Lesung aus Kapitel III - Teil III aus "Sakrament und Macht" (Alchemie? Zauberei?)Lesung (Audio) aus "Sakrament und Macht" - III. Verschleierung ("mysterium") und Entschleierung ("apocalypsis")
Lesung aus Kapitel III von "Sakrament und Macht" - Teil I: Das Wesen Jesu ist Offenbarung
Lesung aus Kapitel III - Teil II aus "Sakrament und Macht": Transsubstantiationslehre und Transgenderlehre
Lesung aus Kapitel III - Teil III aus "Sakrament und Macht": Zauberei? Alchemie?
Horologium musicum et poeticum. Aliquando Dominus parietes temporum in aeternum verrerit .
Sonntag, 12. August 2018
Donnerstag, 9. August 2018
Trinitätslehre auf dem Prüfstand - Brief II an Unitarier und Trinitarier
Unitarische Zerklüftungen und Gedanken zu Phil 2,
6—11
Lieber Unitarier, lieber
Trinitarier,
Es gibt nichts Neues unter der
Sonne!
Die postmoderne Frage nach der
Gottheit Jesu ist nichts als neuer Wein in alten Schläuchen, und es ist klug,
wenn man nicht nur Bibel liest, sondern auch gelegentlich ein Geschichtsbuch
aufschlägt und schlichte Geschichtsforschung betreibt.
2. Dreier-Algorithmen
Es gibt seit einiger Zeit eine Art „Wahrheitsbewegung“
hinsichtlich der Gestalt Jesu und einen tiefen Zweifel an der Trinitätslehre,
aber nicht jeder, der eine unitarische Position vertritt, tut dies aus
denselben Gründen und Motivationen.
Bei manchen ist der Unitarismus mit
Haltungen vermischt, die mich zurückweichen lassen. Wie im vorigen Brief-Aufsatz
bereits ausgeführt, gibt uns die Schrift sehr wohl für den Christus eine
außerordentliche Position vor, und eine Meinung, die ihn zu einem schnöden
Menschen macht „wie wir“, kann aus mS so auch nicht richtig sein, obgleich ich
das Trinitätsmodell aufgrund seiner Schriftferne und Angleichung an triadische
Gottmodelle v.a. okkulter Mysterienreligionen der Spätantike nur abweisen kann:
dieses Modell hat ja heidnische Gussformen, die man aufzeigen kann, etwa das
pagane „Corpus hermeticum“ oder hermetische chaldäisch-zoroastrische
Trinitätslehren oder die ägyptische Trinität von Isis-Horus-Osiris. Letzteres
wurde zur Zeit des Aufstiegs des Christentums im römischen Reich weit
verbreitet und fand als „Heilige Familie“ große Bekanntheit. Man kann
schwerlich so naiv sein zu glauben, dass die zeitgleiche Entstehung der
kirchlichen Trinitätstheologie mit diesem wirklich extrem starken
religiös-philosophischen Modell rein gar nichts zu tun haben soll. Die (in sich
mystisch verbundene) Dreizahl kommt als mystische Zahl in der Schrift so gut
wie gar nicht vor, und wenn sie es tut, tut sie es negativ. Die Nennung von
Vater, Sohn und Heiligem Geist im Missionsauftrag Jesu betrachte ich nicht als
echte trinitarische Formel.
Ich habe oft tief in mir eine
Sperre gegen das Trinitätsmodell empfunden, weil ich dachte, die apokalyptische
„Zahl eines Menschen“, die Zahl 666 für den „Antichristen“, könnte damit
irgendwie zusammenhängen. Diese drei „wesensgleichen“ und numerisch identischen
Zahlen haben mich stark an eine trinitarische Anlage erinnert. Aber ich war
unsicher, ob das nicht ein vermessener Gedanke ist. Die Zahl 6 als doppelte 3
stieß mich ab und in mir bohrte die Angst, dass man der göttlichen Trinität so
etwas wie irdische Machttriaden in Dreier-Algorithmen beigesellen könnte, nach
denen man die komplette Matrix unseres Lebens strukturieren wird.
Algorithmisches Denken ist zutiefst Gesetzesdenken, geht auf die Euklidsche
Geometrie zurück und seine „elementa“
(Paulus spricht von ihnen in Gal 4) ersonnene Gesetzmäßigkeiten, die man
anstelle der erhabeneren, lebendigen, vitalen und dynamischen …und: freien (!)
… Ordnungen Gottes setzt, der nicht in Zahlen und Zahlenrelationen, denen seine
Geschöpfe unterliegen, gebannt werden kann und darf: so hoch der Himmel über
der Erde ist, so hoch sind seine Ordnungen über dem angesiedelt, was wir unter
diesen angeblich göttlichen „elementa
egena“ (Paulus: den „erbärmlichen Gesetzmäßigkeiten“) nach den Traditionen
der Menschen verstehen.
Auch stieß mich als Katholikin die
neuzeitliche Entwicklung der Verehrung der „Heiligen Familie“ zutiefst ab. Während
man in früheren Zeiten Maria verehrte, weil sie die Mutter Christi war und
damit auch biblisch begründet selig zu preisen ist (!), zunächst als
„Anna-Selbsdritt“-Darstellung (mit ihrer Mutter Anna und Jesus), forcierte man
in der katholischen Kirche die Josefsverehrung. Plötzlich verschob man die
heilsgeschichtlich eindeutig untergeordnete Rolle des Josef hin zu einer
Überspannung: er sei als einziger Mann dieser Welt Repräsentant und Abbild
Gottvaters gegenüber dem Jesuskind gewesen. Nun ist die Rolle Josefs im NT aber
eindeutig eine untergeordnete und wirklich demütige: er stand völlig im Dienst
dessen, was an seiner Frau geschah. Dafür verdient er mE große Beachtung und
Dankbarkeit. Aber eine Verehrung der „Heiligen Familie“ berührte mich dennoch ungut.
Die besondere und überdimensionale Verehrung der „Heiligen Familie“ kam am Ende
des 19. Jh auf unter Leo XIII. In zahlreichen Kirchen entstanden plötzlich
„Josefsaltäre“, die anrührende Bilder der Trias von Jesus-Maria-Josef in der
heimischen Werkstatt oder Küche zeigten. Es ist mir nicht entgangen, dass diese
Darstellungen frappierend den antiken Darstellungen von Isis-Horus-Osiris
ähnelten und typologisch sicher auch von ihnen abgeleitet werden können und
müssen. Es kam in Mode, Briefe etwa mit der Kurzformel „J-M-J“ zu
überschreiben: „Jesus-Maria-Josef“. Mit der Neuzeit prangten wundersamerweise
plötzlich in vielen Kirchen, Synagogen und sogar Moscheen Bilder des
„allsehenden Auges“, das ursprünglich das „Horus-Auge“ aus paganem Hintergrund
war. Leo XIII. führte die Verehrung der Heiligen Familie auf einer
vordergründigen Ebene wegen des angeblichen Verlustes des rechten
traditionellen Familienbildes durch die Säkularisierung ein. Ich habe
allerdings immer Zweifel daran gehabt, dass dies eine echte Begründung für den
„Heilige-Familie“-Kult sein konnte, denn ich weiß als Historikerin, wie es um
die Familie im Feudalismus bestellt war… das war ganz gewiss nicht eitel
Sonnenschein und in ganz anderen Hinsichten zutiefst ungerecht und grausam…
aber das ist ein anderes Thema.
Wie gesagt: Ich habe instinktiv
eine große Abneigung gegen das alles empfunden und mich dagegen innerlich
gewehrt.
Eine Diskussion über die wahre
Herkunft des christlichen Trinitätsdenkens fand in der Renaissance und in der
frühen Neuzeit bereits ausführlich statt und trat anfangs im Gewande der
Reformation auf, wurde von Reformatoren wie Luther und Calvin erbittert
bekämpft und aus ihrem Machtbereich vertrieben und sogar verfolgt.
In Ostmitteleuropa aber konnte der
Unitarismus im 16. Jh weite Verbreitung finden und eine unitarische
siebenbürgische Kirche, v.a. unter der ungarischen Bevölkerung, existiert mW
bis heute. Eine weitere Hochburg war Polen mit den „Polnischen Brüdern“.
Der Unitarismus der frühen Neuzeit
gehört zur Bewegung der Sozianer.
Aus diesem Unitarismus und
Sozianismus folgten logisch aber am Ende die säkulare Aufklärung und die
Verwerfung der Schriftinspiration. Man tat sich schwer mit allem, was
vielleicht echter prophetischer und mystischer Natur war und neigte einem allzu
großen Rationalismus zu.
Der Islam, weil er die
Mittlergestalt Jesu leugnet und unbewusst geradezu ein Pool an gnostischen
Irrungen ist, ist ebenfalls eine unitarische Religion, die sich aus dem
Christentum entwickelt hat. Es wäre einen Aufsatz, ja eine ganze Untersuchung
für sich selbst wert, das darzulegen, kann hier also nicht weiter verfolgt
werden.
Eine offen unitarische Position
vertreten auch die Zeugen Jehovas und verknüpfen damit wiederum alle möglichen
Lehren, die mehr als problematisch sind und auf mein Unbehagen und mein
Befremden stoßen.
Ich habe den Eindruck, dass die
Konfrontation mit dem Islam offener oder geheimer Ausgangspunkt vieler postmoderner,
unitarischer Denkanstöße ist. Selbst Papst Franziskus betet in den
weltökumenischen Begegnungen mit Muslimen grundsätzlich nur noch den einen Gott
an. Er gibt also den demonstrativen Trinitarismus zugunsten einer globalen
religiösen Einigung auf.
Ein anderes Beispiel ist Sir Isaac
Newton: er war Unitarier mit sogar guten Argumenten, aber andererseits
vermischte er diesen Unitarismus mit Okkultismus und Alchemie, denen er sich
extrem ausführlich widmete, und die auch der Hintergrund für seine
Naturphilosophie waren. Das ist insofern kurios, als sonst gerade Okkultisten
und Hermetiker eigentlich viel übrig haben für den Trinitarismus. In einem
gewissen Sinn erinnert Newton an die islamische Mischung hellenistischen
Gedankenguts mit einem rigorosen Unitarismus.
