Reflexionen über die Geschlechter (I)
Zum
Geheimnis des Menschen als „Imago Dei“
„Simile – Fac simile!“ (Mach ein
Gleiches!)
Der Schöpfungsbericht kennt zwei
Versionen über die Erschaffung des Menschen, eine kurze, zusammenfassende
Erzählung und eine ausführliche Beschreibung des Nacheinanders der Erschaffung
von Mann und Frau.
Nur in der kurzen zusammenfassenden
Erzählung wird der Mensch, „als Mann und Frau“, Ebenbild – „imago et similitudo“ - Gottes
genannt:
„Ait:
Faciamus hominem ad imaginem et similitudinem
nostram : (…) Et
creavit Deus hominem ad imaginem suam : ad imaginem Dei creavit illum, masculum et feminam creavit eos.“ [1]
Im ausführlichen Bericht (Gen. 2,
15-25), in dem die Erschaffung Adams, das „Non
est bonum“ [2]
seiner Einsamkeit und die Erschaffung Evas für ihn beschrieben wird, fällt der
Begriff „imago“ kein einziges Mal.
„Ad
imaginem et similitudinem“, sagt Gott und spricht hier an dieser Stelle von
einem „Wir“. Da das Hebräische keinen pluralis
maiestatis kennt, ist die lateinische Pluralübersetzung ebenso wie die
hebräische Formulierung wörtlich zu verstehen. Die Kirche hat dies als eine
erste Kennzeichnung der Trinität erkannt. Der Mensch als Mann und Frau in
Bezogenheit aufeinander, als ein „Wir“, und in der gemeinsamen Aufgabe, die
Schöpfung zu pflegen und zu nutzen, ist Ebenbild dieses göttlichen „Wir“. Wie
Gott Herr über das All ist, ist der Mensch eine Miniatur davon und soll die
Erde mit allem, was auf ihr lebt und webt, regieren.
Da Adam im ausführlichen
Schöpfungsbericht unter den Wesen im Garten Eden, die er hüten, bebauen und benennen
(„praeesse“ – die Leitung, Herrschaft
haben[3])
soll, nicht den adiutor similis – ebenbürtige Hilfe - findet, den Gott für
ihn ausdrücklich als notwendig erachtet, ist eindeutig zu erkennen, dass Gott
nicht vorgesehen hatte, dass Adam über Eva herrschen soll oder sie über ihn.
Hätte Er das so vorgesehen, müsste
man annehmen, dass die innergöttliche Gemeinschaft der Trinität ebenfalls durch
Herrschaftsverhältnisse gekennzeichnet wäre, einer der Drei die
„Unternehmensleitung hätte“, und der Mensch diese Struktur folglich in gleicher
Weise abbilde. Es ist ersichtlich, dass sogar Gott seinerseits über Sein
Ebenbild nicht herrschen wollte, sondern ihm einen vollständig unabhängigen
Willen ließ und lässt und sich danach sehnt(e), von Seinem Ebenbild frei geliebt
zu werden. Der Mensch ist ursprünglich nicht als Niedriger oder Leibeigener,
sondern als ein Freier, „paulo minus ab
angelis; gloria et honore coronasti eum ; et constituisti eum super opera
manuum tuarum“[4] – nur ein klein wenig entfernt von den
Engeln, von dir mit Ruhm und Ehre gekrönt, und von dir über die Werke
deiner Hände gesetzt“, geschaffen.
In der Musik schreiben wir unter
eine Passage, die wir „genauso“, „ebenso“, „völlig gleich“ gespielt haben
wollen wie eine bestimmte andere vorausgehende Passage, das
italienische/lateinische Wort „simile“
– „gleich“. Wenn ein Handwerker den Auftrag bekam, ein bestimmtes Werkstück
absolut gleich zu kopieren, dann erhielt er den Befehl: „Fac simile“ – Schaff ein Gleiches!“ Dieses „Faksimile“, je besser
es ist, steht dem „Original“ in nichts nach. Der Mensch als Mann und Frau, der
sich in dieser Konstellation vermehren kann, ist zum trinitarischen Gott, in
dessen Gemeinschaft es keine Subordinationen gibt, ein solches „simile“, die similitudo zum göttlichen „Wir“. Gott schafft ja nichts
Unvollkommenes, ein „simile“ ist bei
IHM ein echtes, vollkommenes „Gleiches
(Abbild) “ … Es gibt nur eine Einschränkung: die „imago“ verliert ihren Charakter als vollkommenes Ebenbild, wenn
sie sich selbst von der Stelle verrückt, von der aus es ihr allein möglich ist,
das, was sie abbildet, vollkommen ebenbildlich abzubilden.
Inwiefern ist das „Simile“ abhängig vom Urbild?
« …qui
est imago Dei invisibilis, primogenitus omnis creaturæ :
quoniam in ipso condita sunt universa in cælis, et in terra, visibilia, et
invisibilia, sive throni, sive dominationes, sive principatus, sive potestates
: omnia per ipsum et in ipso creata sunt : et ipse est
ante omnes, et omnia in ipso constant… » - …der das Ebenbild des
unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Geschöpfe : in IHM sind ja
alle Dinge im Himmel und auf Erden geschaffen, die sichtbaren und unsichtbaren
Dinge, die Throne und Herrschaften, die Fürsten und Machthaber : alles ist
durch ihn und in ihm erschaffen : und er war vor allem da, und in ihm hat alles
Bestand.[5]
Der Mensch ist mit Herrlichkeit und
Ehre versehen durch Gott, stellt ein echtes „Simile“
dar, aber diese hohe Würde erlischt in dem Augenblick, in dem der Mensch sich
von dem lossagt, in dem alleine er feststehen kann: von Gott, von Christus, der
vor aller Zeit war und aus dem und für den alles geschaffen ist.
Auch dieser Zusammenhang bildet
sich im Menschen ab, allerdings mit einer weiteren Einschränkung:
Wie alle Dinge durch Ihn und aus Ihm
entstanden sind, ist die Frau aus dem Mann heraus entstanden. Wie Gott selbst
den Menschen ersehnte und sich selbst einen „adiutor
similis“ schaffen wollte, der mit Ihm regiert, so erzeugte Gott auch in dem
zuerst geschaffenen Mann diesen unbändigen Wunsch nach einem „Simile“, das mit ihm die Erde hegt und
pflegt. Der einschränkende Umstand allerdings, der die vom Mann unter Sünde
gerne aufgestellte Behauptung, der Mann stehe deshalb näher bei Gott als die
Frau, vollkommen ausschließt, liegt darin, dass nicht Adam etwa aus sich selbst heraus Eva erschafft (wie Gott aus
sich heraus die Dinge schuf), sondern dieser Akt Gott vorbehalten blieb,
während Adam damit überhaupt nichts zu schaffen haben durfte: Gott versetzte
ihn in einen tiefen Schlaf, in eine Narkose. Adam bleibt hier also wie Eva auf
der bedürftigen, in allen Dingen ganz von seinem Schöpfer abhängigen Position.
Erst die weitere Erschaffung von Menschen legt Gott dann in die Hand von Mann und
Frau gemeinsam: “Crescite et
multiplicamini et replete terram – Wachst, mehrt euch und füllt die Erde“[6]
Die später noch einmal genauer
betrachtete Beschreibung der Schöpfungsordnung beim hl. Paulus gibt ebenfalls
einen subtilen Hinweis darauf, dass die Frau nicht total abhängige „Imago“
des Mannes ist, sondern nur eine „relative
Imago“, wenn überhaupt: „(Vir)… imago
et gloria est Dei; mulier autem gloria viri est.[7]
Vom Mann heißt es, er sei „Imago“
Gottes. Aus der Genesis wissen wir, dass dies simultan und selbstverständlich
auch für die Frau gilt. Der hl. Paulus sagt darüber hinaus, der Mann sei aber auch
„gloria“, also Ruhm, Glanz oder Ehre
Gottes, die Frau sei „gloria“ des
Mannes. Man beachte den subtilen Umstand, dass hier vermieden wird, die Frau
als „imago“ des Mannes zu bezeichnen.
In der menschlichen „imago“ des
dreifaltigen Gottes ist sie ebenso „imago
Dei“ wie der Mann. Innerhalb der menschlichen „imago“ wiederum bildet sie die Kirche ab, der Mann Christus, und
insofern ist die Frau „gloria“ des
Mannes als die Kirche „gloria“
Christi ist.
Eine Emanzipation der Frau vom Mann
demgegenüber, wie sie der Frau unter Sünde vorschwebt, die man parallel zur aufklärerischen
Emanzipation des „mündigen Menschen“ von Gott verstehen muss, führt zum Tod.
