Sonntag, 15. Dezember 2019

Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Natur und Gegennatur

Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Natur und Gegennatur


Dass wir es längst nicht mehr mit einem Konstrukt der „Natur als Gegenwelt“, einer Projektionsfläche des natürlichen Heils  zu einer destruktiven Zivilisation zu tun haben, wird mir immer deutlicher. Es geht um nichts weniger als ein spirituelles Konzept. Einen „Mythos des 21. Jahrhunderts“, nachdem der „Mythus des 20. Jahrhunderts“ bereits die tradierten christlichen Mythen hinweggefegt hatte und durch einen (angeblich) wissenschaftlich „fundierten“ völkischen Mythos ersetzt hatte, der nicht lange Bestand hatte, dessen bevölkerungspolitische Intention aber nach wie vor wirkt, wie ich gleich zeigen will.

Es geht jetzt um die Beschwörung einer Gegennatur zur natürlichen Natur. Die Klimabewegung vollzieht einen okkulten Ritus, eine Anrufung, die die künstliche Natur herbei bitten soll und eine messianische Erwartung in apokalyptischem Szenario an den Himmel projiziert.

Neulich geriet ich unfreiwillig in eine FFF-Demo. Die üblichen Sprüche wurden skandiert:
„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ (Wer ist eigentlich „ihr“ und wer „wir“ und wie „klaut man Zukunft“?) Oder „Es gibt keinen Planet B“ (Wieso eigentlich nicht in der kopernikanischen Science Fiction-Welt geheiligter NASA-Information — es wimmelt doch geradezu nur so vor Galaxien … oder doch nicht?).
Oder knapp und populistisch „Climate Justice“.
Oder in unnachahmlichem Denglisch: „We stand for what we stand“ (Dazu ganz am Schluss eine Bemerkung…).
Und ähnlich: „Make Earth great again!“ (Rückfrage: Wann war sie denn mal groß und vor allem: inwiefern?!).
Ich hasse Parolen.
Nichts wäscht weißer als Persil.
Hol’s dir, bevor es weg ist.
Dafür geh ich meilenweit … in der Natur gegen die Natur.

Es sind inzwischen schon zahlreiche spontane Interviews mit diesen Demonstranten geführt worden und haben gezeigt, dass sie zwar alle voller Aktivismus und “Idealismus” sind, dies aber mehr als vage. Man hat sie mobilisiert für einen „guten Zweck“. Vorerst besteht er darin, dass sie drum betteln, noch mehr Steuern zahlen zu dürfen. Warum auch nicht? Vater Staat bzw seine Gehilfin „Mutti“ meint es in jedem Fall gut, wenn er oder sie noch mehr Geld verdrücken kann.

Wer der Big Brother ist, der hinter der FFF-Bewegung steht, wissen sie nicht. Den gibt es nicht, weil das eine Verschwörungstheorie wäre, und Verschwörungen gibt es sei Merkel in Deutschland nicht mehr. Die Welt wird besser mit jedem Tag. Hurra.
Sie glauben im Ernst, ein verkniffenes 16-jähriges Kindchen hätte das in einer Welt, in der zahlreiche fleißige und kluge Leute ausgebremst werden, voller Kraft und Wahrheit im Handumdrehen gegen den Haifisch-Kapitalismus auf die Beine gestellt.

Und sie haben durchweg keinerlei Ahnung davon, was sie hier reden, woher die Meinungen kommen, für die sich begeistern, wofür genau sie demonstrieren und woher sie sich eigentlich so sicher sein können, dass sie für das Richtige demonstrieren und nicht einer grandiosen Rattenfängerei erliegen, indem sie etwas nachplappern, das sie nie selbst ausreichend überprüft oder durchdacht haben. Vorsorglich hat man ihnen eingetrichtert, dass alle, die das Gegenteil behaupten oder Zweifel an ihrem Demo-Objekt haben, am besten gar nicht erst angehört werden sollten, der „Öllobby“ auf den Leim gehen oder schlicht böse weiße alte Männer sind, die alleine deswegen schon lügen müssen, weil sie weiß, alt und Männer sind, auch dann, wenn sie Nobelpreisträger sind, lebenslange Klimaforschung betrieben haben oder als Hochschulprofessoren in einer Naturwissenschaft zu anderen Ergebnissen kommen als die Initiatoren — wer sind sie nur? — der FFF-Bewegung. Greta ist „glaubwürdiger“.

Welche Natur meinen diese Leute eigentlich? Die natürliche, die wir vorfinden und entfalten können, oder die, die irgendjemand (wer immer das ist!) gerne hätte, also eine künstliche Natur, die nicht entfaltet, sondern neu erschaffen wird?
Keiner dieser Klimabewegten weiß jedenfalls, was er damit meint, wenn er von der „Natur“ spricht. Solche Fragen bringen die Demonstranten und Aktivisten ins Stottern oder drohen, eine ganze Eskalation an Seifenblasen ohne Inhalt zu provozieren, die sie in Panik und der Flucht nach vorne begriffen absondern. Manche fragen sogar zurück: „Sie sind doch nicht etwa ein Klimaleugner?“
Und es ist ihnen nicht einmal voll bewusst — sie glauben allen Ernstes, die „Natur“ sei doch in allen Aspekten und unterstützt durch „wissenschaftliche“ Forschung so durchschaubar wie ein offenes Buch.
Was die Natur eigentlich ist — weiß doch jeder, ist doch so klar wie Kloßbrühe. Schließlich war jeder schon wandern, hat ein veganes Restaurant besucht, Outdoor-Filme, im Fernsehsessel liegend, geglotzt, oder bei Aldi „bio“ eingekauft oder hat sich mit Naturseife gewaschen.
Das Smartphone zum Beispiel ist Inbegriff der postmodernen künstlichen Natur. Auf der besagten FFF-Demo blinkten so viele Smartphones wie Teilnehmer. Man filmte sich selbst für die Enkel der anderen, später mal. Man selbst bleibt fürs Klima kinderlos, wie es natürlich ist. Schließlich sind da sowieso zu viele Leute auf der Welt.

Welche Implikationen sonst noch in diesen Parolen wabern, muss man sich ebenfalls klarmachen: die, die wissen, wie genau das Klima zu sein hat, aber nicht ist, unterstellen, dass jedem auf dieser Welt eine Art „gerechter Teilhabe am Klima“ gebührte. Eine verwegene Idee, denn die Welt ist nun mal auch ohne Greta mit dem BDM-Outfit (die hatten es auch ganz groß mit „der“ Natur), Professor Schellenhuber und den Club of Rome seit alters her in Klimazonen unterteilt, die ungleiche Bedingungen bedeuten. Ist die natürliche Natur womöglich ungerecht? Muss man eine künstliche Natur schaffen, in der „alle“ (die Eliten ausgenommen) die Gerechtigkeit einer Legehennenbatterie erfahren?

Das Klima ist das Produktionsmittel schlechthin. Missbraucht wird es von bösen „Kapitalisten“ und „der Ölindustrie“.
Bloß: Wie „missbraucht“ man eigentlich „das Klima“ in einem materialistischen Sinn? Durch CO2-Ausstoß, wie ihn alle Wirbeltiere von sich geben? Heißt das, ein natürlicher Prozess des Lebendigen ist nicht „klimaneutral“ oder womöglich „unnatürlich“? Außer der CO2-These kann die Bewegung ja leider nichts Sachhaltiges vorweisen, das einen Einfluss auf „das Klima“ bewiese. Was ist überhaupt „klimaneutral“? Dass irgendwelche Messwerte für immer festgefroren werden?

Oder wird „das“ (nicht wirklich erfassbare oder erlebbare) „Klima“ nicht eher als Projektionsfläche missbraucht … ja, schon von den Eliten, genauer: dem militärisch-industriellen Komplex, bloß sieht das dann etwas anders aus, als die FFF-Aktionisten es imaginieren:
Wenn man denen, die auf der Straße fürs Klima „streiken“, vor Augen hält, dass es doch der Ölmagnat schlechthin war, der über den von ihm gegründeten Club of Rome die Klimabewegung mit-erfunden und mit-initiiert, auf jeden Fall nicht abgelehnt hat, wie sich das für einen bösen kapitalistischen Öllobbyist doch gehören würde, David Rockefeller, wollen sie es nicht glauben und halten das für „Fake News“. In ihrer clownesken Kasperl-Welt können sie sich nicht vorstellen, dass das Krokodil wirklich als Krokodil auftritt. Auch dass eine Greta ohne das Placet und die Initiative derselben Eliten, die ein Mädel vorschieben, um das Volk an seiner sentimentalen Seite zu triggern, niemals mit ihrem Pappschildchen vor dem schwedischen Parlament es bis in die UNO geschafft hätte, begreifen diese Leute leider nicht. Dieselben bösen Kapitalisten und ihre Vollstrecker und Beschützer, die schuld sind daran, dass „wir“ keine Zukunft haben, brechen angesichts der kleinen Greta in unterwürfige Einsicht aus?!