Ich bin daher skeptisch, wenn etwa
Sir Anthony Buzzard alles und jeden zitiert, der irgendwie eine unitarische
Position vortrug, um seine eigenen unitarische Position zu stützen. Ich habe
das Bedürfnis, mich hier nicht auf Positionen zu stützen, mit denen ich mir
noch ganz andere Probleme einhandeln könnte, als sie ohnehin schon vorhanden
sind, sondern darauf zu hoffen, dass Gott mir die richtige Erkenntnis schenkt
auch über den rechten Zusammenhang, in dem ich Jesus verstehen soll.
Wie ich im letzten Brief schon
schrieb, nimmt Jesus eine besondere Stellung ein in der Schrift. Er ist Mittler
zwischen dem Vater und der Menschheit. Er wird in der Tat „Gottes Sohn“ und
„Menschensohn“ genannt.
Aber alleine schon bei diesem „Hendiadyoin“
(einem rhetorischen und stilistischen Mittel, einen (griech. „hen“) durch („dia“)
zwei („dyoin“) Begriffe zu beschreiben, das das hebräische Denken auszeichnet)
kann man vielen falschen Impulsen erliegen.
Man kann zB dem Impuls erliegen,
diese beiden Begriffe symmetrisch zu verstehen: die Sohnschaft Jesu wäre dann
streng analog zu verstehen. Gott hat ihn dann ebenso gezeugt wie Maria dies
tat. Gegen diese Vorstellung opponiert besonders der Islam. Nun ist aber
tatsächlich in diesem Hendiadyoin eine solche Deutung nicht schon genuin
inklusiv. Man ist verpflichtet, sich darüber sehr genaue und abwägende Gedanken
zu machen: was ist ein „Menschensohn“, und was ist ein „Gottessohn“ im
biblischen Kontext? Man bemerkt sehr schnell, dass Aussagen: „Es ist nicht so,
sondern so“ nicht mehr möglich sind. Die Begriffe werden in der Schrift zu weit
gefasst verwendet, als dass das so eindeutig wäre, wie manche es behaupten. Und
vor allem gibt es zwar viele Menschensöhne bzw -kinder in der Schrift und viele
Gottessöhne (hebr „b’ne elohim“), aber es gibt mW keine Kombination von beidem —
und das macht es umso schwerer, sich hier nicht zu verrennen. Auch sind die
„Gottessöhne“ in der Schrift niemals gezeugte Wesen, sondern geschaffene Engel.
Aber in der Tat sind sie nicht Gott. Da aber der Sohn Gottes Jesus als „heute
gezeugt“ (wann immer man das ansetzen will) beschrieben wird, ist er nicht
dasselbe wie ein Engel, sondern dem Vater näherstehend. Andererseits kam einem
Menschen niemals der Status eines Engels zu und umgekehrt. Als sich beide
Wesenheiten vermischten auf Initiative gefallener Engel hin (Gen 6) erfolgte
ein solcher Verfall, dass Gott die Welt vernichtete (Sintflut).
Man dreht sich im Kreis und merkt
schnell, dass hier mit dem Christus ein einmaliges Faktum ohne jedes vollständig
angemessene Vorbild vorliegt.
3. Betrachtung zu Phil 2, 6-11
Ich möchte auf eine Schriftstelle
eingehen, und an ihr beißt man sich bereits die Zähne aus. Ich zitiere erst aus
der Vulgata, weil sie mE klarer übersetzt als jede deutsche Übertragung, danach
zitiere ich die Elberfelder:
„6 qui cum in forma Dei esset, non
rapinam arbitratus est esse se æqualem Deo :
7 sed semetipsum exinanivit, formam
servi accipiens, in similitudinem hominum factus, et habitu inventus ut homo.
8 Humiliavit semetipsum factus
obediens usque ad mortem, mortem autem crucis.
9 Propter quod et Deus exaltavit
illum, et donavit illi nomen, quod est super omne nomen :
10 ut in nomine Jesu omne genu
flectatur cælestium, terrestrium et infernorum,
11 et omnis lingua confiteatur, quia
Dominus Jesus Christus in gloria est Dei Patris.
6 der
in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt5, Gott gleich zu sein.
7 Aber
er machte sich selbst zu nichts6 und nahm Knechtsgestalt7 an, indem er den
Menschen gleich geworden ist8, und der Gestalt nach9 wie ein Mensch befunden,
8 erniedrigte
er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz.
9 Darum
hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen verliehen10, der über jeden
Namen ist,
10 damit
in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und
Unterirdischen,
11 und
jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.
Wir sehen (ich hab das nicht
eliminiert!), dass in der Elberfelder in V 6+7+10 außergewöhnlich viele
Anmerkungen sind, weil es offenbar nahezu unmöglich ist, diesen Text
verständlich oder überhaupt korrekt zu übersetzen.
Auf jeden Fall klingt dieser Hymnus
absolut nicht danach, als handle es sich hier um einen einfachen, normalen
Menschen! Auch die häufige Ausflucht, Jesus sei halt ein Prophet oder Gesandter
Gottes gewesen, wird einem solchen Text niemals gerecht!
Ich muss spontan auch an die
Formulierung des heidnischen Juristen Plinius secundus denken, der an Kaiser
Traian schrieb, er habe bei seinen Verhören von ehemaligen Christen erfahren,
dass sie in den frühen Morgenstunden „carmen
Christo quasi Deo dicere“, „dem Christus
gewissermaßen wie einem Gott ein Loblied singen“.
Über diese Formulierung wurde in
der Fachliteratur schon viel geforscht, allerdings nicht hinsichtlich der
Wendung „quasi Deo“, denn das zeigt
auf, dass aus der Sicht des Heiden Plinius oder auch seiner christlichen
Informanten dieses Christus in eine unmittelbare Nähe zu einer göttlichen Gestalt
gesetzt wurde, aber eben definitiv nicht direkt als der eine Gott gepriesen
wurde.
Ich spüre den Sätzen nach:
V6:
— …qui cum in forma Dei esset, non rapinam
arbitratus est esse se æqualem Deo : —
„…der in der „Form Gottes“,
griechisch der „morphe theou“, war…“
King James Version: „…who, being
in the form of God…”
Man muss das nicht zwingend so
verstehen, als sei Jesus gewissermaßen eine Art “Heraustritt” Gottes aus seiner
Gottheit, eine Art verdoppelnde Spiegelung Gottes. Modern gesprochen so, als
habe man ihn als Hologramm an einen anderen Ort projiziert, ähnlich, wie es
inzwischen Politiker tun, die an einem Ort eine Wahlkampfrede halten, sich
selbst aber holografisch in andere Städten auf einer Bühne zeitgleich vor
Publikum auftreten zu lassen? Das ist zugegebenermaßen ein faszinierender
Gedanke. Er hat nur den Haken, dass ein Hologramm niemals lebendig und echt,
sondern nur ein Idol einer Person sein kann. Jesus ist aber kein Götterbild des
Vaters…
Was ist also mit einer „morphe theou“ oder einer „forma Dei“ gemeint? Meint das die „Gestalt Gottes“ in einem ontologischen,
seinshaften Sinn? So also, als stehe die „forma
Dei“ für das Sein Gottes?
Das kann an sich kaum sein.
Warum nicht?
Eben weil der biblische eine Gott
in sich doch schwerlich verspiegelt gedacht werden kann. Die Inder tun
dergleichen: sie stellen sich Millionen Götter als Spiegelungen der einen
Gottheit Brahma vor, die so ungreifbar und abstrakt, so unsichtbar und
unerkennbar ist, dass sie aus Erbarmen dem Menschen in Gestalt vieler Götter
entgegenkommt, jedem und jeder so, wie es ihm oder ihr am besten liegt…
Und man kommt nicht umhin, darin
einen Anklang an das zu hören, was auch im christlichen Duktus gelegentlich
gesagt wird, etwa so: „Schließlich wurde der Gott, der in einem Licht wohnt, zu
dem niemand kommen kann, selbst Mensch, um uns
etc. etc.“
Die trinitarische Rede steht daher
dem hinduistischen Gedankengang nicht wirklich fern.
Nun ist es aber eindeutige Rede im
AT, dass Gott geradezu rigoros „einer“ ist, „eins“ nicht nur für unsere
irdische Wahrnehmung in einer Raumzeit, die durch Zahlenrelationen strukturiert
ist, sondern auch „eins“ insofern, als wir ihn, wer immer er ist, nicht in
Zahlenrelationen strukturieren sollen! Genau das sollen wir nicht tun! Was
gezählt oder durch Zahlenrelationen geteilt wird, ist und bleibt unvollkommen
und kann nicht Gott sein!
Hat Paulus sich darüber
hinweggesetzt?
Das wäre grundsätzlich zwar möglich,
aber ich habe nicht den Eindruck, dass er es getan hat.
Man kann diese Rede von der „morphe theou“ auch so verstehen, dass
der Christus in der für ihn von Gott vorgesehenen menschlichen Gestalt perfekt
und ungetrübt war.
Meine Leser kennen vielleicht den
Unterschied zwischen dem „Genitivus objectivus“, dem „Genitivus subjectivus“,
dem „Genitivus possessivus“ etc.
„Morphe
theou“ kann daher Verschiedenes heißen:
- „Form Gottes“ (iS von „so sieht Gott aus“)
- „Form nach dem Willen Gottes“
- „zu Gott gehörige Form“, sogar iS von „von Gott
gemachte Form“ oder von ihm abgeleitete Form
- „Abbild Gottes“ iS einer abbildenden „forma“ eines
Vorbildes oder Urbildes, Gott ist hier als Gussform für ein Geschöpf zu
denken
Letztere Interpretation wird durch
die folgende Passage nahegelegt:
V6:
„— …non rapinam arbitratus est esse
se æqualem Deo…—“
„…(er)
hat es nicht als Raub angesehen, dass er Gott gleich war…“ Es könnte
sogar zugespitzt gesehen werden:
„…(er) hat es nicht als Raub beobachtet/verfolgt, dass er Gott gleich
war…“
Etwa in dem Sinn, dass er die
Gottgleichheit nicht wie einen Raub an sich gerissen hat.