Eine Menschheit, die ihren Schöpfer töten will, muss sterben. Emanzipation im
Sinne der Selbstsetzung ist dem Menschen nur um den Preis des Todes möglich. Warum
ist das so?
Der entscheidende Unterschied
zwischen Gott und Mensch trotz der Ebenbildlichkeit, die ein echtes „Simile“ bedeutet, ist, dass eine „imago“, die nicht mehr in der
abbildenden Beziehung zu dem, den sie abbildet, stehen will, zum Sterben
verurteilt ist, wohingegen das Urbild auch ohne Ebenbild leben könnte. Was soll
„Menschenwürde“ sein, wenn nicht dieses „Abbilden“,
dieses großartige „Simile“ zu Gott?
Wie soll der Mensch in sich stehen als Person, wenn er nicht mehr darin dem
gleichen will, der alleine allem dieses In-sich-Stehen ermöglicht? Omnia in ipso constant … ohne Ihn hat
nichts Bestand, ohne Ihn versinkt der Mensch ins Tohuwabuhu, er mag die Potenz
zum In-sich-Stehen noch in sich tragen, aber er wird sie ohne Ihn kaum
entfalten können.
Es wäre andererseits auch unsinnig
und widerspräche dem biblischen Text total, wenn man sagen wollte: der Mann sei
als „Urbild“ der Frau alleine etwas[8],
die Frau ohne den Mann aber nicht. Wer das behauptet, widerspricht dem „Non est bonum“, das Gott über dem Mann
ohne Frau spricht ebenso wie der Feststellung, dass beide Geschlechter Gottes „imago et similitudo“ sind. Denn Adam
ist ja kein in sich stehendes „Urbild“ wie Gott! Er ist Ebenbild Gottes, und
Eva ist Ebenbild Gottes wie Adam und ebenso noch einmal Ebenbild des
Ebenbildes. Dies geht auch eindeutig aus der Interpretation durch den heiligen Paulus
hervor, der darauf hinweist, dass der Mann ebenso „durch die Frau“ komme wie
die Frau einmal „aus dem Mann“ geschaffen worden sei.[9]
Es ist aber ersichtlich, dass die Rolle der Frau komplexer erscheint,
mehrdimensionaler und dadurch auch zentraler.
Fest steht: Gott hätte uns nicht
gebraucht, aber wir sind ohne Ihn nichts.
Dass Gott in Seiner Größe nicht alleine
sein, nicht ohne uns sein wollte, und sich uns geschaffen hat, wir Ihn aber
verachtet haben, kann mich nur erschüttert schweigen lassen.
Arianischer Hass auf das „Simile“
Die Kirche hat mit der arianischen „Herrschafts“-
und „Unterordnungs“-Vorstellung lange gekämpft und tut es wieder. Diese
häretische Auffassung wurde auf dem Konzil von Chalkedon von 451, das die
Formel für das Gottmenschentum Jesu Christi und die absolute Wesensgleichheit
und Gleichrangigkeit des Vaters und des Sohnes definierte, ein für allemal verworfen.
Der nachfolgende, Jahrhunderte währende, prinzipiell immer mit den Ausläufern
des Arianismus ringende Streit um das „Filioque“,
den Zusatz zum Nicänischen Glaubensbekenntnis, der definiert, dass der Heilige Geist
aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht und nicht nur aus dem Vater (worauf die
Orthodoxie bis heute besteht), wurde mit der Dogmatisierung des „Filioque“ auf dem 4. Laterankonzil von
1215 abgeschlossen. Innerhalb der in sich selbst wesensgleichen Trinität gibt
es nach der römisch-katholischen Lehre keinerlei Subordinationen und
Wesensunterschiede. Folglich gibt es auch innerhalb der komplementären Anlage
des Menschen als Mann und Frau von Anbeginn her keine Subordinationen und
Wesensunterschiede. Dieses Prinzip gilt grundsätzlich zwischen allen Menschen.
Im Volk Israel des Alten Bundes durfte niemand versklavt werden: „fratres autem vestros filios Israël ne
opprimatis per potentiam.“ – Eure
Brüder aus den Kindern Israels aber dürft ihr nicht mit Gewalt versklaven.[10]
Auch wenn diese Vorschrift – unter dem Joch der Sünde - inkonsequent bleibt,
weil Israeliten sehr wohl Sklaven aus fremden Völkern halten durften, wird
dennoch spürbar, dass in einem geheiligten Volk solche Unterwerfungen am Wesen
Gottes vorbei führen, Ihn beleidigen. Mit der Christianisierung wurde nach und
nach die Sklaverei wenigstens stark zurückgedrängt und in Mitteleuropa formell ganz
abgeschafft.[11]
Allerdings wage ich die These vorzutragen, dass sie überall da wieder
aufflammte bzw. verblieb, wo man arianischen Gottesvorstellungen weiterhin oder
erneut anhing oder sich unkontrolliert wähnte (in Kolonien, abgelegenen
Gegenden, in protestantischen und orthodoxen Räumen). Die Weisung des heiligen
Paulus im Brief an Philemon ist grundsätzlich eindeutig: der Sklave Onesimus
ist der Glaubensbruder seines Herrn und soll von ihm so behandelt werden. Es
ist kaum davon auszugehen, dass der heilige Paulus das „rein theoretisch“
meinte. Wenn er dem entlaufenen Sklaven gebot, zurückzukehren, meint dies
zunächst einmal, dass es nicht Sache des Christen ist, Herrschaftsverhältnisse
zu stürzen oder ihnen davonzulaufen. Sie bestehen in Christus schlicht und
einfach nicht mehr – gleich, was uns an sozialen Lasten auferlegt ist. Wenn
also der heilige Paulus Philemon dazu auffordert, in Onesimus den Bruder zu
sehen, Onesimus aber andererseits dazu auffordert, zurückzukehren zu diesem … Bruder,
dann heißt das, dass das Verhältnis zwischen diesen beiden Christen nach der
Rückkehr des Jungen ein anderes sein musste als zuvor. Das Verhältnis der
Christen zueinander ist das der gegenseitigen Unterordnung im Herrn, um Ihn,
der sich seinerseits für uns hingegeben hat, zu verherrlichen (s. u.).
Die Meinung, bestimmte Menschen
seien dazu geschaffen, sich anderen unterzuordnen, beleidigt das Wesen Christi
zutiefst, und es ist eine Schande, wenn Katholiken politische Ideologien, die
solcherlei behaupten, für „katholisch“ halten.
Es ist dem natürlichen Menschen
unter Sünde ein Ärgernis, dass wir an einen Gott
glauben, der so gar nicht an Macht und Unterwerfung interessiert scheint. Arianisch
gefärbte Auffassungen – und sie lauern in allen Nischen der Kirche - haben
große Probleme mit dem dogmatisch so definierten Gottesbild der Kirche. In
seiner Tragweite sichtbar wird diese trinitätstheologische Auseinandersetzung
an der Gestalt und Bedeutung Marias als Tochter des Vaters, Braut des Heiligen
Geistes und als Gottesgebärerin. Die Haltung zu ihr ist der Gradmesser der
Gottesfurcht. Es ist kein Zufall, dass nicht ein Mann, sondern eine Frau diese
zentrale Rolle im Heilsgeschehen einnimmt. Ich werde darauf später
zurückkommen.
Auf die ausdrückliche Ablehnung der
Trinität, die keine Macht-, sondern eine Liebesgemeinschaft ist, durch das
Judentum und den Islam soll hier nur knapp hingewiesen werden. Eine
Übereinstimmung im Glauben an den einen Gott kann folglich nicht behauptet
werden.
