und Wegweiser zu den Gefilden Gottes. Wie
sie beschaffen sind, wurde visionär von einigen Propheten des AT und NT und vom
Diakon Stephanus geschaut. Der Apostel Paulus wurde einmal bis in den „dritten
Himmel“ entrückt, in dem er „unaussprechliche Worte“ hörte (2. Kor 12, 1 ff). Und
der sterbende Stephanus sah den Himmel plötzlich offen und Jesus Christus zur
Rechten Gottes stehen (Apg 7, 56) Diese
begnadeten Menschen sahen und hörten etwas, das normalerweise in der
Begrenztheit der Sinne nicht wahrgenommen werden kann, für einige Momente. Ein
Schleier wurde vor ihren Augen gelüftet. Das spricht dafür, dass das
menschliche Bewusstsein für weit mehr ausgelegt wäre als wir ahnen.
3. „Wasser“
Mehrdeutig ist auch das „Wasser“:
Es gibt „t’hom“, die „abyssos“, die große Tiefe, die
„Urflut“, und „Wasser“ („hamajim“, „aqua“),
das Gott im befriedeten Erdkreis „Meer“ nennt. Vom ungenießbaren, stehenden
Meerwasser wird lebendiges, frisches, fließendes Wasser unterschieden.
Die Erde war zunächst „Tohuwabuhu“ (wüst und wirr) und von
„den“ Wassern bedeckt, der „Urflut“ (hebr „t’hom“),
die mit „Finsternis“ verbunden ist. Der Geist Gottes (hebr. „ruach elohim“) „schwebte“ über „den“
Wassern (hebr. „hamajim“).
Aus dieser Urflut, diesen enormen
Wassermassen, schuf Gott die Erde. Die Himmel scheinen zuerst gewesen zu sein.
Die Beschreibung aus der Genesis, die ich zitiert habe, lässt folgenden Sachverhalt
entstehen:
Gott erschafft eine Art „Luftblase“
in den Wassern. Es ist ein Gewölbe mit einem Grund, der zunächst aus
überfluteter Erde besteht, oder einem Wasserschlamm, und einem Firmament, also
einer Himmelsfeste, die die Wasser davon abhält, in diese „Luftblase“
hineinzufließen. Dieses Firmament trennt uns nicht nur von der Urflut oberhalb
der Erde, sondern auch von „den“ Himmeln, in denen Gott, späteren Texten des AT
gemäß, seinen Regierungssitz hat. Gott
gebietet dem Wasser, das den Grund der Blase noch bedeckt, sich von dem festen
Erdigen zurückzuziehen, damit die Erde als „Trockenes“ Bestand haben kann. Der
Grund der Erde besteht aus Land und Urfluten-Wasser, das Gott „Meer“ nennt.
Unter dem Erdboden sind ebenfalls Wasser. Aus ihnen speisen sich die Flüsse als
„geklärtes“ Wasser und zugleich das wilde, ungeläuterte Meer.
Aus den trockenen Bestandteilen der
Urflut, die Gott als „Land“ oder „Erde“ (hebr. „adama“) bezeichnete, schuf er am Schluss Adam und aus dessen
bereits geformter Substanz schuf er Eva.
Vom Garten Eden ging ursprünglich
ein Hauptstrom aus, um die Erde mit „gutem“, „geläutertem“, „lebendigem“ Wasser
zu bewässern, und teilte sich in vier große Flüsse, deren Geografie uns in Gen
2, 10 ff genau beschrieben wird. Dass wir sie dem, was wir heute kennen, nicht
mehr genau zuordnen können, liegt daran, dass die Erde, das Land nach der
Sintflut zur Zeit des Urururenkels Noachs „geteilt“
(Gen 10, 25), vermutlich als die eine Landmasse auseinandergerissen und im
ungeläuterten Meer verteilt wurde.
Die Erzählung von der Sintflut in
Gen 7 erklärt den Vorgang dieses Weltuntergangs aus der Beschreibung der
Schöpfung in Gen 1:
„11
(b) An diesem Tag brachen alle Quellen der gewaltigen Urflut auf und die
Schleusen des Himmels öffneten sich.
12 Der Regen ergoss
sich vierzig Tage und vierzig Nächte lang auf die Erde.“
„T’hom“
, die „Urflut“, die „Abyssi“ brachen also auf und entließen
ungeheure Wassermassen nach oben auf den Erdboden und füllten die Erde wie eine
Wanne „fünfzehn Ellen über die Berge
hinaus“ (V 15). Von oben regneten die Wassermassen über dem Firmament in
die Erde hinein, und von unten brach die Urflut für 40 Tage ungebremst nach
oben. Insgesamt also ein Szenario, das auf einer „Erdkugel mit Atmosphäre und
umgebendem Hochvakuum“ schwer vorstellbar sein dürfte. Das ging so lange, bis
Gott die „Schleusen“ wieder verschloss:
„2 Die
Quellen der Urflut und die Schleusen des Himmels schlossen sich; der
Regen vom Himmel ließ nach
3 und
das Wasser verlief sich allmählich von der Erde.“ (Gen 8)
Im AT wird 36mal Bezug genommen auf
die Urflut, etwa in der Erzählung vom Auszug aus Ägypten, als die Rosse und
Streitwagen des Pharaos im Schilfmeer versanken, während die Hebräer trockenen
Fußes durch das Rote Meer wandern konnten, das ihnen eine Gasse freigab auf
Geheiß Gottes. Die Kraft des Schöpfers, Trockenes und Feuchtes zu scheiden,
scheint hier auf. In V 5 taucht die „Urflut“ wieder auf:
„4 Pharaos Wagen und seine Streitmacht warf er
ins Meer. Seine besten Kämpfer versanken im Schilfmeer.
5 Fluten
deckten sie zu, sie sanken in die Tiefe wie Steine.
6 Deine
Rechte, Herr, ist herrlich an Stärke; deine Rechte, Herr, zerschmettert den
Feind.
7 In
deiner erhabenen Größe wirfst du die Gegner zu Boden. Du sendest deinen Zorn;
er frisst sie wie Stoppeln.
8 Du
schnaubtest vor Zorn, da türmte sich Wasser, da standen Wogen als Wall, Fluten
erstarrten im Herzen des Meeres. (Ex 15, 8)
Berühmt auch die Geschichte von
Jona, dem Propheten, der nicht prophezeien, und über das Meer vor seinem
Auftrag fliehen wollte, und am Ende von seinen Schiffsgenossen, die im Toben
der Fluten ein Gericht Gottes über einen der Reisenden erkannten, ins Meer
geworfen wurde, um dessen Aufruhr zu beruhigen (Jon 2):
„3 In meiner Not rief ich zum
Herrn und er erhörte mich. Aus der Tiefe der Unterwelt schrie ich um Hilfe und
du hörtest mein Rufen.
4 Du
hast mich in die Tiefe geworfen, in das Herz der Meere; mich umschlossen die
Fluten, all deine Wellen und Wogen schlugen über mir zusammen.
5 Ich
dachte: Ich bin aus deiner Nähe verstoßen. Wie kann ich deinen heiligen Tempel
wieder erblicken?
6 Das
Wasser reichte mir bis an die Kehle, die Urflut umschloss mich;
Schilfgras umschlang meinen Kopf.