Das ergäbe Sinn insofern, als Adam
und Eva genau dies getan haben: sie waren „imago
Dei“, gottgleich (iS von ähnlich) und differenzierten diese Gottähnlichkeit
von Gott und wollten sie ablösen, „rauben“ und für sich behalten. Ich denke
aber noch viel mehr als an diese beiden „dummen“ Menschen an den, der sie
verführte: er wollte Gott die Schönheit Gottes, die er in großer Fülle besessen
haben soll, wie man es aufgrund der Propheten meint, rauben und für sich
behalten. Gott teilt seine Göttlichkeit mit seinen Geschöpfen nach seinem Maß,
und wehe dem Geschöpf, das sich mit dieser Teilhabe einfach davonmachen will
und ein Gegenreich gegen den Geber aller Dinge aufbauen will… Weil diese
Teilhabe zwar unermesslich groß ist, bei Gott aber immer nur klein, weil er
„ewig groß“, überfließende, nie versiegende Fülle ist, täuscht sich das
Geschöpf und meint, ein solcher Gegenpol könne geschaffen werden. Dennoch sprechen
manche Formulierungen Gottes dafür, dass er in sehr hohem Maße mit seinen
Geschöpfen geteilt hat und sie darum auch immer weiter geschwächt werden
mussten (Gen 3,22; Gen 6,7; Gen 11,6), um überhaupt noch erlösbar zu bleiben.
Der Christus hat diesen Raub nicht
getan! Man kann ihn also als Menschen deuten, mit dem Gott noch einmal von
vorne anfängt und der nicht das tut, was Adam tat: Jesus beraubte Gott nicht,
indem er seine Gottähnlichkeit als Mensch für sich absondern wollte, sondern
beließ sie als „Kanal“ zu Gott bestehen und zerstörte die Innigkeit nicht, die
zwischen Gott und Geschöpf sein sollte.
Beachtlich ist für mich der Begriff
„isa“ (griech.) bzw „aequalis“ (lat.): Das bedeutet
„gleich“, aber nicht identisch.
„aequalis“ meint immer ein „Similis“, ein Ähnliches: der Mensch ist als Mann
und Frau Gott „similis“, die Frau ist dem Mann „similis“. Im Begriff der
Ähnlichkeit liegt keine Rangfolge beschlossen, sondern lediglich ein
Strukturelement. Ähnliches kann, muss aber nicht gleichrangig sein. Es ist an
sich nicht zur Intention des Begriffes gehörig, und es spricht gegen uns, dass
wir sofort damit operieren seit dem Sündenfall: wir halten Ähnliches in Schach
aus Neid und Eifersucht und räuberischer Gesinnung.
Christus war also Gott gleich, aber
nicht Gott selbst. Er war ihm aequivalent
in der von Gott vorgesehenen Weise, durchbrach diese Äquivalenz nicht
eigenmächtig und in räuberischer Gesinnung, sondern lebte sie innig.
Ich muss spontan an Abschalom
denken, den Sohn Davids, der seinem Vater das Königtum entreißen wollte und
einen Putsch gegen ihn versuchte: Abschalom war dem David „similis“ und wollte sein Erbe an sich reißen.
So etwa kann man den Menschen nach
dem Fall sehen.
Und genauso war der Christus nicht.
Wenn es in V7 heißt:
„…— sed semetipsum exinanivit, formam servi accipiens, in similitudinem
hominum factus, et habitu inventus ut homo… —“
Dann meint das nicht, dass er nun
als „Gott“ die „forma“ des ursprünglichen Menschen annahm. Genau das steht da
ja nicht!
Da steht:
„…
sondern er machte sich leer (oder „dürftig“), nahm die Form eines Sklaven an,
er wurde einem Menschen ähnlich gemacht, und er wurde wahrgenommen wie ein
Mensch…“
Was heißt das?
Steht da, dass der vormalige Gott
nun herabstieg in die generalisiert niedrige Form des Menschen?
Nein, das steht nicht da. Der
Mensch war von Gott nicht niedrig gedacht!
Es steht da, dass dieser in
Innigkeit mit Gott verbundene Mensch einverstanden damit war, dass er die „forma servi“ annahm, also nach der
Gussform des in die Sklaverei der Sünde geratenen Menschen nach dem Fall
geschaffen („factus“) wurde. Wie Gott
mit diesem Menschen kommunizieren konnte, bevor er ihn in die Gestalt des
Sklaven schuf, muss im Dunkeln bleiben. Es ist in jedem Fall nicht völlig
abwegig, dass hier doch eine gewisse Präexistenz gedacht werden kann, wenn auch
nicht im kirchlichen Sinne. Irgendwie muss hier eine Kommunikation
stattgefunden haben, bevor das alles geschah, ebenso wie auch die Mutter Jesu,
Maria, bevor das alles geschah, gefragt wurde, ob sie sich in Dienst stellen
lässt.
Mit „homo“ wird hier der „Mensch
als Sklave der Sünde“ benannt.
Und die anderen Sklaven der Sünde
sahen in ihm einfach nur sich selbst, obwohl er eigentlich, in Wahrheit, „in
forma Dei“, also in der von Gott vorgesehenen Form eines vollkommenen Menschen
als Ebenbild Gottes war.
Den Rest müssen wir nicht mehr
genauer untersuchen, weil klar wurde, was er aussagen kann in meiner
Verstehensweise.
Und wieder erstaune ich mit
Schaudern darüber, dass der große Gott im Himmel ihn, den Christus, überreich
für diese Hingabe belohnt und erhebt — als Menschen erhebt über alle Dinge,
also eine gewisse göttliche Entäußerung, eine noch größere Teilhabe, als sie
schon vorher bestand schenkt, um dieses Menschen willen, der es um
unsretwillen, aber nach dem Wunsch des Vaters tat, um die erbärmliche und
verzweifelte Lage der Welt und ihrer Menschen zu heilen, wenn auch nur mit
knapper Not, denn es war ein „Drahtseilakt“, ein enormes Risiko, um es
menschlich zu sagen, und darum versteht man diese Sätze auch nur so schwer.
Ein großer Rest an Nichtverstehen
muss übrigbleiben, wenn wir Gott nicht erneut die Ehre rauben wollen.
Samstag, 4. August 2018
Lesung (Audio) aus dem Kapitel I von "Sakrament und Macht"
Lesungen aus dem Kapitel I von "Sakrament und Macht"
I.I Sakrament und Macht - Sakrale Riten als Medium irdischer ständischer Ordnungen
I.II Sakrament und Macht - Sakrale Riten als Medium irdischer ständischer Ordnungen
I.III Sakrament und Macht - Sakrale Riten als Medien... Exkurs: Kosmologie
I.IV Sakrament und Macht - Sakrale Riten...Repräsentation Gottes"
I.I Sakrament und Macht - Sakrale Riten als Medium irdischer ständischer Ordnungen
I.II Sakrament und Macht - Sakrale Riten als Medium irdischer ständischer Ordnungen
I.III Sakrament und Macht - Sakrale Riten als Medien... Exkurs: Kosmologie
I.IV Sakrament und Macht - Sakrale Riten...Repräsentation Gottes"
Donnerstag, 2. August 2018
Vorankündigung und Einführungsworte (Audio) zu "Sakrament und Macht"
Erscheint in Kürze:
Hanna Jüngling: Sakrament und Macht. Der Abendmahlsstreit als Instrument globaler Herrschaft. Karlsruhe 2018
Einführungsworte zu "Sakrament und Macht"
Montag, 23. Juli 2018
Trinitätslehre auf dem Prüfstand - Brief I an Unitarier und Trinitarier
Lieber Unitarier, lieber Trinitarier!
Ich denke sehr intensiv über die
Frage nach dem einen Gott nach, und
da ich vor allem die altkirchliche und die gesamte dogmatische Entwicklung der
katholischen Kirche sehr gut kenne und alle „Abzweigungen“, an denen sich
Kirchen entweder schismatisch oder durch „Häresie“ getrennt haben, habe ich
Schwierigkeiten, mit dem Thema gedanklich so einfach fertigzuwerden, wie ich es
gelegentlich aufseiten mancher Trinitarier, aber auch mancher Unitarier
wahrnehme.
Wenn Sie es mir erlauben, möchte
ich meine Denkprobleme ein wenig ausführlicher beschreiben — wenn nicht, lesen
Sie es nicht weiter, ich will wirklich niemanden belasten, aber es sind eben
sehr ernste Fragen, die man nicht schnell abhandeln kann. Meine Gedanken sind
und bleiben unfertig, ja: sie müssen unfertig bleiben, damit Gott nicht die
Ehre gestohlen wird. Ich will mich hier in diesem Brief ausschließlich auf das
dogmatische Trinitätsmodell und seine Problematik, aber auch auf einen allzu
leichtfertigen „Unitarismus“ beziehen. In einem weiteren Brief reflektiere ich
die kirchliche und die unitarische Position zum „Königreich Gottes“:
1. Zum Trinitätsmodell
Daran haben schon viele Zweifel
gehabt — man weiß es ja, dass es Konstantin in Nicäa war, der diese „homoousios“-Formel (von der
Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater) aufbrachte (und keineswegs einer der
Kirchenmänner!), dass er sie den Kirchenmännern abzwang, und dass man bis heute
nicht genau weiß, woher diese Formel kommt, taucht sie doch im christlichen
Diskussionsfeld erstmalig überhaupt erst 325 auf, vermutlich aber entstammt der Begriff der
philosophischen Terminologie gnostischer Denkschulen und Konstantin hat ihn aus
dem heidnischen Kontext übernommen.[1]
Die Auseinandersetzung der alten
Kirche vor Nicäa liegt zum großen Teil im Dunkeln, weil danach systematisch
nicht genehmes älteres Schrifttum sowohl der Heiden als auch der christlichen
Autoren vernichtet oder dem Verfall preisgegeben wurde. Die gewaltigen antiken
Bibliotheken schmolzen auf klägliche Reste zusammen und man kann davon
ausgehen, dass vieles, was überliefert wurde, nachträglich beim Abschreiben
„korrigiert“ wurde. Anhaltspunkte dafür liegen auch für den Schriftkanon vor,
vor allem da, wo Abweichungen in den Abschriften vorliegen. Leider wurden auch alle
originalen Schriften des Arius ja vernichtet und man kann nur aus der Polemik
gegen ihn rekonstruieren, wie er vermutlich gedacht und argumentiert hat.