Es ist darüber hinaus aber auch ein
Ärgernis, dass Gott zwischen den Menschen
von Anfang an keine Subordinationen wollte. Der Mensch unter Sünde kann die
Welt nur unter machtideologischen Gesichtspunkten deuten. Dies wird anhand der
Geschichte deutlich, die uns das Alte Testament über die Forderung des
geheiligten Volkes Israel nach einem Machthaber erzählt. Das Volk tritt mit der
Forderung nach einem König, „wie es bei
allen Völkern der Fall ist“, an den alten Propheten Samuel heran.[12]
Samuel, der erfahrene Gottesmann, Richter und Prophet, der erkennt, dass es im
Volk Gottes keine Unterwerfungen geben sollte, weil sie das Wesen Gottes
beleidigen, ist verärgert. Der Herr spricht zu ihm jedoch: „Mich haben sie verworfen: Ich soll nicht
mehr ihr König sein.“[13]
Gott beauftragt Samuel, dem Volk vor Augen zu führen, was es heißt, unterworfen
zu sein. In den düstersten Farben und sehr ausführlich fächert Samuel den
Israeliten auf allen Ebenen das Panorama auf, das sie erwartet, wenn sie sich
unter einen König unterordnen müssen. Das Volk nimmt diese Warnungen nicht
ernst und beharrt: „Nein, ein König soll
über uns herrschen!“[14]
Die großartige Unterordnungsgeste,
gepaart mit einer Aufforderung, über sie zu herrschen, mit der Frauen oft
gegenüber Männern auftreten, vor allem, wenn sie sich dabei besonders fromm
wähnen, dürfte daher in den seltensten Fällen mit echter Demut und Liebe
assoziiert sein. Diese Geste ist Folge der Sünde, wie wir später sehen werden. Man
kann vielleicht zugespitzt sagen: in Gemeinschaften, in denen Gott der Herr
ist, kann es keine Herrscher geben, sondern nur gegenseitige Unterordnung im Herrn, der darin ein uns beschämendes
Vorbild war und ist. Hat Er sich nicht bis heute in die Hand sündiger Menschen
gegeben? Lässt er sich nicht bis heute auch von Unwürdigen verspeisen (in der
Kommunion)? Wer sich das einmal vor Augen führt, wird seine Hand, die über
Macht und Dominanz angeben will, sinken lassen müssen…
Ob der Mensch machtvolle
Hierarchien oder – wenn er genug hat von den Machthabern, nach denen er zuvor
geschrien hatte - erzwungene, emanzipatorische „Gleichheit“ proklamiert, immer
setzt er die Notwendigkeit des gegenseitigen Dominierens oder des „Jeder-ist-sein-eigener-Herr!“
voraus. Wir finden davon kein Sterbenswort im Schöpfungsbericht: So wie in Ihm
Vater, Sohn und Heiliger Geist zwar wesensgleich, aber dennoch unterschiedlich
sind, so sind auch Mann und Frau paradox gleich und ungleich angelegt. Sie sind einerseits völlig „similis“ und doch auf eine
asymmetrische Weise unterschiedlich. Wie das Wesen Gottes unbegreiflich bleibt,
bleibt sich auch der Mensch unbegreiflich. Er kann einige Unterschiede der
Geschlechter erfassen, aber vieles vermag er nicht zu definieren oder zu
erklären, obwohl er es täglich “erlebt“. Alle Versuche, das „Wesen“ des Mannes
und der Frau exakt zu unterscheiden, sind daher zum Scheitern verurteilt. Nur
der biologische Unterschied ist offenkundig und beschreibbar, aber schon an
dieser Stelle rutscht dem Forscher allzu oft der Faden aus der Hand… So wie
Gott sich nicht nur selbst gehören wollte, soll auch der Mensch sich nicht
selbst gehören, sondern an Gott und in Gott an den anderen verschenken. Er hat
es aber vorgezogen, einen scheinbar „attraktiveren“ Weg zu gehen – den Weg der
Dominanz und Macht. Aus der Unerfassbarkeit der Komplementarität ergab sich ursprünglich
der ewige Reiz zwischen den Geschlechtern, ihre Verwobenheit und Liebe
zueinander, ihre Fruchtbarkeit und Schöpferkraft. Und ganz verloren haben wir
dieses reizvolle und unbefangene Spiel ja nicht…
Man muss sich klarmachen, dass
jeder, der behauptet, die gute Ordnung Gottes sehe eine Subordination der Frau unter
den Mann vor (oder eine Subordination des Mannes unter die Frau), bewusst oder unbewusst
dem Arianismus anhängt und Ihn schwer beleidigt.
Bei aller üblen Meinung über die
Frau gab dies selbst der Kirchenvater Chrysostomus freimütig zu:
Vorher
(vor dem Sündenfall Anm. HJ) war davon (einer untergeordneten Stellung) keinem (sic) Rede gewesen.“[15]
Bildwelten des „Simile“
Interessant und überraschend sind
die mannigfaltigen „Simile“-Ebenen,
von denen die Heilige Schrift spricht. Sie können und müssen nämlich noch
weiter gefasst werden. Man entdeckt ganze Bildwelten, so komplex und
multidimensional, dass einem schwindelt! Die Lehre von der Heiligen
Dreifaltigkeit sagt uns, dass der Sohn aus dem Vater gezeugt werde. Der Vater
ist der Erste, der Sohn der Zweite. Damit wird jedoch nicht gesagt, der Vater
stehe im Rang über dem Sohn. Sie sind absolut wesengleich und ebenbürtig, wenn
auch real verschieden.[16]
Der heilige Paulus sagt über den
Sohn, er sei das Ebenbild, imago des
Vaters:
« (Filius)…qui est imago Dei
invisibilis, primogenitus omnis creaturæ… »[17] Nicht
nur der Mensch war ursprünglich Ebenbild Gottes, sondern vor dem Menschen war schon
der aus dem Vater gezeugte Sohn Gottes dessen wesensgleiche göttliche „imago“. Wer den Sohn sieht, sieht den
Vater: „Qui vidit me, vidit
Patrem“[18]. Nur durch das Abbild des Vaters im Sohn können
wir den Vater erkennen. Dieser Satz erklärt logisch jeden Versuch, Gott unter
Umgehung der Trinität erkennen zu wollen, als einen Irrtum. Es erklärt aber
auch die Meinung, man könne im ungläubigen Menschen unter Sünde Gott in seinem
wahren Wesen, das der im wahren Glauben stehende Gläubige anbetet, erkennen,
als Irrtum. Der natürliche Mensch erkennt aus den Werken der Schöpfung, unter
anderem auch aus dem Menschen, mittels Vernunft, dass ein Gott sein muss.
Diesem Erkennen fehlt aber die übernatürliche Dimension des Glaubens.
Der Mensch zeugt Söhne und Töchter,
ist also vor ihnen da. Es wäre verfehlt, diese Nachkommen als „untergeordnet“
oder nicht wesengleich zu ihren Eltern zu verstehen. Was selbst unter Sünde,
die die Familie zur „patriarchalischen“ Plattform von Hackordnungen, in denen
Frau(en) und Kinder zum „Inventar“ des „Hausherren“ degradiert wurden, sich
dann aber ihrerseits und auf ungute Weise Macht verschaffen, wie uns „patriarchalische“[19]
Kulturen auf erschreckende Weise zeigen, trotz allem stark empfunden wurde und
wird, ist die Ebenbildlichkeit der Kinder zu ihren Eltern. Sie tragen
ausschließlich die körperlichen und seelischen Merkmale von Mutter und Vater an
sich, wenn auch in einer individuellen Mischung, entsprechen ihnen also
substanziell vollkommen.
Aus derselben Substanz, zu der Gott
die Erde geformt hat, um Adam zu erschaffen, - aus der stabilen Knochensubstanz
direkt bei dessen Herz („Rippe“) - , formt Gott eine weitere menschliche Person
(„Haec nunc os ex ossibus meis et caro de
carne mea!“[20]). Sie ist aus identischer Herzenssubstanz
des Mannes gemacht. Gott nennt die Frau „adiutorium
bzw. adiutor similis“, nachdem er den Mann adiutor-bedürftig geschaffen hat[21]. Es sei daran erinnert, dass Gott selbst sich
in den Psalmen vielfach als „adiutor“
oder „adiutorium“ ansprechen lässt … [22]
Und so wie der Psalmbeter sich an Gott „klebt“ („Adhaesit anima mea post te“ Ps. 62, 9), so klebt sich auch nach
der Schöpfungsordnung der Mann an die Frau: „Relinquet
homo patrem suum, et matrem, et adhærebit uxori suæ.“[23] Mehrfach wiederholt das Neue Testament
dieses Ordnungselement.[24] Der Mann tut dies nach den Worten der Genesis
aus seinem natürlichen Wesen heraus, weil er in der Frau das „Simile“ erkennt, das ihn einerseits an
ihn selbst erinnert, das andererseits in ihr, der Frau, das Bild des
eigentlichen göttlichen „adiutor“
aufscheinen lässt.
Hier an dieser Stelle kann man zwei
„neuralgische“, angreifbare Punkte im Mann und in der Frau erahnen:
Für den Mann stehen zwei gute und gottgewollte „adiutores“ im Raum: Gott selbst und die
Frau, und es ist sein Auftrag, in der Frau zwar das Abbild des göttlichen „adiutor“ zu erkennen, sie aber nicht
über Gott zu stellen, ihr also nur insofern zu gehorchen, als ihr „adiutorium“ vollkommen identisch mit dem
Willen Gottes ist. Immerhin hat Gott dem Mann das Gebot übergeben, das allen
Menschen gelten soll, nicht vom Baum in der Mitte des Gartens Eden zu essen,
und der Mann hat die Aufgabe, es weiterzugeben und vor der Frau zu vertreten. Keine
bequeme Aufgabe! Oder aber ein Einfallstor für Herrschsucht und
Selbstvergottung? Andererseits kann man die Versuchung erspüren, die in der
Frau liegt, sich in dem Charisma, das das adiutor-Sein
zweifellos bedeutet, zu überheben und dem Mann gegenüber an Gottes Stelle zu
setzen. Der Satan hat den Menschen an diesem neuralgischen Punkt angegriffen
und „kassiert“.