7 Bis zu den Wurzeln
der Berge, tief in die Erde kam ich hinab; ihre Riegel schlossen mich ein für
immer. Doch du holtest mich lebendig aus dem Grab herauf, Herr, mein Gott.“
In einem Gebet des Propheten
Habakuk wird ebenfalls Bezug genommen auf diese Beschaffenheit der Erde und
vermutlich den Vorgang der Sintflut (Hab 3):
„9 (b) Du spaltest die Erde und es brechen
Ströme hervor.
10 dich
sehen die Berge und zittern, tosender Regen prasselt nieder; die Urflut
brüllt auf und reckt ihre Hände empor.“
Und der Psalmist (Ps 77) erinnert
sich der Großtaten Gottes, indem er ihn
preist als den Herrn der Urflut, der die Sintflut über alles Fleisch
kommen ließ:
„17 Die
Wasser sahen dich, Gott, die Wasser sahen dich und bebten. Die Tiefen des
Meeres tobten.
18 Die
Wolken gossen ihr Wasser aus, das Gewölk ließ die Stimme dröhnen, auch deine
Pfeile flogen dahin.
19 Dröhnend
rollte dein Donner, Blitze erhellten den Erdkreis, die Erde bebte und wankte.
20 Durch
das Meer ging dein Weg, dein Pfad durch gewaltige Wasser, doch niemand sah
deine Spuren.“
Gott fragt den klagenden Job
herausfordernd (Job 38):
„16 Bist
du zu den Quellen des Meeres gekommen, hast du des Urgrunds Tiefe
durchwandert?(…)
30 Wie
Stein erstarren die Wasser und wird fest die Fläche der Flut.
Und im Weisheitslied wird gesungen
(Job 28):
„12 Die
Weisheit aber, wo ist sie zu finden und wo ist der Ort der Einsicht?
13 Kein
Mensch kennt die Schicht, in der sie liegt; sie findet sich nicht in der
Lebenden Land.
14 Die
Urflut sagt: Bei mir ist sie nicht. Der Ozean sagt: Bei mir weilt sie
nicht.“
In den Weherufen über Tyrus (Ez 26)
heißt es:
„19 Denn
so spricht Gott, der Herr: Ich mache dich zur verwüsteten Stadt; dann wirst du
wie die Städte sein, die nicht mehr bewohnt sind. Die Urflut lasse ich
steigen, sodass gewaltige Wassermassen dich zudecken.“
Traditionell sind die „Städte, die nicht mehr bewohnt sind“,
Sodom und Gomorrha. Wo sie einst waren, lag das „Tal Siddim, das heute Salzmeer heißt“ (Gen 14, 3). Dieses Tal war „voller Erdpechgruben“ (Gen 14, 10), in
die die bösartigen Könige von Sodom und Gomorrha hineinfielen.
Es gibt sie noch als versunkene
Orte. Wo sie einst waren, befindet sich das „Tote Meer“. Sein Wasserspiegel
liegt ca. 400m unter dem normalen Meeresspiegel. In seinen Tiefen haben viele
schon versteinerte Bäume, Gebäude und Ruinen gesehen und bezeugt.[1]
Das „mare mortuum“ („Totes Meer“)
oder hebr. „Jam hamelach“ („Salzmeer“)
kann man als ein Mahnmal und abgesenktes Tor der lebensfeindlichen Urfluten
ansehen. In der Antike nannte man dieses Meer auch „Asphalt-Meer“. Der Salzgehalt liegt teilweise bei 33%, während er
bei den Ozeanen nur bei 3% liegt. Alles Meeres-Salzwasser ist für den Menschen
ungenießbar. Das Tote Meer verdeutlicht diese Tatsache durch ein Extrem. Es ist
kein lebendiges Wasser, dessen Genuss Leib und Seele zu beleben vermag. Das
Tote Meer ist eine Pforte des „t’hom“.
In den Weherufen über Ägypten spricht
Gott (Ez 31) auch einen Fluch aus, der den totalen Wasserentzug und das
Vertrocknen und Verwüsten bedeutet. Aus dem „t’hom“
generiert Gott geläuterte und lebendige Wasser, die durch die Sünde aber
versiegen können:
„15 So
spricht Gott, der Herr: Wenn die Zeder in die Unterwelt stürzt, dann lasse ich
die Flut in der Tiefe versiegen, ich decke sie zu; ich halte ihre Ströme
zurück, sodass der Reichtum an Wasser versiegt.“
Dieser Befund ist zunächst, was den
Bestand der Erde aus und im Wasser betrifft, eindeutig. Himmel und Erde sind
insgesamt umgeben von den Urfluten. Aber die Urflut schwappt auch hinein oder
hinauf auf die Erde. Und alles, was auf der Erde ist, wurde aus Bestandteilen
dieser Urflut geschaffen. Gott hat schon begonnen, aus ihr segensreiches,
lebendiges Wasser zu generieren. Aber das Wasser kann immer wieder zurückfallen
in eine negative, chaotische Programmierung oder besser „De-Programmierung“ in
diesem Äon. Gott hat aus der Nicht-Ordnung, dem „t’hom“ heraus Ordnungen geschaffen. Im „t’hom“ ist keine Weisheit,
heißt es im Buch Job (s.o.). Es bleibt im Geheimnis, warum das so ist und was
es uns andeutet. Das Ziel aber wird sein, dass dieses „t’hom“ „nicht mehr sein
wird“ (s.u.). Man kann daraus den
Eindruck gewinnen, Gott habe den Menschen von Anfang an in einen Erlösungsplan
gestellt, der eine weit größere Dimension hat als nur den Sündenfall des
Menschen selbst.
Das heißt hinsichtlich der
Kosmologie:
Um uns herum ist kein „Vakuum“, in
dem andere Gestirne Lichtjahre entfernt herumkreisen, sondern um unsere
Schöpfung herum ist die Urflut. Die Gestirne sind, wie ich es aus Gen 1 zitiert
habe, von Gott ans Firmament gesetzt und
„Lichter“ oder „Leuchten“. Hebräisch heißen sie „me’orot“. Das bedeutet „Leuchtkörper“. Sie leuchten demnach alle
selbst und keiner ist, wie man es so oft behauptet, „Reflektor“ eines anderen. Der
hebräische Begriff schließt förmlich aus, dass es sich um Reflektoren handeln
könnte. Die oft für einen einzigen Leuchtkörper verwendete Pluralform weist
darauf hin, dass es sich um einen Körper handelt, der in sich mehrfältig
leuchtet. Wie genau sie leuchten, nach welcher „Technik“, wird uns aber hier nicht
weiter ausgeführt.
Diese Ordnung wollten die Menschen
vor der Sintflut auch nicht glauben. Sie verlachten Noach und anschließend
nützte ihnen der kollektive Spott nichts — alle gingen sie unter und vergingen,
als das Wasser, das sie nicht für möglich gehalten hatten, von unten und oben
über sie kam. Die Überlieferung, die viele Christen kennen, nach der Sintflut
hätten sich Meere vertieft und Berge erhoben, kann man auch in Bezug setzen
dazu, dass diese Schlammflut wesentlich mehr „trockene Partikel“ aus dem
Schlamm in die Erde hineingespült hat, aber zugleich nach unten in die Tiefen
hinein weggebrochen sein könnte.