Die Problematik liegt indes auch
aufgrund der Schrift auf der Hand:
Jesus war nicht einfach nur ein normaler
Mensch — so simpel, wie es teilweise in den unitarischen Argumentationen
klingt, ist es nicht.
Wir alle, Sie und ich, werden von
einem Mann und einer Frau gemeinsam gezeugt, und unsere Mutter hat uns darüber
hinaus auch lange in sich getragen und irgendwann geboren. Im Kontext der
Schrift sind es nur noch zwei oder drei andere Menschen, die „ohne Vater und
ohne Mutter“ waren: Adam, Eva und Melchisedek. Immerhin hat Jesus eine
menschliche Mutter.
Was hat es mit Jesus auf sich?
Zwar wurde er von einer Mutter,
Maria, geboren, aber sie hat nicht gemeinsam mit einem Mann vorher dieses Kind
gezeugt. Und an genau dieser Überlieferung hängt die ganze Schwierigkeit.
Seine Herkunft ist wunderbar oder
geheimnisvoll.
Ein Verständnis der Heiden, die
keine Probleme damit hatten, dass Götter mit Menschen sexuell verkehren und
Halbgötter erzeugen konnten, ist ausgeschlossen — darüber gab es damals wohl
keine Debatte. Die Kirche wusste, dass das so plump und kreatürlich nicht
gemeint sein konnte. Auch empfindet man das Blasphemische und wollte das so
nicht denken.
In Luk 1,27 ff erfahren wir grob,
wie es zuging, dass Jesus in unser menschliches Leben kam. Mir fallen dabei
mehrere Wörter und Wendungen auf und die Tatsache, dass Maria nachfragt, wie
das geschehen soll, was unmöglich ist bei einem normalen Menschen. Der Engel
sagt ihr, sie habe aufseiten („para“)
Gottes Gefallen („chare“) gefunden
und sei „kecharitomene“, also eine
von Gott mit einer Überfülle an Gnade und Zuwendung Erfüllte. Soweit so schön.
Doch sagt uns Marias Reaktion, dass sie diese Ansprache mit Furcht oder
Besorgnis erfüllte. Denn das war nicht nur unerhört, sondern auch
unverständlich, zumal sie mit keinem Mann verkehrt! Aber als der Engel vom
Thron Davids spricht und dem Königreich, scheint sie schon etwas erahnt zu
haben, denn jede israelitische Jungfrau hoffte, Messiasmutter zu werden (bis
heute übrigens bei den ganz Frommen!). Sie fragt nach — und erhält Antwort: Der
Heilige Geist („pneuma
hagion“) und die „Kraft“ („dynamis“) des „Allerhöchsten“ („ipsistos“) würde sie
„umschatten“/“überschatten“ („episkiaso“)
und so würde sie ein heiliges Ding gebären, das man „Sohn Gottes“
nennen wird (ein Futur passiv im griechischen Text). Den Eigennamen hat der
Engel ihr zuvor schon geboten: Jesus („Gott hilft“/“rettet“), den sie dem Kind geben soll.
Nun steckt in dieser Erzählung
wirklich geistiges Dynamit — und ich finde es sachlich nicht angemessen, in
welcher Weise dieser Text aufseiten der Protestanten marginalisiert und
vulgarisiert wurde aus lauter Furcht, in eine verzerrte Marienverehrung zu
verfallen, wie sie leider seitens der Katholiken praktiziert wird. Leider hat
man da auf allen Seiten das Kind mit dem Bad ausgeschüttet und daher auch den
Bezug zu all seinen Aussagen verloren. Auch ist die liberale protestantische
Skepsis gegenüber der Jungfräulichkeit Mariens einfach nur verklemmt und eine
Verweigerung gegenüber der einzigartigen Würdigung einer Frau durch den
Allerhöchsten, der hier nämlich ausdrücklich nur durch eine Frau wirkt und den
Mann völlig außen vor hält. „Jungfräulichkeit“ heißt hier nämlich vor allem
anderen: ohne Mann, nur durch die Frau. Was stört euch allesamt daran
eigentlich?! Aber auch die Übersteigerung Mariens und das Ausspielen ihrer
Person gegen den Rest der Frauen seitens der Katholiken ist unwürdig: diese
Menschheit erträgt es nicht, wie Gott die Frau anerkennt… Aber auch eine
Anerkennung der Jungfräulichkeit, die zugleich Maria marginalisiert, wie es
Pietisten und Evangelikale tun, ist sachlich nicht angemessen und schlägt in
dieselbe falsche Kerbe.
Dass Sir Anthony Buzzard eines
Tages entdeckte, dass da in der Ansprache des Engels an Maria von einem realen
Königreich die Rede ist, dass dieser Sohn Gottes erhalten wird, ist ja nur ein
Aspekt (s. Linkliste am Ende).
In der Tat ist Maria eine
besondere Frau, denn genau das sagt der Engel, und ich wüsste nicht, ob es noch
eine Frau gibt, die in dieser Weise Gefallen bei Gott gefunden haben dürfte — man
muss das biblisch so stehenlassen, wie es dasteht. Das ist wichtig und keine
Marginalie. Der etwas wurstige Hinweis vieler, alle seien Sünder und Maria ja
bloß passiv „begnadet“ und „eine ganz normale Frau“ wie alle Frauen, womöglich
noch aus unteren Schichten und besonders bedeutungslos und ein bisschen doof,
geht an der Sache vorbei, denn auch im AT heißt es von Menschen, sie seien
„nach dem Herzen Gottes“ gewesen oder schon vor ihrer Zeugung bei Gott erwählt
gewesen. Gewiss sind alle diese Menschen begnadet ohne eigenes Zutun, aber
offenbar korrespondiert einer möglichen Erwählung eben auch ein entsprechendes
„Herz“: das ist wichtig! Gott kann nur mit denen arbeiten, die das wichtigste
Gebot mit ihrer ganzen Kraft zu erfüllen trachten. Maria war ganz sicher ein
solcher Mensch. Es gibt keinen Menschen vor ihr im ganzen AT, der mit solch
„überschäumenden“ Zusagen versehen beschrieben wird — ausgenommen der Messias:
der noch viel mehr! Und dass sie sich darin weit von allen anderen
unterscheidet, sagt der Engel doch deutlich genug. Die außergewöhnliche Geburt
wird also durchaus auch an einer außergewöhnlichen oder außergewöhnlich
gesegneten Mutter kenntlich gemacht. Und die katholische Kirche hat mit einem
gewissen Recht immer Scheu gehabt, die Frau, die einen heiligen und
vollkommenen Mann hervorbringen sollte, als eine „ganz normale Sünderin“
anzusehen — das kann man nicht annehmen, wenn es hier wirklich um ein Heiliges
geht. Und das gilt selbst dann, wenn Jesus nicht wesengleich mit dem Vater sein
sollte!
Die „Dynamis“ (die enorme,
unvorstellbare Vitalität, Energie und Schöpferkraft) des Allerhöchsten wird sie
umschatten. Dieser Passus wurde schon früh in Beziehung gesetzt zu den Szenen
im Allerheiligsten, wo Gott sich in einer Wolke herabließ und den Ort völlig
umschattete. Salomo sagt bei der Tempelweihe, Gott wolle „im Dunkel“ wohnen…
Auch die Umhüllung durch Gott auf der Wüstenwanderung in einer Wolke entspricht
diesem Vorgang der Sache nach. Eine weitere solche Umhüllung geschieht dem Berg
Sinai, auf dem sich Mose vor Gott befindet.
In dieser gewaltigen Dynamik also
geschieht eine… „Zeugung“… in dem geheiligten Ort eines einzigen, lebendigen
Menschen (Maria): die Kraft, die Dynamis des Allerhöchsten, wirkt in ihr und
mit ihrem aktiven Einverständnis diese „Zeugung“.
Ist es wirklich so
unverständlich, dass die frühe Kirche daran hängenblieb und erkannte, dass
nicht nur diese Mutter so etwas wie ein lebendiges Allerheiligstes wurde,
sondern erst recht das Kind nicht einfach nur ein Kind ist, wie ich es
hervorbrachte: als normale Frau mit einem normalen Mann in einer normalen Ehe etc.?
Welche Kräfte wirkten hier, von denen auch nur einer von uns anderen eine
leiseste Ahnung hätte? Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich möchte mich
nicht herummogeln um den ganzen Schriftbefund!