Doch davon später und zurück zur
guten Ordnung Gottes. Die Frau erkennt im Mann, der zuerst da war, das „Zuvor“
Gottes und achtet im Mann den, der schon da war, bevor es sie gab, und sie so
schmerzlich ersehnt hat. Der Mann bildet in dieser schmerzlichen Sehnsucht nach
der Frau wiederum Gott ab, der nicht geruht hat, bis Er sich den Menschen als
Sein Ebenbild erschaffen hat aus Liebe und nochmals Liebe. Die Frau hat eine komfortable,
fast bevorzugte Stellung: sie bildet diese Menschheitsbraut, die Gott sich
schaffen will, noch einmal speziell als Frau in ihrer Weiblichkeit ab und trägt
noch dazu alle Menschenkinder, wie Hildegard es schaute, „leuchtend in ihrem Schoß.“[25]
Man erahnt, warum selbst der
heilige Chrysostomus kurz seine frauenkritische Fassung verloren hat und von
einer „übergeordneten Stellung“ der
Frau gesprochen hat (s.o). Und man ahnt, warum die Frau den Satan besonders in
Wut versetzt haben könnte und dass darin der Grund liegt, warum er zuerst sie
anfiel: sie ist das bezaubernde Abbild der Liebe Gottes.
Welche Überfülle an „Simile“! Und wir werden sehen, wie sich
nach dem Sündenfall im Heilsplan Gottes diese Bildwelten trotzdem oder gerade
erst recht immer weiter entfalten!
„Wer
mich sieht, sieht den Vater!“ hieß es oben. Das heißt, Christus macht dem Vater
Ehre, Er ist „imago“ und „gloria“ des Vaters, aber nicht in einem
subalternen Sinne, sondern total!
Man kann das analog beim Menschen
sehen: Der Ehrenkodex vieler Kulturen weiß davon, wenn auch unter Sünde verzerrt:
Kinder machen in ihrem Verhalten und ihrer Erscheinung Mutter und Vater Schande
oder sind ihr Schmuck und Ruhm. Ebenso die Frau: sie ist dem Mann ein Ehrenkleid
oder sie zerstört seinen Ruf und seine innere Stabilität. Ihr Einfluss auf den
Mann scheint aller Erfahrung nach viel weitreichender und subtiler als der des
Mannes auf die Frau.
Beide, Mann und Frau, machen Gott gleichermaßen
Ehre oder aber Schande. Die Rede von den „Beleidigungen Gottes“ in den
Erscheinungen von Fatima[26]
wird so vollends in ihrer Tragweite verständlich: der Mensch macht mit dem
Anbruch der „Neuen Zeit“ (s.u.), die
mit dem endgültigen Untergang des Kaisertums und dem Aufstieg des Liberalismus
und Kommunismus und aller damit verbundenen ideologischen Implikationen nach
dem 1. Weltkrieg beginnt, dem Heiligen Gott immer mehr Schande.
„Volo autem vos scire quod omnis viri
caput Christus est, caput autem mulieris vir, caput vero Christi Deus.“[27] – Ich möchte, dass ihr wisst, dass Christus das Haupt des Mannes ist,
das Haupt der Frau der Mann, das Haupt aber Christi Gott.
Da diese Stelle ja keineswegs einer
arianischen Position Unterstützung liefern kann, meint sie nicht, dass Christus
dem Vater nicht absolut gleich oder gar „untergeordnet“ wäre. Sie kann nur meinen, dass der
Vater das Urbild ist, Christus sein totales
Abbild (das, weil es sich als Gott niemals gegen Gott auflehnen würde, auch
nicht weiter in der Möglichkeit, sich vom Urbild zu emanzipieren, reflektiert
werden muss), der Mann Abbild Christi
und die Frau das Abbild des Mannes – insofern er wirklich Christus total abbildet - sein soll. Hier steht
der Begriff „caput“ (Haupt). Kurz
zuvor schreibt der heilige Paulus: „(Vir)…
imago et gloria est Dei; mulier autem gloria viri est.[28]
Anstelle von „caput“ steht hier „gloria“, einmal nur „imago“. „Imago“ kann nicht anders als im
Sinne der Genesis auf Mann und Frau bezogen gemeint sein, denn der heilige Paulus
hat mit Gewissheit nicht die Heilige
Schrift korrigieren wollen. Es ist wichtig, dies zu betonen, denn andere
Kirchenmänner haben tatsächlich diese Textstelle umformuliert und ihren Sinn
total verfälscht. So behauptet beispielsweise Gratian: „„Hec imago Dei est in homine, ut unus factus sit ex quo ceteri
oriantur, habens inperium Dei, quasi uicarius eius, quia unius Dei habet
imaginem, ideoque mulier non est facta ad Dei imaginem. Sic
etenim dicit: "Et fecit Deus hominem; ad imaginem Dei fecit illum."
Hinc etiam Apostolus: "Vir quidem," ait, "non debet uelare
caput, quia imago et gloria Die est; mulier
ideo uelat, quia non est gloria aut imago Dei."[29] Gratian
widerspricht damit nicht nur glattweg und ohne mit der Wimper zu zucken der
Genesis, sondern er hat noch dazu den Text der Heiligen Schrift eigenmächtig
verfälscht für seine Zwecke. Der Vulgata-Text hat im Lauf der Jahrhunderte
wegen einiger gravierender Übersetzungsfehler mehrere Revisionen erfahren, aber
ich habe in keiner älteren Version, auch nicht bei Hieronymus selbst, diese
Verfälschung gefunden, mit der Gratian hier aufwartet.
Interessant ist in diesem
Zusammenhang, dass Thomas von Aquin schreibt: „Primo quidem, per hoc quod, cum secundum aequalitatem essentiae filius
sit patri similis, necesse est, si homo sit factus ad similitudinem filii, quod
sit factus ad similitudinem patris. Secundo quia, si homo esset factus solum ad
imaginem filii, non diceret pater, faciamus
hominem ad imaginem et similitudinem nostram, sed tuam.[30]
– Erstens also ist es dadurch, dass der
Wesensgleichheit halber der Sohn dem Vater gleich ist, notwendig, dass der
Mensch, wenn er zum Bild des Sohnes geschaffen ist, auch zum Bild des Vaters
geschaffen ist. Zweitens deshalb: wäre der Mensch nur zum Bild des Sohnes
geschaffen, dann hätte der Vater nicht gesagt „Lasst uns den Menschen zu
unserem Bild und Gleichnis schaffen“, sondern „zu deinem (Bild)“.
Wenn also der Apostel Paulus sagt,
der Vater sei Haupt des Sohnes, der Sohn sei Haupt des Mannes, der Mann aber
der Frau und zugleich auch, der Mann sei Bild und Glanz Gottes (Christi), die
Frau Glanz des Mannes, dann kann man aus diesem Satz keinen Rückschluss auf die
komplexe Struktur der „similitudo“
des Menschen ziehen. Hier wird eine einzelne Linie in der multidimensionalen
Abbildungsstruktur herausgehoben und für die Ehe als Abbild der Beziehung
zwischen Christus und Kirche, die wiederum eine „imago“ der Liebe zwischen Vater und Sohn zu sein scheint,
definiert. Damit erschöpft sich weder die Ebenbildlichkeit des Menschen zu Gott
im Ganzen, noch ist damit gar behauptet, die Frau sei nicht „imago Dei“.