Nach der großen Flut sagte Gott
nach dem Bericht der Genesis (9, 11 ff):
„11 Ich
habe meinen Bund mit euch geschlossen: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch
vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und
die Erde verderben.
12 Und
Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und
euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen:
13 Meinen
Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und
der Erde.
14 Balle
ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken,
15 dann
gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen,
allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die
alle Wesen aus Fleisch vernichtet.“
Gott verspricht allen Wesen, die
durch Wasser vergehen können, dass er nicht noch einmal durch eine solche
Entfesselung der Urfluten alles Leben vernichten will. Das Bundeszeichen, der
Regenbogen, steht nach wie vor in den Wolken — es hat sich demnach die
Beschaffenheit von Himmel und Erde grundsätzlich und die Urflut nicht geändert,
andernfalls könnte Gott den Regenbogen ja nun weglassen.
Die Gründe für die Sintflut lagen
in einer Vermischung der Engel mit dem Menschen, die ungeheure Sünde und Gewalt
nach sich zog, um deretwillen der Bestand der Menschheit sowohl genetisch als
auch im Sinne eines Lebens in Frieden gefährdet war. Auch die Beziehung
zwischen Tier und Mensch müssen von Grausamkeit geprägt gewesen sein. Gott
droht den Tieren nach der Sintflut an, dass sie in Schrecken vor dem Menschen
leben müssten, für jeden Mord an einem Menschen ebenfalls geradestehen müssen
im Gericht und vom Menschen gegessen werden dürfen mit Ausnahme des Blutes. Den
Blutgenuss hat Gott ausdrücklich für die gesamte Menschheit nach der Sintflut
verboten (Gen 9). Dieses Urgebot hat die frühe Kirche ausdrücklich auf dem
ersten Apostelkonzil noch einmal auch für alle Heidenchristen bestätigt (Apg
15, 20). Die mittelalterliche Kirche meinte, die habe das Recht, dieses Urgebot
aufzuheben, obwohl es von den Kirchenvätern (Justin der Märtyrer, Clemens von
Alexandrien, Tertullian, Cyrill von Jerusalem, Cassian, um nur einige zu
nennen) als allgemeines und absolutes Gottesgebot angesehen worden (selbst noch
Papst Calixtus II. wiederholte den Verbot des Blutgenusses 1120 für die ganze
Kirche!) und bis zum Beginn der Scholastik in der weströmischen Kirche auch auf
mehreren Konzilien bestätigt worden war. Die orthodoxen Kirchen halten daran
bis heute fest und einige evangelikale Gruppen.[2]
Im Blut, so lehrt das AT, sei „das Leben“. Das Leben gehört nur Gott allein.
Wer das Leben eines anderen Wesens aus Fleisch säuft, vergeht sich an Gott
selbst. Das Blut gemahnt an die Urflut und die Beschaffenheit der Fleischwesen
aus Wasser und trockenen Bestandteilen, die Gott lebendig gemacht hat. Das
Urverbot des Blutgenusses hat einen tiefen Sinn und Zusammenhang mit der
Urflut, dem Odem Gottes und der Schöpfung des Fleisches aus dem Wasser.
Der Bestand der Urflut im kosmologischen
Heilskontext wird an einem kultischen Detail im salomonischen Tempel sichtbar:
Im Tempel wird ein „Meer“ als Kultgegenstand genutzt, ein Sinnbild der
Urfluten. Im 2. Chronikbuch heißt es in Kapitel 4:
„2 Dann
machte er das «Meer». Es wurde aus Bronze gegossen, maß zehn Ellen von einem
Rand zum andern, war völlig rund und fünf Ellen hoch. Eine Schnur von dreißig
Ellen konnte es rings umspannen.
3 Unterhalb
seines Rands waren rundum Bilder von Rindern. In einem Band von dreißig Ellen
Länge umsäumten sie das Meer ringsum in zwei Reihen. Sie wurden bei seinem Guss
mitgegossen.
4 Das
Meer stand auf zwölf Rindern. Von ihnen schauten drei nach Norden, drei nach
Westen, drei nach Süden und drei nach Osten. Das Meer ruhte oben auf den
Rindern. Ihre Hinterteile waren nach innen gekehrt.
5 Die
Wand des Meeres war eine Handbreit dick. Sein Rand war wie der Rand eines
Bechers geformt, einer Lilienblüte gleich. Es fasste dreitausend Bat.
6 Auch
machte er zehn Kessel, von denen er fünf an die Südseite und fünf an die
Nordseite brachte. Sie dienten für die Waschungen; was zum Brandopfer gehörte,
sollte man in ihnen abspülen. Das Meer war für die Waschungen der Priester
bestimmt. (…)
10 Das
Meer stellte er an die Südseite des Hauses gegen Südosten. (…)“
Der Ort des „Meeres“ erhält später
einen genaueren Sinn, ebenso auch seine Funktion für kultische Reinigungen der
Opfergeräte und der Opferpriester (s.u.).
Die protestantische Theologin
Michaela Bauks schreibt dazu:
„Das
Urmeer spielt nicht nur beim Weltbeginn, sondern auch im Zuge des Nachdenkens
über die Endzeit (…) eine wichtige Rolle. In der Jesaja-Apokalypse
findet sich der mit dem ugaritischen Text KTU I 1.5 1ff. verwandte Text Jes
27,1. An einem von JHWH erwählten Tag treten Meer und Chaosdrachen als Feinde
Gottes auf, die sich Gottes Herrschaft ergebnislos entgegen stellen, woraufhin
eine neue Ära folgt (vgl. Dan 7,1-14; Apk 13,1), in der es das Urmeer in
neutestamentlicher Vorstellung nach der erwarteten Neuschöpfung von Himmel und
Erde nicht mehr geben wird (Apk 21,1). In Sach 14,6-9 ist die Chaosmotivik
verkehrt, indem nämlich hoffnungsvoll davon die Rede ist, dass am Tag JHWHs
lebendiges Wasser aus Jerusalem fließen wird (der segensstiftende Charakter der
תְּהוֹם təhôm
findet sich auch in Gen 49,25).“[3]
Die Wendung, dass aus dieser
chaotischen Urflut, dem „t’hom“ auch
Segen erwachsen soll, findet sich als Motiv im AT vom „lebendigen Wasser“ oder
„frischen Wasser“, von entspringenden Quellen und Flüssen in Gärten und am
Tempel Gottes, aber auch im „Gerettetwerden aus dem Wasser“ und im NT in der
Taufe wieder. In der rabbinischen Interpretation steht die Urflut, wie sie im
AT gezeichnet wird, für die Gottfeindlichkeit und das Chaos, im letzten Ende
für das Böse. In den zitierten Schriftstellen in diesem Text steht das Urwasser
oder Meer Gott entgegen und muss von ihm gebändigt werden. Es ist
Nicht-Ordnung, Nicht-Schöpfung, wird von Gott begrenzt und von der Schöpfung
zurückgehalten, versucht aber immer wieder in ihr dann aufzubegehren, wenn
Menschen sich von den Ordnungen Gottes entfernen. Die Sünde des Menschen löst
unmittelbar die Schöpfungsordnung auf bzw „zerstört die Natur“ (wie man heute
sagen würde). Als ein heftiger Wind Jesus und die Jünger auf dem See in den
Aufruhr der Wasser geraten ließ und ihr Boot bereits unter Wasser stand und
Jesus immer noch schlief, als sei nichts geschehen, erhob sich Jesus zuletzt
doch aus dem Schlaf und gebot dem Aufruhr, und die verstörten Jünger fragten: „Was ist das für ein Mensch, dass sogar die
Winde und das Wasser seinem Befehl gehorchen?“ (Lk 8, 25) Eine Bevölkerung
von Orten, die sich gegen die Ordnungen Gottes stellt, kann auch nach der
Sintflut mit einer Flutung durch das „t’hom“
rechnen, wie uns der Untergang Sodoms und Gomorrhas und die Weherufe über Tyrus
gezeigt haben. Der Zusammenhang scheint in der Vorzeit allen Menschen bekannt
gewesen zu sein. Auch die heidnische Mythologie kennt Mythen von versunkenen
Städten („Atlantis“). Das christliche Abendland kennt sogar Mythen von
versunkenen Kathedralen.[4]
Der buchstäbliche „Untergang“ von Städten und Kulturen gemahnt uns auch in der
deutschen Sprache noch an die Sicht unserer Vorfahren auf das, was dabei
geschieht: etwas versinkt im Meer, im Abgrund und wird nicht mehr gesehen.