Die Frage ist nun aber, ob dieser
Jesus regelrecht „gezeugt“ wurde, was bedeuten würde, dass Gott sein eigenes „genetisches“
Gut eingebracht hätte, oder ob es eher eine Schöpfung ist, die die weibliche
Zeugungsfähigkeit einschließt und sich zunutze macht. Denn Jesus wurde nicht
mit einem Mann gezeugt, sondern aufseiten der Menschen alleine von einer Frau
hervorgebracht, allerdings in der „Dynamis des Allerhöchsten“. Über die
Erwähnung dieses Faktums bei Paulus wird unter Theologen auch diskutiert. Wie
es scheint, gibt es bzgl der Stelle in Gal 4,4 abweichende Handschriften. Es
heißt korrekt „genomenon“
(„gemacht“ bzw „geworden aus“ / von einer Frau) und nicht „gennomenon“ („geboren
aus“), um eben dieses alleinige Hervorbringen durch eine Frau zu betonen, denn
das ist die alte Verheißung aus Gen 3. „Gennomenon“ wäre grammatisch falsch (ein
Partizip Präsenz, das im Kontext falsch ist) — es muss „genomenon“ heißen. Auch wieder ein
Beispiel, wie man beim Abschreiben den Text zurechtkorrigierte nach
theologischer Vorliebe?[2]
Die biblische Logik ist indes
deutlich: der erste Adam wurde aus Lehm, aus dem Staub erschaffen, die Frau aus
ihm herausgenommen, während er ohnmächtig in einer Art Todesschlaf bleiben
musste (eine wunderbare Ahnung, ein Bild kommender „Neuschöpfung“: aus dem
Alten/Ersten wird ein Zweites, Gleiches, Neues, aber Feineres). Adam war
passiv, vollkommen passiv, allerdings entstand die Frau auch aufgrund seines aktiven Suchens
nach ihr. Insofern entstand sie auch mit seinem Willen. Aber ihr
Entstehungsprozess wurde ihm vollkommen aus der Hand genommen — Gott alleine
schuf, der Mann erduldete es, und nicht ohne Grund fragten Kirchenväter, ob
Adam dadurch nicht einen Verlust erlitten habe, dass aus ihm etwas weggenommen
wurde und wie er danach noch „intakt“ sein konnte. Eva ist der letzte Akt der
Schöpfungsgeschichte, aber anders als alle anderen Geschöpfe wird sie aus
bereits geformter Schöpfung heraus geschaffen (auch wieder ein atemberaubendes
Bild für die kommende neue Schöpfung!). Alleine schon diese Geschichte
verschlägt mir regelmäßig den Atem, und ich ahne, dass der Titel der Frau „Eser“ (Hilfe, Beistand,
Anwalt), den Gott selbst ihr schon im Voraus gibt, der sonst im AT nur auf Gott
angewendet wird, eine Bedeutung hat, die man geradezu zwanghaft ebenfalls
marginalisieren wollte (durch die bewusste Falschübersetzung als „Gehilfin“),
wahrscheinlich, weil Adams Fall damit zusammenhing, dass er die Frau als „Eser“ der „Eser“ Gottes vorzog (so wirft
es ihm Gott jedenfalls ja vor in Gen 3,17) und einer Art der Abgötterei
schuldig wurde. Und der Satan fiel die Frau an, weil eben sie diese Rolle hat
und weil sie neugierig auf Weisheit und Erkenntnis war, mehr als es ihr
zustand, ein Streben, das Adam fraglos und wortlos mit ihr teilt, denn er „war bei ihr“, als
das alles geschah (Gen 3,6) … Eva gab zu, der Täuschung durch die Schlange
erlegen zu sein. Adam aber rebelliert gegen Gott und macht ihn verantwortlich
für den Fall (Gen 3,12). Die direkte
Feindschaft zur Schlange setzt Gott infolge dieser Konstellation zwischen
Frau und Schlange — der natürliche Mann in der ersten/alten Schöpfung ist, was
die heilsgeschichtliche Aufstellung betrifft — an die zweite Stelle gesetzt,
auch wenn er infolge der Sünde die Frau
künftig mit Gottes Zulassung unterjochen wird (Gen 3,15+16). Ich bin immer
wieder überrascht, mit welcher Brillanz die gesamte, zunehmend maskulin
dominierte Kirchengeschichte dieses biblische Faktum umgedreht und ebenfalls
der in V16 erklärten männlichen Herrschsucht unterwerfen wollte. Man verkennt
aber vielleicht die Systematik des Handelns Gottes, wenn man hier einfach die
Dinge umdreht und dem sündhaft inspirierten männlichen Herrschaftsanspruch
einverleibt — man sehe sich den neuen Adam an und was er zu diesem
Herrschaftsanspruch gerade den Männern mehr als einmal entgegenhielt... sie
hören das nicht gerne und verschanzen sich hinter den wenigen, noch dazu
unklaren Paulusstellen, die dem Anschein nach einseitig der Frau Unterordnung
abverlangen… doch das führt in ein anderes Thema.
Es geht — unter Auslassung von
Fakten — noch atemberaubender weiter. Vorher waren die Menschen Geschöpfe, aber
beseelt vom „Odem Gottes“ („neschmat chajim“ —
eigentlich heißt das korrekt „Lebensatem“) —
auch eine Sache, über die man im Zusammenhang mit dem Träger des Blutes für
diesen Lebensatem, mit dem Opfern von Blut der Tiere und dem Verbot des
Blutessens, aber auch der Toragesetze, die blutende Frauen geradezu unantastbar
machten (!), und nicht zuletzt den „Neuen Bund in seinem (Jesu) Blut“ noch
genauer nachdenken müsste…
Nun verbindet sich Gott mit diesen
von ihm beseelten Menschen durch Generativität? Ist das so, oder wird es nur in
einer Analogie so genannt, denn Gott zeugt ja in der Tat nicht so, wie Menschen
das tun.
Aus der vorhandenen Schöpfung
wird der Messias „gezeugt“ oder neuerschaffen durch die Kraft des Allerhöchsten?
Diesmal umgekehrt: der neue Adam
wird aus der Frau genommen. Und anders als Adam ist Maria nicht passiv, sondern
sie wirkt mit, wie das bei jeder Zeugung und Geburt zwangsläufig sein muss.
Ich muss gestehen, dass ich diese
Tatsache so ungeheuerlich finde, dass ich Schwindelgefühle bekomme. Es ist der
Hammer! Es ist unausdenkbar!
Ist es so unverständlich, dass
auch die alte Kirche diesen „Hammer“ noch spürte und in Jesus nicht einfach
bloß von einem schnöden „vom Weibe Geborenen“ sprechen wollte? So übersetzte man später auf Deutsch so
unnachahmlich und herablassend falsch — das sächliche „Weib“ ist
tatsächlich im Deutschen — auch wenn man uns das immer wieder anders glauben
machen will und viele dumme Frauen das ungeprüft übernehmen — nicht
eine würdige Bezeichnung, sondern eine Abwertung für eine entpersönlichte
Gestalt, wie man im Grimm’schen Wörterbuch sachkundig nachgewiesen lesen kann,
und die Reformation, die nicht unbedingt frauenachtend war, hat diesen Begriff leider
wieder in die literarische Sprache eingeführt, obwohl er schon im späten Mittelalter
von deutschen Autoren abgewehrt und für Maria sowieso storniert worden war,
einfach weil eine Frau eine „Sie“ und kein „Es“ ist und Jesus nicht aus einem
„Es“ hervorgebracht wurde! Es gab darüber eine lebhafte literarische Auseinandersetzung,
von der heutige Vertreter des Wortes „Weib“ nichts wissen wollen, weil ihr sündhafter
Trieb erneut aus der Frau ein neutrales oder auch numinoses „Ding“ machen
will — das ist Genderei andersherum!
Das ist auch nicht „egal“ oder ein Wortgefecht, wie
vielleicht mancher jetzt hochfahrend sagen möchte, sondern es ist wirklich wichtig, um die Trinitätsproblematik im rechten argumentatorischen und geistigen Gefüge zu beurteilen, denn
im „Es“ steckt, dass die Frau nichts hervorbringen kann, sondern nur leeres
Gefäß des Mannes sei. Man untermauerte damit im deutschen Sprachraum ein
Problem, das in der Spätantike bereits begrifflich außerhalb des Deutschen
bestand, auch hinsichtlich der Person Jesu: man leugnete, dass die Frau einen
eigenen Samen hat, obwohl die Schrift ausdrücklich davon schon in der Genesis
spricht!
Die Folgen eines solchen
gottlosen Denkens: Wenn Jesus aus einem „Es“ geboren wurde, muss der „Er“, der
zeugte, ihm auch sein „Wesen“ als „Er“ gegeben haben, also muss Jesus Gott
sein. In zahlreichen Schriften der frühen Neuzeit finden wir infolge der Theorien
des Thomas von Aquin, der sich dabei auf Aristoteles stützte, solche
Überlegungen (v.a. die „Mulier
non est homo“-Gattung („Die Frau ist kein Mensch“)). Die gesamte
genetische Information stammt vom Mann, „Das Weib“ trägt nur Fleischmasse dazu
bei — mehr nicht. Die monströse apersonale menschliche Natur Jesu in der
kirchlichen Doktrin beruht u.a. darauf, dass man der Frau absprach, ein
personales, d.h. klar: zeugungsfähiges Wesen zu sein: Gott zeugt aus ihr als
Materiallager etwas heraus, das dann eine göttliche Gesamtperson ist, die irgendwie
menschliche Spuren in sich hat, die aber nicht ausreichen, eine menschliche
Individualperson zu sein.
Niemand mogle sich also an diesen
abscheulichen Gedanken vorbei, denn sie haben verheerende theologische Folgen
und fundieren Irrlehren.
Es hat also Folgen, wenn man auch
in alter Zeit schon sprachlich „gegendert“ hat — bloß zulasten der Frau, die
zur Sache herabgestuft wurde und der man absprach, dass sie selbst einen Samen
hat (!). Gott tat sich das alles — dieser Lehre nach — nur deshalb an, weil er
sich irgendwie „leidensfähig machen“ wollte. Und da er als Gott nicht leiden
kann, musste er menschlich werden, um leiden zu können.
Wir finden von dieser
Satisfaktionslehre, wie man sie nennt, nichts
— weder im AT noch im NT.