Ich muss zugeben, dass mich an der gegenwärtigen, totalitären Klimabewegung am meisten schockiert, dass sie keinen Naturbegriff hat, der diesen Namen überhaupt verdienen würde. Ihr fehlt jegliche philosophische oder theoretische Grundlage. Für die, die das nicht mehr wissen, sei hinzugefügt, dass es keine „Naturwissenschaft“ gibt ohne einen theoretischen Naturbegriff, den nicht sie selbst hervorbringt, sondern die Philosophie. Es ist mehr oder weniger eine mystizistische Aufregung mit panisch-apokalyptischer Note ohne sachlichen Kern. Wenn man redlich ist, muss man zugeben, dass nicht einmal empirische Beobachtungen ernsthaft nahelegen, dass hier irgendeine beunruhigende Entwicklung stattfände. Wenn irgendwo ein See austrocknet oder sich vergrößert oder ein Desertifikationsprozess stattfindet, dann ist das von alters her bekannt und daher auch „normal“ und kein Grund zur Aufregung, sondern allenfalls zur Anpassung — die angeblichen „Wandel der Messwerte“ sind minimal und bewegen sich in Messbereichen, die von keinerlei Relevanz sind, zumal die Messbedingungen nicht vergleichbar waren und sind. Um wirklich eine „Erdtemperatur“ zu ermitteln, müsste man seit Jahrhunderten ein gleichmäßig verteiltes Netz von Messstationen mit technisch immer gleichen Messgeräten installiert und abgelesen haben. Davon kann natürlich keinerlei Rede sein. Wer alleine diesen einen Punkt kritisch beforscht, der solche „Klimawissenschaft“ nach jedem wissenschaftlichen Standard disqualifiziert, stößt auf äußerst befremdliche und entlarvende Informationen. Zum Beispiel die, dass schon vor 140 Jahren in Lexika ein Wert von ca. 0,04% CO2-Anteil in der Atmosphäre dokumentiert worden war — derselbe Wert, der auch heute noch gilt. Wo soll da die „dramatische“ Veränderung sein? Und so geht das fort mit dem Thema: es basiert „wissenschaftlich“ auf fast nichts und ist eher eine grandiose Legendenerzählinstitution, in die viel Geld gepumpt wird. Eine „legenda aurea“ fürs Neue Zeitalter.

Nicht jeder Tag fühlt sich für mich gleich an. Ich altere, ich war in Zyklen eingebunden, ich war schwanger und nicht schwanger, es war und ist ständiger Wandel. Und nicht jedes Jahr in meiner Heimat muss klimatisch exakt gleich aussehen — heute sind Menschen so entfremdet von der natürlichen Natur, dass sie genau dies aber denken: es muss alles wie ein Uhrwerk ablaufen. Übrigens auch der weibliche Zyklus, der natürlich nicht immer nach 28 Tagen wieder von vorne anfängt, sondern nur ungefähr nach einem Monat. Ungefähr. Plus minus. Heutige Frauen geraten bereits in Panik, wenn ihre Periode fünf Tage früh einsetzt. Früher hat man gesagt: Na und? Dann setzt sie halt früher ein. Genauso ist es bei anderen natürlichen Kreisläufen, darunter auch dem „Klima“. Wie immer die „Natur“ ist, aber eines ist sie niemals: mechanistisch. Sie bewegt sich zyklisch, aber nicht maschinell.

Wer oder was ist die Natur, der man so etwas wie Klimagesetzmäßigkeiten zuordnen könnte?
Mit Newton kam die Rede von „Naturgesetzen“ auf, die im gesamten „Universum“ gelten müssten. Welche Naturgesetze aber liegen eigentlich dem „Klima“ zugrunde? Wohlgemerkt: das Klima ist nicht das „Wetter“ — wer das noch nicht begriffen hat, möge bitte selbst recherchieren.
Also: welche „Naturgesetze“ bestimmen die „Gesetzmäßigkeiten“ des „Klimas“?
Oder anders: wie muss denn „das Klima“ so sein? Meinen die FFF-Kinder damit: berechenbar? So, dass man die Uhr danach stellen kann und Missernten nie mehr vorkommen? A propos Missernten: wie waren die denn früher je möglich, als der Klimawandel noch nicht war? Und warum ist die Weltliteratur voll von Erzählungen über Hungerjahre und der Vorsorge für jene? Prominent die Geschichte von Josef in Ägypten, sieben fette Jahre, sieben magere Jahre. War das auch menschengemacht? Bestimmt: kann ja nicht anders sein.
Irgendwelche Schadenszauberer müssen schuld gewesen sein, Naturfrevler …
Wie war es also in früheren Zeiten?
Welche Gesetze galten denn da? Die, die auch heute gelten?
Gibt es solche „Gesetze“ überhaupt?
Oder nennen wir nur ein Ungefähres, empirisch Erfahrenes „Gesetz“, das eigentlich kein Gesetz ist?
Diese Fragen sind keineswegs leicht zu beantworten.

Was ist die „Natur“?
Ist sie das materiell „Sichtbare“, das Messbare, das Modellierbare in der „Umwelt“? Wieso überhaupt dieser unsägliche Begriff der „Um-welt“? „Um wen oder was“ ist denn diese Welt?

Die ältesten bekannten und erhabenen Kulturen wussten um die Unsichtbarkeit dessen, was die sichtbare Natur begründet. Die „Natur“ wurde noch niemals von ernsthaften Menschen als ein Haufen ursachenlos mechanistisch strukturierter Materie gesehen! Das Sichtbare galt ihnen als die Oberfläche einer tiefen unsichtbaren Weisheit.
Alles, was der Weisheitsliebhaber im Sichtbaren erkannte, wurde in Ehrfurcht vor dem unsichtbaren Grund angefasst. Man deutete das Sichtbares als Chiffre des Unsichtbaren, als „Bild“ des Göttlichen, oder aber stellte es in den Gegensatz zum Göttlichen, des „ganz anderen“. „Weisheit“ hieß, diesen Grund zu erkennen in der mystischen Schau, die sprachloser wurde, je tiefer sie gelangte. Aber man war sich bald bewusst, dass das Volk sich diesem Grund nicht nähern kann und will: das Volk ist roh, neigt der Dummheit zu, will über alles palavern und gefällt sich unbedarft. Es hat keine Geduld und Zeit, es will schnelle Lösungen und Parolen und vor allem moralisiert es gerne und braucht seinen täglichen, apokalyptischen Kitzel.
Man gab dem Volk daher im rein sinnlich Wahrnehmbaren „kleine Mysterien“, an denen es sich abarbeiten konnte. Symbole, Rituale, Regeln, Mantren im Äußerlichen, das man schwach mit „Innerlichkeit“ auflud. Diese Aufladung fällt heute übrigens ganz weg.
Jute statt Plastik. Veggie. Sonnenräder. Freitags kein Fleisch, jeden Sonntag Messe, regelmäßig „angepredigt werden“, wir haben die Erde nur geborgt von unsern Kindern, Fastenmonate, Sex mit dem Kühlschrank als "diverses Geschlecht", Kontaktscheu zu den „anderen“ und Frauen unter den Schleier. Damit sind sie glücklich und glauben, sie wüssten nun etwas.

Die „großen Mysterien“ kannten und kennen bis heute nur Eingeweihte und Kluge, Weise, Personen, die sich wie ihr geheimes Wissen nicht in die sichtbare (mediale) Welt stellen oder gar dummdreiste apokalyptische Predigten halten — das überließ man damals wie heute männlichen Schauspielern, Frauen und Kindern, denen man einflößte, sie seien nun ganz groß und wichtig und Retter der Welt. Das Goldene Kalb der Israeliten basierte auf dem äußerlichen Schmuck des Volkes, der eingeschmolzen wurde zu einem Idol …

Was also ist „die Natur“?
Eine große Spieluhr, mechanisch konstruiert vom Weltenbaumeister? Und die Ölmagnaten, die Rockefellers, wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält, und flöten uns etwas vor über die Apokalypse, die „wir“ oder „ihr“ verschulden/t? Auch merkwürdig, dieses Oszillieren zwischen Selbstanklage und aggressiver Beschuldigung anderer. Eine postmoderne, virtuelle Flagellantenbewegung. Basta — keine Fragen. „Es gibt nur eine legitime Meinung“ (wie ein Youtube-Teenie-Klimaexperte namens „Rezo“ weiß). Und was ist mit denen, die anderer Meinung sind? Sind das Ketzer und Hexen?

Ich bin froh, dass wir fast nichts und wenn, dann nur Fragmentiertes, nicht im großen Zusammenhang Erkennbares, „wissen“. Dass wir über den Schöpfer und sein innerstes „Es werde“ nicht die blasseste Ahnung haben. Die Welt ist dann am Ende, wenn er es will. Nicht wenn Menschen irgendetwas „machen“. Die Wahnidee vom Wettermachen ist so alt wie die Menschheit, gehört ins Hexenarsenal der Mythen. In Zeiten des Umbruchs kommen diese Hexenwahnideen immer wieder in neuen Kostümen auf.
Der Klimawahn hängt damit zusammen, weil er  — nun großräumiger und völlig ungreifbar — unterstellt, es gäbe irgendwo wirkende böse „Klimawandler“ (wobei sorgfältig die tatsächlich nachweisbaren, militärischen Wettermanipulationen zB der NATO ausgeblendet werden).
Dass diese Idee größenwahnsinnig und eine Hybris ist, wird später einmal als Mahnmal stehenbleiben, wenn dieser Wahn vorbei sein wird. Man wird den Kopf über den Klimawahn ebenso schütteln wie über den Hexenwahn der frühen Neuzeit, bei dem Deutschland auch damals das europaweit unrühmlichste Bild abgegeben hat, und der ähnliche Volksmassen zusammentreiben konnte wie die FFF-Bewegung und eine ähnliche Hysterie auslöste. Der gewalttätige Aspekt des Wahns kommt allmählich immer deutlicher zum Vorschein, wenn von Klimaaktivisten etwa Straßen blockiert werden, Leute auf dem Weg genötigt, am legalen Weiterfahren gehindert werden oder in den Performances der XR eine Art Blutopferrausch dargestellt wird. Wo soll das noch enden? Ist das der Anfang, oder nimmt man noch einmal Vernunft an in Wahnland?