In der jüdischen Tradition ist die
Urflut Brackwasser, durchsetzt von lebensfeindlichen Partikeln, Schlammwasser,
Salzwasser, ungenießbar und lebensfeindlich. Von größter symbolischer Bedeutung
daher, dass die Israeliten durch ein solches Chaosmeer („Schilfmeer“) aufgrund
des Befehls Gottes über den Fluten trockenen Fußes hindurch schreiten konnten,
gleich danach aber erlebten, wie die Fluten ihre Macht zurückeroberten und die
Ägypter verschlangen. Auf einem Schilfrohr reicht man dem sterbenden Jesus
später ungenießbare Flüssigkeit, als ihn dürstet — welch eine tiefe Symbolik
steckt in diesem einen Detail!
Die rabbinische Literatur stellt
dem Brackwasser des „t’hom“ das
„lebendige Wasser“ gegenüber, das den Durst der Lebendigen stillen kann und
identisch mit dem „Wort Gottes“ ist.[5]
Es gibt so etwas wie geläutertes oder geklärtes Wasser, geheiligtes Wasser.
Symbolhaft scheint auch die Scheidung von sterblichen Blutpartikeln und Wasser
aus der Seite Jesu am Kreuz auf, und der Gesang „Vidi aquam (egredientem de templo a latere dextro…)“ („Ich sah Wasser
(hervortreten aus dem Tempel von der rechten Seite…)“), der in der
Osterzeit gesungen wird und die Visionen in Ez 47 aufgreift, weist auf das
lebendige Wasser hin, das aus der Urflut geläutert wird. Ezechiel sah unter der
Tempelschwelle lebendiges Wasser hervorfließen, etwa da, wo im salomonischen
Tempel das „Meer“ stand:
„1 Dann führte er mich zum Eingang des
Tempels zurück und ich sah, wie unter der Tempelschwelle Wasser hervorströmte
und nach Osten floss; denn die vordere Seite des Tempels schaute nach Osten.
Das Wasser floss unterhalb der rechten Seite des Tempels herab, südlich vom
Altar.
2 Dann
führte er mich durch das Nordtor hinaus und ließ mich außen herum zum äußeren
Osttor gehen. Und ich sah das Wasser an der Südseite hervorrieseln.
3 Der
Mann ging nach Osten hinaus, mit der Messschnur in der Hand, maß tausend Ellen
ab und ließ mich durch das Wasser gehen; das Wasser reichte mir bis an die
Knöchel.
4 Dann
maß er wieder tausend Ellen ab und ließ mich durch das Wasser gehen; das Wasser
reichte mir bis zu den Knien. Darauf maß er wieder tausend Ellen ab und ließ
mich hindurchgehen; das Wasser ging mir bis an die Hüften.
5 Und
er maß noch einmal tausend Ellen ab. Da war es ein Fluss, den ich nicht mehr
durchschreiten konnte; denn das Wasser war tief, ein Wasser, durch das man
schwimmen musste, ein Fluss, den man nicht mehr durchschreiten konnte.
6 Dann
fragte er mich: Hast du es gesehen, Menschensohn? Darauf führte er mich zurück,
am Ufer des Flusses entlang.
7 Als
ich zurückging, sah ich an beiden Ufern des Flusses sehr viele Bäume.
8 Er
sagte zu mir: Dieses Wasser fließt in den östlichen Bezirk, es strömt in die
Araba hinab und läuft in das Meer, in das Meer mit dem salzigen Wasser. So wird
das salzige Wasser gesund.
9 Wohin
der Fluss gelangt, da werden alle Lebewesen, alles, was sich regt, leben können
und sehr viele Fische wird es geben. Weil dieses Wasser dort hinkommt, werden
(die Fluten) gesund; wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben.“
In Johannes 7 identifiziert Jesus
das geläuterte Wasser mit dem Heiligen Geist. Jeder, der von seinem Wasser
trinkt, wird selbst zu einer nie versiegenden Quelle lebendigen Wassers:
„37b
Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke,
38 wer
an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von
lebendigem Wasser fließen.
39 Damit
meinte er den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben; denn der
Geist war noch nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.“
In der Episode am Jakobsbrunnen
sagt Jesus zu einer samaritanischen Frau die überaus berührenden und
unsterblichen, mit der vorigen Stelle übereinstimmenden Sätze:
„10
Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir
sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir
lebendiges Wasser gegeben.
11
„Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief;
woher hast du also das lebendige Wasser?
12 Bist
du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst
daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden?
13 Jesus
antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen;
14 wer
aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst
haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden
Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.
15 Spricht
die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit mich nicht dürstet und ich
nicht herkommen muss, um zu schöpfen!“ (Joh 4)
Gott rettet seine Getreuen aus dem
Toben der Urfluten — ob Noach, den er aus der Sintflut rettet und zum neuen
Stammvater aller Menschen macht, ob es Mose ist, den er aus dem Nil retten
lässt (Ex 2, 3) mithilfe einer kleinen Mini-Arche, die seine Mutter Jochebed
aus Schilfrohr flocht und am Ende verpichte und dabei Gott nachahmte, der einst
selbst die große Arche hinter Noach zuschloss (Gen 7, 16), und dessen Name, den
ihm die Tochter des Pharaos gibt, laut Schriftwort heißt „Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen“ (V 10), Mose also, der später
auf dem Sinai das Gesetz empfangen würde, oder ob es Jona ist (s.o.), oder ob
es Job ist, dem sein Freund Eliphas schlimme Sünden unterstellt und dem von
trockenen Geschwüren geplagten Mann vor Augen hält:
„10
Deswegen liegen Fallstricke rings um dich her und jäher Schrecken ängstigt dich
11 oder
Dunkel, worin du nicht siehst, und Wasserflut, die dich bedeckt.“
(Job 22)
In Ps 28 (29), 3 lobt David den
Herrn folgendermaßen:
„Vox Domini super aquas ;
Deus majestatis intonuit ; Dominus super aquas multas. (…) Dominus
diluvium inhabitare facit, et sedebit Dominus rex in æternum.“ — „Die
Stimme des Herrn klingt über den Wassern ; der Gott der Herrlichkeit
donnert; der Herr über gewaltige Wasser. (…) Der Herr wohnte über der Sintflut,
und der Herr thront als König in Ewigkeit.“
Das „diluvium“, hebräisch „mabul“,
bedeutet die „große Flut“, die Sintflut. „Mabul“
hängt etymologisch mit „b’lal“
zusammen, dem Verb für „vermischen/verwirren“. „Mabul“ knüpft auch an das „Tohuwabohu“
des Anfangs an, die „Wirrsal“ (wie Buber sie nennt). Die Wasser, das „t’hom“, bedeutet Verwirrung und
Vermischung. Schöpfung aber bedeutete, wie wir bereits sahen: trennen, ordnen.