Die King James Bibel ist in der
Übersetzung wesentlich angemessener. Sie übersetzt, dass der Christus „gemacht
von/aus einer Frau“ und „unter das Gesetz getan“ ist. Weder von einem „Es“ noch
von „aus (dem Es) geboren“ wird gesprochen! Wohltuend und zurechtrückend: „…God sent forth
his Son, made of a woman, made under the law…“ Und sehr schön klingt auch im “made of a woman” an,
dass der neue Adam analog aus einer Frau gemacht
wurde, wie zuvor die erste Frau aus dem ersten Adam gemacht worden war. Nur : dieses zweite Mal des „Machens“ war eine
sich verbindende, irgendwie analog zu verstehende „Zeugung“ mit dem Menschen
seitens Gottes, was aber nicht heißt, dass Gott hier physisch zeugt (das glaubt
in der Tat kein Katholik, kein Orthodoxer, kein Protestant im Ernst, weil er
empfindet, dass das unziemlich wäre!), sondern die Zeugungstätigkeit der Frau
einbezieht in seine kraftvolle Neuschöpfung. Es heißt nirgends, dass das, was
Maria da empfing, „gottgleiches genetisches Gut“ war — eine solche Festlegung
ginge entschieden zu weit.
Es war keine „Zeugung“ im
landläufigen Sinn.
Ich denke: Warum soll der große,
eine Gott nicht „aus“ bzw „mit“ einer Frau alleine den neuen Adam gezeugt
haben, ohne sich deshalb „genetisch“ als „Wie ein Mann als Zeugender“ verhalten
zu haben? Man muss beachten, dass Maria sich hier ja ebenfalls nicht „wie eine Frau als Zeugende“
verhalten hat. Gott ist ja nicht eine Analogie zum hier fehlenden Mann, während
Maria genauso wie eine gewöhnliche Frau zeugt, empfängt, gebärt — das wäre wohl
eine Verzerrung. Sie „empfängt“ (Lk
1,31) physisch ein Kind, aber nicht so, wie das gewöhnlich geschieht, sondern
„umschattet“ wie im Allerheiligsten des Tempels. Sie nimmt eine Rolle ein als
lebendiges Allerheiligstes.
Gott konnte auch Eva aus dem Mann
generieren ohne weitere menschliche Beteiligung, obwohl das normalerweise nicht
geht. Warum also nicht auch hier?
Der Haken ist eben immer wieder
der, dass traditionell vom „Zeugen“ gesprochen wird. Allerdings steht außer dem
Begriff „empfangen“ in Lk 1 nirgends, dass Gott hier „gezeugt“ hätte. Es wurde
ein physisches, lebendiges Kind erzeugt, im Zusammenwirken mit einer Frau, aber
ganz ausdrücklich „nicht durch
den Willen des Mannes“ (Johannesprolog), und — damit
keine Missverständnisse entstehen — auch nicht durch den zeugenden Willen einer
Frau, der normalerweise sogar ganz massiv, aber subtiler als beim Mann im Spiel
ist (generalisiert im Passus „nicht
durch den Willen den Fleisches“ ebenda), sondern in einem
Dunkel, das man nicht durchdringen kann. Es ist da eine unüberwindliche Grenze
des Verstehens. An dieser Grenze habe ich Scheu, weiterzudenken — das steht uns
nicht zu! Wenn man überhaupt irgendwann von einer „passiven“ Empfängnis
sprechen kann, dann in diesem einmaligen Fall der Weltgeschichte. Alles andere
ist aktives Wollen und Machen der Frau oder erscheint eben als männliche Gewalt,
die ihr angetan wird, wenn sie eigentlich nicht will. Maria ist an dieser einen
Stelle so passiv wie Adam, aber wie er will sie, dass es so alleine durch Gott
an ihr geschieht.
Ich denke, dass die allzu saloppe
Redeweise auch bei Sir Anthony, dass wir das alles „verstehen“ können müssten, weil wir
schließlich den „Vater und den, den er gesandt hat“, „erkennen“ können und
sollen, zu weit geht.
Es liegt hier wirklich ein
Geheimnis vor insofern, als wir nicht erfassen können, wie das geschehen ist
(so wie es ja Maria auch schon sagt!) und was da eigentlich geschehen ist. Sie
stimmte zu und sagte: „Fiat…“
„Es geschehe wie du gesagt hast…“, aber sie wusste wohl kaum, wie
das alles zuging, genauso wenig, wie wir wissen können, wie Gott aus einem Mann
eine Frau schaffen konnte oder der Erde die Kraft gab, Landtiere und Pflanzen
hervorzubringen… Dieses „Es
geschehe…wie du gesagt hast“ Marias zeigt ja, dass sie das
Vorhergesagte nicht selbst benennen kann. Die Formel, „Maria bewegte diese Worte … in ihrem Herzen“, die
später öfters ausdrücklich geschrieben steht, zeigt uns, dass sie selbst nicht
ohne weiteres verstand, sondern immerzu kontemplieren musste in ihrem Herzen,
um allmählich dem, was an ihr und mit ihr, mit ihrem geliebten Kind und um sie
herum geschah, erkennend nachzuspüren.
Die Frage ist sachlich berechtigt
in der alten Kirche und auch heute: Ist Jesus Gott, weil er von Gott „gezeugt“
oder wenigstens in seiner Kraft erzeugt oder „empfangen“ wurde? Unterstützt
wird diese Frage durch die außerordentliche Nähe, die das gesamte NT zwischen
dem Vater und dem Sohn Gottes bekennt.
Sachlich aber genauso berechtigt
die arianische Position, die sagt, „ganz“ Gott kann nur sein, was auch „ganz
Gott“ ist — was ein Mensch ist, kann niemals Gott sein. Das AT-Wort „echad“ für Gott meint ein
Ganzes, Unteilbares — tatsächlich das numerische „eins“ („1“), das allerdings
nicht so verstanden werden darf, als sei Gott der geschaffenen Welt der Zahlen
unterworfen: das ist er in der Tat nicht! Die heidnische Aufsplittung der einen
Gottheit in antagonistische Kräfte (konstruktive und destruktive Götter,
Göttinnen), die erklären sollten, dass auch das Böse göttlichen Ursprungs ist —
das vor allem sollte Israel strikt abwehren. Im Johannes-Evangelium wird
mehrfach eine solche antagonistische Vorstellung des Göttlichen abgelehnt: er
ist nur Licht und keine Finsternis in ihm.
Der Gott Israels ist einer und
hat eine Gestalt, nach der der Mensch gebildet ist. Aber niemand kann seine
Gestalt aufteilen oder splitten, weil er dem rein Numerischen eben nicht
unterworfen ist: das ist Teil der geschaffenen Welt. In der Ewigkeit gilt nicht
mathematische Unendlichkeit, die aus Endlichem zusammengerechnet wird und in
eine Unendlichkeitsformel umgeschmolzen wird, sondern das Ewige kann nicht
zusammengezählt werden aus Teil-Ewigem! Wie es in der Orthodoxie geläufig ist,
kann Gott mit seinen Energien, mit seiner „dynamis“, den Menschen erfassen,
ja sogar dieser Dynamis teilhaftig machen, aber deswegen ist der Mensch nicht
Gott, und Gott bleibt dennoch in einem undurchdringlichen Licht. Auch das ist
Schriftwort.
Hellhörig macht dabei, dass Jesus
sagt, nur er kenne den Vater, und nur der Vater kenne ihn, und der Mensch, dem
er es offenbaren würde (Mt 11, 27). Andererseits heißt es an vielen Stellen,
niemand habe je Gott gesehen und werde ihn je sehen. Hat Jesus den Vater
gesehen? Im Johannes-Evangelium wird das nahegelegt: „Niemand hat den Vater gesehen außer dem, der von
Gott ist; nur er hat den Vater gesehen.“ (Joh 6,46) Mir stößt
dabei auf, dass es im Griechischen nicht heißt, derjenige „komme von Gott“,
sondern es heißt, wer „beim Vater“ lerne („para
tou patros“), komme zu Jesus (V 45). In V 46 heißt es, dass nur der den Vater
gesehen habe, der „ho on para
tou theou“, also ein Wesen „bei dem Gott“ sei,
nur der habe den Vater gesehen.
„Para“ heißt eigentlich nicht, dass etwas „von“ etwas anderem sei, sondern dass
es „bei“ oder „neben“ ihm, „an seiner Seite“ ist.
Man kann nicht sicher sagen, dass Jesus hier sagt, er habe den Vater gesehen,
sondern dass der Mensch ihn sieht, der zu ihm, dem Jesus Christus kommt, und
von ihm lernt: ein solcher wird den Vater sehen in seinem vollkommenen Bild,
dem Sohn (vgl. auch Joh 12,45: „Wer
mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat.“). Es
wird erneut deutlich, dass man schon früh auch die Stelle in Joh 6 tendenziös
übersetzt haben könnte, denn auch die Vulgata überträgt die besagte Stelle mit
„nisi is, qui est a Deo, hic vidit Patrem“,
obwohl „para“ nicht wirklich mit dem
lateinischen „ab/a“ wiedergegeben
werden kann. Sehr schwieriges Terrain! Schon kleinste Verschiebungen des Sinnes
verderben das ganze Verständnis.
„Zeugen“ heißt normalerweise,
dass ich aufgrund einer Potenzialität in
mir etwas „erwecke“, das zu neuem, von mir zwar numerisch, aber nicht wesenhaft
unterschiedenem Sein strebt. Einfacher: ein Mensch zeugt immer einen anderen Menschen aus sich selbst heraus, ein Schwein ein
anderes Schwein,
aus Gräsern kommen andere Gräser,
aus Amöben teilen sich andere Amöben
ab. Niemals zeugen Schweine Affen, und Kühe gebären keine Ameisen, und ein
Tannenbaum wird keine Mangos tragen oder Mäuse zur Welt bringen.
Ich trage als Zeugende(r)
Samenzellen in mir, in denen ich das
Gut trage, aus dem weiteres gleiches Sein erzeugt werden kann. Erwecken kann
ich diese Zellen nur dann zum Leben, wenn sie zusammentreffen mit dem Gut eines
Zweiten vom anderen Geschlecht.
Alleine, ohne „Gegenstück“ der
selben Art, kann kein Mensch zeugen.