Wer den Sohn sieht, sieht den
Vater. Der Vater und Christus sind eins.[31]
Kann man gemäß der Paulus-Textstelle sagen: Wer die Ehefrau sieht, sieht den
Mann als den, der wiederum Christus abbildet? Man kann es sagen, allerdings wie
oben dargelegt nicht in der Meinung, damit sei alles gesagt über die
Bildstrukturen zwischen Gott und Mensch. Die Aussage beschreibt eine Bilddimension, nämlich die zwischen
Eheleuten. Der heilige Paulus hätte sich niemals zu einer Abwertung der Frau
verstiegen, wie dies leider viele getan haben. Er stellt im Gegenteil bei all
seinen Ausführungen fest: „Sacramentum
hoc magnum est.“[32]
– Das Geheimnis ist groß! Es geht
niemals um eine vulgäre Rangordnung, sondern um ein Geheimnis der „similitudo“, das auch er, wie er
zugeben muss, nicht vollständig zu erfassen vermag. Die Aussage des hl. Paulus
greift die Abfolge der Schöpfungsakte als reine Abfolge ohne weitere Wertungen
auf. Dass darin keine substantiellen Wertungen liegen können, geht daraus
hervor, dass er sagt, der Vater sei das Haupt Christi. Er sagt weder
ausdrücklich oder einschränkend, noch kann das geschlossen werden, dass die
Frau nicht auch selbst Christus abbildet. Würde er das behaupten, käme er in
Widerspruch zu einigen anderen Aussagen, die er macht. Er sagt beispielsweise,
dass eine Ehe mitsamt der Familie, in der nur die Frau gläubig ist, durch die
Frau „geheiligt“ ist.[33]
Wäre die Frau ein vollständig vom Mann abhängiges Ebenbild Christi, könnte er
dies nicht behaupten: eine solche Ehe, deren Mann ungläubig ist, müsste daraus
folgend völlig christusfern bleiben. Mit einer solchen Idee gibt sich der
heilige Paulus nicht einmal ansatzweise ab! Im Gegenteil: er schärft der Frau
ebenso wie dem Mann – für den Fall, dass nur einer von den Ehepartnern gläubig
ist - simultan ein: „Unde enim scis
mulier, si virum salvum facies ? aut unde scis vir, si mulierem salvam facies?[34]
– Deshalb also: was weißt du, Frau, ob du den Mann nicht selig machst? Oder genauso
du, Mann: was weißt du, ob du die Frau nicht selig machst?
Für den vermutlich häufigen Fall,
dass der Ehemann hier versagt oder lange vor der Frau stirbt oder aber die Frau
gar keinen Mann hat, muss gelten: wer die (Ehe-)Frau sieht, muss Ihn sehen können.
Noch ein weiterer Umstand spricht gegen die vulgäre Vereinseitigung der
diskutierten Textstelle:
Die ausgesprochen starke Möglichkeit,
dass eine Frau sich direkt Christus vermählt, der ja tatsächlich als Mann ins Fleisch kam und insofern
für jede Frau der „vir“ schlechthin ist, bespricht Paulus
bereits ausführlich und hält dies sogar noch für den besseren und der Ehe, wem
es gegeben ist, vorzuziehenden Weg![35]
Die zölibatäre Frau bildet als die Christus unter Verzicht auf einen irdischen
Mann angetraute Braut ebenso wie die weltliche Ehefrau, deren Mann nicht
gläubig ist, sogar extrem stark Ihn direkt ab, insofern sie Seine „imago et gloria“ ist und nichts anderes
sein will. Der zölibatäre Mann wiederum bildet als Mann ebenfalls vollkommen IHN ab, hier sogar in der Potenz zu
der überaus erhobenen, formellen Rolle als Priester, die dem Ehemann nach der
gesamten Tradition nicht in der Radikalität und Stabilität zukommt! Es ist im
zölibatären Leben die vollkommene Freiheit der Geschlechter zu Ihm hin erst vollends
sichtbar und die römisch-katholische Kirche alleine hat das erkannt. Man kann
allerdings den Eindruck gewinnen, dass in diesem Gefüge die Position des
Ehemannes die schwächste ist und allein schon deswegen die Frau ihn unbedingt
ehren und sich ihm unterordnen soll, um Gott nicht zu beleidigen, der keine
Subordinationen will unter den Menschen.
Der Mann verlässt nach der guten
Ordnung Gottes sein Elternhaus, um sich an die Frau zu „kleben“ (adhaerere). So
wie der Psalmbeter sich an Gott „klebt“. Man kann deshalb radikal die Frau als „alter ego“ des Mannes betrachten. Sie, mit
der er sich „verkleben“ will, ist
tatsächlich er: „Ita et viri debent
diligere uxores suas ut corpora sua. Qui suam uxorem diligit, seipsum diligit;
nemo enim umquam carnem suam odio habuit, sed nutrit et fovet eam sicut et
Christus ecclesiam. (…) “[36]
Der Grund, warum der Apostel zuvor die
Ehefrau auffordert, sich dem Ehemann ganz zu unterstellen, liegt also überhaupt
nicht darin, dass sie ihm naturhaft oder aufgrund schwächerer Fähigkeiten
sowieso schon „untergeordnet“ wäre. Wäre dies der Fall, bedürfte es keiner
Aufforderung zur freiwilligen Unterordnung. Sie soll ihm insofern untertan sein,
als sie die Kirche, die geliebte Braut abbildet, die sich ganz Christus
unterstellt, der sich aber seinerseits völlig entäußert hat, um sich für sie
hinzugeben und mit ihr unauflöslich zu verbinden. Der Ehemann wird daher deutlich
ermahnt, seine Frau zu lieben und sich für sie hinzugeben. Erst darin empfängt
er seine eigentliche und große Rolle in der Familie und Gesellschaft. Sein
Vorbild ist der heilige Joseph, der jeden Dominanzanspruch fahren ließ und der
Mission seiner Braut diente und dadurch ein Heiliger und ein Held wurde.
„Mulier propter virum“ - die
Degradierung der Frau durch die modernistische Ekklesiologie
„Mulier
propter virum“[37],
die Frau ist „wegen des Mannes geschaffen“ (nicht umgekehrt!), weil der Mensch als
„imago et similitudo Dei“ Gott
zuliebe geschaffen worden ist: wie der Mensch – in der Frau stellvertretend
sichtbar werdend – um Gottes willen, so – im Abbild - die Frau um des Mannes
willen. An dieser Stelle kann ich mir eine Kritik an Kardinal Gerhard Ludwig
Müller nicht versagen: Er schreibt, die Geschaffenheit der „Frau für den Mann“ (1. Kor. 11,9) bedeute
nicht, sie sei „um des Mannes willen“ geschaffen worden.[38]
Das „mulier propter virum“ heißt demgegenüber
wörtlich sehr wohl, dass die Frau „wegen“ oder „um des Mannes willen“
geschaffen ist. Die Frau repräsentiert darin nichts Geringeres als die ganze
Menschheit (übrigens stellvertretend auch für den Mann!), die auf Gott hin und
für Ihn geschaffen ist. Die Verneinung dieser großen Rolle der Frau im
Modernismus, hier ausgesprochen vom Präfekten der Glaubenskongregation, hat
ihre Ursache im Evolutionsglauben, der der Schöpfungserzählung in ihren
Einzelheiten bezüglich des Menschen keine tiefe Bedeutung zuerkennen kann, dem
auch Müller anhängt[39],
und in der versch(r)obenen Ekklesiologie, die das Vaticanum II formuliert hat. „Lumen gentium“ hatte über die Kirche
gesagt: „Die Kirche ist ja in Christus
gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste
Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit.“ [40] Das
klingt sehr erhaben, sagt nichts Präzises und suggeriert, die Kirche selbst sei
das Sakrament der „einen Menschheit“, die nun als ein übernatürlicher Allbegriff
gedacht wird, der das Wollen des einzelnen Menschen erstickt. Insofern spielt
das Mann- und Frausein keinerlei besondere Rolle mehr. Es ist schlüssig, wenn
eine nachkonziliare Kirche, aus der man im übrigens auch die reale Präsenz der
Gottesmutter entfernt hat, nicht mehr verstehen kann, warum das Priestertum
dann dem Mann vorbehalten ist. Kardinal Müller verwischt die ohnehin schon
verwischte Ekklesiologie des Vaticanum II noch mehr. Auffallend ist, dass er
buchstäblich in jedem Satz Machtverhältnisse (!) klären muss, unbeabsichtigt
einem unsäglichen Klerikalismus frönt, am Wesen der Liebe Gottes zu uns total
vorbeischießt, wie ich meine, und von daher auch keinerlei Imagination davon
haben kann, was die Frau darstellt oder sichtbar macht, geschweige denn, dass
er den Mann verstehen könnte:
„Denn
die „Hierarchie“ ist nicht die Herrschaft der Geistlichen über die Kirche ,
sondern „heilige Vollmacht“. Sie wird, insofern der Sendende sich selber im
Gesandten (Apostel) repräsentiert, von Christus als Ursprung (Haupt) allen
kirchlichen Handelns ausgeübt. Die zum Wesen der Kirche gehörende Mitwirkung
und Präsenz der Laien ergibt sich nicht aus der Übernahme demokratischer
Elemente, sondern aus Taufe und Kirchenmitgliedschaft. Was Kirche ist, gilt es
neu zu entdecken (…) Sie ist in Christus Zeichen und Werkzeug der angebrochenen
und in der Geschichte sich dynamisch durchsetzenden Gottesherrschaft.“[41] Unter dem Schuttberg einer solchen
unverständlichen Terminologie ist nicht nur für die Frau und Gottesmutter kein eigenständiger
und unverzichtbarer Platz, sondern überhaupt für die Kirche als „Heilswerk Gottes“, wie Leo XIII. sie
nannte[42],
das nicht verwechselt werden darf mit einer „dynamisch
sich durchsetzenden Gottesherrschaft“. Es ist ein gravierende Verschiebung
der Metaphorik, wenn wir die Kirche nicht mehr als makellose Braut Christi
betrachten, die an die Krankenbetten der einzelnen Sünder eilt, sondern als
eine Institution, die die Gottesherrschaft in der „Menschheitsfamilie“ (wie
Johannes XXIII. und Pauls VI. zu sagen pflegten) durchsetzt. Die Rede von der „heiligen Vollmacht“ der Kleriker ist ebenso
verwaschen. Traditionell hat doch jeder Gläubige, weil jeder zur Heiligkeit
berufen ist, grundsätzlich die Potenz zur „heiligen
Vollmacht“. Es handelt sich dabei um Charismen verschiedener Art. Solche „heilige Vollmacht“ hängt gewiss nicht
am Weihesakrament. Müller interpretiert also das Weiheamt als charismatisches
Amt. Dies raubt dem Weiheamt jedoch seinen spezifischen, objektiven, formellen
Charakter. Die Hierarchie ist zwar tatsächlich keine „Herrschaft der Geistlichen über die Kirche“, sondern sie soll die
Herrschaft Christi, seine Rolle als „caput
ecclesiae“ objektiv und eben gerade nicht charismatisch sichtbar machen. Das
schließt selbstverständlich nicht aus, dass Weiheträger auch Heilige sind oder
sein können. Das „caput ecclesiae“,
nämlich der „sponsus Christus“, der
sich, wie wir sahen, für diese Braut ans Kreuz nageln ließ, ist kein Machthaber,
wie ihn sich die Israeliten zu Samuels Zeiten, aber auch hinsichtlich des
erwarteten Messias vorstellten, sondern ein Lamm, das sich zur Schlachtbank
führen ließ… Der Klerus ist formelles Abbild dieses Lamm-Königs und handelt formell „in persona Christi“. Anderseits aber ist jeder Gläubige ein informelles Abbild dieses allerliebsten
und zerschlagenen Herrn. Das Charakteristikum des Weiheträgers ist nicht die „heilige Vollmacht“, sondern die formelle
Vollmacht, in persona Christi zu handeln!