Der Herr ist trotz allem König über das Verwirrte und Vermischte, über das
Durcheinander und Chaos.
Zuletzt sehen wir Jesus über das
Wasser gehen, und der ängstliche, kleingläubige Petrus, der es ihm nachmachen
könnte, versinkt in den Fluten, eben weil er nicht glaubt (Mk 6, 45 ff).
Die Taufe knüpft an all diese
Bedeutungen an: sie ist Rettung aus der Flut und zugleich Läuterung von dieser
Flut, sie führt zum frischen Wasser Jesu und macht den Getauften zum Empfänger
des Heiligen Geistes und infolgedessen zum Quell lebendigen Wassers. Er ist
eine erneute Schöpfung aus dem durch den Heiligen Geist lebendig
„programmierten“ Wasser.
Am Ende der Zeiten wird das „Tier“,
der Antichrist, „aus dem Meer aufsteigen“
(Apk 13, 1). Wenn der Satan und die Seinen überwunden sind, wird es das Meer
nicht mehr geben:
„Das
Meer ist nicht mehr.“ (Apk 21, 1)
Im nächtlichen Dialog mit dem
Pharisäer Nikodemus sagt Jesus den geheimnisvollen Satz:
„Amen,
amen dico tibi, nisi quis renatus fuerit ex aqua, et Spiritu Sancto, non potest
introire in regnum Dei.“ — „Wahrlich, ich sage dir : wenn einer nicht
wiedergeboren wird aus Wasser und dem Heiligen Geist, kann er nicht ins Reich
Gottes eintreten.“
Aus dem Wasser als Chaos-Element,
das durch den Geist geordnet und zurückgewiesen wird, muss der Mensch, der wie
die ganze Schöpfung aus dem Wasser geschaffen wurde, wiedergeboren werden.
Jede Taufe ist eine
Neuprogrammierung der Urflut und Begrenzung ihrer chaotischen Macht.
Das Wasser spielt ganz eindeutig
eine gewaltige kosmologische und heilsgeschichtliche Rolle. Mit dem derzeit
gängigen und auch von der Kirche vertretenen Weltbild wird diese Rolle jedoch
so sehr verfehlt, dass wir uns in extreme Verrenkungen versteigen müssen, um
all jene Schriftstellen überhaupt noch irgendwie „einordnen“ zu können.
Insbesondere die Taufe hat im Grunde ihren tiefen und existentiellen Sinn durch
das falsche Weltbild in der Kirche verloren. Wie so vieles hat sie keinen
handgreiflichen Sinn mehr und wer nicht oberflächlich ist, mag sich einem
oberflächlichen Sinn nicht anschließen und lässt seine Kinder gleich gar nicht
mehr taufen. Die Einengung des Verständnisses auf ein „Reinigungsbad“ in einem
moralistischen Sinn, erscheint den meisten Menschen mit Recht unannehmbar.
Mit der „kopernikanischen Wende“
ist uns das Verständnis für das, was die Kirche glaubt, immer mehr
weggebrochen, und der mittelalterliche, nachträglich zur „zweiten Heiligen
Schrift“ aufgebaute Thomas von Aquin hat dafür das „grüne Licht“ gegeben.
Versuche, das „moderne wissenschaftliche Weltbild“ mit der tradierten
Kosmologie zu versöhnen, obwohl letztere in der katholischen Kirche seit
mindestens 1000 Jahren bereits stark in Frage gestellt ist, haben zu grandiosen
philosophischen Leistungen geführt, die in der Kirche zunächst misstrauisch
beäugt, aber sehr schnell rehabilitiert worden sind. Zentrales Beispiel dafür
ist das Werk Teilhard de Chardins SJ, das vor allem von Spezialisten eingehender
rezipiert wird. Ob ein solcher Versuch mit seinem gewaltigen Verfremdungsstoff
wirklich dem Glauben dient, kann man angesichts der Verwüstungen in der Kirche
mit Recht bezweifeln. Es hat neben vielem ähnlichen dazu beigetragen, den
Glauben zu demontieren, die Menschen zu überfordern und zu verwirren, konnte
aber nichts Stabiles aufrichten.
Wer das Glaubensgut einer
jeweiligen wissenschaftlichen Mode unterwirft, nur um die Zeitgenossen nicht zu
provozieren oder sich selbst nicht dem Spott auszusetzen, der darf sich nicht
wundern, wenn der Glaube verloren geht und quasi „in den Urfluten versinkt“.
Hätte Noach so argumentiert wie Thomas von Aquin an dieser Stelle (vgl. Fake Heavens
III), wäre er nicht in der Arche gerettet worden.
[1] Sodom
und Gomorrha. Suche unter Wasser. In: Der Spiegel, Ausgabe vom 20.4.1960.
Online hier: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43065475.html
(30.9.2017)
[2]
Darüber berichtet knapp Gen 6, 1ff. Ausführlicher finden wir dazu Berichte in
den ersten Kapiteln des äthiopischen Henochbuchs. Zum Verbot des Blutgenusses
eine Zusammenfassung hier: https://hausgemeinde.files.wordpress.com/2016/03/gilt-das-blutverbot-immer-noch.pdf
[3]
Michaela Bauks: Urmeer. Erstellt 2010. Permalink: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/33915/
[4]
Claude Debussys Klavierstück „La Cathédrale engloutie“ (Die versunkene
Kathedrale) geht auf einen bretonischen Mythos von der versunkenen Stadt Ker Ys
zurück, die bei Douarnenez gelegen haben soll und bei der ein christlicher
König seine Tochter dem Aufruhr der Fluten geopfert haben soll — allerdings
ohne dauerhaften Erfolg.
[5] Dazu
eine lesenswerte Studie von Karl-Heinrich Ostmeyer: Taufe und Typos: Elemente
und Theologien der Tauftypologien in 1. Korinther 10 und 1. Petrus 3. Tübingen
2000 , S. 72ff
Urflut und Chaosmaterie!
AntwortenLöschenIm Anfang schuf Gott Himmel und Erde;
die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut.
Wie konnte das geschehen? Musste Gott erst üben? Wusste er noch nicht, wie man eine richtige Welt erschafft?
Auf den Gedanken könnte man kommen, wenn man Gott als Verursacher des Chaos ansieht, was sich aber mit seiner unendlichen Vollkommenheit nicht verträgt. Also muss jemand anderes das Chaos angerichtet haben.