Nun sind aber doch Gott und Mensch
Ungleiche — Die Kraft des Allerhöchsten und die Frau Maria: wie passt das
„genetisch“ zusammen? Die altkirchliche Logik fragt: Wenn Gott „gezeugt“ hat,
kann es sich doch nur um einen anderen Gott,
ein Gleiches handeln… Weil aber genau das nach der israelitischen Doktrin nicht
sein darf, weil Gott „echad“,
„einer“ ist, musste das Konstrukt der „Wesensgleichheit“ herhalten, das zugleich eine
numerische Differenz zulässt. Die Problematik, dass damit in der Konsequenz zwei Götter behauptet werden, wurde damit nicht gelöst. Eine weitere kam ins Spiel: wenn Gott buchstäblich ein zweites Göttliches, "gezeugt hat": Ist dieser zweite Gott dann wirklich auf seiner Stufe (wegen der menschlichen Mutter) oder nur ein gottähnliches Wesen?
Machen wir uns nichts vor: es ist die Annahme, dass Gott "gezeugt hätte wie ein Mann", die diese ganzen Probleme nach sich zog. Nimmt man an, dass Gott hier eine Neuschöpfung mithilfe der dienstbaren Zeugungstätigkeit einer Frau initiierte, stellt sich das gesamte Denkproblem nicht.
Machen wir uns nichts vor: es ist die Annahme, dass Gott "gezeugt hätte wie ein Mann", die diese ganzen Probleme nach sich zog. Nimmt man an, dass Gott hier eine Neuschöpfung mithilfe der dienstbaren Zeugungstätigkeit einer Frau initiierte, stellt sich das gesamte Denkproblem nicht.
Wenn dieses Konstrukt eitler und
leerer Wahn sein sollte, müssen die Prämissen falsch gesetzt sein. Die ganze
Schöpfung stammt doch von Gott und aus seiner „dynamis“ — in einem weiten Sinne
ist alles aus ihm und durch ihn „gezeugt“. Die nicänische Unterscheidung von
„Zeugen“ und „Erschaffen“ ist möglicherweise hochproblematisch, weil Gott — und
hier hat die islamische Kritik vielleicht recht — nun einmal nicht zeugt wie
Menschen oder auf ein Zeugungsverständnis des Kreatürlichen festgenagelt werden
darf. Dieser gesamte Komplex des „Zeugens“ hat sämtliche folgenden kirchlichen
Dogmen erzwungen — etwa auch die Frage nach der „Dei genetrix“, denn
wenn Jesus Gott ist, muss Maria auch Gott geboren haben, und wenn sie das getan
hat, war sie kein normaler Mensch, sondern musste — hinzu kommt das Erbsünden-Dogma mit seinen Abgründen
— „unbefleckt empfangen“ worden sein. Man hat sich so hoffnungslos ins Abseits
geschossen und Gott in die Begrenzungen des Menschlichen hineingesperrt. Die
protestantische Kritik an manchem jüngeren Dogma ist unsinnig, wenn sie
zugleich all jene Dogmen festhält, die zu letzteren folgerichtig geführt haben.
Ich denke: Das „Zeugen“ geschieht
deshalb, damit die Verbindung zur alten Schöpfung nicht abreißt, und weil
offenbar nicht aus einem Mann heraus eine neue Frau geschaffen werden sollte
(nicht in der alten Reihenfolge der ersten Schöpfung!), sondern andersherum,
wofür nicht nur Gen 3 spricht, sondern auch der eigentümlichen Vers am Ende des
31. Kapitels bei Jeremia — ich zitiere hier King James, weil die deutschen
Bibeln wieder so danebenliegen und missverständlich übertragen:
„How long wilt thou go about, O thou
backsliding daughter? for the LORD hath created a new thing in the earth, A
woman shall compass a man.” (V 22) — Also: “Wie lange willst Du dich sträuben, du zurückscheuende Tochter du! Denn
der Herr hat geschaffen eine neue Sache auf Erden: eine Frau soll einen Mann
umschließen.“
Martin Buber, dessen Übertragung
ich sehr schätze, übersetzt das so:
„
Maid Jißrael, kehre wieder zu deinen Städten! Bis wann willst du dich spröde
gehaben, abkehrige Tochter du! — Ein Neues ja schafft nun ER auf Erden: das
Weib muß umwandeln den Mann.“
Früh wurde diese Stelle auf den
neuen Adam hin gedeutet.
Im Judentum muss den Regeln nach
die Initiative für den Beginn aller Schabbate dadurch angezeigt werden, dass
eine Frau die Leuchter entzündet — das ist bis heute so und folgt dieser
biblischen Reihenfolge des messianischen Zeitalters. Der Schabbat ist die „Ruhe
des Herrn“, die uns allen verheißen ist. Auch die Pessachlichter am ersten
Sederabend sollten deshalb von einer Frau angezündet werden. Das gesamte
Pessach über wartet dann diese kleine Hausgemeinde auf den Propheten Elia, der
diesmal eintritt und sagt: er (der Messias) kommt!
Gott initiiert hier ein Neues aus
der Potenzialität der Frau, die damit für die ganze Schöpfung einsteht, eine
„Zeugung“, die zugleich auch seiner schöpferischen Potenzialität entspringt.
Ich muss das also nicht so denken, als hätte Gott analog zum Mann gezeugt. Ich
kann es auch so vorstellen, dass er eine Neuschöpfung initiiert hat, die
aufseiten der Frau zwar einem Zeugungsakt ähnelt, aber eher ein Schaffen Gottes
im Bereich weiblicher Generativität ist. Jesus wäre demnach hier weniger im
klassischen Sinn „gezeugt“, als eben durch die „Kraft des Allerhöchsten“ in ihr
und mit ihr neuerschaffen. Der gesamte Akt wäre dann wiederum analog zur
Herausnahme der Frau aus Adam zu sehen, und die Stelle im Galaterbrief, die
besagt, dass der neue Adam, der Messias aus/von einer Frau gemacht wurde, würde das genauso auch sagen. Er wurde also nicht
„aus einem Weib geboren“, „das“ hier bloß als himmlische Schleuse für eine
inkarnierende Gottheit diente, sondern der Akzent läge auch hier auf dem
Neugeschaffensein, aber eingebettet in einen weiblichen generativen
Zusammenhang.
Ich kenne aus meinen
Kindheitstagen diese Meinung, das könne deswegen so nicht sein, weil eine Frau
ja nur zwei XX-Chromosomen hätte und daraus niemals ein XY kommen kann. Alleine
das beweise doch, dass Gott hier irgendwie (analog) „männlich gezeugt haben
müsse“.
Damals dachte man noch, das
Y-Chromomosom sei etwas Eigenständiges, das der Mann alleine habe, die Frau
dagegen nicht. Heute — so habe ich
mitbekommen — steht in der Wissenschaft auch der Gedanke im Raum, dass das
Y-Chromosom ein gebeugtes, „verstümmeltes“ X-Chromosom ist, was zu der Tatsache
passen könnte, dass dem Mann etwas genommen wurde, um die Frau zu erschaffen
und auch unter Biologen als Grund angenommen wird, warum männliche Menschen im
Hinblick auf das homöostatische Gleichgewicht etwas instabiler sind als
weibliche (kürzere Lebenserwartung, höhere Kindersterblichkeit etc.). Aber ich
plädiere eher für Vorsicht mit solchen Argumenten, weil das alles nur
Forschungsmeinungen sind, deren Halbwertszeit sehr kurz sein kann. Es kann
alles auch noch ganz anders sein. Gott kann jedenfalls aus einer Frau ohne Mann
ganz offenkundig einen Mann schaffen, ohne selbst die Rolle eines Mannes
einzunehmen. Punkt — so wird es nun mal berichtet. Und niemand kann sich
herausnehmen zu behaupten, dem, der alles geschaffen hat, sei das nicht
möglich: ihm ist alles möglich, und mit dem Satz, was bei Menschen unmöglich
erscheine, „para to theo pan
rema“: „Bei
Gott ist alles möglich!“ (Lk 1,37) endet die Ansprache des Engels an Maria.
Es heißt in der Folge von Jesu
Erlösunghingabe für uns, dass nun auch wir alle „von Neuem geboren“ werden
können und müssen, um selig zu werden. Für uns steht also auch eine solche
„Neuzeugung“ an, denn was neu geboren wird, muss vorher neu gezeugt worden
sein.
Die „dynamis“ des Allerhöchsten vermag
das im Geist — und nur das macht es ja möglich, dass wir nicht mehr nur
„Geschöpfe Gottes“, sondern „Kinder Gottes“ sein dürfen. In der Zukunft liegt
noch eine „Verwandlung“ oder „Auferstehung“ dieser Von-Neuem-Geborenen.
Aber bitte beachte man: wenn auch
gilt, dass die Kinder einer Mutter wie sie Menschen sind, so kann man dennoch
nicht behaupten, wir seien deshalb Gott, weil wir Gottes Kinder heißen dürfen.
Eine menschlich gedachte Analogie greift nicht „total“.
Der Zeitpunkt, an dem im NT Jesus
nicht nur für eine Zukunft (wie in der Ansprache an Maria), sondern als „jetzt“
als „Gottes Sohn“ kenntlich gemacht wird, ist, wenn ich nicht irre, bei der
Taufe im Jordan. Dort kommt der Heilige Geist auf ihn herab und Gottvater
bestätigt, dass dieser ihm gefällt und er sein Sohn ist. Jesus spricht als
12jähriger bereits von seinem „Vater“, aber die Bestätigung des Vaters vor
aller Welt kommt erst hier (Lk 3).
Abgesehen von diesen
ausführlichen Überlegungen zur „Herkunft“ Jesu überrascht, mit welch
überreichen Ausdrücken und Verheißungen er versehen ist. Er sitzt nicht nur zur
Rechten Gottes, was zumindest eine annähernde Gleichrangigkeit anzeigt, sondern „ihm ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf
Erden“. ALLE! Sieht man ihn als ein von Gott
unterschiedenes Wesen, ist das beängstigend, denn was bedeutet es, wenn Gott
einem einzigen Menschen alles überlässt, sogar seine eigene Gewalt — oder
missverstehe ich da etwas? Die Schrift spricht von einer totalen
Übereinstimmung beider im Geist, aber ist es nicht auch Angst, wenn man sagte,
Jesus müsse dann Gott sein, um nicht wieder in einen Antagonismus zu geraten,
falls der Unterschiedene sich doch absetzen sollte vom Vater? Schwingt die
Furcht mit, es könnte dann noch schlimmer werden, als damals, als sich Engel
abwandten? Macht man aus Jesus einen „homoousios“ (Wesensgleichen) mit dem Vater,
um sich „abzusichern“? Weil Gott nicht von Gott abfallen kann? Traut der Mensch
einem Menschen nicht, weil er weiß, wie wir alle sind?