Sprach man nicht immer vom „Reich
Gottes“ und dem „Himmlischen Jerusalem“, das „unsere Mutter“ und durchaus nicht
von dieser Welt ist? “Illa autem, quae
sursum est Ierusalem, libera est, quae est mater nostra.“ – Jene aber, die
erhoben ist, Jerusalem (das himmlische
Jerusalem), die frei ist, ist unsere Mutter.“ [43]
Woher plötzlich dieses politische und machtorientierte Gerede von „dynamisch sich durchsetzender
Gottesherrschaft“, dieser Austausch des „Himmlischen Jerusalems“ gegen eine Herrschaftsperspektive, die eher
nach Islam als nach Christentum klingt?
Die modernistische Theologie hat
die Frau als Frau, als Gegenstand der besonderen Liebe Gottes und des Mannes, als
Abbild des „Himmlischen Jerusalem“ und der „Kirche“, die nicht auf die Erde
zurückverweist, sondern im Kreuz Christi von der Erde hinauf in den Himmel, ersatzlos
aus der Kirche geworfen und die Gottesmutter als „Tochter Zion“, die den Alten
mit dem Neuen Bund verknüpft[44],
zu einer herz- und geistlosen Kupplung, zu einem toten Scharnier und zu einer gesichtslosen
Prozess-Funktion, die den Gottessohn, den man vor allem als Menschensohn wahrnimmt, wie auch immer und
unwesentlich geboren und aufgezogen hat, degradiert. Das kommt auch im
unglücklichen Versuch Pauls VI., die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria,
die als das, was sie ist, sträflich beiseite gedrängt wurde auf dem Vaticanum
II, den Titel „Mater ecclesiae“ zu
verleihen[45], zum
Vorschein. Bislang war Maria selbst die „Mutter der Gläubigen“, die „Gussform“
(Augustinus) der Kirche, die ihre Kinder barg und nicht die Mutter dieses nach
Herrschaft strebenden, charismatisch-klerikalen Vollmachtsapparates, dem ein
ebenso charismatisches „pilgerndes Gottesvolk“ assoziiert ist … Der Titel „Mater ecclesiae“ katapultiert die
Gottesmutter aus ihrem ureigensten Amt als Urtypus und Mutter Jesu und aller
Seiner in Ihr hinzugewonnenen Adoptivgeschwister in ein nicht weiter
definiertes Außen, während im Innern die Söhne Herrschaft unter dem Deckmantel
eines kollegialen und charismatischen Würgegriffs spielen, der der Frau die
Wahl lässt zwischen völliger Ignoranz als Frau oder einer brutalen
Maskulinisierung… Nicht nur, dass Paul VI. schon wieder ein „Neues Pfingsten“,
diesmal für den afrikanischen Kontinent, anhand des Marientitels „Mutter der
Kirche“ vorhersagte, sondern schon der erste Satz seiner feierlichen Anrufung
Mariens steckt voller fragwürdiger Setzungen:
„O
Maria, Mutter Gottes und Mutter der Kirche, Dank Dir hat sich am Tag der
Verkündigung, am Morgen der neuen Zeit, das ganze Menschengeschlecht mit seinen
Kulturen voller Freude als bereit erkannt für die Aufnahme des Evangeliums.“[46]
Uns ist überhaupt nirgends in der
Tradition eine „neue Zeit“ verheißen
worden, auf die wir zuleben sollen, sondern auf die Wiederkunft Christi sollen
wir geduldig und wachsam warten, die einem beispiellosen Glaubensabfall folgen
wird…
Und weiter muss man sich fragen,
woher Paul VI. denn weiß, ob das „ganze Menschengeschlecht“
sich “als
bereit erkannt“ hat „für die Aufnahme
des Evangeliums“. Sagte Jesus nicht vielmehr, Er werde, wenn Er kommt, kaum
mehr Glauben vorfinden auf der Erde?[47]
Die Frau als von Gott und Mann Geliebte
Welche Überlagerung von Abbildern
demgegenüber in den überlieferten Worten der Schrift und der Tradition! Aber in
welche Richtung weisen uns diese „Imagines“:
Gott klebt sich in Christus an die Kirche. Die betende Kirche klebt sich an Ihn,
der Mann klebt sich an die Frau und die Frau, als „Imago Dei“ und „Imago
ecclesiae“ und „Gloria viri“ umworben,
kann, sofern sie nicht völlig verdorben ist, dazu nur sagen … Fiat! Ja! Amen! Auf sie weisen alle Bildzeiger
der Liebe Gottes. Sie ist Ausdruck und Gegenstand
der leidenschaftlichen Liebe. Sie ist darum auch Gegenstand des satanischen
Hasses. Darauf werde ich später zurückkommen. Im Buch Weisheit glänzt diese
totale Liebe zur Frau sowohl vonseiten des Mannes als auch vonseiten Gottes auf
wie ein strahlendes Licht. Nicht eine einzige Stelle in der ganzen Heiligen
Schrift macht dem Mann eine solch zärtliche Liebeserklärung:
„In ihr ist ein Geist, gedankenvoll, heilig, mannigfaltig, zart,
beweglich, durchdringend, unbefleckt, klar, unverletzlich, das Gute liebend,
scharf, nicht zu hemmen, wohltätig, menschenfreundlich, fest, sicher, ohne
Sorge, alles vermögend, alles überwachend und alle Geister durchdringend … Sie
habe ich geliebt und gesucht von Jugend auf, ich suchte sie als Braut
heimzuführen und fand Gefallen an ihrer Schönheit. Im Umgang mit Gott beweist
sie ihren Adel, der Herr über das All gewann sie lieb. Eingeweiht in das Wissen
Gottes, bestimmt sie seine Werke … So beschloss ich, sie als Lebensgefährtin
heimzuführen, denn ich wusste, dass sie mir guten Rat gibt und Trost in Sorge
und Leid.“[48]
So ist das Bild unserer wahren Tradition
von der Frau, wie Gott sie gedacht hat, vollkommen erfüllt in der
allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria. Wieso sollte eine Frau das
nicht mit Freuden annehmen? Und da sie schon einen so hohen Rang hat, geziemt
es ihr – uns Frauen - tatsächlich, den Mann – im menschlichen Umgang - zu ehren,
ihm den Vortritt zu lassen, ihm die Würde zuzugestehen, die darin liegt, dass
er dieses Werben repräsentieren darf und darin sein Wesen findet, das ihn ganz
eng mit Christus verbindet. Die Potenz des Mannes besteht darin, dass er dazu
berufen und befähigt ist, Gott als den Liebenden zu repräsentieren, den
liebenden Vater, Hirten, Bräutigam und … Sohn. Das ist schön!