Wie geoffenbart, hat Gott zuerst die Engelwelt erschaffen. Wir wissen zwar nicht, wie diese beschaffen war, allerdings wohl wesentlich gewaltiger als die Menschenwelt.
Wie ich bereits in unserem letzten Diskurs sagte, ist geistigen Substanzen die Fähigkeit zur Materialisierung inhärent.
Ich gehe davon aus, dass ein grosser Teil der Engel diese Fähigkeit missbraucht und kraft ihrer Materialisierung Unzucht getrieben hat.
Dadurch haben sie das saubere klare Wasser (Sinnbild des Lebens und der Gnade) in schmutziges Brackwasser (Sinnbild der Sünde) verwandelt und die Materie in Chaosmaterie.
Die Urflut kann man also als Sintflut der bösen Engel verstehen, von diesen durch ihre böse Gesinnung selbst ausgelöst. Weil sie die Materie über Gott gestellt und dadurch die Ordnung umgekehrt haben, sind sie jetzt für immer an die Materie gebunden, weswegen sie keine reinen, sondern unreine Geister sind.
Der Schöpfungsbericht der Genesis setzt ein inmitten des Chaos, dass die bösen Engel angerichtet haben. Gott verwandelt nun das Böse in Gutes, was ein Grundprinzip des göttlichen Wirkens ist, während die Chaosmächte fortwährend das Gute in Böses verwandeln.
Gott hat weder die Urflut, noch die Sintflut ausgelöst.
Das moralische Gesetz ist integraler Bestandteil der Vernunft sowohl der Engel als auch der Menschen.
Der Mensch ist Gesetzgeber der Natur und der Sitten. Indem ich sittlich handle, bin ich Gesetzgeber der Welt. Ich gebe einer sittenlosen und bösen Welt das moralische Gesetz, sagt Kant.
Der Mensch ist auch Gesetzgeber der Natur. Er schreibt den Objekten der sinnlichen Wahrnehmung, die an sich selbst geistige Entitäten sind, die Gesetze vor, nach denen sie uns erscheinen müssen. In diesen Gesetzen sind auch die Naturgesetze enthalten.
Das Sittengesetz steht über dem Naturgesetz. Hält der Mensch sich nicht an das Sittengesetz, hat er bösen Willen.
Der böse Wille des Menschen überträgt sich sodann auf die Natur, weil der Mensch ja der Gesetzgeber der Natur ist. Die schöne Natur wird selber böse und verwandelt sich in Chaosmaterie.
Ursache von Naturkatastrophen ist also der böse Wille des Menschen, wobei ich selbst körperliche Krankheiten zu den Naturkatastrophen rechnen würde.
„Die Welt ist mein Wille“ sagt Schopenhauer. Hält der Mensch sich an das moralische Gesetz ist die Frucht seines guten Willens eine paradiesische Welt. Hält er sich nicht daran, übernimmt der Chaosdrache die Regie.
Oder wie Kant es in seiner Religionsschrift ausdrückt: „ … aber die Beherrschung und Regierung der höchsten Weisheit über vernünftige Wesen verfährt mit ihnen nach dem Prinzip ihrer Freiheit, und was sie Gutes oder Böses treffen soll, das sollen sie sich allein selbst zuzuschreiben haben“.
Verzeihen Sie, dass ich erst jetzt auf Ihr Posting antworte. Danke für die interessanten Überlegungen.
LöschenIch hoffe, ich habe nicht den Eindruck erweckt, ich sei der Meinung, dass Gott das Chaos erzeugt habe - für mich geht das aus der Genesis nicht hervor. Ich wäre damit auch sehr vorsichtig, denn daran haben sich von Anfang Christen abgearbeitet. Manche, wie etwa Marcion, meinten, es müsse sich um zwei verschiedene Gottheiten handeln - den Demiurgen, der aus Chaos etwas schafft, dies aber böse, während der Gott, den Christus offenbart, ein anderer, über dem Demiurgen stehender sei. Viele Gnostiker haben dieses Grundmuster ebenfalls angenommen - allein: das kann ich nicht! Am Ende verwirren sich die Linien, und manche gehen soweit, in Christus selbst den Bösen zu sehen.
Ich mache also bei solchen Gedanken einen Schnitt, denn sie verwirren am Ende und schließen Pole miteinander kurz, die sich abstoßen. Man sieht kein Land mehr, verrennt sich hoffnungslos.
Ich finde Ihre Gedanken plausibel. Allerdings ist daran eines merkwürdig: wenn der Mensch durch seine Vorstruktur Gesetzgeber der Natur ist, dann ist das für meine Begriffe auch in sich widersprüchlich, denn er hat sich die Vorstruktur, die das Gesetz ja notwendig beinhaltet, nicht selbst gegeben. Ich kann den Gedanken aber insofern annehmen, als die ganze Schöpfung in einer gewissen analogen Weise "Ebenbild des Menschen" ist. Adam soll am Anfang die Dinge benennen, allerdings fehlt ihm in der Benennung das Gegenüber, eine notwendige Hilfe, und Gott geht soweit zu sagen, es sei "nicht gut", dass Adam alleine sei. Adam sah wohl, dass diese Schöpfung fruchtbar sein könnte, aber sie war nicht in gang gekommen, und er selbst war es auch nicht. Adam sollte Gott abbilden, gerade weil Gott zwar einer, aber mehrfältig, in Überfülle, und v.a. zeugungs- und gebärtätig (der Vater gebiert den Sohn aus sich) ist. Was die Natur tun sollte, sollte den Menschen abbilden, aber der Mensch war noch nicht abbildfähig zu Gott. Erst mit der Frau wurde er es. Deshalb bereichtet Gen 1 ebenso wie Gen 5, dass Gott den Menschen in der Zweiheit erst abbildlich gemacht hat - alleine "fehlte" dem Menschen die entscheidende Komponente der "imago", weil der Vater auch nicht ohne den Sohn gedacht werden kann. Es war aber notwendig, dass Adam dieses Abbildliche WOLLTE. Denn andernfalls wären die beiden Menschen kein Abbild, sondern nur Puppen gewesen.
Der gute Wille des Menschen zur Abbildlichkeit überträgt sich dann auf die Natur, die ebenfalls fruchtbar wird - aufgrund des Geistes im Menschen, aber der wiederum stammt von Gott. Mit dem Sündenfall begann der Erdboden, Adam zu trotzen bzw dessen eigene Rebellion und Verweigerung und Böswilligkeit auszudrücken (Gottes Rede an den Mann: "Dornen und Disteln"). Und auch die abbildliche Fruchtbarkeit, deren Trägerin v.a. die Frau ist, wurde ihr von Gott selbst erschwert (Gott sagt: "Ich schaffe dir viel Mühsal...", eben weil die Frau sich ihm und damit sich selbst widersetzt hat).
Man kann die Sündenfolge tatsächlich so beschreiben und erklären.
Nur ein Gedanke fehlt mir: dass der Mensch ohne Christus zu dieser höchsten Weisheit nicht mehr vordringen KANN.
Danke für Ihre Antwort, mit der ich sehr zufrieden und voll einverstanden bin. Ich nähere mich den Dingen nur nicht in erster Linie theologisch, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass die meisten Menschen sofort abschalten, wenn man ihnen mit der Bibel kommt.