Ist das das größte Wunder, dass
der Vater dennoch alles einem Menschen anvertraut hat?
O mein Gott, wir sind so klein
und verzagt und verstehen so wenig!
Aber seien wir ehrlich: dieses
Trinitätsmodell der Kirche ist ein Modell, ein Baukastengott — es war und ist
eine Grenzüberschreitung!
Nirgends im AT oder NT steht
etwas von einer Trinität!
Und alles, was man auf sie
hindeuten will, offenbart uns nur die Überfülle des Vaters, seine
„Unzählbarkeit“ und Einheit, denn in ihm ist kein Antagonismus.
Die allgemeine Überzeugung aller Kirchen, Gott
habe „Mensch werden müssen, weil wir sonst nicht hätten errettet werden können“,
ist auch eine definitorische Grenzüberschreitung.
Woher wissen denn wir, wie die
Menschheit erlöst werden kann oder muss und wie nicht?! Steht irgendwo in der
Schrift, dass „Gott Mensch wurde“? Ich habe nirgends eine Stelle gefunden! Ich
finde nur die Aussage, dass der Christus „im Fleisch“ („en sarki“) gekommen ist (1. Joh 4,2)
Die mittelalterliche Überlegung,
dass aber ein Gott ja nicht leidensfähig ist wie ein animalisches „Opfer“
(Anselm von Canterbury) und darum inkarnieren musste, um leidensfähig zu
werden, ist nicht schlüssig, setzt einen Opferbegriff voraus, der sich
ebenfalls nirgends in der Schrift findet, aber im Heidentum geläufig ist.
Anselm las das NT durch die Brille paganer Logik.
Genauso oder viel mehr schlüssig
ist es aufgrund des Schriftbefundes, wenn man sagt: ein vollkommener, neu im
Fleisch gekommener Mensch, der ohne Sünde war, kann die, die von seiner Art
sind (nämlich echte Individualmenschen!) durch seine Hingabe erretten, wenn der
Vater ihn dazu bevollmächtigt hat. Man kann und muss sagen: diese Rettung ging
alleine von Gottes „Dynamis“ und „Chare“ (Gnade, Liebe, Gefallen)
aus, aber Gott ist nun mal kein Mensch, und der Mensch ist nun mal nicht Gott. Und
dieser Gott ist tatsächlich nach dem Zeugnis im AT und NT und nach den Worten
Jesu selbst „echad“,
einer, der „Vater“, der aber auch mütterliche Eigenschaften hat und insofern
nicht „männlich“ oder geschlechtlich verstanden werden darf, erst recht nicht
als ein androgynes Multiwesen, wie manche feministische Theologie es ansehen
will. Der Gott, der einer ist und dem sowohl Mann und Frau als Abbilder ähneln,
ist nicht nur nicht zählbar wie Menschen es sind in der Welt der geschöpflichen
Zahlen, sondern er ist auch nicht aufsplittbar in Geschlechter, Funktionen oder
personifizierte Tätigkeiten, wie die Trinitätslehre es ja doch nahelegt.
Ein von Gott „Gesalbter“ (Messias), ein
außerordentlich Bevollmächtigter, sollte diese Erlösung vollziehen im Auftrag
Gottes. Gott wohnt in einem Licht, da niemand hinzukommen kann. Wer sind wir, dass
wir numerische Zahlenspiele über ihn zum „Dogma“ erheben, zumal zunächst im 4.
Jh nur eine Binitarität dogmatisiert und diskutiert wurde — eine
Personifikation des Heiligen Geistes kam erst später hinzu und wurde sage und
schreibe erst 1215 endgültig dogmatisch abgeschlossen — es gehört eine
erschreckende Sorglosigkeit und Selbstüberhebung dazu, darin kein Problem zu sehen. Der „Heilige
Geist“ ist nichts anderes als diese „Dynamis des Allerhöchsten“ — es steht doch
deutlich in den Evangelien: im lukanischen Bericht ist es die „Dynamis des
Allerhöchsten“, die mit dem „Heiligen Geist“ genannt und identifiziert wird! Es
ist eine Kraft Gottes, seine Kraft
und geht von ihm aus, nicht anders, als auch von mir oder Ihnen eine Kraft
ausgehen kann und ein Geist — das kann man analog denken, aber natürlich nicht
absolut vergleichbar, denn bei Gott ist alles unvorstellbar höher. Aber als in
seinem Bild Geschaffene dürfen wir solche Analogie wohl doch annehmen: ein
Geist ist immer „Geist von X“. Er besteht nicht für sich als Eigenperson,
sondern gehört zu dem, von dem er ausgeht, als Kraft oder Energie und den
gesamten persönlichen Charakter: Mein Geist etwa kann nur das ausdrücken, was
er von mir „gehört“ hat und er wird andere erreichen und erfassen oder
beeinflussen können, wenn sie es zulassen. Selbst von Menschen sagen wir, sie
seien „im Geist bei uns“, und wir kennen auch dieses wunderbare Zusammentreffen
im Geist... Wie viel mehr Gott!
Mit der Personifikation des
Heiligen Geistes verfestigte sich die Impression, Gott habe analog zu einem
Mann hier gezeugt — bloß: wer jetzt genau? Der „Vater“ oder der „Heilige
Geist“? Jesus sagt ja nicht, dass der Heilige Geist sein Vater sei… man wird
verrückt, wenn man dieses Trinitätsbaukastenspiel ernstnimmt. Und wenn alle Stricke
dann reißen, heißt es salbungsvoll: Es ist eben ein tiefes Geheimnis…
Nun ist aber dieses
Trinitätsmodell biblisch nicht nachweisbar, es ist der Vernunft nach
widersprüchlich und widersinnig, geht am Schriftbefund vorbei, will Dinge
„definieren“, in die wir keinen wirklichen Einblick haben, der uns solche
Definitionen erlauben würde, und solcherlei nennt man nicht fahrlässig ein
„Geheimnis“. Nicht jeder Widersinn ist schon gleich ein „Geheimnis“! Hier wäre
Zurückhaltung angebracht gewesen!
„Geheimnis“ ist alles Verborgene
(aber dann wissen wir es auch nicht!) und all das, was an Offenbartem dennoch
im Dunkeln bleibt, aber nicht unlogisch, unvernünftig oder widersinnig, sondern
nur unvorstellbar und unausdenkbar oder schlicht einmalig (ohne andere ähnliche
Erfahrung, also ein Wunder) ist. Es ist nicht widersinnig, dass Gott unter der
Mithilfe einer außerordentlich gesegneten und begnadeten Frau den neuen Adam,
den Messias erschafft. Es ist nur unvorstellbar und wäre ein echtes Wunder. Es
liegt im Bereich des Möglichen und widerspricht in keiner Weise einem
angemessenen Vernunftbegriff. Das einzige Anstößige daran ist für viele, dass
es unserer Erfahrung widerspricht. Eine Entsprechung hat die wunderbare
Herkunft Jesu in seiner Auferstehung: auch das entspricht nicht unserer
Erfahrung, aber es ist etwas Mögliches und keineswegs Vernunftwidriges.
Die Trinitätsphilosophie dagegen
ist in sich logisch unmöglich und operiert mit widersprüchlichen
Begrifflichkeiten — das ist das große Problem daran.
Aus dem ersten Adam und seiner
Frau kommen alle weiteren Menschen, geschwächt durch den Fall der Stammeltern.
Aus dem zweiten Adam kommen in einer himmlischen Kategorie alle, die neugeboren
werden aus dem Geist, den er empfangen hat und in dessen ewiger Kraft er sich
für uns hingab als „Lösegeld“ für viele.
Der Mensch ist generell „von Gottes Art“ (Apg
17,28), aber geschwächt und korrumpiert. Dieses Merkmal "von Gottes Art" trifft nach der
gesamten Areopagrede des Paulus nicht nur auf Jesus, sondern alle Menschen zu,
auf ihn aber vollkommen und in höchstem Auftrag und ungetrübt durch die
Korruption des gefallenen Menschen.
Er ist nicht nur der
„Menschensohn“ in höchster Vollkommenheit, sondern auch das vollkommene Abbild
des Vaters, das der erste Adam hätte sein sollen und aufgegeben hat.
Es erschüttert mich zutiefst,
dass Jesus nach seiner Auferstehung sagen konnte, ihm sei „alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben“
worden (Mt 28,18). Gott beantwortet damit dessen Hingabebereitschaft und
Gehorsam bis zum Tod mit einer göttlichen Bereitschaft, diesem Menschensohn und
Gottessohn alles zu überlassen und hinzugeben, — ausgenommen sich selbst
natürlich — , die so ungeheuerlich zu bedenken ist, das ich erschauere und
erzittere vor dieser Großtat Gottes, die niemandem etwas schuldig bleibt und
auf ihre Weise eine Art „Entäußerung“ ausdrückt, die der Messias mit der
totalen Treue und Ergebenheit beantwortet, auf die wir uns verlassen dürfen,
denn er wird sich am Ende dem Vater unterwerfen, damit Gott nach der
Überwindung des Todes alles in allen sei (1. Kor 15,28).
In Christus Jesus hat sich Gott
dem Menschen in der größtmöglichen Weise angenähert.
Weiterführende Links:
Sir Anthony Buzzard und die „Restoration
Fellowship“:
Eine deutsche Website der
Unitarier von Stephan Gerber:
Eine katholische Kritik am
Trinitätsmodell durch Karl-Heinz Ohlig:
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