Subiecti invicem – unterstellt euch einander gegenseitig!
Paulus sieht in der Tatsache, dass
es dem Mann (vor dem Sündenfall) gesetzt ist, Vater und Mutter zu verlassen, um
sich an seine Frau zu binden, das Bild für die innige Liebe Christi zur Kirche:
„…sicut et Christus dilexit ecclesiam et
seipsum tradidit pro ea, ut illam sanctificaret mundans lavacro aquae in verbo,
ut exhiberet ipse sibi gloriosam ecclesiam non habentem maculam aut rugam aut
aliquid eiusmodi, sed ut sit sancta et immaculata…“ - … wie auch Christus die
Kirche geliebt hat und sich selbst für sie entäußert hat, damit er sie im
Wasser und im Wort heilig und rein machte, so will er sich auch die Kirche
herrlich vor Augen stellen, ohne Makel und Runzel oder irgendetwas dergleichen,
damit sie heilig und makellos sei.[49]
Es klingt, als hätte Gott schon bei
der Erschaffung des Menschen „geplant“, dass der Mensch fallen würde und von
Vornherein im Menschen die Liebe des Sohnes zur Kirche gleich mit abgebildet,
indem er dem Mann setzte, er müsse seine Eltern verlassen, um der Frau zu
folgen. Auch hier überlagern sich wieder die Bilder, sagt Jesus doch später,
wer nicht bereit sei, Vater und Mutter zu verlassen, um Ihm nachzufolgen, sei Ihn
nicht wert.[50]
Aus der Überschrift, die der
heilige Paulus über diesen Abschnitt setzt, geht um ein weiteres hervor, dass
mit der Bildfolge auf keinen Fall eine Emanation, gemeint sein kann:
„Subiecti invicem in timore Christi.”[51] – Unterstellt euch einander in der Ehrfurcht vor Christus.
Einerseits bilden Mann und Frau
Christus und die Kirche ab. Andererseits bilden sie aber auch mit Christus Gott
ab, Er als der Gottes- und Menschensohn, sie als die
Adoptivsöhne und –töchter.
Nicht das „subicere“ unter dem Gesichtspunkt der Dominanz beschreibt das vollkommene
Wesen der Beziehungen zwischen den Menschen untereinander und Gottes zu den
Menschen und in sich selbst, sondern das „subicere“
ist die einzig angemessene Reaktion auf die Totalität des Abbildens in Liebe,
die in Christus für uns alle wiederhergestellt ist.[52]
Die gegenseitige Unterordnung trägt dem gemeinschaftlichen Abbilden Gottes
Rechnung, weil es das einzig gute und wichtige Ziel alles menschliches Seins
ist. Die genauere Ausfaltung, wie diese gegenseitige Unterordnung aussehen
sollte, trägt dem „internen“ menschlichen Abbild Rechnung: „…singuli unusquisque suam uxorem sicut seipsum diligat; uxor autem
timeat virum…“[53] – Jeder von euch liebe seine Frau wie sich
selbst; die Frau aber ehre den Mann.
Die Zukunft der Geschlechterbeziehung ist zölibatär
Jesus hat uns vorhergesagt, dass
wir im Himmel nicht mehr heiraten würden („in
resurrectione enim neque nubent neque nubentur, sed sunt sicut angeli in
caelo.“ Mt. 22, 30), die Beziehung der Geschlechter sich also wesentlich
ändern wird. Die Kirche hat – im Gegensatz etwa zur Orthodoxie – die Ehe nur
bis zur Grenze des Todes als unauflöslich angesehen.[54]
Es ist die einzig sinnvolle Lesart der Matthäus-Stelle, die oben zitiert ist.
Wenn keiner der Ehemänner der Frau in dem Fallbeispiel, das die Sadduzäer mit
Jesus durchspielen wollen, im Himmel mehr als ihr Mann gilt, kann man nur
folgern, dass im Himmel die Ehe, auch die gewesenen Ehen, als Ehen keine Rolle
mehr spielen werden. Die Vorstellung, man sei im Himmel immer noch verheiratet,
wie man es auf Erden war, ist demnach unhaltbar. Den himmlischen Zustand nehmen
diejenigen vorweg, die im Zölibat leben. Ihre Beziehungen zum anderen
Geschlecht drücken bereits den vollkommen freien Zustand aus, der der uns allen
verheißen ist. Andererseits sagt der heilige Paulus auch hinsichtlich der
Eheleute: „qui habent uxores, tamquam non
habentes sint“[55]
– die Frauen haben, seien so, als hätten
sie keine.
Inwiefern das Mann- und Frausein
dann überhaupt noch von Relevanz sein wird, können wir uns kaum ausdenken. Ist
es Abbild des trinitarischen Gottes, wird es wohl kaum einfach „neutralisiert“
oder „weggegendert“. Es würde – in dieser Argumentation - bestehen wie bei
Zölibatären, die ja vollständige und liebesfähige Männer und Frauen sind, aber
das Hin- und Hergerissensein zwischen dem menschlichen „adiutor“ und dem „adiutorium“
Gottes, das Gespaltensein zwischen göttlicher und menschlicher „Obödienz“ – um
es ironisch zu sagen - , von dem der Apostel spricht[56],
um Christi willen aufgegeben haben. Sie sind uns anderen starkes Zeichen für
das, worauf wir hinleben. Solche Männer und Frauen sind in eigener Weise Abbild
Gottes und sie sollen es ebenso total,
vielleicht noch viel radikaler sein als Eheleute. Diese Gedanken legen
andererseits die Vorstellung nahe, dass wir im Himmel auf eine völlig andere
Art Gottes Ebenbild sein könnten, die von der Ausstattung als Mann und Frau her
gedacht, nicht absehbar ist.
Denn nach Thomas von Aquin ist die
Differenzierung des Menschen nach Mann und Frau vor Gott nur eine
Differenzierung der Physis nach - keine
geistige Differenzierung:
„Praeterea, Gen. I, creavit Deus
hominem ad imaginem suam, ad imaginem Dei creavit illum, masculum et feminam
creavit eos. Sed distinctio masculi et feminae est secundum
corpus. Ergo etiam secundum corpus attenditur Dei imago in homine, et
non secundum mentem tantum.[57] – Ferner, Genesis 1,
schuf Gott den Menschen zu Seinem Bild, zum Bild Gottes schuf er ihn, männlich
und weiblich schuf er sie. Aber die Unterscheidung des Männlichen und
Weiblichen ist dem Leibe nach. Darum wird man das Ebenbild Gottes im Menschen
dem Leibe nach auffassen, und nicht so sehr dem Geist nach. Thomas bezieht
sich auf den Satz des heiligen Paulus, der Mann
(vir) sei „Imago Dei“, damit sei folglich die leibliche Erscheinung gemeint
und weniger die geistige. Andererseits widerspreche dem, „quod apostolus dicit, ad Eph. IV, renovamini spiritu mentis vestrae, et induite novum hominem, ex
quo datur intelligi quod renovatio nostra, quae fit secundum novi hominis
indumentum, ad mentem pertinet. Sed ad Col. III, dicit, induentes novum hominem, qui renovatur in agnitionem Dei, secundum
imaginem eius qui creavit eum, ubi renovationem quae est secundum novi
hominis indumentum, attribuit imagini Dei. Esse ergo ad imaginem Dei pertinet
solum ad mentem.“ – dass der Apostel in Eph. 4 sagt, erneuert euern Geist, und
zieht den neuen Menschen an, woraus erkannt werden kann, dass unsere
Erneuerung, die im Gewand des neuen Menschen geschehen soll, sich auf den Geist
bezieht. Aber in Kolosser 3 sagt er, zieht den neuen Menschen an, der in der
Erkenntnis Gottes erneuert wird, nach dem Bild dessen, der ihn geschaffen hat, also
Erneuerung, die im Gewand des neuen Menschen ist, dem Bild Gottes entspricht.
Folglich bezieht sich das Bild Gottes nur auf den Geist.[58]
Die leibliche Differenz scheint Thomas demnach in Christus nicht überschätzen
zu wollen.
Zu demselben Schluss gelangt auch
der Apostel Paulus:
„Verumtamen
neque mulier sine viro, neque vir sine muliere in Domino; nam sicut mulier de
viro, ita et vir per mulierem, omnia autem ex Deo. »[59]– Andererseits aber ist im Herrn weder die
Frau ohne den Mann, noch der Mann ohne die Frau ; denn so wie die Frau vom Mann kommt, so auch
der Mann durch die Frau, alles aber aus Gott.