AntwortenLöschenArgumentiert man hingegen metaphysisch, erzielt man meistens gespannte Aufmerksamkeit.
So ist es zum Beispiel kein Problem mit Hilfe von Kant die Evolutionstheorie zu widerlegen (transzendentale Idealität von Raum und Zeit!), die heute das grösste Hindernis für den Glauben darstellt. Hat man aber erst einmal die Evolutionstheorie als Produkt einer veralteten und überholten Metaphysik erwiesen, ist der Weg zu eigentlich theologisch relevanten Themen frei.
Dass Sie die Welt als Ebenbild des Menschen bezeichnen ist eine sehr tiefe Einsicht und geradezu die Quintessenz des Neuplatonismus und deutschen Idealismus.
Es ist doch so: Der Vater spricht das Wort und tritt in Objekt und Subjekt (Vater und Sohn) auseinander. Der heilige Geist ist das kommunikative Prinzip zwischen den beiden Personen.
Das Auseinandertreten Gottes ist ein Vorgang von unbeschreiblicher Gewalt und Herrlichkeit, der durch keine menschlichen Begriffe aussagbar ist und sich ständig wiederholt.
Meister Eckardt sagte auf die Frage, was der Vater denn den ganzen Tag mache:“Er zeugt seinen Sohn“.
Das Auseinandertreten Gottes in Objekt und Subjekt ist notwendig, damit Gott sich selbst erkennen kann. Hier liegt der Urgrund der Objekt-Subjekt-Spaltung, die aber nur eine erscheinende Spaltung ist, da Objekt und Subjekt letztlich eins sind, genauso wie der Vater und der Sohn eins sind. Der Sohn ist das lebendige Spiegelbild des Vaters. Im Sohn ist die ganze Schöpfung enthalten, die der Sohn dem Vater fortwährend zeigt.
Im Sohn sind wird alle mitgezeugt. Der Sohn ist das Ebenbild des Vaters. Die Seele ist das Abbild des Ebenbildes des Vaters, also des Sohnes, der damit das Urbild der Menschheit ist.
Als Abbild (Kopie) des Urbildes muss die Seele also auch die Schöpfungsideen Gottes in sich enthalten. Dies sind die platonischen Ideen, die in der Einbildungskraft als Schemata der empirischen Begriffe bereitliegen.
Wie hätte Adam auch sonst allen Tieren Namen geben können, wenn er sie nur aus der Erfahrung kannte und kein apriorisches Vorwissen hatte. Er hat sie erkannt, weil er sie schon vorher kannte, bevor er sie überhaupt zum ersten Mal gesehen hat. Erkennen ist also Wiedererkennen.
Im Paradies war das noch ganz unproblematisch, weil der Mensch durch das innere oder geistige Auge die ganze Schöpfung in sich anschauen konnte und die ganze Welt als Aussenspiegelung seines Inneren erkannt hat. Nachdem der Mensch dem Bösen Zutritt zur Welt verschafft hat und die Welt dadurch böse geworden war, musste Gott dem Menschen das innere Auge schliessen, weil kein Mensch fortwährend eine böse Welt in sich anschauen kann. Seitdem kann die Seele sich nicht mehr selber erkennen. Ich erkenne nur mein empirisches Subjekt, also meinen inneren Gemütszustand. Das ist aber nicht die Seele selbst. sondern nur eine innere Erscheinung der Seele. Die Seele oder das transzendentale Subjekt kann sich nur im Spiegel des göttlichen Lichtes erkennen. Die Seele, die sich selbst erkennt, erkennt daher auch Gott.
Aufgrund der Schliessung des inneren Auges erscheint es heute so, als ob die objektivistische Weltannahme zutreffend sei (hier bin ich, da ist die Welt, ich schaue die Welt an, sie existiert unabhängig von mir). Dies ist aber ein sündenbedingter Irrtum, eine psychologische Täuschung.
Leider hat die Kirche im 13ten Jahrhundert durch die Aristotelesrezeption dieses falsche Weltbild übernommen und die vorerwähnte Täuschung zum metaphysischen Prinzip erhoben.
Bis dahin war der platonische Idealismus die Philosophie der Kirche und er ist es heute immer noch in der Ostkirche. Die Ostkirche, die die Schriften des Aristoteles von Anfang an im Original besass, hat dessen Philosophie immer als materialistisch abgelehnt.
Die Westkirche glaubt dagegen immer, sich vermeintlichen Realitäten anpassen zu müssen.
Ich habe den Eindruck, je länger ich über das alles, v.a. auch die von Ihnen erwähnten trinitätstheologsichen Aspekte, nachdenken, immer am Anfang zu stehen und erst mal noch gründlicher nachdenken zu müssen.
LöschenIhr Satz "Es ist doch so: Der Vater spricht das Wort und tritt in Objekt und Subjekt (Vater und Sohn) auseinander. Der heilige Geist ist das kommunikative Prinzip zwischen den beiden Personen" erinnert mich an eine theologische Lücke im weströmischen Denken. Man sagte ja immer, der Mensch werde "vergöttlicht" durch Christus und die Apostel sagen, man gewinne "Teilhabe" an der Gottheit. Zugleich sagt man aber auch, dass "niemand je Gott gesehen hat (außer dem Sohn)" (1. Joh 4). Nur im Sohn "sehen" wir Ihn.
Die orthodoxe Theologie hat diese merkwürdige gedankliche Lücke versucht zu reflektieren. Denn es bleibt ja die Frage offen, wie beide Sätze zugleich wahr sein können: dass einerseits Gott unerkennbar ist und andererseits in Christus erkennbar.
Die Orthodoxie nimmt hier die Lehre von den ungeschaffenen Energien (Gottes) zuhilfe: "„Wenn wir sagen, dass das göttliche Wesen nicht in sich selbst, sondern in seiner Energie teilhaftig ist“, erklärte der hl. Gregor Palamas, „bleiben wir in den Grenzen der Frömmigkeit“. Das heißt also, der Unterschied zwischen dem Wesen und den Energien Gottes begründet die Möglichkeit der Teilhabe an der Natur Gottes und eröffnet die Perspektive der gnadenvollen Vergöttlichung des Menschen." http://orthpedia.de/index.php/Energien Insofern wird es auch leichter zu verstehen, inwiefern der Mensch, der nicht wesensgleich mit Gott ist, dennoch sein Ebenbild sein kann. Er ist es tatsächlich im Paradies "unbewusst" gewesen, offenbar im Einklang und reiner Spiegelung. Die merkwürdige Versuchung der Schlange, das Böse erkennen zu wollen, also das, was Gott nicht zukommt, weil es ihn auflöst, wurde von Eva daher ja auch gar nicht erfasst: ganz offenkundig meinte Eva, es gäbe da noch etwas "Zusätzliches" über Gott zu wissen, das ihnen vorenthalten wurde. Sie begriff nicht, dass es um die Aufhebung des reinen Denkens in der vollkommenen Bewusstseinsverfassung ging!