Als Christ glaube ich: Die Welt geht dann unter, wenn Gott es will. Vorher nicht. Panisch-apokalyptisch eingestimmte Christen seien an das erinnert, was Gott sprach, als er nach der Sintflut einen Bund mit der ganzen Schöpfung schloss:

„Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (Gen 8,22)

Damit rede ich natürlich keinem Raubbau mit der Natur das Wort, falls mir dies nun einer gebetsmühlenhaft unterstellen will!
Aber ich will etwas anderes sagen: Auch die Klimabewegung ist im Grunde ein Raubbau an der Natur, die keiner dieser Bewegten kennt, weil er ihren unsichtbaren Grund leugnet. Diese Bewegung ist Rückseite der Medaille dessen, was sie anprangert. Nicht von ungefähr hetzen in ihr immer mehr Frauen gegen Babys, Kinder und das Gebären, als ob es nicht natürlich wäre, dass Menschen Nachkommen haben. Und nicht nur Menschen …

Diese Bewegung schreit in Wahrheit nach einer Gegennatur zur wirklichen Natur. Eine künstliche Natur, in der es keine unsichtbaren Gründe mehr geben darf. Eine Natur, in der man den Schöpfer nicht mehr findet und nicht mehr preisen kann. Eine „Natur“, die wir selbst geschaffen haben. Eine „Natur“, deren „First Nature“ eines Tages in Reservaten als abgeschotteter, mit Stacheldraht oder elektronischer Schranke musealer Raum zur Begehung nach Sondererlaubnis und Chipentriegelung versiegelt werden wird.
Wer sich unsere Städte ansieht, erkennt unschwer, wie weit man mit dieser Gegennatur schon fortgeschritten ist. Fehlt nur noch, dass sie uns verbieten, in die natürliche Natur zu gehen und uns in den urbanen Zentren zusammentreiben. Die Migrationsbewegung nach Deutschland trägt davon durchaus Züge: Afrika muss leer werden, damit man seinen Boden nach seltenen Erden und exotischem Anbau ausschlachten kann. Auch als Belustigungszone für die Begierden der Eliten könnte es sich durchaus eignen. Großwildjagd 4.0. Wenn es überhaupt genügt. So wie Afghanistan, in dem noch nie soviel Opium angebaut wurde wie seit der US-Intervention. Und Nachschub an Kindern wird für andere Zwecke ja auch gebraucht.
Afrikas Bevölkerung könnte ansonsten locker in Deutschland zusammengepresst werden. Merkel sollte ein paar neue Städte planen, Pferche für eine anilin-bunte Welt gegen eine Natur, die in ihrer natürlichen Form fein-farbig und vielgestaltig war — vor Urzeiten, als die natürliche Natur noch lebendiger und unangetasteter war. Die bunten Pferche werden dann wie Hochsicherheitstrakte gesichert — dem Klima zuliebe, versteht sich. Wehe dem, der draußen gesichtet wird. Es wird der Frevel der Frevel sein.

Die irrwitzige Hybris der Klimabewegung kommt im oben genannten Zitat „We stand for what we stand“ deutlich zum Ausdruck. Es ist der „Mythos des 21. Jahrhunderts“, ein Gründungsmythos für eine neue, chemiebunte Welt kinderloser diverser Zweibeiner im Veggiewahn, die Angst vor bösen Geistern (Radioaktivität, Ufos, Klimawandel, CO2, Kohlenstoff, „Rechtsextremen“, Chinesen, Russen und der AfD) haben, aber den Geistern des Smartphones, maliziösen Flötenspielern und „Hollywood in Politics“ unbesehen trauen.

Die Parole „We stand for what we stand“ erinnert an die Selbstaussage Gottes am brennenden Dornbusch: „Ehieh ascher ehieh“ („Ich werde sein, der ich sein werde“).
Wir sind jetzt in einer nicht mehr überbietbaren Dummheit Gott ohne Gott.

Wie sehr kontrastiert damit die Aussage, dass das Festhalten an „seinem Namen“ am Ende alleine zu Gott führt. Das Geheimnis der Schöpfung liegt ausschließlich im Schöpfer. Mit ihm steht und fällt alles. Man muss sich entscheiden. Bestand aber wird das, was sich da aufbaut, nicht haben. In seiner Ausgeburt wird es nicht einmal 12 Jahre überstehen. Wenigstens das ist ein Trost in der Trostlosigkeit.

Hanna Jüngling, 15.12.2019 (3. Advent — bei Regen)

11.12.2019: Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Die Hypotenuse des Mondes

Mittwoch, 11. Dezember 2019

Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Die Hypotenuse des Mondes

Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Die Hypotenuse des Mondes

„Das ist die Hypotenuse.“
„Wie?“
„Die Hy-po-te-nu-se“
„Und was war noch mal eine Tangente?“
___
Hypotenuse. Ein Wort geformt im Mund des betagten Charmeurs. Hingeneigt zu einer kaum weniger betagten alten Dame mit Pagenschnitt und Habachtaugen. Man hatte sich gerade auf dem Weihnachtsmarkt kennengelernt. Letzte Rose. Vielleicht einen Glühwein getrunken. Er hatte ein großes Hörgerät hinterm linken Ohr. Hypotenuse. Ein Lodenmantel, gepflegt, schnurrig, Spiegelgesicht. Sie rechnet bereits. Tangente.
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Die Dame sammelte altes Wissen zusammen. Wie war das alles noch mal? Er ein … sagen wir: Mathematiklehrer i.R.
Die Hypotenuse. Sie setzt dagegen: die Tangente. Er ist am Zug.
Ich muss weiter.
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Später der Mond inmitten der LED-Lichter an Kränen und Straßenbeleuchtung. Er stinkt ab dagegen, keine Frage. Dieser fast runde Schweizerkäse da oben blendet nicht mal. Wie gesittet er immer noch so tut, als müsse er die Nacht  hell machen. Die Tram rumpelt ein, fährt ihre Schiebetritterrungenschaft aus, gleißt. Es ist saukalt, und ich war erst krank. Drinnen Alkoholdunst. Mit Gewürzen.
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Ich treffe meinen Sohn in Durlach, wir gehen nach Hause. Im Wald empfängt uns der Silberschein des Mondes. Hier ist er die Chefleuchte, in der alle Dinge glänzen. Nichts blendet. Bäume werfen glitzernde Schatten in seinem Licht. Gruselig, sagt der junge Mann, findst du nicht. Nein, sage ich. Es ist schön.
___
Die Hypotenuse.
Die Tangente.
Glanz. Silberschein.
Stinkt ab gegen LED.
Im Wald nicht.
Gib den Augen die Chance, im Dunkeln zu sehen.
Den Ohren, im Alter die Nachrichten der Tangente zu hören.
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Ich fresse einen Besen, wenn der Alte kein Orgelspieler ist.
Louis Couperin: Carillon de Notre Dame.

Tagebuchfolge bisher:

30.11.2019  Wo ist die Natur? – Tagebuch einer Suche: Dieblaue Kuppel

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Trinitätslehre auf dem Prüfstand: Brief XIV an Unitarier und Trinitarier — Was bedeutet der Satz „Ehe Abraham war, bin ich“?

Trinitätslehre auf dem Prüfstand: Brief XIV an Unitarier und Trinitarier — Was bedeutet der Satz „Ehe Abraham war, bin ich“?