+++
In einer weiteren Reflexion werde
ich vor allem die Dekonstruktion des soeben beschrieben komplementären Wesens
des Menschen als „Imago Dei“
betrachten, die mit dem Sündenfall und dem Fluch, den die Menschen über sich
selbst gebracht haben, und den Gott laut aussprach, begann.
Copyright by Hanna Jüngling
Artikel erschien auch auf www.katholisches.info.
[1] Gen.
1, 26+27)
[2] Gen.
2, 18
[3] Gen.
1,
[4] Psalm
8, 6
[5] Kol.
1, 15 f
[6] Gen.
1, 28
[7] 1.
Kor. 11, 7
[8] Diese
Behauptung wird in der Literatur immer wieder aufgestellt. Zum Beispiel Oda
Schneider: Vom Priestertum der Frau. 1993 (Neuauflage von 1934)
[9] 1. Kor. 11, 11 f
[10] Lev.
25, 46
[11] http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Sklaverei#Mittelalter,
abgerufen am 29.5.2014
[12] 1.
Samuel 8, 5
[13] 1.
Samuel 8, 7
[14] 1.
Samuel 8, 19
[15]
Chrysostomus (+ 407): 9. Homilie über den 1. Brief an Timotheus. In: Bibliothek
der Kirchenväter auf http://www.unifr.ch/bkv/kapitel4472.htm#4 „Deßhalb
hat Gott ihr eine untergeordnete Stellung angewiesen, da sie von ihrer
übergeordneten oder vielmehr von ihrer Gleichstellung einen schlechten Gebrauch
gemacht hat. „Zu deinem Manne,“ heißt es, „sollst du deine Zuflucht nehmen. Vorher
war davon keinem (sic) Rede gewesen“ (Anm. d. Autorin: Übertragung von Gen. 3,
16) am 5.6.2013
[16] Pius
X. Katechismus, § 19
[17] Kol.
1, 15
[18] Joh.
14, 9
[19] Der
Begriff steht hier in Anführungszeichen, weil er zwar viel gebraucht wird, aber
nur eine Hypothese soziologischer Forschung und weniger als sichere Realität zu
betrachten ist. Gemeint ist hier jede Kultur, die die Frau zurückstellt und mit
weniger Rechten versieht als den Mann.
[20] Gen.
2, 23
[21] Gen.
2, 18+20
[22] Zum
Beispiel in Psalm 70 mit der berühmten Eingangsformel für das Stundengebet
„Deus, in adiutorium meum intende..“ oder Psalm 62, 7 f: „Si memor fui tui
super stratum meum, in matutinis meditabor in te. Quia fuisti adjutor meus, et in velamento
alarum tuarum exsultabo. Adhæsit anima mea post te ; me
suscepit dextera tua.“
[23] Gen.
2, 24
[24] Mt.
19, 5; Mk. 10, 8; Eph. 5, 31; 1. Kor. 6, 16
[25]
Hildegard von Bingen: Scivias – Wisse die Wege. S. 100 f
[26]
Mura/Huber: Fatima-Rom-Moskau. Stuttgart 2010 (Sarto), S. 22: Im Gebet des
Engels an die Heilige Dreifaltigkeit heißt es: „… zur Sühne für alle
Lästerungen, Sakrilegien, Gleichgültigkeiten, durch die ER selbst beleidigt
wird….“
[27] 1.
Kor. 11, 13
[28] 1.
Kor. 11, 7
[29] Decretum gratiani (um 1140), Causa XXXIII,
quaestio V, c. XIII
[30]
Thomas von Aquin, Summa theologica I q. 93 a. 5
ad 4. …die Fortsetzung der obigen
Argumentation lautet übrigens: „Cum ergo dicitur, ad imaginem Dei fecit illum,
non est intelligendum quod pater fecerit hominem solum ad imaginem filii, qui
est Deus, ut quidam exposuerunt, sed intelligendum est quod Deus Trinitas fecit
hominem ad imaginem suam, idest totius Trinitatis. Cum autem dicitur quod Deus
fecit hominem ad imaginem suam, dupliciter potest intelligi. Uno modo, quod
haec praepositio ad designet terminum factionis, ut sit sensus, faciamus
hominem taliter, ut sit in eo imago. Alio modo, haec praepositio ad potest
designare causam exemplarem; sicut cum dicitur, iste liber est factus ad illum.
Et sic imago Dei est ipsa essentia divina, quae abusive imago dicitur, secundum
quod imago ponitur pro exemplari. Vel, secundum quod quidam dicunt, divina
essentia dicitur imago, quia secundum eam una persona aliam imitatur.“
[31] Joh.
10, 30: „Ego et Pater unum sumus.“
[32] Eph.
5, 32
[33] 1.
Kor. 7, 14: „sanctificatus est enim vir infidelis per mulierem fidelem, et
sanctificata est mulier infidelis per virum fidelem : alioquin filii vestri
immundi essent, nunc autem sancti sunt.”
[34] 1.
Kor. 7, 16
[35] 1.
Kor. 7 ganz
[36] Eph.
5, 28
[37] 1.
Korinther 11, 9
[38]
Gerhard Ludwig Müller: Kann nur der getaufte Mann gültig das Weihesakrament
empfangen? In: ders. (Hg.): Frauen in der Kirche. Eigensein und
Mitverantwortung. Würzburg 1999 (Echter). S.
298
[39]
Gerhard Ludwig Müller: Gott und seine Geschichte. Der Präfekt der
Glaubenskongragation über Bibel und Glaube. Freiburg 2005/2012, digitale
Version. Kapitel „Der Gott des Bundes mit Israel“
[40]
Lumen gentium 1
[41]
a.a.O. Gerhard Ludwig Müller, S. 284 f
[42] Leo
XIII., Enzyklika „Satis cognitum“ 1896,
2.2.1.1
[43] Gal.
4, 26
[44]
Ratzinger Joseph, Einführung in das Christentum. München 2005, S. 255 ff
[45] S.
nächste Anm.
[46] Paul
VI., „Mater ecclesiae“, Proklamation am 21. November 1964, der Verkündigung von
„Lumen gentium“, abgerufen auf http://www.kathpedia.com/index.php?title=Mater_Ecclesiae_%28Marientitel%29#Feierliche_Proklamation
am 27.5.2014
[47] Lk. 18, 8 : « Verumtamen
Filius hominis veniens, putas, inveniet fidem in terra ?“
[48] Weisheit 7, 22-23; 8, 2-4; 9,1
[49] Eph. 5, 25f
[50] Mt. 10, 37 f: „Qui amat patrem aut matrem
plus quam me, non est me dignus; et, qui amat filium aut filiam super me, non
est me dignus; et, qui non accipit crucem suam et sequitur me, non est me
dignus. »
[51] Eph.
5, 21
[52] Im
tridentinischen Mess-Ordo heißt dies: „Deus, qui humanae substantiae dignitatem
mirabiliter condidisti et mirablius reformasti…“ (Gott, der Du die Würde der
menschlichen Natur wunderbar begründet und noch wunderbarer
erneuert/wiederhergestellt hast…“)
[53] Eph. 5, 33
[54] CIC, Can. 1141
[55] 1. Kor. 7, 29
[56] 1. Kor. 7, 33 f: „qui autem cum uxore
est, sollicitus est, quae sunt mundi, quomodo placeat uxori, et divisus est. Et
mulier innupta et virgo cogitat, quae Domini sunt, ut sit sancta et corpore et
spiritu; quae autem nupta est, cogitat, quae sunt mundi, quomodo placeat viro. »
[57] Summa th., I q. 93 a. 6 arg. 2
[59] 1. Kor. 11, 11 f
Welch eine Vorlesung! Vielen Dank dafür!
AntwortenLöschenDiesen , so wichtigen und wertvollen Satz, würde hierzulande wohl kaum ein Bischof unterschreiben; geschweige denn die Welt der emanzipierten Damen, ja der ganzen Gesellschaft. - Und auch ich muss gestehen ein Kind dieser Gesellschaft zu sein, was bedeutet, dass auch ich mein Verhalten sehr angepasst habe.
"So ist das Bild unserer wahren Tradition von der Frau, wie Gott sie gedacht hat, vollkommen erfüllt in der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria. Wieso sollte eine Frau das nicht mit Freuden annehmen? Und da sie schon einen so hohen Rang hat, geziemt es ihr – uns Frauen - tatsächlich, den Mann – im menschlichen Umgang - zu ehren, ihm den Vortritt zu lassen, ihm die Würde zuzugestehen, die darin liegt, dass er dieses Werben repräsentieren darf und darin sein Wesen findet, das ihn ganz eng mit Christus verbindet. Die Potenz des Mannes besteht darin, dass er dazu berufen und befähigt ist, Gott als den Liebenden zu repräsentieren, den liebenden Vater, Hirten, Bräutigam und … Sohn. Das ist schön!"