Die Orthodoxie versteht prinzipiell die islamische und jüdische Skepsis gegenüber diesen Gedanken, weil Gott eben als "Einer" keinerleich Teilhabe zulässt und auch die Erkennbarkeit durch das, was nicht Er ist, ausschließt. Aber die Beschreibung Gottes als eines Wesens in mehreren Personen (was das Judentum immerhin ahnt, der Islam dagegen kategorisch und unter Flüchen leugnet) löst diese Problematik. Im "subjektiven" Prinzip des Sohnes macht sich Gott des Menschen teilhaftig und ermöglicht ihm so eine volle Teilhabe, die dennoch eine Bemächtigung seitens des Menschen ausschließt. Deshalb heißt es auch, durch den Sohn seien alle Dinge geschaffen, "alle Dinge" als subjektive Gestalten aus der Überfülle der Objektivität des Vaters.
Prinzipiell müsste das auch für die Engelwelt gelten.
Was ist beim Abfall der Engel geschehen? Mein halbwüchsiger Sohn fragte mich, wieso denn der Satan so bescheuert sein konnte, das völlig aussichtslose Unternehemn, Gott zu stürzen, zu wagen. Er hätte doch wissen müssen, dass das nicht klappt. Auf diese Frage wusste ich keine Antwort bisher.
Das ist jetzt keine direkte Antwort auf Ihre Gedanken, aber eine Reflexion auf diesen zitierten Satz.
Ich komme auf das andere vielleicht demnächst auch zurück, muss aber erst nachdenken.
das hört sich schon schlüssig an und würde auch den alten Streit erklären, ob der Mensch erkennt was vorher schon gekannt hat, oder ob durch das Erkennen die Tabula Rasa des Menschlichen Geistes beschrieben wird.
AntwortenLöschenDer Mensch erkennt eigentlich nur das was er schon vorher gekannt hat, aber durch den Sündenfall erkennt er genau das nicht mehr.
Grüß Gott!
AntwortenLöschenWie ich las, vertreten Sie die Flache-Erde-Theorie. Dazu habe ich mich noch nicht durchringen können, da mir dazu deutliche Hinweise in der Bibel fehlen. Ich kenne in Übersetzungen nur die Bezeichnung "Erdkreis", wobei hier das hebr. Wort "chug" gemäß anderen Bibelübersetzungen auch "Rund", "Kugel" bedeuten soll, wobei ich aber gelesen habe, dass diese Übersetzungen falsch sein sollen.
Kennen Sie Bibelstellen, die deutlich auf eine falsche Erde hinweisen. Mir fallen keine ein!
Freundliche Grüße!
Stefan
Ich möchte korrigieren: Ich "vertrete" nicht "die" Flache-Erde-Theorie, sondern ich vertrete die Meinung, dass sie plausibler ist als die, die sich derzeit etabliert hat. Das ist was anderes.
AntwortenLöschen"Chug" heißt eigentlich nicht Kugel - das wird von allen Kugeltheorie-Vertretern aus apologetischen Gründen behauptet, stimmt aber nicht. Und selbst wenn das ein bedeutsamer Sinn des Wortes wäre, stünden die Hauptbedeutungen von "Scheibe" dem entgegen. Alle abgeleiteten Wörter in Iwrith wie Chuga (Wählscheibe) oder Chugan (Messuhr) zeigen das.
Im großen Llangesncheidt-Achiasaf finden Sie bei Chug die Kugel mit keinem Wort.
Für Chug steht dort:
Kreis, Zirkel, gesellschaftlicher Kreis, Wendekreis.
Ich lasse noch weitere Texte folgen - die nächste Thematik sind die Himmelskörper in der Hl. Schrift.
Man kann sagen, dass in der Schrift keine geschlossene Theorie vorgestellt wird über die Gestalt der Erde. Aber das, was gesagt wird, lässt in gar keiner Weise die Vorstellung einer Kugelgestalt der Erde zu.
Man liest oft auch von den "vier Enden der Erde", die auch eher auch eine flächig angelegte Erdgestalt hinweisen. Insgesamt scheint dies angedeutet zu werden. Der Himmel wird aber eindeutig als ein Gewölbe, auch "Zelt" über dem Erdboden beschrieben, was auch ein Hinweis auf eine eher flächige Anlage wäre.
Lassen Sie sich überraschen von dem, was ich noch alles entdecke - ich stelle es dann auf den Blog hier, bin aber nicht so schnell - es will ja alles sorgsam durchdacht und geprüft werden.
Das ist doch eigentlich deutlich genug, finde ich. Gleich nach der Bezeichnung "Erdkreis" in Jes. 40,22 wird auch gleich das "Zelt", das Gewölbe, genannt.
LöschenWenn ich mich an den biblischen Aussagen orientiere, so bricht mein gesamtes "Weltbild" zusammen, das ich in Schule und Fernsehen lernte. Deshalb ist es für mich auch äußerst schwierig nachzuvollziehen, dass über dem Gewölbe, dem Himmel, dem Universum, Wasser wäre, das ursprünglich noch Teil der Erde war. Das Gewölbe muss, wenn wir vom Umfang des Erdkreises ausgehen, ganz gewaltig in die Höhe "schießen", da es "unendlich" groß ist, und es fragt sich, was in allen Richtungen dann neben dem Erdkreis und unterhalb der Erde wäre.
Da komm ich verständnismäßig erstmal nicht klar!
Ich freue mich daher schon auf Ihre nächsten Texte!
Ich habe jetzt mal etwas recherchiert. Das hebr. Wort "chug" bedeutet in der Tat nicht "Kugel", sondern "Kreis". Dass im Jüdischen dieses Wort zur Bezeichnung flacher Gegenstände verwendet wird, verwundert daher nicht. Das hebr. Wort für Kugel ist "Kadur", das Bibelschreiber, z.B. Jesaja, doch wohl verwendet hätten, wenn sie eine kugelförmige Erde im Sinn gehabt hätten, und nicht "Chug".
LöschenUnd weiter lässt sich die Theorie von einer Erdkugel in der Tat nicht mit einem Universum vereinbaren, welches die Bibel ausdrücklich als gewölbenförmiges Zelt beschreibt. Denn legen wir eine kugelförmige Erde zugrunde und denken wir uns dann dieses "Zelt" über ihr und von ihr ausgehend, dann hätte die untere Halbkugel ein solches "Zelt" nicht; das Universum, wie es die Bibel beschreibt, wäre dann nur über der oberen Halbkugel. Die untere Halbkugel käme nur dann unter das Himmelszelt, wenn sich die hypothetisch angenommene Erdkugel von oben nach unten bzw. von unten nach oben drehen würde. Das gewölbenförmige Zelt passt daher nur zu einer flachen Erde, über der sich das Himmelszelt befindet, so, wie es in der Bibel steht.
Da für mich die Bibel Gottes Wort ist, so bleibt mir folglich nichts anderes übrig, als ihr zu glauben.
Sehr gute wissenschaftliche Erkenntnisse über die "flache Erde" findet man auf dieser Seite: http://euronia.com/de/flache-erde-blog
Richtig - "Kugel" heißt "Kadur"! Das Wort Kadur wird auch dann verwendet, wenn man einen "Ball" meint. Das Iwrith-Wort für "Erdkugel" ist demnach übrigens auch "Globus" (also als Lehnwort).
LöschenSie sagen es: die biblischen Andeutungen über die Gestalt der Erde lassen eine Kugelform absolut nicht zu - und zwar durchweg.