Um diese Stelle recht zu verstehen, ist es notwendig, sich den gesamten Zusammenhang anzusehen. Ich bitte meine Leser um geduldiges Studieren desselben:

„37 Ich weiß, dass ihr Abrahams Nachkommen seid; aber ihr sucht mich zu töten, weil mein Wort nicht Raum in euch findet. 38 Ich rede, was ich bei dem Vater gesehen habe; auch ihr nun tut, was ihr von eurem Vater gehört habt. 39 Sie antworteten und sprachen zu ihm: Abraham ist unser Vater. Jesus spricht zu ihnen: Wenn ihr Abrahams Kinder wäret, so würdet ihr die Werke Abrahams tun; 40 jetzt aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der ich euch die Wahrheit gesagt habe, die ich von Gott gehört habe; das hat Abraham nicht getan. 41 Ihr tut die Werke eures Vaters. Sie sprachen nun zu ihm: Wir sind nicht durch Hurerei geboren; wir haben einen Vater, Gott. 42 Jesus sprach zu ihnen: Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich lieben, denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen; denn ich bin auch nicht von mir selbst gekommen, sondern er hat mich gesandt. 43 Warum versteht ihr meine Sprache nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt. 44 Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun. Jener war ein Menschenmörder von Anfang an und stand nicht in der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und der Vater derselben. 45 Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht. 46 Wer von euch überführt mich einer Sünde? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht? 47 Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes. Darum hört ihr nicht, weil ihr nicht aus Gott seid. 48 Die Juden antworteten und sprachen zu ihm: Sagen wir nicht recht, dass du ein Samariter bist und einen Dämon hast? 49 Jesus antwortete: Ich habe keinen Dämon, sondern ich ehre meinen Vater, und ihr verunehrt mich. 50 Ich aber suche nicht meine Ehre: Es ist einer, der sie sucht und der richtet.51 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn jemand mein Wort bewahren wird, so wird er den Tod nicht sehen in Ewigkeit. 52 Die Juden sprachen nun zu ihm: Jetzt erkennen wir, dass du einen Dämon hast. Abraham ist gestorben und die Propheten, und du sagst: Wenn jemand mein Wort bewahren wird, so wird er den Tod nicht schmecken in Ewigkeit.53 Bist du etwa größer als unser Vater Abraham, der gestorben ist? Und die Propheten sind gestorben. Was machst du aus dir selbst? 54 Jesus antwortete: Wenn ich mich selbst ehre, so ist meine Ehre nichts; mein Vater ist es, der mich ehrt, von dem ihr sagt: Er ist unser Gott. 55 Und ihr habt ihn nicht erkannt, ich aber kenne ihn; und wenn ich sagte: Ich kenne ihn nicht, so würde ich euch gleich sein: ein Lügner. Aber ich kenne ihn, und ich bewahre sein Wort. 56 Abraham, euer Vater, jubelte, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich. 57 Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen? 58 Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham war, bin ich. 59 Da hoben sie Steine auf, um sie auf ihn zu werfen. Jesus aber verbarg sich und ging aus dem Tempel hinaus.“ (ELB Joh 8)

Trinitarier pflegen in dem Schlusssatz „Ehe Abraham war, bin ich“ einen Hinweis auf die Präexistenz Jesu beim Vater zu sehen und damit einen deutlichen Hinweis auf die Trinität. Ebenso sehen sie in Jesu „Ich bin“-Wort eine göttliche Formel, abgeleitet von der Begegnung Moses mit dem Engel des Herrn am brennenden Dornbusch (Ex 3,14), als Gott seinen Namen bekannt gab: „Ich bin, der ich bin“. Das „Ich bin“ Jesu lautet auf Griechisch „Ego eimi“. Es ist eine Tatsache, dass es im Hebräischen keine präsentischen Eigenformen gibt. Man muss entweder auf ein Gerundium ausweichen oder eine andere Zeitform. Das „Ich bin, der ich bin“ heißt wörtlich „Ich werde sein, der ich sein werde“ (hebr. „ehieh ascher ehieh“). Kurz danach, im selben Vers, trägt Gott dem Mose auf, er solle den Israeliten sagen, der „Ich werde sein“ (der „ehieh“) habe ihn gesandt. Die LXX übersetzte diesen Namen wie folgt ins Griechische, und Jesus bzw die, die ihm diese Worte in den Mund auf Griechisch legen, die er vermutlich auf Aramäisch oder Hebräisch gesagt hatte (!), werden diese Formel ganz gewiss gekannt haben: „Ego eimi ho on“. Und: „ho on“, „der Seiende“ habe Mose gesandt. Hier fällt auf, dass die LXX die Kurzform in Vers 14 vom „ehieh“, der Mose sendet, nicht mit dem „ego eimi“ überträgt, sondern mit der prädikativen Bestimmung „ho on“. Dieser Umstand spricht gegen eine besondere Betonung des „ego eimi“ als eigenständiger Formel. Nicht einmal das hellenistische Judentum scheint dies iS späterer Verteidiger der Trinität so aufgefasst zu haben.
Es ist zutreffend, dass im Johannes-Evangelium „ego eimi“-Sätze mit Prädikaten versehen und ohne solche häufig vorkommen, im 8. Kapitel treten die ohne prädikative Bestimmung am  meisten auf.[1] Das ist ganz gewiss auffallend und verdient Beachtung. Ob dies aber etwas mit dem alttestamentlichen „ehieh“ zu tun hat, liegt keineswegs auf der Hand. Ein Gebrauch ohne prädikative Bestimmung ist nach den grammatischen Regeln sowohl des Griechischen als erst recht des Hebräischen nicht korrekt. Damit ist die Selbstbenennung Gottes am Dornbusch im Hebräischen bereits auffallend und verlangt förmlich nach einer prädikativen Erweiterung. Sie geschieht dort durch das „Ich werde der ‚Ich werde sein’ sein“. Nicht unplausibel wird dies zB von der EÜ mit „Ich bin der ‚Ich bin da’“ übertragen. Eine solche Erweiterung hat auch die LXX geleistet und übersetzt wörtlich: „Ich bin das Seiende.“ Da das hebräische „Imperfekt“ das Futur ist und auch als Jussiv verstanden werden kann, liegt in der Selbstbenennung Gottes als „ehieh ascher ehieh“ eine Zusage, eine Selbstverpflichtung sogar, in jedem Fall eine Verheißung an den, dem sich Gott als dieser „ehieh“ mitteilt. Der Anklang an ein abstrakt oder philosophisch verstandenes „ewig Seiendes“ oder dergleichen liegt mE in der hebräischen Grundaussage allenfalls am Rand, nicht im Zentrum des Namens. Der Gottesname ist in der Tat, wie es die moderne Theologie heute versteht, ein Beziehungsname und liegt damit auf derselben Ebene wie der Name „Gott Abrahamas, Isaaks und Jakobs“.

In den absoluten „Ich bin“-Worten Jesu bleibt die Spezifizierung jedoch komplett aus, anders als in „ego eimi ho on“ und dem hebräischen Vorbild. Der hebräischen Originalversion fehlt darüber hinaus jeglicher Anklang an hellenistische und spätantike griechische oder gar neuzeitliche westliche Philosophie. Und hier sind wir bereits in vermintem Gelände: nach 2000 Jahren intensiver Philosophien über das „Sein“ und das „Seiende“ ist es schwer, die alten Worte der Schrift unvoreingenommen und aus ihrem eigenen Kontext heraus zu verstehen. Ich hoffe, dass es mir gelingt.

Man könnte sich fragen, warum es in der hebräischen Grammatik unmöglich ist, in dem uns geläufigen, absoluten  Sinn „Ich bin“ zu sagen. Dieses „Ich bin seiend“ kann nur JHWH sagen, der geschwächte und gefallene Mensch nicht, und selbst JHWH tut es futurisch, weil es die Zeitform Präsens im Hebräischen nicht gibt. Das Fehlen der Möglichkeit, „Ich bin seiend“ zu sagen, kann man als eine theologische Aussage auffassen. Aber auch im Griechischen ist es nicht korrekt, einfach nur „ego eimi“ zu sagen. Uns fehlt etwas, dies sagen zu können. Die prädikative Ergänzung in Ex 3,14 kommt nur Gott zu. Wir sind aus dem Sein halb herausgefallen. Als Sterbliche, die zerfallen können, kommt uns nicht zu, uns als „seiend“ anzusehen in einem absoluten Sinn. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass es dem Menschen seiner Natur nach überhaupt nicht zukommen kann, diesen Satz zu sagen. Die Natur des Menschen vor seinem Fall war noch intakt. Wenn er im Bild und in der Gestalt Gottes war und ist, wie es in Gen 1 und auch nach dem Fall trotz allem bestätigt wird und heißt (Gen 5,1f; 9,6), dann müsste dem Menschen dieser Satz zugekommen sein, wenn auch in Abhängigkeit vom Urbild des Seins, nämlich Gott. In Gen 5 wird eine Analogie der Abbildlichkeit Seths zu „adam“ mit denselben Worten ausgesprochen, die in Gen 1 die Abbildlichkeit des „adam“ als Mann und Frau zu Gott benennen: Der „adam“ sei 130 Jahre alt gewesen (man kann das tatsächlich so verstehen, dass beide Eltern gemeint sind, weil „adam“ „Mensch“ bedeutet und es in Gen 5,2 ausdrücklich heißt, Gott hätte diese beiden Menschen „adam“, „Mensch“ genannt!), als er Seth hervorbrachte „bi d’muto k’zalmo“: „in seiner Gestalt und seinem Bild“. Das sind exakt die Worte, mit denen der „adam“ als Mann und Frau von Gott in dessen „Gestalt“ („bi d’mut“) und Bild („b’zelem“) geschaffen wurde (Gen 1,26+27; Gen 5,1). Die Abkünftigkeit eines Menschen von seinen Eltern wird in wörtlicher Analogie zur Abkünftigkeit des Menschen von Gott beschrieben. Die Bezeichnung Jesu als „Sohn Gottes“, aus diesem Zusammenhang beleuchtet, kann als die wiederhergestellte oder in der Wiederherstellung begriffene Gestalt des Menschen „in der Gestalt Gottes“ und als sein „Abbild“ verstanden werden. Jedenfalls liegt dies wesentlicher näher als die Ansicht, Jesus müsse darum selbst der Gott sein.

Selbst wenn Jesus also damit Anklänge an die alttestamentliche Gottesbezeichnung hätte machen wollen bzw der Autor des Johannes-Evangeliums dies getan haben sollte, kann nicht geschlossen werden, dass Jesus sich deshalb als „Gott“ bezeichnet in dem Sinn, dass er mit ihm wesensgleich wäre oder eine Identität bestünde, die über das geschöpfliche Menschsein hinausgeht. Er könnte damit ein intaktes Menschsein oder schlicht seine besondere Stellung im Heilsgeschehen vor Gott meinen.
Wie sehr die trinitarische Auffassung die böswilligen und unverständigen Unterstellungen der jüdischen Elite gegen Jesus fortsetzt und daraus ein eigenes Evangelium macht, möchte ich noch anhand einer weiteren Stelle aus dem Johannes-Evangelium (Joh 18,3-8) zeigen, die von Trinitariern gerne als weiterer Beweis für die „ego eimi“-Anklänge Jesu an den Gottesnamen gesehen wird:

„3 Als nun Judas die Schar und von den Hohenpriestern und Pharisäern Diener genommen hatte, kommt er dahin mit Leuchten und Fackeln und Waffen. 4 Jesus nun, der alles wusste, was über ihn kommen würde, ging hinaus und sprach zu ihnen: Wen sucht ihr?5 Sie antworteten ihm: Jesus, den Nazoräer. Er spricht zu ihnen: Ich bin es! Aber auch Judas, der ihn überlieferte, stand bei ihnen. 6 Als er nun zu ihnen sagte: Ich bin es!, wichen sie zurück und fielen zu Boden. 7 Da fragte er sie wieder: Wen sucht ihr? Sie aber sprachen: Jesus, den Nazoräer.8 Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, dass ich es bin. Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen!“ (ELB)

Man muss sich die Szene vorstellen: Mitten in der Nacht, mit Fackeln und Laternen, rückt eine komplette Kohorte von 600 römischen Soldaten samt der jüdischen Obrigkeit unter der Führung des Judas an und baut sich vor Jesus und den Jüngern auf! Welch ein Aufgebot für die paar Männer, die es zu überwältigen gilt!
Jesus wirkt in dieser Erzählung sehr mutig, denn er wartet nicht passiv ab, was ihm geschieht, sondern er tritt hervor und fragt die Soldateneinheit, wen sie suchen. Als sie seinen Namen nennen, antwortet er mit „ego eimi“ und in V6 wird uns berichtet, dass „sie“, nachdem er „ego eimi“ gesagt hatte, zurückwichen und zu Boden fielen. Trinitarische Logik sagt hier: da seht ihr es doch, sie fielen vor Schreck in Ohnmacht, weil er sich mit dem Gottesnamen benannte, und wenn er sich damit benannte, muss er ja Gott sein.
Abgesehen davon, dass diese Logik mehrere Hinkefüße hat, auf die ich gleich zu sprechen komme, geht die Geschichte jedoch weiter: Jesus ist von der Umfallerei völlig unbeeindruckt und fragt noch einmal: „Wen sucht ihr?“ Wieder antworten „sie“, sie suchten Jesus von Nazareth. Und wieder sagt Jesus „ego eimi“. Diesmal fallen „sie“ nicht wieder um. Es ist in aller Tragik eine geradezu groteske Szene.
Zu den Hinkefüßen: „Sie“ suchen nicht Gott und fragen nicht nach Gott, sondern nach Jesus von Nazareth. Es ist nach allen vernünftigen Regeln der Kommunikation völlig abwegig, das bekennerische „ego eimi“ Jesu plötzlich auf eine Selbstdarstellung als Gott zu beziehen. Es wird nach dem Menschen Jesus gefragt, und dieser Mensch sagt, er sei (es). Das „es“ steht tatsächlich nicht dabei, aber vielleicht muss es das grammatisch auch nicht, weil der prädikative Bezug durch die vorangegangene Frage nach Jesus vollkommen klar ist. „Bist du der NN?“ fordert als Antwort nur eine Bestätigung, wenn der Gefragte der Gesuchte ist. Es ist auch im Deutschen möglich, eine solche Frage bejahend mit „Ich bin (es)“ zu beantworten, ohne dass jemand auf die Idee kommen kann, man meine damit in Wahrheit einen anderen. Es wäre aber in der Szene auch sehr weit hergeholt, mitten in der bedrohlichen, wirklich aufregenden Lage 600 Soldaten und ein paar jüdischen Oberen zu erklären „ego eimi“, ganz zusammenhanglos zu allem anderen Gesprochenen, um die Situation dafür zu nutzen, sich nun endlich als der Gott zu outen. Das wirkte absurd. Allerdings fragt man sich, warum „sie“ zu Boden fielen. Wer waren die „sie“? Die römische Kohorte? Die jüdische Obrigkeit? Gemeinhin pflegt niemand von denen, die die Macht haben und schwer bewaffnet sind, zu Boden zu fallen, wenn einer gefangengenommen wird, der ohne Macht und waffenlos ist. Die römischen Soldaten werden von „ego eimi“ und seinem Sinn, den man heute darin sehen will, mit großer Wahrscheinlichkeit nichts gewusst haben. In welcher Sprache wurde hier gesprochen? Verstanden sich die Soldaten und die Juden sprachlich überhaupt so ohne weiteres? Oder konnten die wenigen jüdischen Oberen den römischen Soldaten noch schnell mitteilen, dass niemand einfach so „ego eimi“ sagen darf, was einschlug wie eine Bombe und alle sofort umfallen ließ etc.? Kann das Zurückweichen vor Jesus nicht schlicht und einfach mit seiner Gestalt, mit seiner Erscheinung zu tun gehabt haben? Man war losgezogen mit einem Kriegsheer gegen einen solchen Mann, dessen Inneres sich mit Gewissheit in seinem Äußeren vollkommen spiegelte?! Statt eines gewalttätigen Aufrührers trat ihnen dieser harmlose und beherzte Mann gegenüber? Ich finde es viel plausibler, dass die Soldaten zurückwichen, weil sie mit allem, nur nicht damit gerechnet hatten, nicht mit einem solchen geraden und sanften Mann. Die gewaltlose und kraftvolle Präsenz Jesu rief mehr als Sprachlosigkeit hervor. Aus der Nachfrage Jesu geht hervor, dass die Soldaten nicht glauben wollen, dass er wirklich der gesuchte, angeblich so gefährliche Jesus ist. Sie antworten erneut, dass sie Jesus suchen, und jener bestätigt wiederum, „ego eimi“, also nicht „Ich bin Gott“, sondern „Ich bin (es, den ihr sucht, der Jesus von Nazareth)“. Alles andere ist im Zusammenhang abwegig, man kann sagen: an den Haaren herbeigezogen, eines „normalen“, historischen Lesens entwöhnt und im Reich der Zitate und zusammenhanglosen „spirituellen“ Verse gelandet. Denn bevor man einen weit hergeholten Bezug zum brennenden Dornbusch bemüht, wäre es vernünftiger, erst einmal den Bezug zu der Geschichte, in der die Worte fallen, herzustellen. Der Satz Jesu in V8 „Ich habe euch gesagt, dass ich es bin (auch hier als „ego eimi“ formuliert!). Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen! weist ebenfalls stark in die Richtung, dass die Soldaten nicht glauben können, dass er derjenige ist, der gesucht wird und den Gesuchten eher unter den Jüngern vermuten. Die Wiederholung der Frage nach dem Gesuchten und die Insistenz darauf, dass er es ist, machen vollends ziemlich eindeutig klar, dass hier in keinem Fall ein Anklang an das „ego eimi“ am brennenden Dornbusch intendiert war. Der wehrhafte Petrus geht danach mit dem Schwert auf den Diener des Hohenpriesters los und schlägt ihm das Ohr ab. Jesus heilt das Ohr und weist Petrus an, mit dieser Art von Wehrhaftigkeit aufzuhören.
Es kann aber auch so gewesen sein, dass tatsächlich die jüdische Obrigkeit bei den Gefangennahme angesichts der Worte „ego eimi“ in gekünstelte Hysterie ausgebrochen ist — immerhin hatten sie ihm zuvor so oft vorgeworfen, er habe sich zu Gott gemacht. Und letztere Blasphemie war aus jüdischer Sicht auch das Hauptmotiv für den Wunsch, ihn zu töten. Man suchte nach jedem weiteren Indiz, ihn der Blasphemie zu überführen. Den Römern konnte man mit jüdischen Haarspaltereien wohl nicht kommen, daher hatten die Juden den Römern weisgemacht, Jesus sei ein Aufrührer gegen den Kaiser, um ihn auch bei jenen als einen hinzustellen, der den Tod verdient. Sie selbst hatten keine Befugnis, Todesurteile zu vollziehen.

Trinitarier pflegen häufig damit zu argumentieren, dass Jesus, wenn er ein Missverständnis in die Richtung, dass er auf keinen Fall Gott sei, hätte ausschließen wollen, dies auch ausdrücklich gesagt hätte. Logisch betrachtet ist das ein äußerst unsauberes Argument. Doch davon abgesehen: Wenn Trinitarier in der Geschichte vom reichen Jüngling einwenden (s.u.), Jesus hätte sagen müssen „Ich bin nicht Gott“, wenn er das gemeint hätte, dann kann man hier entgegen halten: Jesus hätte sagen müssen „Ich bin Gott“, wenn er das gemeint hätte. Aber er tut weder das eine noch das andere. Er lässt sich auf diese Ebene nicht ein, obwohl sie ihm schon von den missgünstigen damaligen gelehrten Juden immer wieder mit List und Tücke nahegelegt und unterstellt wird.

Dass er sich als seiend ansieht — zumindest in der griechischen Überlieferung seiner vermutlich nicht griechisch gesprochenen Sätze —  kann man nicht bezweifeln, zu eindeutig sind seine Worte. Von Interesse wäre in der Aussage „Ehe Abraham war, bin ich“ aber auch, was er auf Aramäisch, das ja ähnlich „funktioniert“ wie Hebräisch, gesagt hat — wirklich „ego eimi“? Oder womöglich „ego eimi ho on“?
Das ist nicht nur aus grammatischen Gründen unwahrscheinlich. Wie gesagt versuchten die Juden ihm ja zu unterstellen, dass er sich mit Gott gleichgestellt habe, um einen Tötungsgrund zu haben. Ist die Quintessenz des christlichen Glaubens, dass Jesus sich tatsächlich mit Gott gleichgestellt hat, aus Pietät und Opportunismus genau dies aber von den Evangelisten und Aposteln nicht deutlich ausgesprochen wurde? Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür in den Texten, dies so zu sehen. Die (vermeintlichen) Anhaltspunkte liegen eher in der Schwierigkeit, aufgrund der Textüberlieferung zu verstehen, wer Jesus wirklich ist.

Hat Jesus das Gottsein aber nicht sogar abgewiesen in der Erzählung vom reichen Jüngling: „Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott.“ (Lk 18,19)? Es gibt die besagten Ausleger, die in dieser Aussage Jesu nicht erkennen wollen, dass Jesus von sich selbst sagt, er sei nicht Gott. Wenn er das habe sagen wollen, hätte er sagen müssen „Ich bin nicht Gott“.[2] Vorausgegangen war, dass der Jüngling, der trotz seiner Gesetzestreue wissen will, wie er das „ewige Leben erlangen“ kann, Jesus „guter Meister“ genannt hatte. Die Erzählung findet sich in drei Evangelien. Dem Bericht in Lk 18 ähnelt stark der Bericht in Mk 10,18. Eine vielleicht hilfreiche Abweichung finden wir in Mt 19,16ff (ELB): „Und siehe, einer trat herbei und sprach zu ihm: Lehrer, was soll ich Gutes tun, damit ich ewiges Leben habe? Er aber sprach zu ihm: Was fragst du mich über das Gute? Einer ist der Gute. Wenn du aber ins Leben hineinkommen willst, so halte die Gebote!“ Hier fällt auf, dass der junge Mann Jesus nur „Meister“, nicht „guter Meister“ nennt. Die Rede vom „Guten“ ist hier nicht an Jesus geknüpft, sondern an Handlungen. Spontan entsteht der Eindruck, dass der Jüngling von Jesus etwas über ein Gutes erfahren will, dass nicht in den Geboten steckt, die er kennt. Dieser Sachinhalt befindet sich aber auch in den Parallelstellen, wenn man unbefangen liest: der junge Mann sollte eigentlich wissen, was er tun muss, aber er erhofft sich von Jesus ein „Mehr“, vielleicht sogar eine Art Geheimwissen. Die Frage wäre an dieser Stelle auch, was „ewiges Leben“ im damaligen jüdischen Kontext eigentlich bedeutete. Das Alte Testament kennt diesen Begriff jedenfalls so nicht.
Wir finden in manchen Handschriften in Vers 16 ein eingeschobenes „agathe“ nach „didaskale“, so, dass also auch hier der „Meister“ als „gut“ bezeichnet wird. In den vollständigen ältesten Handschriften fehlt dieser Zusatz jedoch und erscheint daher als später hinzugefügt, wahrscheinlich, um die Differenz zu Lk und Mk zu glätten.[3] Es ist hier sehr interessant, dass der reiche Jüngling, der ein frommer Jude ist, Jesus nicht „Rabbi“ nennt, wie es im Johannes-Evangelium an vergleichbaren Stellen vorkommt, dass Jesus in seiner Funktion als Lehrer „Rabbi“ genannt wird. Das ist insofern merkwürdig, als der Jüngling Jesus ja in dieser Funktion anspricht, selbst Jude ist und dennoch einen anderen Begriff wählt, nämlich den des „didaskalos“, des Lehrers bzw Meisters. Ein „didaskolos“ ist ein „Erklärer“ und „Dirigent“ oder „Regisseur“.
Dem Sinn nach geht es nicht darum, ob Jesus — wie Gott — gut ist, sondern ob Jesus Zugang zu Gott hat und Geheimnissen des Guten, die Israel sonst fehlen. Jesu Abweisung würde, so verstanden, die Frage, ob er Gott ist, nicht ernsthaft berühren, sondern dass von ihm nichts zu erfahren ist über ein abstraktes Bonum, das nicht schon in Form von Geboten gesagt worden wäre und nur von Gott alleine als solches ausgesprochen werden könnte. Er vernimmt zwar alles vom Vater, aber er ist nicht der Verwalter der Gutheit Gottes. Dies passte auch zu der Aussage, ihm sei „alles übergeben“ worden vom Vater, ausgenommen der, der es ihm übergeben hat (1 Kor 15,27).
Jesus fügt aber dennoch etwas hinzu: Wenn der Fragende vollkommen sein (zur Reife kommen) wolle, solle er in seine Nachfolge treten und die Lösung von aller materiellen Habe zugunsten der Armen vollziehen. Dann würde der Jüngling einen „Schatz im Himmel“ , einen „thesauron en ourano“ haben (V21). Deutlich wird hier, dass es das Gute als ein abstraktes Bonum, zu dem man mithilfe des Einhaltens von Gesetzen kommt, nicht gibt. Gott selbst IST das Bonum, und alles Gute kommt aus ihm alleine. Das Gute kann folglich nur durch radikalen Entschluss und Wandel zum Guten hin erreicht werden. Das Gute meint hier auch das Zu-sich-selbst- und zur Von-Gott-gemeinten-Gestalt-Kommen. Diese vollkommene Gestalt des einzelnen Geschöpfes kann durch Gesetzehalten alleine deshalb nicht erreicht werden, weil das Einhalten von Gesetzen immer ausweist, dass man in einer Gestalt ist, die mit ihnen grundsätzlich nicht übereinstimmt. Wer bewusst Vater und Mutter ehrt, um eines der Beispiele Jesu an der Stelle zu nennen (V19), würde es nicht selbstverständlich tun, sondern muss sich dazu motivieren. Gebotehalten deutet so immer Unvollkommenheit und die fortgesetzte Neigung zum Nichteinhalten an, schafft aber doch einen Weg „ins Leben hinein“ (V17), macht einen Vorgeschmack auf wirkliches, „ewiges Leben“, auf ein „zoen aionion“ (V16) erlebbar. Es kann sein, dass hinter dem Vollkommenheitsbegriff, der hier auftaucht, das hebräische „neza“ steht, die „Vollständigkeit“. „Ewiges Leben“ wäre so „Leben in Fülle“.[4] Der Jüngling spürt, dass das Gebotehalten ihn sogar von Gott immer in einem Sicherheitsabstand hält.
Vollkommenheit bedarf keiner Gebote mehr und wird nicht durch Gebote erreicht: der Vollkommene ist im vollständigen Einklang mit Gott, der alleine gut ist. Der Einwand, dass Jesus als Sündloser doch auch „gut“ ist, trifft zu, aber er ist es „nicht aus sich selbst heraus“, sondern aufgrund des Einklangs mit dem göttlich Guten, von dem her seine ganze Inspiration rührt (vgl oben Joh 8,42).
Wäre dies die wahrscheinliche Deutung dieser Schriftstelle, würde zugleich entlarvt, dass alle anderen Versuche, sie für oder gegen den Trinitarismus zu vereinnahmen, ideologischer Missbrauch sind. Ich neige dieser Ansicht stark zu.

Zurück zu Joh 8. Der Schlusssatz Jesu wird häufig so verstanden, als  habe er eine zeitliche Abfolge gemeint: Er war schon da, bevor Abraham da war, und da er nicht sagt „Bevor Abraham war, war ich“, sondern „Ehe A. war, bin ich“, glaubt man seine ewige Existenz, die ihn als Gott kennzeichne, zu erkennen.
Dieses Verständnis wird unterstützt durch die Streitrede der Juden, die ihm kurz vor dem besagten Schlusssatz Jesu sarkastisch vorhalten, er sei doch noch keine 50 Jahre alt und wolle Abraham gesehen haben (V57). Mit dieser Wendung im Mund der Juden entsteht der Eindruck, Jesus habe eine zeitliche Abfolge ausdrücken wollen. Die trinitarische Argumentation übersieht hier allerdings, dass es uU eine Verdrehung der Intention Jesu sein könnte, dass die Juden ihm gewissermaßen „das Wort im Mund herumdrehen“. Mindestens aber muss man aufgrund des Textes selbst annehmen, dass sie Jesu hintergründige Worte platt missverstehen: „Mein Wort findet nicht Raum in Euch“ (V37). Es ist daher ein gewagtes Vorgehen, ausgerechnet die Auffassungen der unverständigen Juden als den eigentlichen Sinn der Worte Jesu zu verstehen.

Der gesamte Streit dreht sich um „Väter“. Die Juden berufen sich auf ihren Vater Abraham. Jesus gesteht ihnen zwar eine leibliche Abstammung von ihm zu, spricht ihnen aber mithilfe einer Andeutung die geistige ab. Obwohl er selbst Jude ist, leitet er sich nicht von Abraham her, sondern nennt Gott als seinen Vater. In der ersten Andeutung, wer der geistige Vater der mit ihm streitenden Juden sein könnte, wird spürbar, dass jener ein Widersacher des wahren Vaters im Himmel ist. Das ruft begreiflichen Ärger in den Gelehrten hervor, und sie beharren darauf, dass Abraham ihr wahrer Vater ist. Sie legen nach und versetzen Jesus einen Stich mit der Bemerkung, sie stammten nicht aus einem Ehebruch und meinen damit vermutlich „aus einem Ehebruch wie Jesus“, dessen leiblicher Vater unbekannt und nicht Josef war. Sie rücken ihn in die Nähe eines „Mamser“, eines Bastards, eines Sohnes, der der Hurerei entstammt, der im Judentum als eine Art Kastenloser, als Paria behandelt wird. Jesus ist und bleibt allerdings geschützt durch Josef, der sich öffentlich als Vater bekannte, auch wenn er es dem Leib nach nicht war.
Die Spitze gegen Jesus ist verletzend und bösartig und betont die „reine“ leibliche Herkunft.
Jesus pariert darauf unbeirrt und schonungslos: Er erhebt den Anspruch, alles, was er sagt, von Gott selbst zu haben und nicht aus sich selbst. Wer ihn nicht hören will und nicht versteht, kann nicht Gott zum Vater haben.
Jesus legt die jeweiligen Väter als die Ursprünge der geistigen Haltung zugrunde und spricht aus, dass die Haltung der Juden einen anderen Vater hat als Abraham, nämlich den „Vater der Lüge“, den „Teufel“ (V44).
Immer wieder brechen die Juden die Worte Jesu auf eine merkwürdig ungeistliche, geistlose Ebene herunter. Er spricht von geistigen Dingen, sie machen daraus eine absurde leibliche Aussage:
Jesus wirft ihnen vor, Gott nicht zum Vater zu haben und darum auch nicht Abraham (dem Geist nach), weil sie ihn nicht verstehen; sie kontern damit, dass er besessen sei von einem Dämon wegen seines Anspruches — anders als sie — die Worte Gottes zu vernehmen und zu sagen. Dabei irritiert die verblendete Logik: sie selbst haben ja ebenfalls den Anspruch, Gott zum Vater zu haben und sein Gesetz richtig auszulegen … Sie geben den Vorwurf einfach nur plump zurück.
Jesus sagt, wer seine Worte höre und annehme, werde den Tod nicht schmecken in Ewigkeit und meint damit den geistlichen Tod, den „zweiten Tod“, der für immer aus der gleichschwingenden Verbindung zu Gott ausschließt. Sie vulgarisieren diese Worte und machen daraus, er habe gesagt, dass solche Menschen nicht mehr sterben müssten. Alle, alle seien doch gestorben, auch die Propheten und Abraham, was maße er sich da an. Das Beispiel Elias aber vermeiden sie tunlichst, auch das des Henoch, die nicht gestorben sind.
Jesus bekennt, dass nicht nur er den Vater, sondern auch der Vater, Gott, ihn ehrt, und ihm die ihm gegebene Ehre zuerkennt. Die Juden ehren nur sich selbst.
Dieser letzte Satz ist eine Mahnung an all jene Unitarier, die mit „Rangfolgen“ operieren. Sie stehen in der Gefahr, der verkehrten jüdischen Haltung auf ihre Weise nachzueifern. Das Argument , dass Jesus doch „im Rang“ unter Gott stehe, sollte in der Debatte nicht ausgespielt werden, denn wen Gott selbst ehrt und verherrlicht, der ist nicht mehr im Rahmen von „Rängen“ zu messen. Mit nachvollziehbarer Scheu haben an diesem Punkt die Trinitarier immer empfunden, dass es nicht angemessen ist, Jesus als „Rangniedrigeren“ aufzufassen. Der Unitarismus arianischer Prägung hat den Trinitarismus damit förmlich heraufbeschworen durch sein schiefes, hierarchiversessenes Bild der Dinge. Im Königreich Gottes ist von „Rang“ keine Rede mehr. Dafür spricht auch, dass die Seinen dermaleinst seinen Namen auf ihrer Stirne tragen werden, während sie sein „Angesicht schauen“ (Apk 22,4). Das ist eine ungeheuerliche Aussage, die sich mit Rangfolgen nicht mehr erfassen lässt. Jesus wurde „alle Gewalt im Himmel und auf Erden“ gegeben (Mt 28,18) — das bedeutet: er hat sie nicht aus sich selbst wie der Gott, sie wurde ihm verliehen, aber er hat sie! — , ausgenommen der, der sie ihm verliehen hat. Und er sitzt neben Gott, nicht unter ihm. An dieser Stelle muss dem Unitarismus, kulminierend im Islam, klar eine Grenze gesetzt werden, weil er sonst selbst zum Zerstörer wird und eine destruktive, öde und leere Erscheinung wird. Dem Unitarismus mangelt es, soweit ich es überblicken kann, sehr häufig an einer tiefen und ernsthaften Erkenntnis der Erhöhung Jesu Christi als dem Ersten seiner Geschwister durch den Vater neben sich selbst. Und sie weichen den Aussagen aus, die den Menschen grundsätzlich „in der Gestalt Gottes“ ausweisen. Die Frage nach Jesus kann mE nur von diesem ursprünglichen Menschenbild der Genesis her verstanden werden! Ein Operieren mit Rängen und einem mehr oder weniger immer erniedrigten oder herabgestuften Menschen, kann nur zu Missverständnissen führen. Dass ein so hoch Erhobener — durch Gott selbst hoch Erhobener (!) — wie ein Quasi-Gott verehrt wird, ist nicht abwegig und auch nicht „unbiblisch“. Dem entspricht die Formulierung des heidnischen Rechtsgelehrten Plinius des Jüngeren (*61/62 n. Chr., 113/115 n. Chr.), die ein frühes Zeugnis ist, die Christen würden in ihren Zusammenkünften im Morgengrauen „carmenque Christo quasi deo dicere“.[5] Über diese Formulierung wurde schon viel diskutiert wegen der Wendung „carmen dicere“ (eigentümliche Wendung wörtlich „Gesang sagen“). Nicht fraglich ist aber das „quasi deo“: Es bedeutet, dass die Christen dem Christus „wie einem Gott“ Lieder singen bzw ihr (liturgisches) Gebet vortragen. Eine Differenz zwischen „dem“ Gott und „wie einem Gott“ wird durch das „quasi“ vor dem Dativ bzw Ablativ subtil ausgedrückt: sie preisen ihn so „wie einen Gott“, nicht „als Gott“. Der Christus steht Gott also unendlich nahe, aber er ist nicht identisch mit ihm. Das jedenfalls hat der heidnische römische Jurist, der differenziert zu schreiben und aufzufassen wusste, so aus seinen Verhören der Christen aufgenommen. Es ist demnach kaum korrekt, wenn manchmal aus unitarischer Feder behauptet wird, man habe Jesus vor dem 4. Jh als reinen Menschen aufgefasst und dies sei auch die „biblische“ oder gar „vernünftige“ Auffassung. Hier muss bemerkt werden, dass die ältesten vollständigen Handschriften des NT aus der Zeit nach Plinius stammen, wir also keine originalen Textquellen darüber haben — von Fragmenten abgesehen.
Es ist aber andererseits seitens der Trinitarier ein Übergriff, zu behaupten, Jesus Christus müsse dann identisch mit Gott sein.

Auch wenn Unitarier es nicht gerne hören: nicht nur das Trinitätsdogma ist ein (wahrscheinlich nur vermeintliches) Geheimnis, sondern die Gestalt Jesu ist auch im NT ein Geheimnis. Er bleibt uns in seiner vollkommenen Gestalt immer ein Stück verschlossen, eben weil er erhoben wurde auf den Thron Gottes, ihm zur Rechten sitzt, also wie ein Ebenbürtiger behandelt wird. Gott behandelt ihn wie sich selbst. Und das ist so ungeheuerlich, dass wir es nicht glauben können. Das steht aber nun einmal an vielen Stellen im NT, nicht dagegen finden wir dort, dass Jesus eindeutig als der Gott bezeichnet wird oder sich selbst so ausgibt. Er spiegelt aber den Gott vollkommen und kann tatsächlich „ego eimi“ sagen, weil er als Mensch Gott ähnlich ist, wie Gott es ursprünglich gedacht hatte.
Wenn wir anfingen, genauer hinzuhören, müssten wir das auch zugeben, denn Jesus weist gerade in Johannes 8 ganz klar ab, dass er sich mit Gott gleichsetzt. Er sagt eindeutig, dass er ein Mensch ist und nichts anderes. Die Frage, die wir ausblenden, lautet aber: Was und wer ist eigentlich der Mensch?
„…jetzt aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der ich euch die Wahrheit gesagt habe, die ich von Gott gehört habe…“ (V40)
Es ergäbe keinerlei Sinn, hier zu betonen, dass man Mensch ist, wenn nicht dazu, jeden Gedanken an eine Selbstvergottung auszuschließen!
Was heißt demnach „Ehe Abraham war, bin ich“?
Es heißt schlicht und einfach, dass Abraham auf dem langen Weg der Heilsgeschichte seit den Tagen Evas, der der Nachkomme verheißen wurde, der die Schlange zertreten würde, zwar eine der menschlichen Stationen war, aber alles auf Jesus Christus hin geordnet und vorgesehen war. Denn nicht „durch ihn“ wurde die ganze Schöpfung gemacht, sondern „auf ihn hin die Zeitalter“:

1 Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, 2 hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn, den er zum Erben aller Dinge eingesetzt hat, durch den er auch die Welten gemacht hat; 3 er, der Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und Abdruck seines Wesens ist und alle Dinge durch das Wort seiner Macht trägt, hat sich, nachdem er die Reinigung von den Sünden bewirkt hat, zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt; 4 und er ist um so viel erhabener geworden als die Engel, wie er einen vorzüglicheren Namen vor ihnen ererbt hat. (Hebr 1,1-4 ELB)

Auch die ELB liefert hier eine ungenaue, sogar irreführende Übertragung. Das „di“ (dia) kennen wir zwar auch im Deutschen als „durch“, hindurch“ in Begriffen wie „Dialektik“, Dialyse“, „Diagnose“, merken aber schon an der Stelle, dass eine Übertragung der Formulierung „di hou kai epoiêsen tous aiônas“ (Schluss von V2) sehr schwierig ist. Es ist merkwürdig, dies als „durch den er auch die Welten gemacht hat“ zu übertragen. Die „Äonen“ sind nicht die „Welten“, sondern die „Zeitalter“. Damit fängt die abwegige Übertragung schon an. Es ist auch unverständlich, wie „durch ihn“ diese Zeitalter gemacht worden sein sollen. Es ergäbe viel mehr Sinn, wenn man übersetzte: „…auf ihn hin /wegen ihm hat er auch die Zeitalter geschaffen…“. Hier spielt die Frage hinein, warum überhaupt Äonen sind — seinetwegen nämlich, des Christus wegen, eines Menschen, mithilfe dessen Gott einen erlösungsbedürftigen Zustand wieder heilen wird. Es heißt aber nicht, Gott hätte durch den Christus die „Welt erschaffen“. Es heißt eher, dass die Äonen deshalb geschaffen wurden, um Erlösung zu schaffen, und die trägt der Christus wesentlich für alle Menschen auf seinen Schultern aufgrund des Willens Gottes.
An der Stelle kann man auf die Idee kommen, dass der Mensch überhaupt dazu erschaffen wurde, Erlösung zu schaffen, selbst mit verwundet wurde, aber Gott sich sein Werk nicht hat nehmen lassen wollen und den Samen der Frau dennoch sandte — als Mensch, den er aber ausnahm aus der Verwundung und erneut entscheiden ließ, ob er das Werk des Menschen vollziehen würde oder nicht.
Wir haben überliefert bekommen, dass er es vollzogen hat und das kann dem Glaubenden nur einen einzigen Lobpreis ablocken: Halleluja.
Wir verstehen so etwas besser, „warum alles so lange dauert“.
Wenn aber Gott die Zeiten auf den Christus hin geschaffen hat, dann ist auch klar, warum der Christus im Ratschluss Gottes schon ist, ehe Abraham ein kleines Wegstück auf ihn hin bahnen durfte.






[1] https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/ich-bin-worte-1/ch/fb5066945f0fbf929694e1f0187e4f60/
[3] „Die erste der ausgewählten Stellen steht in Vers 16 und bezieht sich auf die Anrede Jesus durch seine Jünger mit der Bezeichnung dida,skale. In einer Variante die durch eine Vielzahl an Zeugen belegt ist wird als Ergänzung hierzu das Adjektiv avgaqe, eingefügt.
Diese Variante wird bezeugt durch C (Codex Ephraemi Syri Rescriptus), W (Codex Freerianus), Q (Codex Coridethianus), die Minuskelfamilie ƒ13, die Minuskel 33, Û (Mehrheitstext), einer altlateinischen Vulgata Handschrift, der syrischen, der sahidischen, der mittelägyptischen, sowie Teilen der bohairischen Überlieferung und Zitaten bei den Kirchenvätern Marcus, Justinus und Origines.
Die Standardlesart wird durch folgende Quellen bezeugt: a (Codex Sinaiticus), B (Codex Vaticanus), D (Codex Bezea Catabrigiensis), L (Codex Regius), die Minuskelfamilie ƒ1, die Minuskel 892, wenige Handschriften, die von Û abweichen, altlateinischen Handschriften, Teilen der bohairischen Überlieferung, sowie dem Teil eines Zitats von Kirchenvater Origines.
Mit drei Zeugen der Kategorie I, sowie zwei Zeugen der Kategorie II ist die Standardlesart etwas besser bezeugt, als die Variante, die aber auch von drei Zeugen der Kategorie II und zwei Zeugen der Kategorie III bezeugt wird. In diesem Fall sprechen die äußeren Kriterien also für die Standardlesart. Auch die inneren Kriterien sprechen dafür, dass avgaqe, später hinzugefügt wurde und somit die kürzere Standardlesart die ursprüngliche ist (lectio brevior). In: Anonym, 2010, Der reiche Jüngling in Mt 19, 16-22. Eine neutestamentliche Exegese, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/428859


[5] https://www.uni-siegen.de/phil/kaththeo/antiketexte/ausser/8.html?lang=de

Samstag, 30. November 2019

Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Die blaue Kuppel

Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche

Die blaue Kuppel

Gegen fünf Uhr ging ich noch kurz einkaufen. Fuhr mit dem Fahrrad durch den Wald hinaus in eisklare Luft. Spürte, wie sie mich mit jedem Atemzug durchfloss.
Im Supermarkt empfing mich Einkaufkonzentration. Familien, die Grünzeug, Kerzen und Kinderpunsch kauften. Ein Geschäftsmann, der auf der Suche nach Diabetikerschokolade war. Fremde Männer aus Osteuropa, die an jedem Arm einen Bierkasten in ihr Wohnheim um die Ecke trugen. Und solche wie ich, die einfach noch Saft, Eier, Sonntagsfleisch, Wintergemüse, Trockenfrüchte, Klopapier, Milchprodukte, Waschpulver und Katzenfutter für die nächsten Tage brauchten.
Mit meinem voll beladenen Bundeswehr-Gebirgsjägerrucksack kam ich wieder aus dem Laden.
Die Eisenbahngleise von Karlsruhe nach Pforzheim, Bretten und Stuttgart können an dieser Stelle nur über eine große Fußgängerbrücke überquert werden. Ich schob mein Fahrrad in den Aufzug und fuhr aufwärts. Empor ...
… ich sah ich mich entrückt in einen blauen Dom:

Es ist eine Bläue, die keinen Namen hat. Es ist die marianische Bläue, die man nach dem Konzil von Trient als liturgische Farbe verboten hat. Wen ich auch gefragt hatte — niemand konnte mir je schlüssig erklären, warum Rom diese Farbe vor 500 Jahren tabuisiert hat.
Ich drehte mich mit ausgebreiteten Armen um die eigene Achse: Im Südosten stand die Mondsichel im noch lichten, bereits meerdunkel schimmernden Himmel, der sich nach Süden mit silbrigen Schaumkronen zierte. Im Westen glänzte es rosighellblau, nur manche Hortensienblüte kommt dem nah. Der himmlische Blumengruß sank nach Norden jäh in ein tiefes Samtblau hinab, das sich im Osten in das Urbild aller smaragdfarbenen Gebirgsseen verwandelte. Hoch oben in der Kuppel funkelten immer mehr der goldenen Sterne, die in unseren Abendliedern besungen werden. Lebendige Lichtreflexe, manche rotgolden, manche grüngolden, manche gelbgolden und manche fast silbern, dem Glitzern des Lichtes auf Schneeflächen vergleichbar.

Unterhalb dieser Zauberwelt schnitten Oberleitungen durch die Luft, eine Drohne stand am Himmel über der Autobahn. Auf dem Berg im Norden rotieren die Säbelblätter eines gigantischen Windrades, mit 148 m Höhe knapp niedriger als der höchste Kirchturm Europas, das Ulmer Münster mit 161 m, die Rotorspitzen senden rote Warnsignale aus. Die mittelalterliche Kirche hier am Hang des Turmberges, 48 m hoch, lag in orangewarmer Illumination, ein goldener Hahn krönt die Turmspitze. Sonst überall kaltes, stechendes Licht der LED-Beleuchtungen. Eine Dame ging Gassi, ihr Liebling trug ein grasgrünes Sneakerbug Hundeleuchthalsband.

Im letzten Moment hatte ich mich doch dazu entschieden, einen Adventskalender zu kaufen. Im Wald zurück, freut mich der Nachtmantel, der mich einhüllt. Ich kenne blind den Weg. Ich schiebe das Fahrrad und lege den Kopf in den Nacken. Zahllose Flugobjekte ahmen die Sterne nach — erfolglos, dem geübten Auge erfolglos.

30.11.2019 (Am Spätnachmittag unterwegs in Grötzingen)


Tagebuchfolge bisher:

30.11.2019: Wo ist die Natur? — Tagebuch einer Suche: Kolorierter Holzschnitt